Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166443/3/Br/Th

Linz, 23.11.2011

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau Mag.a X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 10.10.2011, Zl.: 2-S-22.360/10A wegen der Übertretung der StVO,   nach der am 23.11.2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben; dass angefochtene Straferkennt-nis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren  nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.    Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

I.          § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm  § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - VStG.

II.        § 66 Abs.1 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin  wegen der Übertretung nach § 52 Z15 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden verhängt, weil sie am 9.8.2010 um 14:00 Uhr, in Wels, auf der A25, bei Strkm 19,7, der Abzweigung von der A8 in die A25 im Bereich des Knoten Wels in Fahrtrichtung Linz, das deutlich sichtbar aufgestellte Gebotszeichen "Vorgeschriebene Fahrtrichtung nach rechts" nicht beachtet habe, sondern die Fahrt geradeaus fortsetzte.

Überdies wurde der Berufungswerberin  gemäß § 64 VStG zur Leistung  eines Kostenbeitrages im erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 7 Euro verpflichtet.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz folgte der Verantwortung der Berufungswerberin nicht, wonach diese die gebotene Fahrtrichtung nicht hätte erkennen können. Vielmehr wurde dem anzeigen Beamten geglaubt, welcher die Situation unter Hinweis auf die Fotos auf die wegen eines schweren Unfalles bereits seit ca. 09:30 Uhr gesperrte Autobahn verwies. Um ca. 14:00 Uhr habe der Anzeigeleger eine Kolonne von sechs Fahrzeugen bemerkt die mit langsamer Geschwindigkeit durch die Absperrung fuhren. Diese habe er alle beanstandet, jedoch die Berufungswerberin wäre als einzige nicht bereit gewesen ein Organmandat zu bezahlen.

Zu einer Gefährdung der Einsatzbeamten sei es dabei lt. Anzeiger nicht gekommen.

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerberin  mit der fristgerecht erhobenen Berufung. Sie vermeint darin unter Hinweis auf die hinter ihr fahrende Lenkerin, dass auch noch nach ihr Fahrzeuge durch die Öffnung in der Absperrung gefahren sind. Während die meisten Fahrzeuge umdrehten und gleichsam als Falschfahrer zurück auf den Ausfahrtspur in Richtung Sattledt fuhren, was dem Beamten entgangen sein dürfte, wurde die irrtümlich einfahrenden Lenker beanstandet bzw. mit OM bestraft. Da sich offenbar nicht gleich so viele Lenker geirrt haben könnten, müsste wohl an der Absperrung ein Fehler vorgelegen haben. Die Berufungswerberin beantragt abschließend eine Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

3. Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser ist, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt, sowie durch Verlesung der Zeugenaussage des Meldungslegers vor der Behörde erster Instanz, sowie durch ihre Vernehmung als Beschuldigte und der Befragung des mitfahrenden Ehegatten X als Auskunftsperson, gegen den eine gesonderte Anzeige wegen des Betretens der Autobahn als Fußgänger erstattet wurde. Dieses Verfahren ist h. unter der Geschäftszahl VwSen-166442 anhängig und wurde gemeinsam verhandelt (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

 

4. Eingangs gilt es festzustellen, dass sich aus den Fotos nicht konkret nachvollziehen lässt wo in die Absperrung eingefädelt werden konnte (siehe Bild unten). Die Anzeige wurde am 2.11.2010 und demnach erst knapp drei Monate nach dem Vorfall gelegt. In der Anzeige gegen X findet sich auf deren Seite 1 als Tatort der Strkm 19,1 angeführt. Der Meldungsleger beschreibt die Situation, "als bis zum gegenständlichen Übertretungszeitpunkt  für die bis dahin ankommenden Fahrzeuglenker die Sperre und die Umleitung als deutlich erkennbar."

