Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166301/10/Zo/Sta

Linz, 22.12.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Hofrat Mag. Gottfried Zöbl über die Berufung des Herrn U B, geb. x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R P, W, V, vom 8.9.2011, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 24.8.2011, Zl. VerkR96-4804-2011, wegen mehrerer Übertretungen des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 1.12.2011 zu Recht erkannt.

 

I.                   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass alle Zeitangaben dahingehend konkretisiert werden, dass diese in "UTC-Zeit" erfolgten.

II.                Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 93 Euro zu bezahlen (20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafen).

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG.

zu II: §§ 64 ff VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes vorgeworfen:

 

"Sehr geehrter Herr B!

 

Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

 

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

 

 

Tatort: Gemeinde K am I, Autobahn Freiland A 8 bei km 24.900, Fahrtrichtung W

 

Tatzeit: 21.02.2011, 09:33 Uhr. Fahrzeuge:

 

Kennzeichen x, Sattelzugfahrzeug    

 

Kennzeichen x, Sattelanhänger

 

 

 

1) Sie haben als Fahrer des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im innergemeinschaftlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Sie haben die erlaubte Wochenlenkzeit zweier aufeinander folgender Wochen von höchstens 90 Stunden überschritten, obwohl die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen 90 Stunden nicht überschreiten darf.

 

 

 

Wochen: von 31.01.2011 bis 13.02.2011, Lenkzeit 96 Stunden 34 Minuten.

 

 

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

 

§ 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 6 Abs. 3 EG-VO 561/2006

 

 

 

2) Sie haben als Fahrer des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im innergemeinschaftlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden

 

 

 

 

 

 

 

berücksichtigt wurde.

 

Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 04.02.2011 um 05.54 Uhr. Die Ruhezeit betrug nur 8 Stunden 27 Minuten.

 

 

 

Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 09.02.2011 um 00.58 Uhr. Die Ruhezeit betrug nur 5 Stunden 12 Minuten.

 

 

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

 

§ 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 und 2 EG-VO 561/2006

 

 

 

3) Sie haben als Fahrer des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im innergemeinschaftlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden keine Unterbrechung der Lenkzeit von mindestens 45 Minuten eingelegt haben, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 eingehalten werden.

 

 

 

Am 09.02.2011 wurde nach einer Lenkzeit von 06.21 Uhr bis 15.03 Uhr, das sind 5 Stunden 9 Minuten nur 39 Minuten Lenkpause eingehalten.

 

 

 

Am 14.02.2011 wurde nach einer Lenkzeit von 10.19 Uhr bis 15.21 Uhr, das sind 4 Stunden 37 Minuten nur 17 Minuten Lenkpause eingehalten.

 

 

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

 

§ 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 7 EG-VO 561/2006      i.V.m § 20 VStG

 

 

 

 

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

 

 

 

Geldstrafe von     falls diese uneinbringlich ist,      gemäß

 

Ersatzfreiheitsstrafe von

 

 

 

65 Euro             13 Stunden                                 § 134 Abs. 1b KFG

 

300 Euro           60 Stunden                                 § 134 Abs. 1 b KFG

 

100 Euro           20 Stunden                                 § 134 Abs. 1 b KFG

 

 

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung der Vorhaft):

 

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

 

46,50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher

 

511,50 Euro."

 

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass die vorliegenden Daten durch einen kraftfahrtechnischen Sachverständigen ausgewertet werden müssten, weil eine Fehlberechnung vorliege. Es seien Zeitblöcke, welche nicht als Ruhezeit im gesetzlichen Sinne zu werten sind, nicht als Ruhezeit sondern als Einsatzzeit gerechnet worden. Die richtige Berechnung ergäbe eine Gesamtlenkzeit von unter 890 Stunden. Die Auswertung würde ergeben, dass der Berufungswerber die ihm vorgeworfenen Übertretungen nicht begangen habe und auf Grund eines Softwarefehlers nicht alle Zeitblöcke im Rahmen der gesplitteten Lenkpause berücksichtigt worden seien.

