Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166507/2/Br/Th

Linz, 30.11.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn X, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 20. Oktober 2011, Zl.:VerkR96-35903-2011, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 350 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage ermäßigt wird.

 

II.     Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 35 Euro; für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 65 VStG

 

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

1. Mit dem oben angeführten Straferkenntnis wurde wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von  sieben Tagen ausgesprochen, weil er  am 21.07.2011, 20:45 Uhr, als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen, X in Ansfelden, auf der A1, bei km 170.000 in Fahrtrichtung Wien, die in diesem Bereich durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 76 km/h überschritten habe.

 

 

1.2. Zur Strafzumessung verwies die Behörde erster Instanz im Ergebnis auf die von ihr vorgenommene Schätzung des Einkommens in Höhe von 1.500 Euro, keinem Vermögen und die Sorgepflichten für drei Kinder.

Strafmildernd wurden sein Geständnis sowie seine bisherige Ungescholtenheit, straferschwerend wurde die gravierende Geschwindigkeitsübertretung gewertet.

 

 

2. Gegen diese ausgesprochene Bestrafung wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung.

Darin verweist er einerseits auf das durch Verbindlichkeiten nicht so hoch einzuschätzende Einkommen. Dieses belaufe sich unter Hinweis auf den ebenfalls übermittelten Lohnzettel lediglich auf 1.152,02 Euro.

Ferner erachte er es als wichtig, dass damals das Jüngste seiner drei Kinder sehr krank gewesen sei und das Fieber 40 Grad betragen habe, sodass er möglichst schnell in Wien sein habe wollen. Er möchte damit sein schnelles Fahren entschuldigen.

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Damit wurde die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates begründet, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Daraus ergibt sich unter Bedachtnahme auf das durchaus nachvollziehbare Berufungsvorbringen der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt. Eine Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Grundsätzlich gilt es festzuhalten, dass selbst der vom Berufungswerber geschilderte Krankheitsfall eine Geschwindigkeitsüberschreitung weder entschuldigt noch rechtfertigt. Die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der im Sinne der Verkehrssicherheit erlassenen Schutzvorschriften überwiegen gegenüber subjektiven Interessen des einzelnen Verkehrsteilnehmers, möglichst raschem an Ziel zu gelangen, selbst wenn dessen Gründe – hier möglichst schnell in Krankenhaus nach Wien zu kommen – achtenswerte sind.

Andererseits wurde die Übertretung bereits in der bereits verkehrsarmen Zeit begangen, sodass darin der objektive Unwertgehalt weniger schwer wiegt als dies etwa während der Spitzenverkehrszeit der Fall wäre. Das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung vermag nicht als der einzige Grund für die Beurteilung des Tatunwertes herhalten. Er ist jeweils in Beziehung zu anderen Umständen, wie etwa den Straßenzustand und Verkehrsgeschehen zu setzten.

 

 

5. Gemäß § 19 VStG ist  Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

5.1. Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen  (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140, mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Umfang von (verkehrsfehlerkorrigiert) 76 km/h ist der Unwertgehalt grundsätzlich als schwerwiegend und ignorant gegenüber Geschwindigkeitsbeschränkungen einzustufen.

Angemerkt sei, dass etwa bei der hier erlaubt gewesenen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h und unter Annahme einer realistischen Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2  und einer Reaktionszeit von einer Sekunde sowie einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden, sich der Anhalteweg nur auf ~ 82 m belaufen würde. Bei der hier gemessenen Fahrgeschwindigkeit beträgt dieser ~ 235 m.  Jene Stelle an der das Fahrzeug aus 100 km/h zum Stillstand gelangt, wird bei der beim Berufungswerber gemessenen Geschwindigkeit mit über 172 km/h durchfahren (Berechnung mit Analyzer Pro 4.5). Diese Feststellungen mögen den Normzweck und den zumindest abstrakten Unwertgehalt eines derartigen auch in der Schuldform der Fahrlässigkeit zu ahndenden Ungehorsamsdeliktes verdeutlichen.

 

Die in Höhe von 500 Euro ausgesprochene Geldstrafe war letztlich, einerseits mit Blick auf die von der erstinstanzlichen Annahme abweichenden, nämlich ungünstigeren wirtschaftlichen Umstände, anderseits aber auch angesichts der Begehung der Übertretung zur verkehrsarmen Zeit und der darin sich eher auf den Ungehorsam und die bloße Ordnungswidrigkeit reduzierende Interessenschädigung.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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