Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166262/2/Kei/Bb/Th

Linz, 21.12.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des X, vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. X, vom 8. August 2011 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 21. Juli 2011, GZ S-18585/11-3, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG), zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                   Die Berufung wird im Schuldspruch und hinsichtlich der Höhe der verhängten Geldstrafe abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird insoweit bestätigt.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf 50 Stunden herabgesetzt.

 

 

II.                Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Berufungsverfahrens. Für das erstinstanzliche Verfahren beträgt der Kostenbeitrag 25 Euro.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm

§§ 24, 51, 16 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 und §65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 21. Juli 2011, GZ S-18585/11-3, wurde über X (den nunmehrigen Berufungswerber) wegen einer Übertretung des § 103 Abs.1 Z3 lit.a KFG gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von 250 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 96 Stunden, verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 25 Euro verpflichtet.

 

Dieser Bestrafung liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):

 

"... Sie haben von 5.2.2011, 22. Uhr bis 7.2.2011, 07.40 Uhr in 4060 Leonding, Öllingerstraße – Gehweg Richtung Parkplatz UNO-Shopping als Zulassungsbesitzer des Kfz, Kz. X, dieses Herrn X, geb. am X, zum Lenken überlassen, obwohl dieser keine dafür erforderliche gültige Lenkberechtigung besaß. Das genannte Kraftfahrzeug wurde von Herrn X in der angeführten Zeitspanne am angeführten Ort gelenkt."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 26. Juli 2011, hat der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter rechtzeitig – mit Schriftsatz 8. August 2011 – Berufung erhoben und beantragt das angefochtene ersatzlos Straferkenntnis aufzuheben.

 

Er führt darin im Einzelnen an, dass der ihm unterstelle Vorsatz nicht vorläge. Die Behörde gehe davon aus, dass er sorgfaltswidrig mit dem Fahrzeugschlüssel umgegangen sei, und leite daraus bedingten Vorsatz ab, nämlich, dass er billigend in Kauf genommen habe, dass X unberechtigt sein Fahrzeug lenke. Dies sei sicher nicht der Fall gewesen.

 

Unabhängig davon müsse vom Versatz zur Verwirklichung des Tatbildes nicht nur der Umstand der Inbetriebnahme des Fahrzeuges durch X umfasst sein, sondern auch der Umstand, der Kenntnis davon, dass X dazu nicht berechtigt war. Er sei aber der Auffassung gewesen, dass Herr X über eine aufrechte Lenkberechtigung verfüge. Selbst wenn man davon ausgehe, dass er sorgfaltswidrig bedingt vorsätzlich die Fahrt des X mit seinem Fahrzeug ermöglicht habe, so fehle der Vorsatz, einem Unberechtigten die Fahrt ermöglicht zu haben.

 

Zur Strafzumessung führte der Berufungswerber an, dass es die Behörde außer Betracht gelassen habe, dass er durch die unberechtigte Fahrt des X mit seinem Pkw durch die Zerstörung desselben einen erheblichen Schaden erlitten habe der als massiv strafmildernd zu berücksichtigen wäre. Im Übrigen wäre auch seine geringe Schuld zu berücksichtigen gewesen.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 31. August 2011, GZ S 18.585/11-3, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 51 Abs.1 VStG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Linz und in die Berufung.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages der Verfahrensparteien und der Tatsache, dass der für das Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt, unterbleiben.

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat – aus den genannten Beweismitteln - folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt: 

 

X lenkte im Zeitraum von 5. Februar 2011, 22.00 Uhr bis 7. Februar 2011, 07.40 Uhr den Pkw, Mini, mit dem Kennzeichen HERR X auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, obwohl er nicht im Besitz einer Lenkberechtigung der Klasse B war und verursachte dabei in Leonding, Öllingerstraße, Gehweg Richtung Parkplatz UNO-Shopping einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und Fahrerflucht.