 

Bezüglich Punkt 1 würde eine Einsicht in die Zeitstrahlliste eine Gesamtlenkzeit von 89 Stunden und 21 Minuten ergeben. Bezüglich der ihm vorgeworfenen zu kurzen Ruhezeiten würde sich aus der Zeitstrahlliste eine Ruhezeit von jeweils mehr als 11 Stunden ergeben. Bezüglich der angeblich nicht ausreichenden Lenkpausen würde die Zeitstrahlliste tatsächlich Lenkpausen von 47 und 44 Minuten ergeben.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Grieskirchen  hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 1.12.2011. An dieser hat ein Vertreter des Berufungswerbers teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 21.2.2011 um 09:33 Uhr das Sattelkraftfahrzeug x, x, auf der A8 bei km 24,900. Dazu ist anzuführen, dass sämtliche Zeitangaben sich auf die "UTC-Zeit" beziehen und nicht auf die lokale westeuropäische Normalzeit. Im Zuge der Verkehrskontrolle wurde die Fahrerkarte des Berufungswerbers von der Polizei unter Verwendung des Auswerteprogramms "DAKO-TachoTrans Social Expert [2.3.7]" ausgewertet. Diese Auswertung ergab die im Spruch angeführten Zeiten bzw. Zeiträume.

 

Der Vertreter des Berufungswerbers beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass der Bordcomputer bereits ganz kurze Fahrbewegungen von wenigen Sekunden aufzeichnet und dabei jeweils eine Lenkzeit von einer ganzen Minute gespeichert wird. Weiters wurde die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür beantragt, dass die Auswertungssoftware "DAKO-TrachoTrans Social Expert [2.3.7]" nicht immer richtige Ergebnisse erziele. Es sei bekannt, dass alle am Markt befindlichen Auswerteprogramme bzw. deren unterschiedliche Versionen bei der Auswertung desselben Datensatzes in Einzelfällen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen würden. Der Sachverständige müsse daher die im Bordcomputer gespeicherten Daten mit einer anderen Software überprüfen, um auszuschließen, dass dem Beschuldigten eine falsche Auswertung zur Last gelegt wird.

 

Zu diesen Beweisanträgen ist Folgendes festzuhalten:

 

Die Funktionsweise des digitalen Tachographen dahingehend, dass dieser sämtliche Zeiten nur minutengenau erfasst und daher auch Fahrbewegungen, welche tatsächlich kürzer als 1 Minute sind, als ein ganze Minute aufzeichnet und berechnet, ist dem zuständigen Mitglied des UVS bekannt. Dafür bedarf es keiner Einholung eines Sachverständigengutachtens. Zum Antrag auf Auswertung des digitalen Tachographen mit einem anderen Auswerteprogramm ist anzuführen, dass nicht dargelegt wurde, welches Auswerteprogramm tatsächlich in welcher Version verwendet werden müsse und warum genau dieses Programm in dieser Version die richtigen Ergebnisse bringe. Aus dem bloßen Umstand, dass verschiedene Auswerteprogramme möglicherweise andere Ergebnisse erbringen können, ergibt sich keinesfalls, dass die konkret durchgeführte Auswertung falsch ist. Um diesbezügliche Zweifel an der Richtigkeit der Auswertung zu begründen, hätte der Berufungswerber das Ergebnis einer eigenen Auswertung des digitalen Tachographen unter Bekanntgabe der dabei verwendeten Software vorlegen müssen. Wäre es dabei tatsächlich zu Abweichungen von der im Akt befindlichen Auswertung gekommen, so wäre der UVS zu diesbezüglichen entsprechenden Erhebungen verpflichtet gewesen. Die bloße Behauptung, dass verschiedene Auswerteprogramme in Einzelfällen bereits zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt hätten, ohne darzulegen, dass dies auch im konkreten Fall so ist, begründet jedoch keine weitere Ermittlungspflicht. Es handelt sich um einen bloßen Erkundungsbeweis.

