Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730499/2/Sr/Wu

Linz, 15.12.2011

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, türkischer Staatsangehöriger, vertreten durch X Rechtsanwälte GmbH, X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 24. August 2011, AZ: 1066541/FRB, mit dem gegen den Berufungswerber eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum nach dem Fremdenpolizeigesetz erlassen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben als die Dauer des befristeten Einreiseverbotes mit fünf Jahren festgesetzt wird.

 

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

 

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs 1a, 53 und 54 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2011).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Polizeidirektor von Linz hat mit Bescheid vom 24. August 2011, AZ 1066541/FRB, gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß der §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum erlassen. Gemäß § 55 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Durchsetzbarkeit des Bescheides festgelegt.

 

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Bw mit seiner Mutter im März 2002 in Österreich eingereist und am 8. März 2002 einen Asylerstreckungsantrag gestellt habe. Dieser sei mit 8 September 2010 rechtskräftig abgewiesen worden. Seither halte sich der Bw nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Nach Wiedergabe der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Linz vom 9. Juni 2010 wies die belangte Behörde auf das Urteil des LG Linz vom 16. August 2010, 33 Hv 42/2010 p, hin, wonach der Bw wegen des Verbrechen des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 2. Fall StGB rechtskräftig zu einer unbedingten Geldstrafe von 1.800,-- Euro und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt worden sei. Die Verurteilung sei damit begründet worden, dass der Bw als Beteiligter durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, jeweils unter Vorhalt eines Butterflymessers, somit unter Verwendung einer Waffe, den Opfern Bargeld in einer bestimmten Höhe mit dem Vorsatz abgenötigt habe, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung zu bereichern.

 

Im Anschluss an die einschlägigen Rechtsgrundlagen bezog sich die belangte Behörde auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der unrechtmäßige Verbleib im Bundesgebiet nach Abschluss des Asylverfahrens eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen darstelle.

 

Das Verbrechen des Raubes zähle zu den schwerwiegendsten Verbrechen des Strafrechts. Bei einem derartigen Delikt sei nicht nur ein immanent hohes Verletzungsrisiko gegeben, sondern derartige Verbrechen rufen immer wieder schwere körperliche Folgeschäden bis hin zum Tod des Geschädigten hervor. Zu beachten sei, dass der Verlauf eines Raubüberfalles vom Täter oftmals nicht gesteuert werden könne und sich dieser situationsbedingt ergebe. Bedingt durch die Abwehrreaktionen des Opfers sei es vom Zufall abhängig, wenn das Opfer eines Raubüberfalles keine Verletzungen davontrage.

 

Die vorliegende Integration sei durch das kriminelle Verhalten erheblich beeinträchtigt. Auch wenn nur eine bedingte Freiheitsstrafe ausgesprochen worden sei, bedeute dies keineswegs generell eine positive Prognose des Gerichtes dahingehend, dass der Bw keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit darstelle. Derartiges könne ja im Übrigen auch für den Zeitraum nach der Verbüßung der Haftstrafe nie verlässlich ausgeschlossen werden. Primär solle durch eine bedingte Verurteilung vielmehr nur zum Ausdruck gebracht werden, dass insgesamt doch die Überzeugung überwiege, dass der Täter von der Begehung weiterer Straftaten durch die dann kumulativ hinzutretende Bestrafung wegen des früheren Delikts und somit wegen der insgesamt verschärften Strafdrohung abgehalten werde.

 

Durch die Rückkehrentscheidung werde in das Familienleben des Bw eingegriffen. Diese sei aufgrund der näher geschilderten Umstände dringend geboten und gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig.

 

Eine Reintegration im Heimatland erscheine, wenn auch mit Schwierigkeiten verbunden, nicht aussichtslos.

 

Der Spruch und die Rechtsmittelbelehrung wurden übersetzt.

 

2. Gegen den, dem Rechtsvertreter des Bw am 26. August 2011 zugestellten Bescheid erhob dieser innerhalb offener Frist Berufung und beantragte den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben in eventu die Dauer des verhängten Einreiseverbotes entsprechend zu mäßigen.

 

Begründend führte der Rechtsvertreter aus, dass die im Gesetz beschriebene Voraussetzung für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliege, dennoch gemäß § 61 FPG bei jeder solchen Entscheidung ein Abwägung dahingehend notwendig sei, ob sich die Erlassung hinsichtlich Art. 8 EMRK als verhältnismäßig und damit zulässig erweise.

 

Der geforderten Abwägung sei die belangte Behörde nicht gerecht geworden.

So sei der Bw seit über neun Jahren in Österreich aufhältig und das Asylverfahren habe knapp neun Jahre beansprucht. Die mehrjährige Verfahrensdauer sei keinesfalls dem Bw anzulasten.

 

Die Qualifikation des Aufenthaltes des Bw als nur vorläufiger ändere nichts an dem hohen Grad der Integration. Der angeführte Zeitraum sei vom Bw bestmöglich zur Integration genützt worden.

 

Das hohe Maß an Integration zeige sich auch in Gestalt eines weitreichenden Freundes- und Bekanntenkreises. Die belangte Behörde habe es unterlassen, das soziale Leben im Umfeld des Bw zu ermitteln.

 

Der Freundes- und Bekanntenkreis setze sich für den Verbleib des Bw im österreichischen Bundesgebiet ein. Neben dem Schulbesuch sei der Bw auch einer Erwerbstätigkeit nachgegangen und verfüge dieser über ausreichende Deutschkenntnisse. Mit seiner Mutter und den beiden Brüdern wohne der Bw im gemeinsamen Haushalt. Die Kernfamilie verfüge über ein enges familiäres Band, das auch für Außenstehende deutlich sichtbar sei. Der Bw sei als ältester Sohn eine große Stütze für die Familie.

 

Die belangte Behörde sehe die Integration des Bw durch seine strafrechtliche Verurteilung als erheblich beeinträchtigt an. Dem sei entgegenzutreten, da sich der Bw als Beteiligter einer Jugendgruppe angeschlossen habe, ohne die Konsequenzen seiner Tat zu bedenken. Im Alter von 18 Jahren sei ihm nicht bewusst gewesen, welche Folgen sein Verhalten haben könne. Dieser Umstand sei vom Gericht dementsprechend gewürdigt worden, da der Bw bei einer drohenden Höchststrafe von 5 bis 15 Jahren Freiheitsentziehung lediglich zu einer Geldstrafe von 1.800,-- Euro und einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt worden sei. Durch die Strafe habe der Bw bereits eine Läuterung erfahren und werde sich in Zukunft nichts zu schulden kommen lassen und auch strafgerichtlich nicht mehr in Erscheinung treten.

 

Im angefochtenen Bescheid sei eine systematische Zusammenstellung und Gewichtung aller relevanten Integrationskriterien unterblieben. Die Annahme, dass der Bw durch sein in der Vergangenheit gesetztes kriminelles Verhalten zu einer Gefahr für die Öffentlichkeit geworden sei, könne nicht ohne weiteres getätigt werden. Seit seiner Verurteilung habe der Bw keine strafbare Handlung gesetzt und werde dies auch in Zukunft nicht tun, da er aus seinen Fehlern gelernt habe. Aufgrund eines kriminellen Verhaltens könne nicht die gesamte Integration der vergangenen neun Jahre streitig gemacht werden. Nicht zuletzt aufgrund seines sportlichen Engagements in einem österreichischen Kickbox Verein sei es dem Bw gelungen, ein weitreichendes soziales Netz in Österreich aufzubauen. Der neunjährige Aufenthalt in Verbindung mit guten Deutschkenntnissen und der zweifellos vorhandenen sozialen Integration seien geeignet, von einer Verfestigung des Privatlebens iSd Art. 8 EMRK auszugehen. Weiters sei der Bw bemüht, sich die für seinen Aufenthalt notwendigen Mittel selbst zu erwirtschaften. Nach der Schule sei er bei X einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Durch den langjährigen Aufenthalt und die aufgebauten Sozialkontakte habe der Bw in Österreich eine neue Heimat gefunden, seine Mutter und seine zwei jüngeren Brüder würden in Österreich wohnen. Zu seiner früheren Heimat habe er keine relevanten Beziehungen mehr. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei von einer Entwurzelung des Bw in seiner Heimat auszugehen. Eine Reintegration in der Türkei erscheine nicht mehr möglich. Der Bw habe so wie seine Mutter und seine beiden Brüder einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach dem humanitären Bleiberechtsregime bei der zuständigen Behörde gestellt.

 

Die lange Verfahrensdauer könne dem Bw nicht zur Last gelegt werden. Nach der Auseinandersetzung mit Rechtsprechung des EGMR, VfGH und VwGH gelangt der Rechtsvertreter zur Auffassung, dass die belangte Behörde weitere Nachforschungen zum Privatleben des Bw anstellen und die vorliegenden Kriterien im oben wiedergegebenen Sinn des Art. 8 EMRK würdigen hätte müssen. Sodann wäre sie zum Schluss gelangt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines siebenjährigen Aufenthaltsverbotes gegen den Bw unzulässig ist.

 

Sofern die Berufungsbehörde das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbotes bejahe, richte sich die gegenständliche Berufung hilfsweise gegen die Dauer des Einreiseverbotes. Da der Bw durch die strafrechtliche Verurteilung bereits eine Läuterung erfahren habe, erweise sich das Einreiseverbot als unverhältnismäßig hoch.

 

Zu Beweiszwecken wurden folgende Urkunden vorgelegt: Meldebestätigung, Mietvertrag, Bescheid des AMS, Lohn- und Arbeitsbestätigung X, Schulzeugnis und Schulnachricht, Urkunde des Turniers vom 2. Juni 2007, Empfehlungsschreiben für den Weiterverbleib in Österreich, Erkenntnis des AGH vom 6. September 2010 und Versicherungsdatenauszug vom 1. Oktober 2010.

 

3. Die belangte Behörde hat dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich den Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits feststeht, ist eine mündliche Verhandlung gem. § 67d Abs. 1 AVG nicht erforderlich.

 

3.2. Folgender relevanter Sachverhalt steht fest:

 

Der Bw wurde am X geboren und ist türkischer Staatsangehöriger. Nach der legalen Einreise in Österreich stellte er am 8. März 2002 beim Bundesasylamt Außenstelle Traiskirchen einen Asylantrag gemäß § 11 AsylG. Mit Erkenntnis vom 6. September 2010, Zl. E3 233.438-0/2008-15E, wies der Asylgerichtshof die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 6. November 2002, Zl. 02 06.384-BAT, gemäß §§ 10 und 11 AsylG ab.

 

Laut Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung vom 21. Juli 2011 war der Bw von 13. Mai bis 31. Oktober 2008 als Arbeiter und vom 1. September 2009 bis laufend wiederum als Arbeiter bei X gemeldet.

 

Derzeit lebt und wohnt der Bw bei seiner Mutter und den beiden Brüdern und verfügt über einen weitläufigen Freundeskreis.

 

Am 9. Juni 2010 hat die Staatsanwalt Linz gegen den Bw Anklage erhoben, weil er als Beteiligter mehrere Personen durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, nämlich jeweils unter Vorhalt eines Butterflymessers, somit unter Verwendung einer Waffe, Bargeld mit dem Vorsatz sich oder einem Dritten durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, abgenötigt habe. Der Bw habe dadurch das Verbrechen des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1 und 143 2. Fall StGB begangen. Mit drei weiteren Tätern habe der Bw am 24. April 2010 beschlossen, anderen Jugendlichen, die sich in der Regel an der X treffen, Geld wegzunehmen. Dabei sei vereinbart worden, einer Gruppe von Jugendlichen, sogenannten "Emo´s", die in der Regel als ängstlich gelten, Geld abzunötigen und es in Anschluss aufzuteilen. Bei dieser Verabredung habe der Bw bereits ein Butterflymesser mitgehabt und es sollte zur Untermauerung der Drohungen verwendet werden. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei klar gewesen, dass der Bw zur Unterstützung der Gruppe mitgehen sollte, damit die Opfer Angst haben. Tatplanmäßig haben sich der Bw und die drei weiteren Täter – im Wissen, dass von einem aus der Gruppe das Messer verwendet werden würde – zur X begeben, wo sie auf eine Gruppe von Jugendlichen getroffen sind. Der Reihe nach wurde den Jugendlichen Geld abgenötigt, wobei je nach Bedarf das Butterflymesser als Drohmittel eingesetzt wurde. Der Bw und ein weiterer Mittäter setzten zwar keine unmittelbaren Tathandlungen, haben aber die beiden anderen Täter tatplanmäßig durch ihre Anwesenheit unterstützt und sind dadurch als Gruppe aufgetreten, um den Opfern noch mehr Angst einzujagen. Abgesehen vom Bw waren die anderen Täter in Ansätzen geständig. Der Bw leugnete die Tat gänzlich, wurde aber von den Mittätern und den Opfern nachhaltig belastet.

 

Mit Urteil des LG Linz vom 16. August 2010, 33 Hv 42/2010 p, wurde gegen den Bw wegen des Verbrechen des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 2. Fall StGB eine unbedingte Geldstrafe von 1.800,-- Euro und eine bedingte Freiheitsstrafe von 20 Monaten verhängt. Die Verurteilung wurde damit begründet, dass der Bw als Beteiligter durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, jeweils unter Vorhalt eines Butterflymessers, somit unter Verwendung einer Waffe, den Opfern Bargeld in einer bestimmten Höhe mit dem Vorsatz abgenötigt hat, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung zu bereichern. Mildernd wurde das Geständnis, die Unbescholtenheit und die Schadensgutmachung gewertet. Erschwerungsgründe sind nicht hervorgekommen. Das Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.

 

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, dem Vorbringen des Bw bzw. den von ihm vorgelegten Dokumenten und ist unstrittig.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

 

4.1. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen nicht rechtmäßig aufhältige Drittstaatsangehörige werden in § 52 f FPG geregelt. Die Bestimmungen lauten auszugsweise:

 

 

"Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

(2) […]

 

Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung wird ein Einreiseverbot unter Einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

 

1. […]

 

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

 

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

 

2. […]

 

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

 

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

 

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

 

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

 

(6) […]

 

4.2. Dass der Bw Drittstaatsangehöriger und im Sinne des § 52 FPG nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist, ist unbestritten und bedarf keiner weiteren Begründung. Es ist daher grundsätzlich eine Rückkehrentscheidung gegen ihn zu erlassen und diese mit einem Einreiseverbot zu verbinden.

 

4.2.1. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots stellt unzweifelhaft einen Eingriff in das Familien- und Privatleben des Bw dar. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen gilt es daher zunächst die Zulässigkeit dieses Eingriffs dem Grunde nach zu prüfen. Dabei ist auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG 2005 Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.2.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG 2005 ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG 2005 sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.         die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der           bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.         der Grad der Integration;

5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des        Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.         die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren    Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.         die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden          zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Im Sinne der zitierten Norme gilt es im gegenständlichen Verfahren eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

4.2.3. Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und die Verbringung einer Person außer Landes grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

4.2.4. Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass eine Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts unter die Tatbestandselemente des § 61 Abs. 2 FPG 2005 nicht zu einem unzulässigen Eingriff in das Privatleben des Bw führt.

 

Hinsichtlich der Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und der Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war, ist festzuhalten, dass der Bw nach der legalen Einreise in Österreich am 8. März 2002 beim Bundesasylamt Außenstelle Traiskirchen einen Asylantrag gemäß § 11 AsylG gestellt hat, der schlussendlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 6. September 2010, Zl. E3 233.438-0/2008-15E, gemäß den §§ 10 und 11 AsylG abgewiesen wurde.

 

Seit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Asylgerichtshofes war der Bw unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Da dem Bw während des Asylverfahrens die vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen ist, ist von einem überwiegenden rechtmäßigen Aufenthalt des Bw auszugehen.

 

Der belangten Behörde und dem Rechtsvertreter folgend weist der Bw bedingt durch die lange Aufenthaltsdauer in Österreich eine nicht unerhebliche Integration auf.

 

Im Hinblick auf den über 9 Jahre währenden Aufenthalt in Österreich ist im Besonderen auf die die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzustellen. Wie folgt wiedergegeben hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. Dezember 2009, GZ 2009/21/0348, einer sozialen Integration, die in einem Zeitraum entstand ist, während dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war, nur im Zuge der Gesamtbetrachtung ein geringes Gewicht beigemessen.

 

Das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich ist in seinem Gewicht gemindert, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (E. vom 22. Oktober 2009, Zl. 2009/21/0293; E. vom 29. September 2009, Zl. 2009/21/0253; E. des VfGH vom 3. März 2008, B 825/07 mit Bezug auf die Urteile des EGMR vom 31. Jänner 2006, Rodrigues da Silva und Hoogkaamer gegen die Niederlande [Beschwerde Nr. 50435/99] und vom 31. Juli 2008, Darren Omoregie u.a. gegen Norwegen [Beschwerde Nr. 265/07]). Der EGMR stellt in den angesprochenen Urteilen darauf ab, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen bewusst waren, der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes sei derart, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher ist. Sei das der Fall, bewirke eine Ausweisung des ausländischen Familienangehörigen nur unter ganz speziellen bzw. außergewöhnlichen Umständen ("in exceptional circumstances") eine Verletzung von Art 8 EMRK (vgl.: E vom 19. Februar 2009, Zl. 2008/18/0721, E. vom 30. April 2009, Zl. 2009/21/0086). In diesem Sinn ist nach der Z. 8 des § 66 Abs. 2 FPG [in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011] aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Annordnung bei der Interessensabwägung darauf Bedacht zu nehmen, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war. Freilich hat die genannte Bestimmung schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während unsicheren Aufenthalts erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen und ein solcherart begründetes privates und familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte.

 

Im Erkenntnis vom 20. Jänner 2011, Zl. 2010/22/0158, hat der Verwaltungsgerichtshof bei einer im Wesentlichen vergleichbaren Sachlage, jedoch eines über 10 Jahre bestehenden Aufenthaltes, dem persönlichen Interesse des Fremden am Verbleib in Österreich ein solches Gewicht beigemessen, dass eine Ausweisung unzulässig ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat dabei wie folgt ausgeführt:

Der Beschwerdeführer verweist auf seine Erwerbstätigkeit und darauf, dass er sich während seines Aufenthaltes in Österreich in privater Hinsicht sehr gut integriert habe. Die belangte Behörde hob zwar zu Recht hervor, dass dem Beschwerdeführer bereits nach erstinstanzlicher Abweisung seines Asylantrages die Unsicherheit seines Aufenthaltsstatus bewusst war, er somit nicht mit einem legalen Aufenthalt in Österreich rechnen durfte. Sie ist auch darin im Recht, dass dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. für viele etwa das Erkenntnis vom 6. Juli 2010, 2008/22/0688). Dementsprechend haben Fremde nach Abweisung ihres Asylantrages grundsätzlich den rechtmäßigen Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet herzustellen. Demgegenüber vermag der Beschwerdeführer jedoch einen bereits über zehnjährigen Aufenthalt in Österreich für sich ins Treffen zu führen und es stellte die belangte Behörde auch fest, dass er erwerbstätig ist. Diese Umstände verleihen dem persönlichen Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich ein solches Gewicht, dass die Ausweisung – auch bei einem Eingriff nur in sein Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl. zu ähnlichen Fällen etwa die E. vom 26. August 2010, 2010/21/0206 und 2010/21/0009).

 

Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, befindet sich der Bw schon mehr als 9 Jahre im Bundesgebiet, verfügte für den überwiegenden Teil über eine Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber, kann notwendige Deutschkenntnisse nachweisen, geht seit dem 1. September 2009 einer durchgehenden unselbständigen Erwerbstätigkeit für denselben Arbeitgeber nach.

Nach dem mehr als neunjährigen Aufenthalt kann dem Bw ein relativ hohes Maß an Integration zugemessen werden. Dafür sprechen auch die vom Bw glaubhaft vorgebrachten Nachweise. Wie die vorgelegten Dokumente belegen, ist der Bw auch in Teilbereichen als sozial integriert anzusehen. Zum Herkunftsstaat hat der Bw kaum nennenswerte Kontakte. Aus der Aktenlage ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass die überlange Verfahrensdauer dem Bw zurechenbar wäre.

 

Obwohl bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK zahlreiche Punkte für den Bw sprechen, reichen diese für eine positive Gesamtbeurteilung nicht aus. Von schlussendlich entscheidender Bedeutung sind die Verstöße gegen die öffentliche Ordnung im Bereich des Fremdenpolizeigesetzes und das Strafgesetzbuch.

 

Dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens kommt ein hoher Stellenwert zu (vgl. für viele etwa das Erkenntnis vom 6. Juli 2010, 2008/22/0688). Dementsprechend haben Fremde nach Abweisung ihres Asylantrages grundsätzlich den rechtmäßigen Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet herzustellen. Die angesprochene Antragsstellung nach dem NAG kann daran nichts ändern.

 

Wäre der Bw als unbescholten anzusehen, käme dem Vorbringen des Rechtsvertreters ein besonderes Gewicht zu. Im vorliegenden Fall ist der Bw aber nicht unbescholten und wegen des Verbrechens des schweren Raubes rechtskräftig verurteilt worden.

 

Entgegen der Ansicht des Rechtsvertreters kommt dem kriminellen Verhalten des Bw entscheidende Bedeutung zu, die geeignet ist, ihm seine bisherige Integration "streitig zu machen".

 

Die Auseinandersetzung mit jenen Aktenteilen, die auf die Tat des Bw Bezug nehmen, lassen die kriminelle Energie des Bw klar erkennen. In der Berufung versucht der Rechtsvertreter die Beteiligung des Bw in einem für ihn günstigeren Licht erscheinen zu lassen. So spricht er davon, dass sich der Bw "in einer Jugendgruppe dem Vorhaben angeschlossen habe, ohne die Konsequenzen seiner Tat zu bedenken". Tatsächlich haben die drei Täter und der Bw gemeinsam den Tatentschluss gefasst und der Bw hatte bereits bei dieser Unterredung das Butterflymesser mit, das bei den folgenden Verbrechen (schwerer Raub) Verwendung gefunden hat. Dass sich der Bw der Konsequenzen aufgrund seines Alters nicht bewusst gewesen wäre, lässt sich gerade nicht aus dem Urteil ableiten. Die bedingte Freiheitsstrafe ist auf das Alter (junger Erwachsener) und nicht auf eine mangelnde Einsichtsfähigkeit zurückzuführen. Das erkennende Gericht hat ausschließlich das Geständnis, die Wiedergutmachung und die Unbescholtenheit als Milderungsgründe anerkannt. Gegen den Bw spricht auch, dass er sich (vermutlich) erst im Zuge der mündlichen Verhandlung zu einem Zeitpunkt geständig gezeigt hat, zu dem ihm aufgrund der eindeutigen Beweislage bewusst wurde, dass Leugnen eine Verurteilung nicht mehr verhindern kann. Gegenüber der die Anklageschrift erstattenden Staatsanwältin war der Bw der einzige Täter, der die Tat "gänzlich" geleugnet hat, obwohl er von den Mittätern und den Opfern nachhaltig belastet worden war. Dieses Verhalten deutet eindeutig auf die mangelnde Einsichtsfähigkeit des Bw hin und schlägt bei der Prognoseerstellung nachhaltig zu Lasten des Bw zu Buche.

 

Vor dem Hintergrund der vorgenommenen Beurteilung des unstrittigen Sachverhaltes ist zusammenfassend hinsichtlich des Eingriffs in den geschützten Bereich des Privat- und Familienlebens des Bw festzuhalten, dass sich eine Eingriffsunzulässigkeit dem Grunde nach nicht ergibt.

 

Wesentlich für eine Gesamtabwägung zu Lasten des Bw ist, dass er durch das begangene Verbrechen und die dabei deutlich zu Tage tretende kriminelle Energie, sein Verhalten nach der Tat und der langen Leugnung des Verbrechens zu erkennen gegeben hat, sich an die Rechtsordnung jenes Staates, in dem er aufhältig ist, nicht gebunden zu fühlen, weshalb er unzweifelhaft eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit in der Republik Österreich darstellt.

 

Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen und dem Schutz der Bevölkerung vor Übergriffen gegen Leib und Leben im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot ist daher dem Grunde nach zulässig und der Bw kann sich nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

4.3. Abschließend gilt es nunmehr die Dauer, für welche der Bw nicht in das Gebiet der Mitgliedstaaten einreisen darf, zu prüfen.

 

4.3.1. Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

 

2. […]

 

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

 

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

 

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

 

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

§ 53 Abs. 5 FPG zufolge liegt eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist.

 

Durch die Verwirklichung der schweren Raubes, die zu einer rechtskräftigen (noch nicht getilgten) Verurteilung in der Höhe von 20 Monaten bedingter Freiheitsstrafe und einer unbedingten Geldstrafe in der Höhe von 1.800 Euro geführt hat, hat der Bw eine unter § 53 Abs. 3 Z 1 FPG 2005 zu subsumierende Handlung gesetzt. Vor diesem Hintergrund beträgt die maximale Dauer des zu erlassenden Einreiseverbots 10 Jahre. Zumindest hat das Einreiseverbot gemäß dem Einleitungssatz des § 53 Abs. 2 FPG 2005 18 Monate zu betragen.

 

Dass der Bw darüber hinaus eine unter die Tatbestände des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 FPG zu subsumierende Tat verwirklicht hat, ist im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb ein unbefristetes Einreiseverbot nicht erlassen werden darf.

 

Bei der konkreten Bemessung der Dauer des über den Bw zu erlassenden Einreiseverbotes ist dessen bisheriges gesamtes Verhalten zu berücksichtigen, und ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

4.4. Auch wenn sich der Bw vor der gegenständlichen Tatbegehung überwiegend rechtskonform verhalten hat, zeigt das nunmehrige Tatverhalten und sein Umgang damit auf, das er nicht gewillt ist, sich der Rechts- und Werteordnung im Gastland zu fügen. Dass sich der Bw bedenkenlos und leichtfertig an der Planung eines schweren Verbrechen beteiligt und bei der Umsetzung des Planes auch noch sein Butterflymesser beisteuert, weist auf ein erhebliches kriminelles Potential hin. Das lange beharrliche Leugnen der Tat auch angesichts der nachhaltig belastenden Aussagen der Mittäter und der Opfer lassen entgegen der Ansicht des Rechtsvertreters keine Läuterung des Bw erkennen.

 

Es zeugt fraglos von erheblicher krimineller Energie, (insbesondere) in einem fremden Staat, von welchem man Aufnahme und Integration erhofft, in dem man darüber hinaus über keinen Aufenthaltstitel verfügt, sich rechtswidrig aufhält und den man um Gewährung des humanitären Aufenthaltsrechts ersucht hat, leichtfertig ein schweres Verbrechen zu begehen. Es liegt bei der vorliegenden Missachtung der Rechtsordnung auf der Hand, dass der Bw auch in Hinkunft eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet darstellt und es des nunmehr festgesetzten Zeitraumes bedarf, bis von einer Gefahr durch den Bw nicht mehr ausgegangen werden kann.

 

4.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4.6. Von einer Übersetzung gemäß § 59 Abs. 1 FPG konnte aufgrund der vom Bw geltend gemachten sehr guten Deutschkenntnisse abgesehen werden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 88,40 Euro (Eingabe- + Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 2. Oktober 2012, Zl.: 2012/21/0025-14

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