Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100976/23/Br/Gr

Linz, 17.05.1993

VwSen 100976/23/Br/Gr Linz, am 17. Mai 1993 DVR.0690329

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. Wegschaider, Berichter: Dr. Bleier, Beisitzer: Dr. Guschlbauer)über die Berufung der Frau U H, S, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M P, P, E, vom 24. November 1992 gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz, vom 16. November 1992, Zl.: VU/S/647/92 W, nach der am 3. Mai 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird k e i n e F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b Straßenverkehrsordnung, BGBl.Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 615/1991 - StVO 1960; § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 u. § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 867/1992 - VStG; II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden 3.000 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 16. November 1992 über die Berufungswerberin wegen der ihr unter Punkt 1) zur Last liegenden Übertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 15.000 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Wochen verhängt, weil sie am 6. Februar 1992 um 19.05 Uhr in L, L, stadteinwärts, das KFZ mit dem Kennzeichen gelenkt und einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht habe, wobei sie sich am 6.2.1992 um 19.25 Uhr in L, L gegenüber einem besonders geschulten Organ der Straßenaufsicht geweigert habe, ihre Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung bestanden habe.

1.1. In der Begründung stützte die Erstbehörde ihre Entscheidung in diesem Punkt auf das Gutachten des medizinischen Sachverständigen, in welchem keine Bewußtseinsstörungen angenommen worden waren, sodaß die Verantwortlichkeit für die Verweigerung gegeben gewesen wäre.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt die Berufungswerberin durch ihren Rechtsvertreter im wesentlichen aus, daß das Verfahren mangelhaft geblieben sei. Sie sei weder alkoholisiert gewesen, noch habe sie die Atemluftprobe bewußt verweigert. Sollte tatsächlich eine Aufforderung zur Leistung des Alkotestes an sie gestellt worden sein, so habe sie daran kein Erinnerungsvermögen mehr. Laut den Angaben ihres Ehemannes habe sie nach dem Unfall auf ihn den Eindruck wie "weggetreten" gemacht.

Aus diesem Grund stelle sie den Antrag ihrer Berufung Folge zu geben und nach einem ergänzenden Ermittlungsverfahren das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren wider sie einzustellen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Zeugen Insp. L (Meldungsleger), des Zeugen H (Gatte der Berufungswerberin), der Zeugin W und durch das Gutachten der med. Amtssachverständigen, Dr. S H sowie der Vernehmung der Berufungswerberin als Beschuldigte anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Mai 1993. + 4. Zumal eine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 2. Kammer zu erkennen. Da mit der Berufung auch die Schuldfrage angefochten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG). Hinsichtlich des Punktes 2) (§ 7 Abs.1 StVO 1960) wurde die unter VwSen - 100977 anhängige Berufung zurückgezogen (siehe Protokoll zu VwSen 100976).

5. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

5.1. Es ist unstrittig, daß die Berufungswerberin auf ein am stadtauswärtsführenden Fahrbahnrand der L in Höhe Nr. abgestelltes Fahrzeug aufgefahren ist und dadurch drei weitere Fahrzeuge beschädigt hatte. Sie gab diesbezüglich befragt an, daß sie die dort abgestellten Fahrzeuge übersehen habe und deshalb frontal aufgefahren sei.

5.1.1. Außer Streit gestellt wurde einerseits die Lenkereigenschaft, andererseits die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zum Alkotest. Ebenfalls außer Streit gestellt wurde der Konsum des Alkohol beinhaltenden Getränks "Schwedenjörg" und die daraus resultierende mögliche Folge des Geruches der Atemluft nach Alkohol.