 

Die rechnerische Richtigkeit der im Akt befindlichen Auswertung konnte in der mündlichen Verhandlung nachvollzogen werden. Dazu ist es lediglich erforderlich, die jeweiligen Zeiten zu addieren, weshalb auch dafür kein Sachverständiger notwendig ist.

 

Insgesamt war daher der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens abzuweisen und es waren die im Akt befindlichen Zeiten der rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Artikel 6 Abs.3 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 darf die summierte Gesamtlenkzeit während zwei aufeinanderfolgender Wochen 90 Stunden nicht überschreiten.

 

Gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 hat ein Fahrer nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt.

Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Abs. 1 eingehalten werden.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 muss der Fahrer tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.

 

Gemäß Artikel 4 lit. d der Verordnung (EG) 561/2006 bezeichnet der Ausdruck "Fahrtunterbrechung" jeden Zeitraum, in dem der Fahrer keine Fahrtätigkeit ausüben und keine anderen Arbeiten ausführen darf und der ausschließlich zur Erholung genutzt wird.

 

Gemäß Artikel 4 lit. j der Verordnung (EG) 561/2006 bezeichnet der Ausdruck "Lenkzeit" die Dauer der Lenktätigkeit, aufgezeichnet entweder:

Vollautomatisch oder halbautomatisch durch Kontrollgeräte im Sinne der Anhänge I und I B der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder

von Hand gemäß den Anforderungen des Artikel 16 Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85.

 

5.2. Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, dass der Berufungswerber die ihm von der Erstinstanz vorgeworfenen Lenkzeiten bzw. Ruhezeiten und Lenkpausen tatsächlich eingehalten hat.

 

Soweit sich der Berufungswerber darauf beruft, dass ganz kurze Fahrtunterbrechungen (zB in einem Stau) vom Kontrollgerät nicht erfasst werden, ist er darauf hinzuweisen, dass als Fahrtunterbrechung gemäß Artikel 4 lit. d nur solche Zeiträume gelten, in denen der Fahrer keine anderen Arbeiten ausführen darf und die ausschließlich zur Erholung genutzt werden. Wenn der Lenker eines Lkw in einem Stau (oder zB auch vor einer roten Ampel) das Fahrzeug für eine ganz kurze Zeit zum Stillstand bringt, um weiterzufahren sobald die Verkehrslage dies ermöglicht, so steht ihm dieser Zeitraum keinesfalls zur Erholung zur Verfügung, sondern es handelt sich dabei um Lenktätigkeit. Unter "Lenken" versteht man nämlich allgemein nicht nur jene Zeit, in welcher ein Fahrzeug tatsächlich fährt, sondern es sind auch jene Zeiträume umfasst, in denen sich das Fahrzeug auf Grund äußerer Umstände (zB Stau) gerade nicht bewegt, in denen aber jene Person, welche das Fahrzeug bedient (also der "Lenker") darauf wartet, dass diese äußeren Umstände verschwinden (sich also zB der Stau auflöst) und er das Fahrzeug wieder in Bewegung setzen kann.

 

Richtig ist hingegen das Vorbringen, dass auch tatsächliche Fahrbewegungen, die kürzer als 1 Minute sind, vom digitalen Tachographen bereits als Lenkzeit erfasst werden. Der digitale Tachograph erfasst und speichert eben sämtliche Zeiten nur minutengenau. Diese Art der Datenaufzeichnung kann bei jeder einzelnen aufgezeichneten Lenkzeit dazu führen, dass diese tatsächlich um fast 1 Minute  kürzer war, als sie in der Aufzeichnung aufscheint. Es ist daher möglich, dass – wenn zB eine Lenkzeit von 2 Minuten aufscheint – diese tatsächlich nur etwas mehr als 1 Minute betragen hat. Eine derartige Ungenauigkeit von etwas weniger als 1 Minute pro gespeichertem Zeitraum kann sich, wenn sehr viele Fahrtunterbrechungen vorliegen, in Summe geringfügig auf das Auswerteergebnis auswirken. Dazu ist jedoch Folgendes zu berücksichtigen:

 

Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass als Lenkzeit die Dauer der Lenktätigkeit gilt, und zwar so, wie sie entsprechend der Kontrollgeräte im Sinne der Anhänge I und I B der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 aufgezeichnet wird (vgl. dazu Artikel 4 lit. j der Verordnung (EG) 561/2006). Der Gesetzgeber hat sich also mit einer minutengenauen Aufzeichnung und Auswertung zufrieden gegeben und diese geringfügigen Ungenauigkeiten offenbar in kauf genommen, weshalb eine sekundengenaue Auswertung aus rechtlichen Gründen nicht erforderlich ist.

 

Weiters ist zu berücksichtigen, dass aus rein statistischen Überlegungen nicht anzunehmen ist, dass bei jedem einzelnen aufgezeichneten Zeitraum die maximale Ungenauigkeit von etwas weniger als 1 Minute tatsächlich eingetreten ist. Selbst wenn man aber eine Ungenauigkeit in diesem Ausmaß berücksichtigt, ergibt sich im konkreten Fall zumindest hinsichtlich der Tatbestandsmäßigkeit der einzelnen Übertretungen keine andere Beurteilung. In der summierten Gesamtlenkzeit zweier aufeinander folgenden Wochen (Punkt 1 des Straferkenntnisses) wurden tatsächlich 135 Zeiträume als Lenkzeiten aufgezeichnet. Selbst wenn bei jeder einzelnen dieser Zeiträume die maximal denkbare Ungenauigkeit von etwas weniger als 1 Minute vorliegen würde, wäre daher die vom Berufungswerber tatsächlich eingehaltene Lenkzeit nur um etwas weniger als 2 Stunden und 15 Minuten geringer und würde immer noch mehr als 94 Stunden betragen. Dies gilt auch für die nicht bzw. zu spät eingehaltenen Lenkpausen (Punkt 3 des Straferkenntnisses). Am 9.2.2011 sind im relevanten Zeitraum 11 Lenkzeiten gespeichert, sodass auch unter Berücksichtigung der theoretisch maximal möglichen Ungenauigkeit sich eine Lenkzeit von ca. 5 Stunden ergibt. Am 14.2.2011 ergibt sich unter Berücksichtigung dieser Umstände jedenfalls eine minimale Lenkzeit von 4 Stunden und 34 Minuten.

 

Der Berufungswerber hat daher auch unter Berücksichtigung dieser technischen Ungenauigkeiten die ihm vorgeworfenen Übertretungen zu verantworten. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass das genaue Ausmaß der Überschreitung kein Tatbestandsmerkmal darstellt, welches im Spruch des Straferkenntnisses exakt angeführt sein muss (vgl. die ständige Rechtsprechung des VwGH zu Geschwindigkeitsüberschreitungen). Dieser Umstand ist lediglich für die Strafbemessung von Bedeutung, weil sich dadurch der Unrechtsgehalt der Übertretungen geringfügig verringern kann bzw. bezüglich der Lenkpausen nicht mehr von einem schwerwiegenden, sondern von einem geringfügigen Verstoß auszugehen ist. An der objektiven Verwirklichung der dem Berufungswerber vorgeworfenen Übertretungen ändert dies jedoch nichts.

 

Richtig ist das Berufungsvorbringen dahingehend, dass sämtliche Zeitangaben sich auf die "UTC-Zeit" beziehen. Dazu ist anzuführen, dass der UVS nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs.4 AVG nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, Fehler im erstinstanzlichen Spruch zu korrigieren (siehe zB VwGH vom 24.3.2011, 2010/09/0213). Eine solche Korrektur einzelner Tatbestandsmerkmale ist selbstverständlich nur dann möglich, wenn diesbezüglich nicht bereit Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Eine solche Verfolgungsverjährung liegt jedoch nach der Rechtsprechung des VwGH dann nicht vor, wenn dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist die Tat in so konkreter Weise vorgeworfen wird, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und diesen zu widerlegen sowie der Beschuldigte rechtlich davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals verfolgt zu werden (VwSlg. 11894 A/1985, verstärkter Senat).

 

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung war der Tatvorwurf entsprechend zu korrigieren. Diese Änderung war auch nach Ablauf der Verjährungsfrist zulässig, weil der Berufungswerber in seinen Verteidigungsrechten in keiner Weise eingeschränkt war. Es war ihm während des gesamten Verfahrens klar, dass die Zeiten in "UTC-Zeit" gespeichert sind, weshalb er auch erkennen konnte, dass sie ihm in dieser Form vorgeworfen werden.  Er konnte dazu alle relevanten Beweisanträge stellen. Es bestand auch zu keinem Zeitpunkt die Gefahr eine Doppelbestrafung.

 

Allgemein ist anzuführen, dass die Speicherung sämtlicher Zeiten in "UTC-Zeit" im digitalen Tachographen den Sinn hat, dass beim Überschreiten von Zeitzonen bzw. bei der Umstellung von Winter- auf Sommerzeit oder umgekehrt die Aufzeichnungen im digitalen Kontrollgerät lückenlos bzw. ohne Überschneidungen durchgeführt werden können. Es handelt sich daher um eine übersichtliche und richtige Aufzeichnung der jeweiligen Zeiten, weshalb die einheitliche Speicherung in "UTC-Zeit" der Rechtssicherheit und damit auch dem Schutz des Berufungswerbers selbst dient.

 

Das Verfahren hat auch keine Umstände ergeben, welche das Verschulden des Berufungswerbers ausschließen würden, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Die gesetzliche Höchststrafe für jede einzelne Übertretung beträgt gemäß    § 134 Abs.1 KFG 5.000 Euro.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 31. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Der Berufungswerber ist aktenkundig unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Weiters kann strafmildernd berücksichtigt werden, dass die Übertretungen keine tatsächlichen negativen Folgen nach sich gezogen haben.

 

Bei deutlich zu langen Lenkzeiten bzw. zu kurzen Ruhezeiten lässt die Konzentration der Kraftfahrer stark nach, weshalb es immer wieder zu gefährlichen Situationen und auch zu Verkehrsunfällen kommt. Diese führen insbesondere wegen der Größe der beteiligten Fahrzeuge oft zu schweren Verletzungen und darüber hinaus zu massiven Verkehrsbeeinträchtigungen auf Durchzugsstraßen. Es ist daher im Interesse der Verkehrssicherheit notwendig, die Einhaltung dieser Bestimmungen durch entsprechend strenge Strafen sicherzustellen.

 

Die summierte Gesamtlenkzeit zweier aufeinander folgender Wochen betrug im konkreten Fall (wenn man zugunsten des Berufungswerbers die mögliche Ungenauigkeit der Aufzeichnungen berücksichtigt) mehr als 94 Stunden. Es handelt sich daher um einen geringfügigen Verstoß im Sinne des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG.

 

Die erforderliche Ruhezeit betrug im 24 Stunden-Zeitraum, beginnend am 9.2.2011 um 00:58 Uhr 9 Stunden. Der Berufungswerber hat seine Ruhezeit jedoch deutlich zu spät begonnen, sodass er innerhalb des 24 Stunden-Zeitraumes nur noch eine Ruhezeit von 5 Stunden und 12 Minuten verbrauchen konnte. Diese Überschreitung stellt entsprechend dem Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar, sodass die gesetzliche Mindeststrafe 300 Euro beträgt.

