Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730325/6/BP/Wu

Linz, 06.12.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von Mazedonien, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Wels vom 15. März 2011, Zl.: 1-1008708/FP/11, betreffend die Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes gegen den Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat:

 

         "I.     Gegen Sie wird eine Rückkehrentscheidung erlassen.

        

         II.     Gegen Sie wird ein Einreiseverbot für den gesamten                        Schengenraum für die Dauer von 10 Jahren erlassen."

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 52, Abs. 1, 53 iVm. § 61 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 38/2011."

 

 

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Wels vom 15. Jänner 2011, Zl.: 1-1008708/FP/11, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 60 Abs. 1, 2 Z. 1, 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt und gleichgehend einer allfälligen dagegen erhobenen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Bw, ein Staatsangehöriger von Mazedonien, am 7. April 2009 von Beamten des LPK festgenommen und am 9. April 2009 in die JA X eingeliefert worden sei.

 

Mit Urteil des LG Wels, zu 15 HV 173/2009, vom 10. Februar 2010 (rk. Mit 14. Juni 2010) sei der Bw wegen Verbrechen / Vergehen nach §§ 154 Abs. 1, 107 Abs. 1 und 2, 288 Abs. 1 Z. 4 iVm. §§ 15 Abs. 1, 12 2. Fall, §§ 269 Abs. 1 83 Abs. 1, 15 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z. 4, 15 Abs. 1, §§ 125, 105 Abs. 1, 15 Abs. 1, §§ 106 Abs. 1 Z. 1 und 2, 15 Abs. 1, 83 Abs. 1 StGB sowie § 50 Abs. 1 Z. 1 und 3 Waffengesetz und §§ 126 Abs. 1 Z. 5, 99 Abs. 1 und 2 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt worden.

 

Dabei sei der Bw ua. schuldig gesprochen worden, in der Zeit von ca. Herbst 2007 bis Ende März 2009 (als Mittäter gemeinsam mit anderen) in X, X und anderen Orten - in Ausbeutung von Zwangslagen anderer Personen - Kredite (Beträge von insgesamt über 90.000 Euro) zu Wucherzinsen von 20 % wöchentlich in 8 Fällen vergeben zu haben.

 

Am 23. November 2008 habe der Bw zwei näher bezeichnete Personen dadurch mit dem Tode gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, dass er eine Faustfeuerwaffe gezogen, repediert, gegen die beiden gerichtet und den Lauf der Waffe in den Mund eines der beiden gedrückt habe und in der Folge am 24. November 2008 einen anderen zu einer falschen Zeugenaussage bestimmt habe. Darüber hinaus habe er im Februar 2009 versucht, in einem Verfahren wegen Körperverletzung, eine weitere Person zu einer falschen Zeugenaussage zu bestimmen.

 

Am 7. April 2009 habe der Bw zwei Polizeibeamte mit Metall-Gestellen eines Hockers und eines Tisches attackiert und wild um sich geschlagen sowie Fenster und Beleuchtungskörper zertrümmert und dabei versucht, die Beamten am Körper zu verletzen. 

 

Weiters habe der Bw schon davor als unmittelbarer Täter Personen mit dem (qualvollen) Tode bedroht, um sie zur Rückzahlung ihrer Schulden zu zwingen und dabei auch eine Stahlrute gegen Kopf und Knie seines Opfers, einen Elektroschocker eingesetzt und einem Opfer die Freiheit (unter Zufügen von Qualen) entzog. Einem anderen Opfer habe er mit Entführung in die Tschechische Republik gedroht, falls die Frau nicht 50.000 Euro bezahle.

 

Die belangte Behörde schließt an diese Ausführungen einen detaillierteren Überblick über die jeweiligen Straftaten an.

 

Bei der oa. Urteilsfindung sei mildernd berücksichtigt worden, dass manche der Taten beim Versuch geblieben seien und der Bw in manchen Teilen geständig gewesen sei. Erschwerend sei ua. die besondere Brutalität zu werten gewesen.

 

Schon vor dem oben erwähnten Urteil sei der Bw am 21. September 2005 vom LG Wels, zu 15 HV 60/05, wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten (bedingt) rechtskräftig verurteilt worden.

 

Mit Urteil des LG Steyr vom 7. Februar 2006, zu 15 HV 149/05, sei der Bw wegen erneuter schwerer Körperverletzung sowie nach § 50 Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 8 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, verurteilt worden. Ab 1. April 2006 habe er den bedingten Teil der Freiheitsstrafe verbüßt.

