Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252961/2/Kü/Hue

Linz, 22.12.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn G L, X, X, vertreten durch Rechtsanwälte X – X, X, X, vom 17. August 2011 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. Juli 2011, Zl. 0009165/2011, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid  bestätigt.

 

II.                Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 73 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. Juli 2011, Zl. 0009165/2011, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 und 2  iVm § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) unter Anwendung des ao. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Gewerbeinhaber der Firma L G, X, X, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungs­übertretung zu verantworten:

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG seit 13.09.2010 – laut den Aufzeichnungen der ´Tagesinventuren` – Frau M C, geboren X, wohnhaft X, X als Dienstnehmerin gegen Entgelt in der ´J Tankstelle`, X, X als Tankstellenkraft – Kassieren von Tankkunden, Verkauf von Lebensmittel, Verkauf von Waschkarten, etc. – als geringfügig beschäftigte Arbeiterin beschäftigt. Die in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

Obwohl diese Dienstnehmerin nicht von der Teilversicherung ausgenommen und daher in der Unfallversicherung teilversicherungspflichtig ist, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77 als zuständigem Krankenversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet, obwohl   § 33 Abs. 1 ASVG auch für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z. 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe gilt, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für die sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Die genannte Firma wäre als Dienstgeber/in verpflichtet gewesen, die Beschäftigte vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Arbeitnehmerin erst am 25.09.2010 als geringfügig beschäftigte Arbeiterin bei der OÖGKK angemeldet und damit die Anmeldung nicht rechtzeitig erstattet."  

 

Hinsichtlich der Strafbemessung wurde mildernd die Unbescholtenheit und das Geständnis des Bw gewertet, weshalb nach Ansicht der belangten Behörde die Mindeststrafe auf die Hälfte herabgesetzt habe werden können, zumal auch Erschwerungsgründe nicht zutage getreten seien.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Vertreter des Bw eingebrachte Berufung vom 17. August 2011. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine besondere Sachverhaltskonstellation vorliege, welche zu einem Absehen von einer Strafe hätten führen müssen. Frau C M habe in der Zeit vom 13. – 24. September 2010 als geringfügig beschäftigte Arbeiterin ihre Tochter, welche beim Bw beschäftigt gewesen sei, vertreten. Die Tochter von Frau M sei ordnungsgemäß angemeldet gewesen. Deshalb seien für diesen Zeitraum ohnehin die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden. Frau C M hätte zwar für ihre Vertretungstätigkeit bei der Sozialversicherung angemeldet werden müssen, aus der Nichtanmeldung resultiere jedoch kein finanzieller Schaden und Nachteil für die Gebietskrankenkasse. Es seien die Sozialversicherungsbeiträge lediglich für die Tochter anstatt für Frau C M abgeführt worden. Weiters sei Frau C M nachträglich angemeldet und nunmehr auch für diese der Unfallversicherungsbeitrag bezahlt worden. Deshalb sei von der Verhängung einer Strafe wegen der Geringfügigkeit der Verwaltungsübertretung und des geringen Verschuldens des Bw sowie des Nichteintritts negativer Folgen für die Gebietskrankenkasse abzusehen. Es sei auch nur um einen ganz kurzen Zeitraum vor dem 25. September 2010 gegangen.

 

3. Der Magistrat Linz hat mit Schreiben vom 18. August 2011 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gem. § 51e Abs.3 VStG abgesehen werden, da der Sachverhalt nicht bestritten und lediglich die Strafbemessung bekämpft wird sowie von keiner Verfahrenspartei die Durchführung einer Berufungsverhandlung beantragt wurde.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gem. § 33 Abs.1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

§ 33 Abs.1a ASVG lautet: Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

  1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und
  2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

§ 33 Abs.2 ASVG lautet: Abs.1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Gem. § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

5.2. Es steht fest und ist unbestritten, dass Frau C M in der Zeit vom 13. – 24. September 2010 vom Bw in der "J-Tankstelle" in der X in X als Vertretung ihrer Tochter beschäftigt wurde, ohne dass für Frau C M beim zuständigen Sozialversicherungsträger eine Meldung vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet wurde. Damit ist die Tat in objektiver Hinsicht erfüllt.

 

Wenn der Bw vorbringt, er habe in diesem Zeitraum die Sozialversicherungsbeiträge ohnehin für die Tochter von Frau C M entrichtet, ist er daran zu erinnern, dass es sich bei den sozialrechtlichen Abgaben um personenbezogene Abgaben handelt, mit denen auch das Recht jedes einzelnen Dienstnehmers auf potentielle Leistungen (im gegenständlichen Fall: aus der Unfallversicherung) geschützt wird. Zudem regelt § 33 ASVG unmissverständlich, dass jede pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden ist. "Postenbezogene Sozialabgaben", wie sie dem Bw in seiner Rechtfertigung vorschweben, entsprechen nicht dem Regelungsgehalt des ASVG und wären aus vorgenannten Gründen auch nicht tunlich. Das diesbezügliche Vorbringen entlastet den Bw deshalb nicht.

 

Der Bw bringt vor, er habe für den gegenständlichen Zeitraum nachträglich die erforderlichen Unfallversicherungsbeiträge abgeführt. Dies entschuldigt den Bw jedoch nicht, da die Nachmeldung erst etwa nach einem halben Jahr und erst nach Aufdeckung der Verwaltungsübertretung nachgeholt wurde. Auch kann bei einem Tatzeitraum von mehr als 1,5 Wochen nicht mehr von einem kurzen Zeitraum gesprochen werden.

 

Zur bestrittenen Erfüllung der subjektiven Tatseite ist auch auszuführen, dass Übertretungen des § 33 ASVG Ungehorsamkeitsdelikte iSd § 5 Abs.1 VStG darstellen, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gem. § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Die Erstbehörde hat in ihrer Bescheidbegründung dargelegt, dass sie aufgrund der vorliegenden Milderungsgründe (Unbescholtenheit und Tatsachengeständnis), dem Fehlen von Erschwerungsgründen und den besonderen Umständen des gegenständlichen Falles von den Voraussetzungen für die Anwendung des ao. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) ausgeht, weshalb sie ohnehin die gesetzliche Mindeststrafe um die Hälfte reduziert hat.    

 

Eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG scheidet aus, da die Tat im gegebenen Zusammenhang nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt und es daher an den kumulativen Voraussetzungen (unbedeutende Tatfolgen sowie geringfügigem Verschulden) mangelt. So ist der Bw als Unternehmer gehalten, sich über die mit der Ausübung seines Gewerbes verbundenen Rechtsvorschriften entsprechend in Kenntnis zu setzen. Da er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, was zur gegenständlichen Übertretung des ASVG geführt hat, ist damit geringfügiges Verschulden des Bw nicht gegeben.

 

6. Da die Berufung keinen Erfolg hatte und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde, hat der Bw gem. § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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