Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-301116/2/AB/Mu/Sta

Linz, 07.12.2011

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Astrid Berger über die Berufung des D E, geb. , vertreten durch seinen einstweiligen Sachwalter B E, T,  L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes des Bezirks Linz-Land vom 11. Oktober 2011, Z Pol96-662-2010/Gr, wegen einer Übertretung nach dem Oö. Jugendschutzgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe auf 70 Euro und der Beitrag zu den Verfahrenskosten erster Instanz auf 7 Euro herabgesetzt werden.

 

II.   Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungs­verfahrens­gesetz 1991 (AVG).

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 11. Oktober 2011, Z Pol96-662-2010/Gr, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro verhängt, weil er sich als 17-jähriger am 21. August 2010 um 00.00 Uhr in  L auf dem Bahnweg eines Bahnüberganges in offensichtlich übermäßig alkoholisiertem Zustand aufgehalten habe, obwohl Jugendlichen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr der übermäßige Alkoholkonsum verboten sei und er somit die Bestimmungen des Oö. Jugendschutzgesetzes 2001 missachtet habe. Ein mit ihm zum Tatzeitpunkt durchgeführter Alkohohltest mittels Vortester habe einen Alkoholgehalt seiner Atemluft von 0,42 mg/l ergeben.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 8 Abs 1 iVm § 13 Abs 1 Z 5 und Abs 8 des Oö. Jugendschutzgesetzes genannt.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass die im Spruch angelastete Tat aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion L vom 25. August 2010 erwiesen sei, weil ein durchgeführter Alkoholtest mittels Vortester einen Wert von 0,42 mg/l Atemalkoholgehalt ergeben habe.

 

Nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen und Schilderung des bisherigen Verfahrensganges kommt die belangte Behörde zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand erfüllt sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Milderungsgründe hervorgekommen, während zwei einschlägige Verwaltungsvorstrafen als erschwerend zu werten gewesen seien. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses dem Bw nachweislich am 28. Oktober 2011 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 3. November 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung, mit der lediglich die Strafhöhe bekämpft wird.

 

Darin bringt die Mutter des Bw vor, dass sie sich mit der belangten Behörde hinsichtlich der Straftaten ihres Sohnes mit der Frage deren Verbüßung durch dessen Gefängnisaufenthalt von 11.11.2010 bis 14.2.2011 in Verbindung gesetzt habe. Daraufhin sei ihr im Jänner 2011 mitgeteilt worden, dass alles erledigt sei und auch keine weiteren Anzeigen erfolgt wären. Abschließend führt sie aus, dass ihr Sohn über kein Einkommen verfüge, weshalb ein Nachlass der Strafe beantragt werde.

 

Dieser Berufung war ein Beschluss des Bezirksgerichtes Traun vom 21. Oktober 2011, Z 27 P 224/11m–2, beigelegt, aus dem hervorgeht, dass die Mutter des Bw zu dessen Verfahrenssachwalter und einstweiligen Sachwalter für die Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern sowie Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten bestellt worden ist, weil im Rahmen des dort anhängigen Verfahrens festgestellt worden ist, dass der Bw nicht in der Lage sei, alle seine Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen.

 

2.1. Mit Schreiben vom 8. November 2011 hat die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.  

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Nachdem sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragte, konnte von deren Durchführung gemäß § 51e Abs 3 VStG abgesehen werden.

 

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesent­lichen Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 8 Abs 1 Oö. Jugendschutzgesetz in der hier maßgeblichen Fassung, LGBl. Nr. 93/2001, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 90/2005 (im Folgenden: Oö. JSchG), ist Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken, verboten.