Textfeld:  Nicht unwahrscheinlich scheint im Lichte der Geschehnisse daher, dass an der Absperrung eine Lücke entstanden ist, worauf sowohl die glaubhaft anmutende Verantwortung der Berufungswerberin, ihres Beifahrers, und der unmittelbar hinter ihr ebenfalls in den gesperrten Bereich  einfahrenden Lenkerin und Zeugin Frau X, durchaus plausibel schließen lassen. Letztere bezeichnete in deren Zeugenaussage v. 4.1.2011 die Absperrung als "ziemlich unübersichtlich." Der Meldungsleger befand sich zum Zeitpunkt der Wahrnehmung bzw. Beanstandung der Berufungswerberin nicht im Bereich  der zu vermutenden Lücke in der Absperrung, die zu einem gleichförmigen Irrtum mehrer Fahrzeuglenker führte.

Die Berufungswerberin machte im Rahmen der Berufungsverhandlung einen glaubwürdigen und sachlichen Eindruck dahingehend, dass sie nicht etwa absichtlich, sondern durch die offenbar – aus welchen Gründen auch immer – in der Absperrung entstandenen Lücke gleichsam den Vorderfahrzeugen folgend falsch einfädelte.

Wenn nämlich die stundenlang bestehende Absperrung bzw. Ausleitung in Richtung Sattledt offenbar bis dahin von unzähligen Fahrzeuglenkern passiert und befolgt wurde, mag das plötzliche Einfahren einer kleinen Fahrzeugkolonne mit begründeter Wahrscheinlichkeit einen anderen Grund als gleichsam eine kollektive mutwillige Missachtung des Gebotszeichens haben. Durchaus realistisch und nicht von der Hand zu weisen scheint, dass einige Haberkornhütte umgefahren wurden und sich dadurch die zum Irrtum führende Öffnung auftat.

Der Berufungswerberin schildert die Situation durchaus nachvollziehbar und in Übereinstimmung auch mit ihrem Ehemann, der zur unmittelbar hinter ihrem Fahrzeug stehenden Lenkerin (X) zwecks Rechtsverfolgung deren Namen begehrte und die letztlich die Absperrung ebenfalls als unübersichtlich bezeichnete.  Da die Berufungswerberin kurze Zeit später ein quer gestelltes Polizeifahrzeug wahrnahm, welches diese Lücke offenbar abdeckte, bekräftigt dies ihre Darstellung und Vermutung einmal mehr. Nicht zuletzt hätte die Berufungswerberin wohl kaum den mit diesem Verfahren verbundenen Aufwand betrieben, wäre sie nicht von ihrer Unschuld überzeugt. Darin wird ihr von der Berufungsbehörde gefolgt.

Das beim Meldungsleger durch diesen schweren Unfall und seinen stundenlangen Einsatz die Nerven blank gelegen sein mögen, wenn die Berufungswerberin bzw. deren Ehemann auf deren Rechtsstandpunkt beharrten, ist durchaus begreiflich, bildet aber keineswegs einen Beweis eines schuldhaften Fehlverhaltens der Berufungswerberin.

 

 

4.1. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Das Gebot, die vorgeschriebene Fahrtrichtung einzuhalten, gilt, wie sich aus dem Wortlaut des § 52 lit.b Z15 StVO ergibt, nur für die mit dem betreffenden Gebotszeichen beschilderte Kreuzung oder Stelle (VwGH 11.9.1987, 87/18/0056). Diese kann hier wohl kaum mit dem angelasteten Ort der Beanstandung – Anhaltung – ident sein, sodass selbst die Tatörtlichkeit nicht wirklich schlüssig festgestellt und von der Verfolgungshandlung umfasst  gelten könnte. Diesbezügliche ergänzende Erhebungen können im Lichte des inhaltlich mit Verfahrenseinstellung zu beendenden Verfahrens unterbleiben.

 

 

4.2. Ein Schuldhaftes Verhalten der Berufungswerberin kann sohin zumindest im Zweifel als nicht erbracht gelten. Sohin ist von ihrer Unschuld auszugehen, sodass folglich das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen ist.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r