 

Hinsichtlich des Aufenthalts des Bw im Bundesgebiet führt die belangte Behörde aus, dass er am 11. September 2001 einen Asylantrag gestellt habe, der mit Bescheid des BAA rechtskräftig am 12. März 2003 negativ beschieden worden sei.

 

Im Jahr 2002 sei ein Strafverfahren wegen Raufhandels vom BG Wels gemäß § 90 StPO eingestellt worden.

 

Am 10. November 2003 habe der Bw – aufgrund der Einbürgerung seines Vaters – einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet erhalten. Diese Niederlassungsbewilligungen seien auf Antrag verlängert worden.

 

Nach der Begehung der schon oben erwähnten Straftaten sei am 3. März 2006 gegen den Bw ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Einer dagegen erhobenen Berufung sei von der SID mit Bescheid vom 1. September 2006 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt worden. Mit Erkenntnis vom 29. November 2006 habe der VwGH eine diesbezügliche Beschwerde abgewiesen.

 

Am 17. Jänner 2007 habe der Bw neuerlich einen Asylantrag gestellt, der bereits am 1. Februar 2007 erstinstanzlich und mit Erkenntnis des Asylgerichtshof rechtskräftig seit 25. Dezember 2010 gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG negativ entschieden worden sei.

Auf die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16. Februar 2011 habe der Bw betreffend die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes am 25. Februar 2011 Stellung genommen und ua. angeführt, dass er gegen das Urteil des OLG Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erhoben habe. Er verhalte sich in der Haft rechtstreu und sei auch einsichtig. Es bestünden keine Gründe mehr für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes.

 

Der Bw habe auch angegeben, in Österreich integriert zu sein, wo auch seine Familienangehörigen (Eltern und 4 Geschwister) leben würden. Zu Familienangehörigen in Mazedonien habe er keinen Bezug mehr.

 

Aus dem Vollzugsplan der JA X gehe – wie die belangte Behörde feststellt – hervor, dass bisher 7 Meldungen wegen Ordnungswidrigkeiten vorlägen und dass der Bw Anpassungsschwierigkeiten in der Haft habe. Aufgrund einer negativen Zukunftsprognose sei bereits 2010 ein Antrag auf Fußfesseln abgewiesen worden.

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht stellt die belangte Behörde aus, dass der Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet teilweise illegal gewesen sei. Ein Verlängerungsantrag des Aufenthaltstitels vom 23. November 2005 sei mit Bescheid des Magistrats Wels vom 7. September 2006 abgelehnt worden. Nach der Entscheidung des VwGH über das erste - auf 10 Jahre befristete - Aufenthaltsverbot habe der Bw neuerlich einen Asylantrag gestellt.

 

Die familiären Beziehungen zu Österreich seien durchaus gegeben. Aus der Stellungnahme des Bw gehe aber hervor, dass er auch in Mazedonien über Familienangehörige verfüge.

 

Zusammengefasst ergäbe sich, dass die Straftaten und das Verhalten des Bw in der Strafhaft deutlich zeigten, dass er nicht gewillt sei, sich den österreichischen Rechtsvorschriften anzupassen. Die Vorgehensweise bei den Straftaten werde durch immense Brutalität untermauert, was alleine schon ausreiche, um gegen den Bw ein Aufenthaltsverbot zu verhängen.

 

Im Fall des Bw sei fraglos § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG einschlägig. Durch sein persönliches Verhalten habe er die öffentliche Ordnung und Sicherheit vehement gefährdet und eine enorme kriminelle Energie gezeigt, die seine Gefährlichkeit untermauere.

 

Die öffentliche Ordnung sei durch den weiteren Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet akut und erheblich gefährdet. Auch aus den privaten bzw. familiären Umständen im Sinne einer Interessensabwägung ergebe sich, dass die verhängte Maßnahme unbedingt erforderlich sei, um die öffentlichen Interessen hinsichtlich des wirtschaftlichen Wohls der Republik sowie zur Verhinderung von Straftaten zu schützen.

 

Aus den oben beschriebenen Gründen sowie wegen der Gefahr der Vereitelung fremdenpolizeilicher Maßnahmen durch den Bw sei die sofortige Ausreise des Bw unbedingt erforderlich, was zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung führe.