5.2. Zur Frage der schuldhaften Verweigerung der Atemluftuntersuchung auf Alkoholgehalt wird nachfolgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen erachtet:

Die Berufungswerberin hat unmittelbar im Anschluß an den Verkehrsunfall von einem nächst dem Unfallsort gelegenen Lokal aus ihren Ehemann von diesen Unfall verständigt und dessen Hilfe erbeten. Sie vermochte der Amtshandlung zu folgen und die vom Sicherheitswachebeamten an sie gestellten Fragen zu beantworten. Im Verlaufe der Amtshandlung wurde an der Berufungswerberin Alkoholgeruch wahrgnommen und eine Aufforderung zu Leistung einer Atemluftuntersuchung auf Alkohlgehalt ausgesprochen. Dieser hatte die Berufungswerberin ursprünglich zugestimmt, letztlich wurde dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen.

Auf Grund dieser Abläufe und der vorliegenden ärztlichen Bestätigungen gelangte die medizinische Sachverständige in ihrem Gutachten zur Ansicht, daß keine Bewußtseinsstörung, welche das Auffassungs- und Einsichtsvermögen bzw. die Zurechnungsfähigkeit einschränken hätte können, vorlag. Die Berufungswerberin ist daher auf Grund des medizinischen Sachverständigengutachtens für die Verweigerung der Amtemluftuntersuchung verantwortlich zu erachten gewesen. Sie war in der Lage, die Aufforderung zur Alkomatuntersuchung zu verstehen bzw. die Folgen einer Verweigerung zu erkennen.

5.3. Dieses Beweisergebnis stützt sich vor allem auf die Ausführungen der medizinischen Amtssachverständigen. Die Sachverständige vermochte ihren Befund einerseits auf die im Akt erliegenden Unterlagen des Krankenhauses, andererseits auf die von den Zeugen geschilderten Interaktionen der Berufungswerberin an der Unfallstelle aufzubauen.

So vermochte die Sachverständige überzeugend darzulegen, daß die Berufungswerberin bereits unmittelbar im Anschluß an den Verkehrsunfall in der Lage gewesen ist, komplizierte Denkabläufe und längerdauernde zielgerichtete und situationsbezogene Handlungsabläufe, in denen auch gewisse Schwierigkeiten überwunden werden mußten, zu bewältigen. Derart zielgerichtete Handlungen können nur von einer intakten Persönlichkeitsstruktur gesteuert werden. Eine solche Handlung sei zB. im Telefonieren in einer Gastwirtschaft zu erblicken. Dies erfordert Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Orientierung und Kritikvermögen. Aus diesem Verhalten lassen sich keinerlei Umstände auf eine Bewußtseinsstörung, welche das Auffassungsvermögen sowie die Einsichts- bzw. Zurechnungsfähigkeit einschränken hätten können, ableiten. Auch die Verletzungen der Berufungswerberin ergeben für einen solchen Zustand keinen Anhaltspunkt.

In diesem Zusammenhang sind aber auch die Angaben der Berufungswerberin nicht überzeugend. Sie vermag sich einerseits durchaus auch an Details (wie z.B. an die starken Schmerzen unmittelbar nach dem Unfall) erinnern, während andererseits die Verantwortung der Berufungswerberin auf eine weitgehende Erinnerungslücke hinausläuft. Das diesbezügliche Vorbringen der Berufungswerberin machte bereits in sich keinen überzeugenden Eindruck. Diese mangelnde Glaubwürdigkeit wird durch das Gutachten der Sachverständigen mit objektiven Fakten unterstrichen. Aus der Aussage des Zeugen L wird deutlich, daß die Berufungswerberin durchaus über ihre Sinne zu verfügen vermochte. Nichts Gegenteiliges ist aber auch aus den Aussagen des Gatten der Berufungswerberin und der Zeugin W zu entnehmen. Wenn einerseits der Gatte vermeint "er habe seine Frau noch nie in einem solchen Zustand gesehen", andererseits die Zeugin W angibt, Frau H habe auf sie gefühlsmäßig einen "geschockten" Eindruck gemacht, so stehen diese Aussagen nicht der Annahme der Schuld- und Zurechnungsfähigkeit entgegen. Immerhin bestätigte die Zeugin W, daß die Berufungswerberin so weit orientiert gewesen sei, daß sie den Unfallsort zu beschreiben vermochte.

Die von der Berufungswerberin behauptete bzw. geltend gemachte Bewußtseinsstörung - und der daraus zu folgernde Strafausschließungsgrund - ist daher als Zweckbehauptung zu qualifizieren.

6. Rechtlich hat er unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO genügt bereits die bloße Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung für die Berechtigung eines Straßenaufsichtsorganes zur Aufforderung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Der Geruch nach Alkohol rechtfertigt daher die Annahme einer derartigen Vermutung und damit die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Atemluftprobe durch das Organ der Straßenaufsicht. Auch ein Verhalten des (der) Untersuchten, welches das Zustandekommen der mittels Atemalkoholmeßgerät durchgeführten Untersuchung verhin- dert, gilt als Verweigerung der Atemluftprobe VwGH 19.6.1991, 91/02/0024; in ZfVB 1992/4 Nr.1608). Auch die Einflußnahme des Gatten auf die Berufungswerberin, welche allenfalls für die Verweigerung ausschlaggebend gewesen sein mag, ist der Berufungswerberin zuzurechnen und entschuldigt nicht deren Verweigerung.

6.1.1. Wenn die Erstbehörde eine Geldstrafe verhängt hat, welche sich eher noch im unteren Bereich des gesetzlichen vorgegebenen Strafrahmens bewegt, so kann ihr vom Gesichtspunkt des Unrechtsgehaltes der Tat nicht entgegengetreten werden. Die Berufunswerberin weist aus dem Jahre 1992 eine einschlägige Vormerkung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 auf. Diese Übertretung wurde mit 12.000 S Geldstrafe geahndet. Trotzdem konnte sie diese Bestrafung nicht davon abhalten, neuerlich einschlägig gegen die Straßenverkehrsordnung zu verstoßen, weshalb die nunmehr verhängte Geldstrafe jedenfalls auch aus spezialpräventiven Gründen geboten ist. Erschwerend war bei der Strafzumessung die einschlägige Vormerkung zu werten. Nicht übersehen wird, daß die Berufungswerberin durch das Einwirken ihres Ehegatten, die Umsetzung ihres ursprünglich beabsichtigt gewesenen "rechtmäßigen Verhaltens" erschwert worden sein mag. Dieses Faktum kann als schuldmildernde Komponente gewertet werden. Eine Reduzierung des ohnedies schon niedrig bemessenen Strafsatzes kann aus diesem Grund aber nicht in Betracht kommen. Unter Bedachtnahme der letztgenannten Kriterien ist auch bei Berücksichtigung der sozialen- und wirtschaftlichen Verhältnisse der Berufungswerberin, - welche im übrigen mindestens als durchschnittlich anzunehmen sind (die Berufungswerberin besitzt gemeinsam mit ihrem Gatten zwei Geschäfte), - die verhängte Strafe keinesfalls als überhöht zu erachten. Beim Monatseinkommen in der Höhe von 6.000,- S scheint es sich um jenen Betrag zu handeln, mit welchem die Berufungswerberin im eigenen bzw. im Betrieb ihres Ehemannes "bei den Behörden" aufscheint.

Die von der Erstbehörde verhängte Strafe ist im Hinblick auf einen bis zu 50.000 S reichenden Strafrahmen noch als gering bemessen anzusehen. Der unabhängige Verwaltungssenat ist der Ansicht, daß derartigen Übertretungen mit Strenge entgegenzutreten ist. Es war hier nur dem Zufall zuzuschreiben, daß außer der Berufungswerberin keine dritten Personen zu Schaden gekommen waren. Es ist daher sowohl aus Sicht der Spezialprävention (den Berufungswerber künftighin von weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten) aber auch aus Gründen der Generalprävention (den Unrechtsgehalt derartiger Übertretungen generell zu pönalisieren) die Verhängung einer "spürbaren Strafe" angezeigt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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