Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252813/10/Py/Hu

Linz, 18.11.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15. März 2011, GZ: 0013761/2010, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9. November 2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15. März 2011, GZ: 0013761/2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG 1975 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 34 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Gewerbeinhaber/in und Betreiber/in der Firma x, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass von Ihnen als Arbeitgeber am 08.05.2009 in x, der nigerianische Staatsbürger Herr x, geboren x, wohnhaft x, als Paketzusteller gegen Entgelt – 25,-- oder 26,-- Euro als Ersatz der Benzinkosten – beschäftigt wurde, obwohl Ihnen für diese(n) Arbeitnehmer(in) weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der Ausländer weder eine Arbeitserlaubnis noch einen Befreiungsschein oder 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besitzt."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass der im Spruch angeführte Ausländer vom Bw mit einer Zustellfahrt beauftragt wurde und diese namens der Firma x durchgeführt wurde, obwohl dieser Firma für Herrn x keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung ausgestellt wurde. Der objektive Tatbestand der dem Bw angelasteten Verwaltungsübertretung ist daher erfüllt. Zur Rechtfertigung, es habe sich um einen Gefälligkeitsdienst gehandelt, wird ausgeführt, dass Gefälligkeitsdienste lediglich zwischen Privatpersonen aufgrund spezifischer Bindungen erbracht werden können, jedoch niemals gegenüber Firmen. Herr x hat die Zustellfahrt für die Firma x durchgeführt, da nur die Firma x mit x in einem Vertragsverhältnis stand. Auch stehen die Angaben des Bw, dass Herr x die Zustellung angeboten habe, in Widerspruch mit der durchaus glaubwürdigen Aussage des Herrn x bei seiner Einvernahme, wo er angegeben hat, dass sie ihn gebeten hätten, an diesem Tag die Zustellfahrten zu übernehmen. Es wurde somit eindeutig und zweifelsfrei vom Bw ein Auftrag für die Durchführung einer Tätigkeit, die normalerweise in einem Dienstverhältnis erledigt wird, erteilt.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass als strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit gewertet wurde, straferschwerende Gründe waren nicht vorhanden und ging die Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 700 Euro und keinen Sorgepflichten aus.

 

2. Dagegen erhob der Bw rechtzeitig zunächst mündlich vor der belangten Behörde und dann schriftlich Berufung und führte aus, dass Herr x nicht organisatorisch in den Betrieb des Bw eingegliedert war, sondern nur die Auslieferung der Pakete ausführte und diesbezüglich keiner Dienstaufsicht unterlag. Er sollte nur einen Tag lang für den Bw "einspringen" und handelte es sich um einen reinen Gefälligkeitsdienst aufgrund eines kurz zuvor vorgefallenen Unfalls, durch den der Pkw des Bw dermaßen beschädigt war, dass ihm die Paketlieferung an besagtem Kontrolltag nicht weiter möglich war. Herrn x wurde kein Entgelt geleistet, sondern ersetzte der Bw diesem lediglich seine Aufwendungen, nämlich die Benzinkosten.

 

3. Mit Schreiben vom 27. April 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9. November 2011, die aufgrund des den Verfahren zugrunde liegenden sachlichen Zusammenhangs gemäß § 51e Abs.7 VStG gemeinsam mit der Berufungsverhandlung im Verfahren hinsichtlich der vorgeworfenen Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (VwSen-252814) durchgeführt wurde. An der Verhandlung nahm der Bw sowie ein Vertreter des Finanzamtes Linz als Parteien teil. Als Zeuge wurde der gegenständliche ausländische Staatsangehörige, Herr x, einvernommen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw führt Paketzustellungen für die Firma x durch. Am 8. Mai 2009 verunfallte der Bw während einer Zustellfahrt mit seinem Fahrzeug. Eine weitere Auslieferung der Pakete war ihm aufgrund der Beschädigungen am PKW an diesem Tag nicht mehr möglich. In einem Telefonat, dass der Bw daraufhin mit einem Vertreter der Firma x führte, wurde ihm aufgetragen, für die zeitgerechte Auslieferung der Pakete zu sorgen. Daraufhin suchte der Bw nach Lösungen und wandte sich in weiterer Folge an seinen Freund, den nigerianischen Staatsangehörigen Herrn x, geboren am x. Dieser sagte seine Unterstützung zu und stellte mit seinem eigenen PKW die noch ausständigen Pakete zu. Es war zwischen den Freunden die Unentgeltlichkeit dieser Tätigkeit schlüssig vereinbart, jedoch ersetzte der Bw Herrn x zumindest dessen Benzinkosten. Um den dafür aufgewendeten Betrag in Höhe von 26,25 Euro buchhalterisch erfassen zu können, schrieb der Bw über Anraten seiner Steuerberaterin namens Herrn x einen entsprechenden Rechnungsbeleg über die Benzinkosten für seine Buchhaltungsunterlagen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und den nachvollziehbaren Aussagen des Bw sowie des in der mündlichen Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen, Herrn x. Der Bw konnte in der mündlichen Berufungsverhandlung glaubwürdig seine langjährige Freundschaft zu Herrn x darlegen und schilderte zudem lebensnah die näheren Umstände, die dazu führten, dass Herr x am 8.5.2009 für ihn die Paketauslieferungen übernahm.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Die Frage, ob eine dem Geltungsbereich unterliegende Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ist nicht nach der äußeren Erscheinungsform des Sachverhalts bzw. des Vertragsverhältnisses, sondern nach dem wahren wirtschaftlichen Wert der ausgeübten Tätigkeit zu beurteilen (vgl. § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG). Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird.

 

Ein wesentliches Merkmal ist die Entgeltlichkeit der Tätigkeit, wobei sich der Anspruch des Arbeitenden auf Bezahlung aus einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung, allenfalls aber auch unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften (aus gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Regelungen) ergeben kann. Nicht nur Geldleistungen erfüllen dieses Tatbestandsmerkmal, sondern alle Leistungen, die der Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung erhält (auch Naturalleistungen wie freie Unterkunft, freies Essen als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft). Ist hingegen glaubhaft – sei es ausdrücklich oder auch konkludent – für die Tätigkeit Unentgeltlichkeit vereinbart, fehlt es an der für eine Beschäftigung nach dem AuslBG essentiellen persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit.

 

Auch eine nur kurzfristige oder aushilfsweise Verwendung von Ausländern ist als ein der Bewilligungspflicht unterworfenes Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 2 Abs.2 AuslBG anzusehen, sofern es sich nicht nur um einen (bewilligungsfreien) Gefälligkeitsdienst handelt. Als Gefälligkeitsdienste können nur kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste angesehen werden, die vom Leistenden aufgrund bestehender spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger (zB. Verwandtschaft, enge Freundschaft) erbracht werden. Wesentlich ist die Freiwilligkeit der Leistung. Fehlt es an einer zwischen dem arbeitend angetroffenen Ausländer und dem Arbeitgeber bestehenden spezifischen Bindung, liegt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Gefälligkeitsdienst jedenfalls nicht vor (vgl. VwGH vom 8.8.2008, 2007/09/0376).

 

Im Beweisverfahren konnte der Bw zweifelsfrei darlegen, dass es sich bei der gegenständlichen Paketzustellung um einen – bewilligungsfreien – Gefälligkeitsdienst seines Freundes gehandelt hat, der kurzfristig aufgrund der Notlage des Bw zustande kam und den von Herrn x freiwillig und unentgeltlich erbrachte. Eine Beschäftigung des Herrn x am 8. Mai 2009 durch den Bw lag somit nicht vor.

 

6. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

7. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

 

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