 

Der Berufungswerber war - zumindest - im gegenständlichen Vorfallszeitraum Zulassungsbesitzer des Pkws mit dem Kennzeichen HERR X.

 

Zur Frage, wie sich der Lenker X die Verfügungsgewalt über den genannten Pkw verschafft hat, führte der Berufungswerber anlässlich seiner Erstbefragung an, X den Fahrzeugschlüssel nicht selber übergeben zu haben, sondern den Schlüssel vermutlich beim Abstellen des Fahrzeuges im Hof seines Zweitwohnsitzes, als er dringend die Toilette aufsuchen habe müssen, im Zündschloss stecken haben zu lassen. X, der zu diesem Zeitpunkt Beifahrer im Fahrzeug war, habe anschließend den Pkw in Betrieb genommen. Dass der Berufungswerber den Fahrzeugschlüssel, wie er nunmehr behauptet, verloren hat, hat er gegenüber den Exekutivbeamten anlässlich der Sachverhaltserhebungen nie erwähnt.  

 

Zwischen X und dem Zulassungsbesitzer besteht seit 2001 eine Bekanntschaft, wobei X bereits in der Vergangenheit mehrmals den Pkw des Berufungswerbers gelenkt hatte.

 

4.2. Diese Feststellungen ergeben sich aus der dienstlichen Wahrnehmung von geschulten Straßenaufsichtsorganen der Polizeiinspektion Leonding anlässlich der Erhebungen zum Sachverhalt des von X mit dem Pkw des Berufungswerbers verursachten Verkehrsunfalles und den Angaben des Berufungswerbers anlässlich seiner Erstvernehmung am 7. Februar 2011 vor der Polizeiinspektion Leonding.

 

Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die von einem Beschuldigten bei der ersten Vernehmung gemachten Angaben erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen bzw. bei kurz nach der Tat abgelegten Aussagten in der Regel am ehesten richtige Angaben gemacht werden als im Rahmen nachträglicher Behauptungen (VwGH vom 25. Jänner 2005, 2004/02/0352; vom 10. September 2004, 2001/02/0241). Der dargestellte Sachverhalt konnte daher vor dem Hintergrund dieser verwaltungsgerichtlichen Judikatur der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 103 Abs.1 Z3 lit.a KFG darf der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenkerberechtigung und das erforderliche Mindestalter oder das erforderliche Prüfungszeugnis über den erfolgreichen Abschluss der Lehrabschlussprüfung des Lehrberufes Berufskraftfahrer besitzen.

 

5.2. Das "Überlassen" des "Lenkens" im Sinne des § 103 Abs.1 Z3 lit.a KFG muss nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zumindest mit bedingtem Vorsatz geschehen. Mit anderen Worten: Der Zulassungsbesitzer muss zumindest ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet und diese billigend in Kauf genommen haben, dass sich eine Person, die nicht über die erforderliche Lenkberechtigung verfügt, die Verfügung über das Kraftfahrzeug insoweit verschafft, als sie dieses zum Lenken verwendet.

Selbst wenn der Berufungswerber dem Lenker X die Schlüssel nicht selbst übergeben und der Lenker ohne sein Zustimmung das Fahrzeug in Betrieb genommen hat, hätte er doch den Fahrzeugschlüssel anlässlich des Verlassens des Pkws so verwahren müssen, dass dieser für X nicht oder zumindest nur sehr schwer erreichbar gewesen wäre. Das Entfernen aus dem Zündschluss und die Mitnahme des Schlüssels beim Aussteigen aus dem Fahrzeug wäre durchaus naheliegend gewesen.

 

Der Berufungswerber hat es aber unterlassen, den Fahrzeugschlüssel so zu verwahren, dass sein Pkw vor unbefugter Benützung gesichert ist. Er hat seine Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Verwahrung der Fahrzeugschlüsseln nicht ausreichend wahrgenommen, weshalb er ernsthaft mit der Möglichkeit rechnen musste, dass X den Fahrzeugschlüssel an sich nimmt und das Kraftfahrzeug lenkt, da dieser bereits in der Vergangenheit den Pkw schon mehrfach gelenkt hat. Dass der Berufungswerber nicht in Kenntnis darüber war, dass X nicht im Besitz einer Lenkberechtigung ist, erscheint auch deshalb wenig glaubhaft. Überdies widerspricht es den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass man von einer Person, mit der man über einen Zeitraum von bereits zehn Jahren bekannt ist und auch einen Teil seiner Freizeit verbringt, nicht weiß, dass diese über keine Lenkberechtigung verfügt. Es ist daher nicht unschlüssig, auch diese Rechtfertigung des Berufungswerbers als unglaubwürdig zu betrachten.

 

Aus den aufzeigten Gründen ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Berufungswerber in Missachtung einer ihn treffenden Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Verwahrung der Schlüssel das Tatbild des § 103 Abs.1 Z3 lit.a KFG zumindest mit bedingtem Vorsatz verwirklicht hat. Er hat durch sein Verhalten "günstige Bedingungen" für die in Rede stehende Fahrt geschaffen, weshalb daher von einem "Überlassen" seines Pkws im Sinne des § 103 Abs.1 Z3 lit. a KFG gesprochen werden muss.

 

Der Berufungswerber hat die ihm im gegenständlichen Zusammenhang vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen.

 

5.3. Zur Straffestsetzung ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 134 Abs.1 KFG begeht, wer unter anderem diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.

 

Von der Bundespolizeidirektion Linz wurde im angefochtenen Straferkenntnis für das gegenständliche Delikt (§ 103 Abs.1 Z3 lit.a KFG) eine Geldstrafe in der Höhe von 250 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden, festgesetzt.

 

Als strafmildernd wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers berücksichtigt, als straferschwerender Umstand wurde der vom Lenker verursachte Verkehrsunfall mit Sachschaden und Fahrerflucht festgestellt.

 

Darüber hinaus wurden der Strafbemessung die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers zu Grunde gelegt, wobei ein monatliches Einkommen in der Höhe von 1.000 Euro, kein relevantes Vermögen und keine gewichtigen Sorgepflichten angenommen und berücksichtigt wurden. Diesen Werten hat der Berufungswerber nicht widersprochen, sodass von diesen angeführten Grundlagen auch durch den Unabhängigen Verwaltungssenat ausgegangen wird.

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung gehört zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrrecht. Von da her gesehen ist auch der Unrechtsgehalt der dem Berufungswerber vorgeworfenen Tat erheblich. Es bedarf sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Überlegungen einer angemessenen Strafe, um sowohl den Berufungswerber selbst als auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmung des § 103 Abs.1 Z3 lit.a KFG von wesentlicher Bedeutung ist. Das Verbot der Überlassung eines Kraftfahrzeuges an fahruntaugliche Lenker dient allgemein dem Zweck, Unfälle jeglicher Art, die durch mangelnde Fahrtüchtigkeit verursacht werden könnten, zu vermeiden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist der Ansicht, dass die von der Bundespolizeidirektion Linz verhängte Geldstrafe in der Höhe von 250 Euro tat- und schuldangemessen und auch erforderlich ist, um den Berufungswerber eindringlich auf den Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Verwaltungsübertretung hinzuweisen und ihn von einer weiteren derartigen Tatbegehung abzuhalten. Die Geldstrafe liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und beträgt lediglich 5 % der möglichen Höchststrafe (5.000 Euro - § 134 Abs.1 KFG).

 

Eine Herabsetzung der Geldstrafe konnte aus den genannten Gründen nicht in Erwägung gezogen werden, jedoch war eine Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe im Sinne einer Herabsetzung auf 50 Stunden erforderlich.

 

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch (Spruchpunkt II.) angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Michael  K e i n b e r g e r  

 

 

 

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