 

Die Dauer des Aufenthaltsverbotes sei mit unbefristet auszusprechen gewesen, da nicht abgesehen werden könne, wann das ernorme Gefährdungspotential vom Bw nicht mehr ausgehen werde.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 25. März 2011.

 

Zunächst stellt der Bw Anträge an die belangte Behörde auf Berufungsvorentscheidung und Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes.

 

In der Berufung wird dem im angefochtenen Bescheid dargestellten Sachverhalt im Grunde nicht entgegengetreten, sondern lediglich angemerkt, dass der Bw im Rahmen der letzten Verurteilung – entgegen der Anklageschrift – vom Vorwurf des Suchtgifthandels, des Geldwuchers, der schweren Nötigung und der Freiheitsentziehung freigesprochen worden sei. Gegen das – das Strafausmaß erhöhende - Urteil des OLG Linz sei Beschwerde an den EMRK-Gerichtshof eingebracht worden.  

 

In weiterer Folge wird die rechtliche Beurteilung und Gewichtung der belangten Behörde kritisiert. Der Bw sei nach längerer Zeit wieder das erste Mal in Strafhaft, wobei sich das Haftübel positiv auf seine Gesinnung auswirke. Er habe sich "vermehrt der erzieherischen Betreuung freiwillig unterzogen". 

 

In einer weitwendigen Begründung verneint der Bw das Vorliegen einer Gefährdungssituation durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet.

 

Abschließend wird ua. der Antrag auf Aufhebung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes in eventu auf Herabsetzen der Gültigkeitsdauer auf 5 Jahre beantragt.

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

2.2.2. Am 16. August 2011 langte beim Oö. Verwaltungssenat ein Schreiben des Vertreters des Bw ein, aus dem ua. hervorgeht, dass der Bw im Juni 2011 aus der Strafhaft entlassen wurde und sich nunmehr in Mazedonien aufhält.

 

Mit Schreiben vom 9. September 2011 beantragte der Bw durch seinen vormaligen Vertreter die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat.

 

In einem Telefonat vom 6. Dezember 2011 schränkte der nunmehrige Rechtsvertreter des Bw die in der Berufung gestellten Anträge auf die unter Punkt 1.2. dieses Erkenntnisses explizit genannten ein. Auch der Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wird nicht aufrecht erhalten.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1.1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 125 Abs. 14 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist.

3.1.2. Für eine allfällige Überleitung von Aufenthaltsverboten, die in der alten Fassung des FPG auf § 60 gestützt wurden, findet sich keine dem § 125 Abs. 14 FPG vergleichbare Bestimmung. Nun ist aber festzustellen, dass ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich aus zwei Elementen besteht: zum Einen ist dies der Außerlandes-Verweis (rechtsterminologisch: Ausweisung oder nunmehr auch Rückkehrentscheidung); zum Anderen ist dies das Verbot ins Bundesgebiet wieder einzureisen.

 

Genau diese rechtlichen Elemente normierte der Gesetzgeber in § 52 iVm. § 53 des FPG in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 38/2011 im Hinblick auf den Personenkreis nicht zum Aufenthalt berechtigter Drittstaatsangehöriger. Für EWR-Bürger, Schweizer Bürger, für begünstigte Drittstaatsangehörige, für Drittstaatsangehörige die Familienangehörige von österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern sind, sowie für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel finden sich gesonderte Regelungen. 

 

3.1.3. Daraus folgt aber, dass für Personen, gegen die ein Aufenthaltsverbot gemäß § 60 FPG (alte Fassung) verhängt wurde und die über keinen Aufenthaltstitel verfügen, im Berufungsverfahren nach dem FPG in der nunmehr geltenden Fassung zur Prüfung §§ 52 und 53 heranzuziehen sind.

 

3.1.4. Im vorliegenden Fall ist völlig klar, dass das in Rede stehende Aufenthaltsverbot auf Basis des § 60 FPG ("alte Fassung") erlassen wurde, wie auch dass der Bw über keinen Aufenthaltstitel verfügt (auch sein zweites Asylverfahren wurde abgewiesen und eine Ausweisung ausgesprochen; zudem besteht gegen ihn ein aufrechtes auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot aus dem Jahr 2006), weshalb diese Maßnahme als Rückkehrentscheidung im Sinne des nunmehrigen § 52 FPG und als Einreiseverbot gemäß § 53 FPG zu beurteilen ist.