 

Nach § 13 Abs 1 Z 5 Oö. JSchG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Jugendlicher gegen ein Verbot des § 8 Abs 1 verstößt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder durch andere Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

Gemäß § 13 Abs 8 Oö. JSchG ist der Jugendliche mit einer Geldstrafe bis zu 200 Euro, bei erschwerenden Umständen bis zu 300 Euro, zu bestrafen, wenn die soziale Leistung nicht erbracht oder die Erbringung einer sozialen Leistung gemäß Abs 4 nicht wirkungsvoll scheint oder der Jugendliche und der gesetzliche Vertreter der Erbringung der sozialen Leistung nicht zugestimmt haben. Erschwerende Umstände liegen insbesondere im Wiederholungsfall vor. Bei Vorliegen erschwerender Umstände hat die Bezirksverwaltungsbehörde darüber hinaus im erforderlich scheinenden Maß auch weitere geeignete Maßnahmen, insbesondere Maßnahmen der Jugendwohlfahrt, zu treffen. Eine Ersatzfreiheits­strafe darf nicht verhängt werden.

 

3.2. Nachdem sich die Mutter des Bw in ihrer Berufung lediglich gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet und die Tatbegehung an sich nicht in Abrede stellt, ist von der Rechtskraft des im erstinstanzlichen Straferkenntnis ausgeführten Schuldausspruchs auszugehen. Eine diesbezügliche Überprüfung war dem Oö. Verwaltungssenat sohin verwehrt. Dies gilt jedoch nicht für die Beurteilung der Strafbemessung.

 

3.3.1. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

3.3.2. Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung (vgl. ua. VwGH vom 28. November 1966, 1846/65), die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. ua. VwGH vom 13. Dezember 1971, Slg. 8134 A). § 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 - 46 VStG) erfolgt.

 

Darüber hinaus normiert Abs 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit genannten, wie z.B. das Verschulden oder die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhält­nisse, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe ein Verweis auf die § 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs 3 leg.cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen ua. im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreif­lichen heftigen Gemütsbewegung  oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB).

 

3.3.3. Die belangte Behörde wertete zwei bereits rechtskräftige einschlägige Verwaltungsstrafen nach dem Oö. Jugendschutzgesetz (Strafhöhen: 30 Euro und 50 Euro) zu Recht als erschwerend.

 

Milderungsgründe wurden von der belangten Behörde keine festgestellt. Allerdings ist der – erst nach dem Bescheidverfahren in erster Instanz (Bescheiddatum: 11.10.2011) hervorgekommene – Umstand, dass die Mutter des Bw mit Beschluss des Bezirksgerichtes Traun vom 21. Oktober 2011, Z 27 P 224/11m-2, zu dessen Verfahrenssachwalter und einstweiligem Sachwalter bestellt wurde, weil der Bw selbst nicht in der Lage ist, "alle seine Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen", als mildernd zu werten. Weiters ist zu berücksichtigen, dass der Bw gegenwärtig über kein Einkommen verfügt. Hinsichtlich der im erstinstanzlichen Bescheid dargelegten spezialpräventiven Erwägungen ist der belangten Behörde nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates grundsätzlich zwar zuzustimmen; allerdings ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Bw – wie der Berufung zu entnehmen ist – offensichtlich (wenn auch fälschlicher Weise) davon ausgegangen ist, dass er auch wegen des gegenständlichen Verstoßes gegen das Oö. Jugendschutzgesetz von 11.11.2010 bis 14.2.2011 im Gefängnis "eingesessen hat".

 

Vor diesem Hintergrund findet es der Oö. Verwaltungssenat bei Abwägung sämtlicher Erschwerungs- und Milderungsgründe daher als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die verhängte Geldstrafe – unter Berücksichtigung der in § 13 Abs 8 Oö. JSchG normierten Höchststrafe – auf 70 Euro herabzusetzen.

 

In diesem Sinne war auch der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde adäquat zu reduzieren.

 

3.4. Eine Anwendung des § 21 VStG und damit verbunden das Absehen von der Strafe scheidet – nicht zuletzt unter Berücksichtigung der bereits rechtskräftigen einschlägigen Verwaltungsstrafen nach dem Oö. JSchG – insofern aus, als das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Auch § 13 Abs 2 und Abs 4 Oö. JSchG finden im gegenständlichen Fall – mangels geringem Verschulden bzw. pädagogischer Zweckmäßigkeit der Erbringung sozialer Leistungen – keine Anwendung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Astrid Berger

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum