Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222525/2/Kl/Pe

Linz, 15.12.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau x, x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7. September 2011, GZ. 28366/2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Die Berufungswerberin hat einen Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 40 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 VStG.


Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7.9.2011, GZ. 28366/2011, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 200 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 19 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 366 Abs.1 Z3, 81 und 74 Abs.2 Z2 Gewerbeordnung 1994 verhängt, weil sie als Gewerbeinhaberin am 8.7.2011 das Lokal (Cafe x) im Standort x, x, nach Durchführung einer gewerberechtlich genehmigungspflichtigen Änderung betrieben hat, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen Betriebsanlagenänderungsgenehmigung zu sein. Dieses Lokal wurde mit Bescheiden des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13.12.1999, GZ. 501/O991057D, und vom 26.9.2000, GZ. 501/O991057K, mit einer Betriebszeit von 08.00 Uhr bis 23.30 Uhr gewerbebehördliche genehmigt.

Die Änderung besteht in der Ausdehnung der genehmigten Betriebszeit: Laut Feststellung durch Amtsorgane des Magistrates Linz, Abteilung Erhebungsdienst, anlässlich einer Kontrolle war das Lokal am 8.7.2011 um 22.55 Uhr noch geöffnet, indem sich noch elf Gäste im Lokal befanden, welche Getränke konsumierten. Diese Änderung ist geeignet, Nachbarn durch Lärm (zusätzlich) zu belästigen und unterliegt daher einer Genehmigungspflicht nach § 81 in Verbindung mit § 74 Abs.2 Z2 Gewerbeordnung 1994.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und diese damit begründet, dass aus der Betriebsanlagengenehmigung vom 13.12.1999, Seite 6, Absatz 3, zu entnehmen sei, dass der Gastgarten mit einer Betriebszeit von 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr in der Zeit vom 15.6. bis 15.9. erlaubt sei.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Weil eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und sich die Berufung nur gegen die rechtliche Beurteilung richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht durchzuführen (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG). Sie wurde im Übrigen auch nicht beantragt.

 

4.1. Im Grunde des vorliegenden Aktes ist erwiesen und wurde auch von der Bw zu keiner Zeit bestritten, dass sie Betriebsanlageninhaberin und Betreiberin des Gastlokals Cafe x am Standort in x, x, ist, am 8.7.2011 das Lokal noch um 22.55 Uhr geöffnet war und sich noch elf Gäste im Lokal befanden. Die Betriebsanlage wurde mit Betriebsanlagenbescheid vom 13.12.1999, GZ. 501/O991057D, und vom 26.9.2000, GZ. 501/O991057K, mit einer Betriebszeit von 08.00 Uhr bis 22.30 Uhr gewerbebehördlich genehmigt. Es wurde daher am 8.7.2011 die genehmigte Betriebszeit überschritten, obwohl hiefür keine Betriebsanlagenänderungsgenehmigung vorlag. Die Betriebsanlage befindet sich auch im Stadtgebiet von Linz und ist daher geeignet, Nachbarn durch Lärm zusätzlich zu belästigen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81f).

 

Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1994 bedarf, wenn es zur Wahrung der in § 74 Abs.2 leg.cit umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

 

Gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Straub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

 

§ 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 erfasst mit dem Tatbestandsmerkmal „ändert“ jede – durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte – bauliche oder sonstige, die genehmigte „Einrichtung“ verändernde Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage, durch die sich neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinn des § 74 Abs.2 GewO 1994 ergeben können. Gegenstand des Verfahrens war vielmehr die Änderung der Betriebsanlage im Verhältnis zu der in § 81 GewO 1994 normierten Genehmigungspflicht, nämlich die Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit der Änderung im Hinblick auf die Regelung des § 81,  das heißt die Beurteilung der Frage, ob es sich um eine solche Änderung handelt, dass sich neue oder größere Auswirkungen im Sinn dieser Regelung ergeben können. Dabei bedeutet jeder Betrieb einer Betriebsanlage, der in seiner Gestaltung von dem im Genehmigungsbescheid (Betriebsbeschreibung) umschriebenen Projekt abweicht, eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage und bedarf unter den Voraussetzungen des § 81 GewO 1994 einer gewerbebehördlichen Genehmigung (vgl. Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO, 7. Auflage, § 366, Anmerkungen, 87, 89 und 90 mit Judikaturnachweisen). Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens und daher Tatbestandselement der angelasteten Tat ist somit die nach § 74 Abs.2 GewO 1994 mit der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene personenbezogene (§ 74 Abs.2 Z1 und 2) oder tätigkeits- bzw. sachbereichsbezogene (§ 74 Abs.2 Z3 bis 5) konkrete Eignung, die in der zitierten Gesetzesstelle näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen vermag. Um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel, auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen. Es bedarf daher keiner Feststellungen im Einzelfall darüber, ob solche Gefährdungen, Beeinträchtigungen und Belästigungen von der konkreten Betriebsanlage tatsächlich ausgehen. Die Genehmigungspflicht ist immer schon dann gegeben, wenn solche Auswirkungen auf bestimmte Personen im Sinn des § 74 Abs.2 Z1 und 2 GewO 1994 oder auf bestimmte Tätigkeits- oder Sachbereiche im Sinn des § 74 Abs.2 Z3 bis 5 GewO 1994 nicht auszuschließen sind.

Jeder Betrieb der Betriebsanlage außerhalb der genehmigten Betriebszeiten stellt sich als eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage dar, die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 81 Abs.1 GewO 1994 der Genehmigung nach dieser Gesetzesstelle bedarf, und stellt, sofern eine solche Genehmigungspflicht gegeben ist, eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 dar.

 

5.2. Im Grunde der zitierten Gesetzesbestimmungen und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wurde im Verfahren erwiesen und von der Bw nicht bestritten, dass am 8.7.2011 die Betriebsanlage (Gastlokal Cafe x in x, x) bis 22.55 Uhr geöffnet war und sich noch elf Gäste im Lokal befanden. Die Betriebszeit ist bis 22.30 Uhr gewerbebehördlich durch Betriebsanlagenbescheid genehmigt. Eine Betriebsanlagenänderungs­genehmigung lag nicht vor. Da sich die Betriebsanlage im Stadtgebiet von Linz und im Wohngebiet befindet, ist sie auch durch den Betrieb geeignet, Nachbarn durch Lärm zu belästigen.

 

Wenn sich die Bw hingegen auf den Gastgartenbetrieb und die Betriebszeiten für Gastgärten gemäß § 112 Abs.3 GewO 1994 stützt, so ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung eine individuelle Betriebsanlagengenehmigung nicht außer Kraft setzt bzw. ergänzt. Vielmehr ist die allgemeine Bestimmung über Gastgärten gemäß § 112 Abs.3 GewO 1994 eine generelle Berechtigung, von welcher die konkrete Betriebsanlagengenehmigung mittels Bescheid zu unterscheiden ist. Von der allgemeinen Regel kann daher nur Gebrauch gemacht werden, wenn die konkret im Betriebsanlagenbescheid festgelegte Betriebszeit einen solchen Betrieb gestattet.

Die Bw gibt selbst im Verfahren mehrmals zu, dass sich über die mit Bescheid genehmigte Betriebszeit von 22.30 Uhr hinaus, nämlich bis 22.55 Uhr Gäste im Lokal befanden. Es wurde daher entgegen der Betriebsanlagengenehmigung das Gastlokal über die Betriebszeit hinaus offen gehalten und betrieben. Es wurde daher die Betriebsanlagengenehmigung nicht eingehalten, sondern im Hinblick auf die Betriebszeit erweitert. Für diese Erweiterung bestand keine Genehmigung. Es wäre an der Bw gelegen gewesen, eine entsprechende Betriebsanlagenänderungsgenehmigung im Hinblick auf die Betriebszeit und die Anpassung auf den Gastgartenbetrieb zu erwirken. Eine solche Änderung ist nicht erfolgt.

 

5.3. Die Bw hat auch in subjektiver Hinsicht die Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht aus.

 

Ein entsprechendes Vorbringen hat die Bw nicht gemacht und auch keine Beweise genannt oder angeboten. Es ist ihr daher ein Entlastungsnachweis nicht gelungen.

 

Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift kann die Bw hingegen nicht geltend machen, zumal ihr als Gewerbetreibende zugemutet werden kann, dass sie die die Gewerbeausübung betreffenden Vorschriften kennt oder sich zumindest Kenntnis bei der zuständigen Behörde verschafft. Dass sie entsprechende Informationen eingeholt oder um entsprechende Informationen bemüht hätte, hat die Bw nicht angeführt. Dies ist ihr als Sorgfaltsverletzung anzulasten. Es ist daher jedenfalls von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat die Unbescholtenheit der Bw als strafmildernd gewertet und straferschwerend keine Umstände festgestellt. Die persönlichen Verhältnisse wurden mangels Angaben durch die Bw mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.100 Euro und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten geschätzt. Auch die Berufung bringt keine die Strafbemessung betreffenden Umstände vor. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde in gesetzwidriger Weise bei der Strafbemessung vorgegangen ist. Die verhängte Geldstrafe befindet sich im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens und ist tat- und schuldangemessen sowie auch den persönlichen Verhältnissen der Bw angepasst. Es konnte daher die Geld- und die Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt werden.

 

Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung sowie für ein Absehen von der Strafe gemäß §§ 20 und 21 VStG liegen nicht vor. Das Verschulden der Bw ist nicht geringfügig, weil das Verhalten der Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 40 Euro, festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung: Betriebszeit, Überschreitung, Änderung der Betriebsanlage

 

 

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