 

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

3.2.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch vom Bw selbst unbestritten, dass er über keinerlei Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügte und somit grundsätzlich unrechtmäßig aufhältig war. Im Sinne des § 52 Abs. 1 letzter Satz FPG ist – trotz des Umstandes, dass der Bw das Bundesgebiet bereits verlassen hat – eine Überprüfung im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG vorzunehmen.

 

Allerdings ist bei der Beurteilung der Rückkehrentscheidung bzw. des Einreiseverbotes auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen. 

 

3.3.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.3.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige          Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG  gelten, vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 38/2011 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

3.4.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und eine Rückkehrentscheidung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

Hinsichtlich der öffentlichen Interessen an einer dauerhaften Verwehrung des Aufenthalts in Österreich soll hier nur kurz auf die – mit maximaler Brutalität und Menschenverachtung – begangenen Straftaten des Bw verwiesen werden, die es gilt – unter allen Umständen – effektiv abzuwenden.

 

3.4.2. Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass im Fall des Bw  vorrangig das Privatleben hinsichtlich der Interessensabwägung gemäß § 61 Abs. 2 FPG zu erörtern ist, da der volljährige Bw ledig ist und keine allfälligen Sorgepflichten im Bundesgebiet bestehen. Der Umstand, dass enge Familienangehörigen in Österreich aufhältig sind, ist unter dem Aspekt des Privatlebens zu erörtern.

 

Unter gewissen Umständen kann auch dieses alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen.

 

3.4.3. Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, reiste der Bw erstmals im Jahr 2001 nach Österreich ein, wo er auch einen Asylantrag stellte, der allerdings rechtskräftig negativ entschieden wurde. In der Folge erhielt er nach einem guten halben Jahr des rechtswidrigen Aufenthalts einen Aufenthaltstitel der aber aufgrund des im Jahr 2006 ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes nicht verlängert wurde. Entgegen diesem Aufenthaltsverbot reiste der Bw im Jahr 2007 wieder ein, stellte einen Asylantrag und wartete den Ausgang des Verfahrens (2010) hier ab. Nach der zweiten negativen Asylentscheidung war der Aufenthalt wiederum als rechtswidrig anzusehen.

 

Hinsichtlich der Schutzwürdigkeit des Privatlebens ist von keinem besonders hohen Grad auszugehen, da die sozialen Bindungen des Bw – mit Ausnahme von den familiären zu den Eltern, als zumindest teilweise durchaus fragwürdig qualifiziert werden müssen.

 

Dem Bw ist eine bestenfalls durchschnittliche Integration während seines Aufenthalts zuzumessen, da insbesondere die soziale Komponente durch seine umfassende Gewaltbereitschaft stark beeinträchtigt scheint. Der deutschen Sprache dürfte er jedoch ausreichend mächtig sein.

 

Entgegen der Ansicht des Bw kann ihm, der in seinem Heimatland aufgewachsen ist, die Sprache und Kultur des Landes kennt, die Rückkehr sehr wohl zugemutet werden. Dass er dort ohne die engsten Verwandten leben muss, schließt die Zumutbarkeit nicht aus.

 

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Bw bedürfen keiner weiteren Erörterung an dieser Stelle. Klar ist auch, dass der Bw entgegen dem bestehenden Aufenthaltsverbot wieder nach Österreich einreiste. Verzögerungen im Verfahren können den Behörden nicht vorgeworfen werden. Das Privatleben entstand zudem weitgehend in unsicherem aufenthaltsrechtlichem Status.

 

3.4.4. Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss.

 

Der Bw kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

3.5.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung unter Einem ein Einreiseverbot erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für Fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungs-gesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.       wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.       wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.       wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.       wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.       den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7.       bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.       eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts         für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.       an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Aufrechterhaltung eines Aufenthaltstitels für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens 10 Jahren, in den Fällen der Z. 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.       ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4.       ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder gerichtlich strafbaren Handlung im sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.       aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

7.       aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt      oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8.       ein Drittstaatsangehöriger öffentlich in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

3.5.2. Mit einem Rückkehrverbot ist also gemäß § 53 Abs. 1 FPG gleichzeitig ein Einreiseverbot zu verhängen. Bei der Bemessung dessen Dauer hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens 10 Jahren zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

 

Als Fiktion dieser Umstände wird in Z. 1 dieser Bestimmung ua. die – im vorliegenden Fall einschlägige mehr als sechs Monate teilbedingte strafgerichtliche Verurteilung angeführt. Die Z. 5 bis 8, die eine unbefristete Verhängung rechtfertigen würden, finden auf den vorliegenden Fall – mangels einschlägigen Sachverhalts - somit per se schon keine Anwendung, da der Bw ua. zu keiner 5 Jahre übersteigenden gerichtlichen Strafe verurteilt wurde. Es ist folglich die Dauer des in Rede stehenden Einreiseverbotes von höchstens 10 Jahren zulässig.

 

3.5.3. Es ist – im Hinblick auf die festzusetzende Dauer des Einreiseverbotes sowie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit schwerwiegend zu gefährden.

 

Die Verhinderung von Straftaten gerade im so sensiblen Bereich der Körperverletzungs- und Gewaltdelikte, insbesondere wenn sie in der hier vorliegenden gehäuften und massiven Form gegeben sind, zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert.

 

3.5.4. Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung - bzw. hier mehrere strafgerichtliche Verurteilungen - ausgesprochen wurden, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

 

Es zeugt fraglos von konstanter krimineller Energie - gleich mehrfach –Gewaltdelikte zu setzen. Bezeichnend ist, dass der Bw völlig ungerührt von den vorhergegangenen Verurteilungen sein Verhalten noch steigerte und hier besonders brutal verfuhr. Nicht nur, dass er die finanzielle Notlage von großteils ausländischen Staatsangehörigen zu seiner Bereicherung gnadenlos ausnutzte, ist hier anzuführen, sondern vor allem die beispiellose Brutalität, mit der er die Wucherzinsen eintrieb. Geladene Schusswaffen Personen in den Mund zu halten, sie mit Eisenruten und Elektroschockern zu traktieren oder mit qualvoller Ermordung, Verschleppung und Freiheitsberaubung zu bedrohen, gehören ohne jeden Zweifel zu den verabscheuenswürdigsten Straftaten, die die Rechtsordnung kennt. Der Bw errichtete ein "Terrorregime", das seinesgleichen sucht.

 

Weiters kann durch den längeren Zeitraum der Begehung der verschiedenen Delikte, nicht davon ausgegangen werden, dass die kriminelle Motivation bloß punktuell und kurzfristig bestand, sondern von ihm bewusst gewählt wurde.

 

Der Bw bringt vor, sich in der Strafhaft wohl verhalten zu haben und einsichtig zu sein. Diese Argumente können aber – angesichts der unverhältnismäßigen Delinquenz des Bw keinesfalls zu seinen Gunsten ausgelegt werden. Unabhängig davon erscheinen die Reuebeteuerungen utilitaristisch und nicht allzu nachhaltig zu sein.

 

Es kann jedenfalls – angesichts der vorher doch gefestigten kriminellen Verhaltensweisen des Bw – zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus dem Umstand, dass der Bw sich in der Strafhaft nicht völlig unkooperativ verhalten hat, nicht geschlossen werden, dass nunmehr das oben beschriebene Gefährdungspotential von ihm nicht mehr ausgeht und die damals unbestritten in hohem Maße vorhandene kriminelle Energie nicht mehr vorliegt.

 

3.5.5. Ohne den Grundsatz in dubio pro reo außer Acht zu lassen, folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates entschieden der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von Straftaten bildet.

 

3.5.6. Hinsichtlich der Erörterung gemäß § 61 FPG bzw. Art. 8 EMRK wird auf die obigen Feststellungen verwiesen. Diese gelten auch für das Einreiseverbot.

 

3.6. Im Lichte der eben getroffenen Feststellungen scheint die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes für den gesamten Schengenraum im Höchstausmaß von 10 Jahren angemessen und auch verhältnismäßig. Es kann - aus derzeitiger Sicht - keinesfalls davon ausgegangen werden, dass vorher das Gefährdungspotential wegfallen würde. Angemerkt sei, dass der gesetzlich normierte Zeitraum im konkreten Fall sogar wohl kaum ausreichen wird, um eine positivere Zukunftsprognose realistisch anzunehmen. 

 

3.7.1. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

3.7.2. Da der Bw offenbar der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, konnte die Übersetzung des Spruchs sowie der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides gemäß § 59 Abs. 1 FPG unterbleiben. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von insgesamt 85,80 Euro (Eingabe- und Beilagenbühren) angefallen.

 

 

Bernhard Pree

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 2. Oktober 2012, Zl.: 2012/21/0013-10

 

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