 

Bezüglich der Lenkzeiten kann im Rahmen der Strafbemessung wiederum die theoretisch mögliche Ungenauigkeit der Aufzeichnungen zugunsten des Berufungswerbers berücksichtigt werden, sodass nicht sicher bewiesen ist, ob die tatsächliche Lenkzeit am 9.2.2011 von 06:21 Uhr bis 15:03 Uhr 5 Stunden erreicht hat oder möglicherweise ganz geringfügig darunter war. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes handelt es sich um einen geringfügigen Verstoß im Sinne der angeführten Richtlinie, weshalb keine gesetzliche Mindeststrafe besteht.

 

Bezüglich der Ruhezeitunterschreitungen hat die Erstinstanz ohnedies lediglich die gesetzliche Mindeststrafe verhängt, bezüglich der beiden anderen Delikte wurde der Strafrahmen zu maximal 2 % ausgeschöpft, wobei hinsichtlich der Lenkpausen noch zu berücksichtigen ist, dass der Berufungswerber diese zweimal zu spät eingelegt hat. Insgesamt erscheinen die Geldstrafen daher nicht überhöht, sondern durchaus angemessen und notwendig, um den Berufungswerber in Zukunft zur genaueren Einhaltung der verkehrsrechtlichen Bestimmungen anzuhalten. Es ist von einem durchschnittlichen Einkommen als Berufskraftfahrer bei Sorgepflichten und keinem Vermögen auszugehen, weshalb die Strafen auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers entsprechen.  Auch aus generalpräventiven Überlegungen kommt eine Herabsetzung der Strafen nicht in Betracht.

 

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried Zöbl

 

 

 

VwSen-166301/10/Zo/Sta vom 22. Dezember 2011

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

VStG §44a Z1

 

Bei der Auswertung der Lenk- und Ruhezeiten mit der von der Polizei verwendeten Software "DAKO-Tacho Trans Social Expert [2.3.7]" werden sämtliche Zeitangaben in "UTC-Zeit" dargestellt. Diese weicht von der westeuropäischen Normalzeit um 1 Stunde ab. Es ist daher für einen richtigen Tatvorwurf im Sinne des § 44a Z 1 VStG erforderlich, darauf hinzuweisen, dass sich die Zeitangaben auf die "UTC-Zeit" beziehen. Der UVS ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB VwGH 24.03.2011, 2010/09/0213) verpflichtet, Fehler im erstinstanzlichen Spruch zu korrigieren. Nach Ablauf der Frist für die Verfolgungsverjährung ist eine solche Korrektur nur möglich, wenn dem Beschuldigten die Tat innerhalb der Verjährungsfrist in so konkreter Weise vorgeworfen wurde, dass er in die Lage versetzt wurde, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und diesen zu widerlegen sowie der Beschuldigte rechtlich davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals verfolgt zu werden (VwSlg 11894A/1985, verstärkter Senat).

 

Daraus ergibt sich, dass die Korrektur der Zeitangaben auf "UTC-Zeit" auch nach Ablauf der Verjährungsfrist zulässig ist, weil dem Beschuldigten während des gesamten Verfahrens klar war, dass die Zeiten in dieser Form gespeichert sind, weshalb er auch erkennen konnte, dass sie ihm so vorgeworfen wurden. Er konnte dazu alle relevanten Beweisanträge stellen und sich in jeder Hinsicht rechtfertigen und es bestand zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer Doppelbestrafung.

 

Die bloße Behauptung, dass verschiedene auf dem Markt befindliche Auswerteprogramme bei der Auswertung der im Fahrzeugcomputer gespeicherten Daten zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können, begründet keine Pflicht für die Behörde zu diesbezüglichen Erhebungen. So lange der Beschuldigte nicht darlegt, welche konkrete Software in seinem Fall eine von der von der Polizei durchgeführten Auswertung abweichendes Ergebnis gebracht hat, handelt es sich dabei um einen bloßen Erkundungsbeweis.

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 23.04.2013, Zl.: 2012/02/0040-7

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