Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730481/2/BP/MZ/Wu

Linz, 18.11.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von Armenien, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 11. November 2009, Sich40-32127-2002, betreffend die Verhängung eines auf 5 Jahre befristeten Rückkehrverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

 

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Rechtsgrundlagen/Æñ³í³Ï³Ý ÑÇÙù:

§ 54 iVm. § 61 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2011/38

§ 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG
Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 11. November 2009, Sich40-32127-2002, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 62 Abs. 1 iVm §§ 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein mit 5 Jahren befristetes Rückkehrverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt.

 

Die belangte Behörde hat in diesem Bescheid begründend ausgeführt:

 

"Sie sind armenischer Staatsbürger und haben am 27.10.2000 unter dem Namen X alias X alias X X alias X nach illegaler Einreise und ohne im Besitz eines nationalen Reisedokumentes zu sein beim Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, Zl 00 14.834, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

 

Mit Bescheid des BAA, Außenstelle Traiskirchen, Zl 00 14.834, vom 27.04.2001, ist Ihr Antrag gem. § 5 AsylG 1997 zurückgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid haben Sie fristgerecht die Berufung eingebracht. Mit Bescheid des UBAS vom 21.06.2001 ist Ihre Berufung abgewiesen worden.

 

Am 15.05.2002 haben Sie beim BAA, Außenstelle Salzburg, Zl 02 12.918, einen weiteren Asylerstreckungsantrag gestellt. Diesmal gemeinsam mit Ihrer Gattin, X, geb. X, StA. von Armenien, Zl 02 12.919. Mit Bescheid des BAA, Außenstelle Salzburg, ist Ihr Antrag auf internationalen Schutz gem. § 11 abgewiesen worden. Gegen diesen zitierten Bescheid haben Sie fristgerecht die Berufung eingebracht. Mit Bescheid des UBAS vom 13.02.2007, ZL 232.480/0/12E-XVII/59/02, ist Ihre Berufung gem. § 2 AsylG 1997 zurückgewiesen worden.

 

Am 19.02.20007 haben Sie neuerlich beim BAA, Außenstelle Linz, Zl 07 01.826, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mit Bescheid des BAA, Außenstelle Linz, Zl 07 01.826, vom 17.09.2007 ist Ihr Antrag gem. §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen und gem. § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Sie aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich nach Armenien ausgewiesen worden.

 

Gegen diesen Bescheid haben Sie fristgerecht über Ihren rechtsfreundlichen Vertreter X Berufung bzw. Beschwerde beim UBAS bzw. AGH eingebracht. Die Berufungsentscheidung ist noch ausständig.

 

Angeführt wird auch noch, dass auch der Asylantrag Ihrer Gattin, X, geb. X, StA. von Armenien, mit Bescheid vom BAA, Außenstelle Salzburg, Zl 02 12.919, gem. §§ 7 und 8 AsylG 1997 abgewiesen worden ist. Gegen diesen Bescheid hat sie fristgerecht Berufung eingebracht. Die Berufungsentscheidung ist noch ausständig. Auch die Asylanträge Ihrer minderjährigen Kinder, X, geb. X, und X, geb. X, sind in der ersten Instanz abgewiesen worden und befinden sich derzeit noch im Stande der Berufung.

 

Gegen Sie sind folgende Strafanzeigen durch zuständige Gerichte erstattet worden:

1 GP Thalgau vom 02.08.2002, Zl P 489/02, wegen Ladendiebstahls in zwei Fällen, als Komplize Ihre damalige Lebensgefährtin, X, geb. X

2. GP St. Georgen im Attergau vom 08.01.2003, Zl B/1740/02 wegen Körperverletzung im häuslichen Bereich

3. GP Marchtrenk vom 20.02.2003, Zl B 437/03 wegen Ladendiebstahls

4. GP Marchtrenk vom 23.03.2003, Zl B 437/03 wegen Ladendiebstahls

5. GP St. Georgen im Attergau vom 26.07.2003, Zl B1/874/03 wegen Verleumdung

6. BPD Graz vom 06.07.2001, Zl II-4958/1/01 wegen schwerer Nötigung und Raufhandel

7. GP Vöcklabruck vom 27.01.2004, P-344/04, wegen Ladendiebstahls

8. PI Vöcklabruck vom 02.10.2009, Zl B5/25957/2009 wegen gefährlicher Drohung, schwerer Nötigung, gefährlicher Drohung und neuerlicher schwerer Nötigung.

