Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523022/3/Zo/Rei

Linz, 03.01.2012

 

                                                                                                                                                                                                           

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau A F, geb. x, L vom 29.11.2011 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 18.11.2011, Zl. FE-1327/2011 wegen einer Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm § 24 Abs.4 FSG sowie § 13 Abs.1 und 2 FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem angefochtenen Bescheid die Berufungswerberin aufgefordert, sich binnen 2 Monaten ab Verkündung des Bescheides zur Feststellung ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gemäß § 8 FSG amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen.  Einer Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin an, dass sie weder alkohol- noch drogenabhängig sei noch schwere Medikamente einnehme. Sie habe weder Augenerkrankungen, die ihr Sehvermögen beeinträchtigen noch psychische Erkrankungen.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.  

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Berufungswerberin ist seit 1995 im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klasse B. Im Oktober 2011 wurde sie insofern auffällig, als sie mehrere E-Mails an die Polizeiinspektion S schickte. In diesen beschreibt sie offenbar familiäre Probleme sowie sonstige Umstände zu ihrer persönlichen Situation. Der Inhalt dieser E-Mails ist insgesamt verwirrend und es ist nicht ersichtlich, in welchem Zusammenhang sie sich damit an die Polizei wendet. Soweit aus den E-Mails ableitbar, nimmt sie darin auch Bezug auf bereits länger zurückliegende Vorfälle, welche möglicherweise einen kriminalpolizeilichen Zusammenhang haben.

 

Diese E-Mails wurden innerhalb der Bundespolizeidirektion Linz dem Verkehrsamt übermittelt und die Berufungswerberin wurde von der Führerscheinbehörde vorgeladen. Diese 2-maligen Ladungstermine hat sie nicht wahrgenommen, wobei sie hingewiesen hat, dass sie seit ca. 15 Jahren mit dem Auto fahre und sie in den letzten 6 Jahren keine Unfälle gehabt habe.

 

Am 18.11.2011 kam die Berufungswerberin der Ladung nach und es wurde ihr daraufhin mit dem angefochtenen Bescheid aufgetragen, sich bezüglich ihrer gesundheitlichen Eignung amtsärztlich untersuchen zu lassen. Dieser Bescheid wurde mit dem persönlichen Eindruck anlässlich der Vorsprache, welcher auch der Amtsarzt beigezogen war, begründet. Aufgrund dieses Eindruckes bestehe der dringende Verdacht einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Gemäß § 13 Abs.1 FSG-GV gelten Personen als ausreichend frei von psychischen Krankheiten iSd § 3 Abs.1 Z1, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen mitbeurteilt.

 

Gemäß § 13 Abs.2 Z. 4 FSG darf Personen, bei denen eine schwere persönlichkeitsbedingte Störung des Urteilsvermögens, des Verhaltens und der Anpassung besteht, eine Lenkberechtigung nur dann erteilt oder belassen werden, wenn das ärztliche Gutachten aufgrund einer psychiatrischen fachärztlichen Stellungnahme, in der die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen mitbeurteilt werden, die Eignung bestätigt.

 

5.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs.4 FSG begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr besitzt. In diesem Verfahrensschritt geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Derartige Bedenken sind in einem Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen.

 

Im Zusammenhang mit psychischen Krankheiten im Sinne des § 13 FSG-GV ist darauf hinzuweisen, dass derartige Erkrankungen die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht generell ausschließen, sondern dabei zu beurteilen ist, wie sich diese Erkrankung auf das Verhalten der betreffenden Person im Straßenverkehr auswirkt (sh. VwGH v. 2.3.2010, 2008/11/0001).

Aus dem Inhalt der im Akt befindlichen E-Mails der Berufungswerberin ist durchaus abzuleiten, dass bei ihr eine psychische Erkrankung vorliegt und es ist gut nachvollziehbar, dass sich dieser Eindruck auch beim persönlichen Gespräch mit dem Bearbeiter der Erstinstanz bestätigt hat. Allerdings gibt es keinerlei aktenkundige Hinweise darauf, dass bzw. wie sich diese Erkrankung auf das Fahrverhalten der Berufungswerberin auswirken könnte. Nach ihren unwidersprochenen Angaben lenkt sie seit 15 Jahren Kraftfahrzeuge und hat in den letzten 6 Jahren keinen Verkehrsunfall verursacht. Es sind auch keine sonstigen auffälligen Verhaltensweisen im Straßenverkehr bekannt. Unter Berücksichtigung dieser Umstände bestehen zwar durchaus berechtigte Bedenken an der psychischen Gesundheit der Berufungswerberin, es gibt aber keine Hinweise darauf, dass sich diese auf ihr Fahrverhalten und damit auf ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen auswirken. Ihrer Berufung war daher stattzugeben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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