Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531211/2/Bm/Sta

Linz, 12.12.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau B Z, F, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach  vom 4.11.2011, Zl.:  Ge20-140-2009, mit dem Herrn J P die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort N, A, erteilt wurde, zu Recht erkannt:

 

            Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), § 42 AVG iVm  § 359 Abs.4 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 10.10.2011 hat Herr J P um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Tischlerei durch Zubau einer Garage, eines Lagers sowie Zweckumwidmung des bestehenden Lagers/Garagengebäudes in einen Werkraum mit Aufstellung einer Tischfräse im Standort N, A, angesucht.

Mit oben bezeichnetem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach wurde diesem  Ansuchen stattgegeben und die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat Frau Z innerhalb offener Frist Berufung erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, sie sei der Meinung, dass sich das Anwesen der Familie P in das Dorfbild sehr gut einbinde. Es gebe – auch wie von den Nachbarn selbst vorgebracht – überhaupt keinerlei Lärmbelästigung oder Unangenehmes wegen des Hobbybetriebes. Es sei anzunehmen, dass auf der BH in Rohrbach keinerlei Anzeigen seitens der Nachbarn gegen die Familie P vorliegen würden.

Auch wenn jede Behörde für ihre Zuständigkeiten verantwortlich sei, sollten sich doch die einzelnen Behörden in solch komplexen Fällen für die Auswirkungen auf andere Zuständigkeiten und Bürgeranliegen interessieren. Es werde nochmals schriftlich festgehalten, dass einer Erweiterung des Betriebes keinesfalls zugestimmt werde, solange das Verfahren auf Umwidmung des südlich angrenzenden Grundstückes der Bw von Behördenseite nicht abgeschlossen sei und solange die Familie P kein Entgegenkommen gegenüber ihren Nachbarn zeige. Über den derzeitigen Stand des Umwidmungsverfahrens werde eine Übersicht zur Information beigefügt.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat diese Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt  dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt I. Instanz zu Ge20-140-2009.

 

Da sich bereits daraus der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien überdies keinen entsprechenden Antrag gestellt haben, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

 

 

Gemäß § 42 Abs.1 AVG  i.d.g.F. hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt.

Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

5.2. Die am 3.11.2011 abgehaltene mündliche Verhandlung wurde im Sinne der §§ 41 und 42 AVG ordnungsgemäß kundgemacht und wurde darin auch auf die in § 42 AVG vorgesehenen Rechtsfolgen verwiesen.

 

Nach der geltenden Rechtlage kommt Nachbarn ex lege Parteistellung in den regulären Verfahren zur Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage zu, und zwar auf Grund des § 8 AVG iVm den den Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 der GewO 1994.

 

Erfolgt eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung betreffend die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage bzw. einer Änderung einer bestehenden Betriebsanlage, so hat dies im Sinne der zitierten Rechtsvorschriften die Folge, dass Nachbarn ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen erheben.

 

Durch die Erhebung zulässiger und rechtzeitiger Einwendungen von Nachbarn bleibt deren Parteistellung aufrecht. Dies aber nur in dem Rahmen und Umfang, soweit zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben wurden.

Umgekehrt verlieren die Nachbarn ihrer Stellung als Partei, wenn sie keine zulässigen und rechtzeitigen Einwendungen erhoben haben.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, liegt eine zulässige Einwendung im Sinne des § 42 Abs.1 AVG dann vor, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechts geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muss jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist, wobei der Kreis der subjektiven Rechte, deren Verletzung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren zulässigerweise behauptet werden kann, sich aus § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 GewO 1994 ergibt.

 

Das bedeutet, eine Einwendung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren muss auf einen oder mehrere der in § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 vorgeschriebenen Tatbestände, im Fall der § 74 Abs.2 Z2 auf einen oder mehrere dort fortgeschriebener Alternativtatbestände abgestellt sein (vgl. VwGH 19.9.1989, Zl. 86/04/0103).  Die Beibehaltung der Parteistellung durch Nachbarn setzt somit das Vorliegen derart qualifizierter Einwendungen voraus (siehe hiezu VwGH 21.6.1993, Zl. 92/04/0144 und die dort zitierte Vorjudikatur).

 

5.3. Im gegenständlichen Fall hat die Bw keine solche qualifizierten zulässigen Einwendungen bezogen auf die im gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmi­gungs­verfahren ihr zustehenden subjektiv-öffentlichen Interessen im Grunde des § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 GewO 1994 vorgebracht.

 

Nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung wurde von der Berufungswerberin schriftlich bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach folgende Stellungnahme abgegeben:

"Wir möchten darauf hinweisen, dass Herr J P eine Baubewilligung vom 22.10.2009 für den Zubau eines Lagers/Garagengebäude besitz. Als Verwendung wurde für den Zubau eine kombinierte Ausführung des Gebäudes, einerseits als Einstellplatz eines Kraftfahrzeuges – Garage und/oder die Verwendung als Lager bzw. als Kfz-Beladungsstelle bewilligt. Diesem Vorhaben haben wir als Eigentümergemeinschaft zugestimmt, zumal zum Zeitpunkt der Bauverhandlung das Gebäude ja bereits im Rohbau gestanden ist.

Wir möchten hiermit ausdrücklich festhalten, dass wir gegen die Zweckumwidmung des bestehenden Lagers/Garagengebäudes in einen Werkraum mit Aufstellung einer neuen Maschine (Tischfräse) sind und diesem Vorhaben nicht zustimmen werden."

 

Die Berufungswerberin hat an der mündlichen Verhandlung am 3.11.2011 teilgenommen und keine weitere Stellungnahme abgegeben.

Die oben angeführte Stellungnahme der Berufungswerberin ist keine rechtswirksame Einwendung, da dieses Vorbringen nicht erkennen lässt, welche Verletzung der Nachbarrechte geltend gemacht werden soll.

Die Berufungswerberin bringt nur zum Ausdruck, dass dem beantragten Vorhaben nicht zugestimmt werde, ohne darauf einzugehen, welche Nachbarrechte aus ihrer Sicht durch das Vorhaben verletzt werden.

 

Die schriftliche Stellungnahme stellt daher entsprechend der oben dargestellten Rechtslage keine Einwendung im Sinne des § 42 Abs.1 AVG dar, weshalb die Parteistellung der Berufungswerberin im gegenständlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht aufrecht erhalten wurde.

 

Mangels Parteistellung war somit die Berufung als unzulässig zurückzuweisen.

 

5.4. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass auch im Falle der Aufrechterhaltung der Parteistellung von keiner zulässigen Berufung auszugehen wäre, da sich die Berufung ausschließlich auf raumordnungsrechtliche Belange bezieht, der Gewerbebehörde es aber verwehrt ist, im Rahmen des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens eine Beurteilung diesbezüglich vorzunehmen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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