 

Am 01.10.2009 haben Sie Ihre Gattin sowie Ihre drei Stiefkinder in der gemeinsamen Wohnung unter zu Hilfenahme eines Küchenmessers mit dem Umbringen bedroht, wodurch sowohl Ihre Gattin als auch die drei Stiefkinder in Furcht und Unruhe versetzt worden sind.

 

Aufgrund der durchgeführten Erhebungen der Polizeibeamten der PI Vöcklabruck ist festgestellt worden, dass Sie bereits am 18.09.2009, am 30.09.2009 und schließlich am 01.10.2009 Ihre Familie mit dem Umbringen unter zu Hilfenahme eines Küchenmessers bedroht haben. Sie haben dabei auch mit einem Küchenmesser gegen die Seitenverkleidung des Kühlschrankes in der Küche der gemeinsamen Wohnung in X; gestochen. Weiters haben Sie eine Kaffeetasse auf den Boden geschleudert und mit Ihrer Faust gegen Ihren Laptop geschlagen.

 

Aufgrund dieser Vorfälle ist gegen Sie vom LG Wels wegen gefährlicher Drohung und schwerer Nötigung Haftbefehl erlassen worden.

 

Die hs. Fremdenpolizeibehörde stellt weiters fest, dass Sie bereits vom LG Graz, Zl 4 Hv 1019/01, vom 10.02.2003, rk wegen Nötigung gem. § 105 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, verurteilt worden sind. Weiters sind Sie vom BG Vöcklabruck, Zl 4 U 127/2005D, vom 14.06.2005, wegen § 297 Abs. 1 StGB – Verleumdung – rk verurteilt worden.

 

Mit Schreiben der hs. Fremdenpolizeibehörde vom 22.10.2009 ist Ihnen nachweislich mitgeteilt worden, dass beabsichtigt ist, gegen Sie ein 10-jähriges Rückkehrverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich zu erlassen. Gleichzeitig sind Sie binnen zwei Wochen aufgefordert worden, zur beabsichtigten Erlassung des Rückkehrverbotes schriftlich Stellung zu nehmen.

Ihre Stellungnahme ist fristgerecht bei der hs. Fremdenpolizeibehörde, die Sie selbst abgegeben haben, eingelangt.

 

Die hs. Fremdenpolizeibehörde stellt weiters fest, dass Sie bereits vom LG Graz, Zl 4 Hv 1019/01, vom 10.02.2003, rk wegen Nötigung gem. § 105 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monten bedingt auf 3 Jahre verurteilt worden sind. Weiters sind Sie vom BG Vöcklabruck, Zl 4 U 127/2005D, vom 14.06.2005 wegen § 297 Abs. 1 StGB – Verleumdung – rk verurteilt wurden. Dies deshalb, weil Sie einen Gendarmeriebeamten vom GPK St. Georgen im Attergau beschuldigt haben, dass er Sie während einer Amtshandlung am Körper verletzt habe.

 

In Ihrer Stellungnahme haben Sie angeführt, in Ihrem Fall bestehe keine Rechtsgrundlage für die Erlassung eines Rückkehrverbots, Sie seien am 06.10.2009 vom LG Wels von Ihren Anschuldigungen freigesprochen worden. Auch die Verurteilungen vom LG Graz sowie BG Vöcklabruck erfüllen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Rückkehrverbotes nicht und Sie haben sich seit dem Jahr 2003 wohl verhalten.

 

Wie bereits umseitig angeführt sind Sie seit dem 27.10.2000 aufgrund von Asylanträgen, die Sie bis zur Eheschließung unter einer falschen Identität gestellt haben, hier im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhältig. Erst durch die Eheschließung haben Sie Ihre wahre Identität offen gelegt. Sie sind also im Alter von 25 Jahren nach Österreich gekommen und daraus folgt, dass Sie den größten Teil Ihres Lebens in Ihrem Heimatstaat verbracht haben. Sie sind auch dort aufgewachsen und sprechen die Sprache Ihres Heimatstaates. Sie haben am 27.10.2000 beim BAA, Außenstelle Traiskirchen, Zl 00 14.834, einen Asylantrag gestellt, einen weiteren nach rk Abschluss des Asylverfahrens durch den UBAS am 15.05.2002 beim Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg, Zl 02 12.918, und ebenfalls nach rk Abschluss dieses Asylantrages durch den UBAS am 19.02.2007 beim BAA, Außenstelle Linz, Zl 07 01.826. Ihre Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid des BAA, Außenstelle Linz, ist derzeit noch beim AGH anhängig. Die Asylverfahren Ihrer Familienmitglieder sind bereits umseitig ausführlich dargestellt worden. Sie befinden sich im Stande der Berufung.

Ihr tatsächliches Familienleben hier im Bundesgebiet der Republik Österreich besteht seit der Asylantragstellung Ihrer Familie im Jahr 2002. Zuvor ist Ihr Asylverfahren rk durch den Bescheid des UBAS beendet worden.

 

Zu Ihrer sprachlichen Integration wird angeführt, dass Sie bereits die deutsche Sprache gut sprechen können. Sie können sich in Deutsch verständigen. Dies wird auch aufgrund Ihrer langen Aufenthaltsdauer von 9 Jahren untermauert.

 

Sie sind derzeit als Arbeiter bei der Fa. X (Ihre Ehegattin), etabliert in X, beschäftigt. Während Ihres Aufenthaltes hier im Bundesgebiet sind Sie immer wieder einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Aus Ihrem Versicherungsdatenauszug ist ersichtlich, dass Sie vom 01.01.2004 bis dato insgesamt 44 Monate arbeitslos gewesen sind. Sie sind im Besitz einer eigenen Wohnung und aufgrund Ihrer Erwerbstätigkeit haben Sie auch eine eigene Krankenversicherung. Sie kommen sowohl für Ihren Unterhalt als auch für den Unterhalt Ihrer Familie zur Gänze selbst auf.

 

Aus Ihrem Asylantrag ist ersichtlich, dass Sie noch Bindungen zu Ihrem Heimatstaat haben. Ihr Vater lebt noch dort. In Österreich, hier in X, befindet sich noch Ihr Bruder, X, geb. X, StA. von Armenien, und seine Familie, Lebensgefährtin und drei Kinder. Auch bei der Familie Ihres Bruders sind die Asylverfahren rk abgeschlossen worden. Sie haben einen Antrag auf § 44 Abs. 4 NAG 2005 gestellt. Der Ausgang des Niederlassungsverfahrens ist noch offen. Es besteht ein familiärer Kontakt zur Familie Ihres Bruders.

 

Zu Ihren strafrechtlichen Verurteilungen wird angeführt, dass diese umseitig bereits entsprechend angeführt und von der hs. Fremdenpolizeibehörde bewertet worden sind. In verwaltungsrechtlicher Hinsicht scheinen folgende Bestrafungen auf:

1 BH Vöcklabruck vom 02.05.2005, Zl VerkR96-8565-2005, wegen § 102 Abs. 10 KFG, Geldstrafe € 50,-

2. BH Vöcklabruck vom 03.06.2005, Zl VerkR96-10318-s005, wegen § 82 Abs. 2 StVO 1960, Geldstrafe € 72,-

3. BH Vöcklabruck vom 01.06.2007, Zl VerkR96-5766-2007, wegen §§ 102 Abs. 1 iVm § 37 Abs. 1 FSG, Geldstrafe € 156,-

4. BH Vöcklabruck vom 28.11.2008, Zl VerkR96-25346-2007, wegen § 5 Abs. 1 lit. a Parkgebührenverordnung, Geldstrafe € 21,-

5. BH Vöcklabruck vom 05.12.2007, Zl VerkR96-25840-2007, wegen §§ 102 Abs. 1 KFG iVm § 10 KFG, § 102 Abs. 2 KFG, Geldstrafe € 200,-

6. BH Vöcklabruck vom 08.10.2009, Zl Sich50-189-2009, Bescheid Waffenverbot

 

Wie bereits umseitig angeführt, entstand Ihr Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt, wo Sie sich Ihres unsicheren Aufenthaltes bereits gewusst gewesen sind. Ihr erstes Asylverfahren ist am 22.06.2001 bereits rk negativ abgeschlossen gewesen, als Ihre Familie illegal nach Österreich am 15.05.2002 eingereist ist und anschließend einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Dies obwohl Ihr erster Asylantrag bereits negativ vom UBAS entschieden worden ist.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben wird angeführt, dass dieser Einriff unbedingt notwendig ist, um Ihre Gattin und deren Kinder von weiteren Gewaltakten vor Ihnen zu schützen. Gerade die Gewalt in der Familie ist kein Kavaliersdelikt sondern eine schwerwiegende Verletzung der Rechtsnormen. Der Gesetzgeber hat die Familie unter einem besonderen Schutz gestellt, um Gewalt innerhalb der Familie zu verhindern und bei Gewalttaten entsprechend die Familie zu schützen. Ihr Verhalten stellt somit eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar und es betrifft ein Grundinteresse der Gesellschaft. Auch der Umstand, dass Sie bereits wieder bei Ihrer Familie in der gemeinsamen Wohnung leben, ändert nichts an Ihrer Gefährlichkeit. Aus diesem Grund ist der Eingriff in Ihr Familien- und Privatleben zulässig."

 

1.2. Gegen diesen – am 25. November 2009 zugestellten – Bescheid erhob der Bw mit am 3. Dezember 2009 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben rechtzeitig Berufung. Darin bringt der Bw – um Rechtschreib- und Grammatikfehler bereinigt – wörtlich vor:

 

"Die BH Vöcklabruck hat als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in erster Instanz oben genannten Bescheid ein fünfjähriges Rückkehrverbot in Österreich gegen mich verhängt. Als Rechtsgrundlage dienen der Behörde §§ 60 Abs. 1, 62, 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005.

 

Aufgrund bestimmter Tatsachen gegründete Prognose, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen (die nationale Sicherheit, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, der Schutz der Gesundheit und der Moral und der Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) erheblich gefährdet.

 

Mit Schreiben vom 22.10.2009 wurde mir von der BH Vöcklabruck mitgeteilt, dass gegen mich die Verhängung eines 10-jährigen Rückkehrverbotes geplant ist.

 

Zur geplanten Verhängung des 10-jährigen Rückkehrverbotes habe ich fristgerecht eine Stellungnahme abgegeben in der ich mitteilte.

 

Die Rechtsgrundlage für die Erlassung eines Rückkehrverbotes findet sich in § 60 Abs. 1 und 2 Zi. 1 FPG 2005.

Im Spezifischen in § 60 Abs. 2 wird als bestimmte Tatsache eine Verurteilung von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten.

 

Unter Subsumierung des Tatbestandes in § 60 Abs. 1 und 2 Z. 1 FPG 2005 besteht in meinem Fall keine Rechtsgrundlage, um ein Rückkehrverbot gegen mich zu erlassen.

 

Die einzige Strafe, die ich in Österreich bekommen habe, ist eine zweimonatige bedingte Haftstrafe. Bereits dem Gesetzestext ist zu entnehmen, dass erst eine bedingte Freiheitsstrafe ab sechs Monaten ein Rückkehrverbot mit sich bringen kann. Meine Strafe beläuft sich eindeutig unter diesem Mindestmaß der vorgeschriebenen Strafe.

 

Wie Sie aus den beigefügten Unterlagen erkennen können würde ich zu den Anschuldigungen, die meine Inhaftierung veranlasst haben, am 06.10.2009 durch das LG Wels freigesprochen.

 

Zu der Verurteilung vor dem LG Graz ist zu sagen, dass dieses Strafausmaß von 2 Monaten bedingt betrug. Aus der Verurteilung vor dem BG Vöcklabruck, das Sie angeführt haben, resultierte keine Strafe, da unter Bedachtnahme auf das Urteil des LG Graz von einer Zusatzstrafe abgesehen werden konnte. Seit der Verurteilung aus 2003 habe ich mich stets wohl verhalten und mir nichts zu Schulden kommen lassen.

 

Wie aus meinen Ausführungen ersichtlich, gibt es somit keinen Grund meine Person mit einem 10 oder 5-jährigen Aufenthaltsverbot zu belasten.

 

Gleichhin ersuche ich Sie aufgrund meiner Stellungnahme von der Beabsichtigung der Erlassung eines Rückkehrverbotes Abstand zu nehmen.

 

Weiterhin im Bescheid hat am 11.11.2009 die Fremdenpolizeibehörde festgestellt, dass meine schriftliche Behauptung nicht richtig ist. Gem. § 60 Abs. 1 FPG 2005 besteht sehr wohl die Rechtsgrundlage für die Erlassung meines Rückkehrverbotes. Wie bereits umseitig erwähnt ist die Fremdenpolizeibehörde bei der Erlassung von Aufenthalts- und Rückkehrverboten nicht an gerichtliche Verurteilungen gebunden. Vielmehr ist die von der Fremdenpolizeibehörde aufgrund bestimmter Tatsachen gegründete Prognose (Spekulation), zwar durch Anzeigen aufgrund sehr, sehr unglücklicher Verkettungen zustande gekommen, wodurch ich als gefährliche Person prognostiziert werde.

 

Die ganze Sache ist mir unangenehm und ich bedaure es zutiefst. Insbesondere das Geschehen vom 01.10.2009. Das war kein Kavaliersdelikt sondern eine Rechtsverletzung wofür ich um Verzeihung bitte.

 

Ich akzeptiere die Rechtsordnung und das staatliche Gefüge in Österreich in hohem Maße.

 

Ich bin keine gefährliche Person für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder andere in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen (die nationale Sicherheit, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, der Schutz der Gesundheit und der Moral und der Schutz der Rechte und Freiheiten anderer).

Ich bin glücklich, dass ich mich mit meiner Familie im sicheren Österreich aufhalten darf. Wir sind lange hier und haben uns gut integriert. Ich wäre sehr dankbar wenn sie das 5-jährige Aufenthalts- und Rückkehrverbot aufheben würden."

 

2.1.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vor.

 

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 3. März 2011, GZ E1/23375/2009, wurde der Berufung des Bw Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Begründend führt die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsvorschriften aus, die Erstbehörde habe das erlassene Rückkehrverbot dem Grunde nach bzw. der Gewichtung nach mit den drei Vorfällen im Jahre 2009 begründet. Hinsichtlich (gerade) dieser Vorwürfe sei der Bw jedoch mit Urteil des LG Wels vom 06.10.2009 freigesprochen worden. Mögen die Vorwürfe, die gegen den Bw erhoben wurden, auch schwerwiegend sein, durch die in der Gerichtsverhandlung aufgetretenen "Beweisnotstände" seien diese jedoch nicht nachweisbar. Die restlichen Verurteilungen lägen bereits jahrelang zurück, weshalb sie nicht zur "Kernbegründung" eines Rückkehrverbotes herangezogen werden könnten.

 

2.1.2. Mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 17. August 2011, GZ BMI-1040545/0001-II/3/2011, wurde der Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich gemäß § 68 Abs. 4 Z 1 AVG wegen Unzuständigkeit für nichtig erklärt. Dies hat zur Folge, dass das Berufungsverfahren nunmehr wieder offen ist.

 

2.1.3. Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Gleiches hat im gegenständlichen Fall zu gelten, da sich das vom Bw bekämpfte Rückkehrverbot von der Wirkung her von einem Aufenthaltsverbot nicht unterscheidet, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt zuständigkeitshalber von der Sicherheitsdirektion des Bundeslandes Oberösterreich dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

2.3.  Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1.1. und Punkt 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Oö. Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1.. Gemäß § 125 Abs. 16 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG , BGBl I 2005/100 in der Fassung BGBl I 2011/38, bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 2011/38 erlassene Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitraum weiterhin gültig.

 

Aufgrund der zwischen dem Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde und dem Entscheidungszeitpunkt der Rechtsmittelbehörde erfolgten Novellierung des Fremdenpolizeigesetzes 2005 durch das Bundesgesetz BGBl I 2011/38 gelangt bei der rechtlichen Beurteilung im gegenständlichen Fall nicht mehr – wie von der Erstbehörde zu Recht herangezogen – § 62 FPG 2005 (alt) sondern § 54 2005 (neu) zur Anwendung.

 

3.2. Gemäß § 54 Abs. 1 FPG 2005 ist gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 sind § 54 Abs. 2 FPG 2005 zufolge insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3

 

3.3. Im vorliegenden Fall scheidet eine weitere Anwendung des § 54 Abs. 1 FPG 2005 jedoch aufgrund der Tatsache aus, dass durch die in Rechtskraft erwachsene, negative Entscheidung im Asylverfahren des Bw dessen Status als Asylwerber untergegangen ist und eine rechtskräftige und damit durchsetzbare asylrechtliche Ausweisung ausgesprochen wurde. § 10 Abs 7 des Asylgesetzes 2005 in der geltenden Fassung zufolge gilt eine durchsetzbare Ausweisung als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005. Systematisch an diese Bestimmung anknüpfend normiert § 54 Abs. 9 FPG 2005, dass, wenn eine Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 durchsetzbar wird, das Rückkehrverbot als Einreiseverbot gilt. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Im gegenständlichen Fall bedeutet dies in weiterer Folge, dass die Kriterien, welche § 53 FPG 2005 für die Erlassung von Einreiseverboten statuiert, im Rechtsmittelverfahren als Prüfungsmaßstab für die Dauer des erstinstanzlich erlassenen Rückkehrverbots heranzuziehen sind. Die Zulässigkeit des Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Bw dem Grunde nach ist, da die durchsetzbare asylrechtliche Ausweisung als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 gilt, anhand des – auf Rückkehrentscheidungen explizit anwendbaren – § 61 FPG 2005 zu beurteilen.

 

3.4.1 Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen gilt es daher zuvorderst, die Zulässigkeit des Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Bw dem Grunde nach zu prüfen. Dabei ist auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG 2005 Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.4.2. Wie schon die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich in dem wegen Unzuständigkeit von der Bundesministerin für Inneres aufgehobenen Bescheid ausführte, hat die Erstbehörde das in Rede stehende Rückkehrverbot dem Grunde nach bzw. der Gewichtung nach mit den drei Vorfällen im Jahre 2009 begründet. Hinsichtlich (gerade) dieser Vorwürfe wurde der Bw jedoch mit Urteil des LG Wels vom 06.10.2009 freigesprochen. Wenn die Vorwürfe, die gegen den Bw in diesem Zusammenhang erhoben wurden, auch schwerwiegend sind, konnten diese jedoch im gerichtlichen Verfahren nicht erhärtet werden. Die restlichen Verurteilungen des Bw liegen bereits jahrelang zurück, weshalb sie nicht zur "Kernbegründung" eines Rückkehrverbotes herangezogen werden können.

 

Es ist daher aus Sicht der erkennenden Behörde nicht davon auszugehen, dass der Bw in Hinkunft eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich darstellt, weshalb im Grunde des § 54 Abs. 1 FPG ein Rückkehrverbot nicht zu erlassen war.

 

3.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

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Bernhard Pree

 

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