Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730318/32/Wg/Jo

Linz, 05.01.2012

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 17. Februar 2011, Zl. 1-1024832/FP/11, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. November 2011, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird teilweise stattgegeben. Der im bekämpften Bescheid angeordnete Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung wird aus Anlass der Berufung für rechtswidrig erklärt. Die Dauer des Aufenthaltsverbots wird mit 8 Jahren festgesetzt. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Жалба је делимично дозвољена. Захтев да се оспоравањем одлуке одложи дејство жалбе прогласиће се са основа саме жалбе незаконитим. Cа напоменом да се изриче забрана  боравка у земљу од 8 гoдинa. У осталом се жалба одбија као неоснована.

 

Rechtsgrundlagen/ Законски основ:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 67 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 38/2011

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bundespolizeidirektion Wels (im Folgenden: belangte Behörde) hat gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Bescheid vom 17. Februar 2011, Zl. 1-1024832/FP/11, gemäß § 60 Abs.1 iVm Abs.2 Z1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid ausgeschlossen. Das Aufenthaltsverbot stützt sich im Wesentlichen auf das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 17. August 2010, GZ: 25 HV 91/10.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 28. Februar 2011. Nach Ansicht des Bw gäbe es folgende Einwände:

Die restliche Zeit hier auf Therapie möchte er nutzen, um seine Suchtproblematik aufzuarbeiten. Daher werde er danach keine Gefahr mehr für den Staat Österreich darstellen. Die Angaben seiner Gattin, Frau X, seien nicht richtig. Der Schuldenbetrag von 47.000 Euro sei nicht durch ihn oder sein Zutun verursacht worden. Dies dürfte leicht überprüfbar sein. Weiters habe er immer wieder seiner Gattin Geldbeträge in Bar für das gemeinsame Kind gegeben. Von 2008 bis August 2010 habe er regulär seine Alimente von ca. 300 Euro auf ihr Konto überwiesen (über das Jugendamt). Außerdem möchte er regelmäßigen Kontakt zum gemeinsamen Kind X, der auch vor seiner Haft 14-tägig stattgefunden habe. Es sei richtig, dass die Scheidung bereits 2007 beantragt worden sei, jedoch hätte seine Gattin nach einer gemeinsamen Aussprache denselben zerrissen. Auch die Angabe seiner Freundin X, dass sie Schulden hätte, die er verursacht habe, sei nicht richtig. Im Gegenteil, er habe ihr nach seinem Haftantritt sein Auto und seine Wohnung überlassen. Zu ihr selbst möchte er auch keinen Kontakt mehr. Nur zum gemeinsamen Sohn X. Außerdem habe er sie, als sie ihn in Haft besucht habe, weggewiesen, da sie ihm berichtet habe, dass sie weiterhin Drogen konsumiere und verkaufe, was er nicht befürworte. Daher müsse er nun Angst um seinen Sohn haben, dass dieser in Kontakt mit Drogen komme. Die letzten 3 Monate vor seiner Haft sei er arbeitslos gewesen, da die Firma sich geweigert habe, Überstunden zu bezahlen und er täglich ca. 18 Stunden gearbeitet hätte. Zudem könne die Behörde seine letzten Arbeitgeber kontaktieren, er sei stets pünktlich am Arbeitsplatz gewesen und habe seine Aufgaben immer zur vollsten Zufriedenheit erledigt. Auch nach seiner stationären Therapie möchte er weiterhin in Österreich leben, da er vor allem den Kontakt zu seinen 2 Kindern pflegen wolle.

 

Die Bundespolizeidirektion Wels hat der SID OÖ. den Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt. Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG 2011 – BGBl. I Nr. 38/2011, in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion Oberösterreich dem Verwaltungssenat den Akt zuständigkeitshalber übermittelt.

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Berufungswerber wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Serbien. Der Bw meldete mit 10. August 2004 einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet an und hält sich seither durchgehend in Österreich auf. Er ist bei seinem Cousin an der Adresse X aufrecht mit Hauptwohnsitz gemeldet (Stand: 4. Jänner 2012).

 

 

Der Bw stand nach Begründung seiner Niederlassung im Jahr 2004 von 6. Juni 2005 bis 14. Juli 2005, von 14. März 2006 bis 31. März 2006, von 25. April 2006 bis 29. April 2006, von 8. Mai 2006 bis 10. Mai 2006, von 11. Mai 2006 bis 11. Mai 2007, von 14. Mai 2007 bis 13. Juni 2007, von 12. Juli 2007 bis 27. Juli 2007, von 24. August 2007 bis 4. Jänner 2008, vom 26. Mai 2008 bis 28. Mai 2008, vom 29. Mai 2008 bis 27. Mai 2009, vom 12. Juni 2009 bis 11. September 2009, vom 6. Oktober 2009 bis 28. Oktober 2009 sowie vom 19. November 2009 bis 12. Februar 2010 in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen.

 

 

Am X heiratete er die nicht freizügigkeitsberechtigte österreichische Staatsbürgerin X. X wurde in Serbien geboren. Sie kam vor 22 Jahren, in ihrem 3. Lebensjahr nach Österreich. Zur Suchtgiftabhängigkeit befragt, gab sie in der mündlichen Verhandlung an, dass sie erfolgreich einen Suchtgiftentzug durchgeführt habe. Seit 18. Oktober 2011 sei dieser Entzug abgeschlossen. Sie habe das letzte Mal im Juli 2011 Drogen und zwar Morphium, genommen. Seit der daraufhin veranlassten Entgiftung habe sie kein Suchtgift mehr konsumiert.

 

 

 

X und der Bw lebten nach der Einreise des Bw (erstmalige Anmeldung eines HWS mit 10. August 2004) bis zum Jahr 2007 in Familiengemeinschaft. Aus der Ehe ging der gemeinsame Sohn X, geb. X, hervor. X ist österreichischer Staatsbürger.

 

 

 

Mittlerweile ist vor dem Bezirksgericht Gmunden ein Scheidungsverfahren anhängig. In der Scheidungsverhandlung vom 14. Februar 2011 vereinbarten X und X das Ruhen des Scheidungsverfahrens. Die Ehe ist nach wie vor aufrecht.

 

 

 

Zwischen X und dem Bw besteht nach wie vor ein gutes Verhältnis. Bis etwa ein halbes Jahr vor der mündlichen Verhandlung am 30. November 2011 hatte der Berufungswerber regelmäßig Kontakt zu X. Er sah ihn ca. zweimal in der Woche. Der Kontakt riss ab, weil die Kindesmutter gemeinsam mit X ein halbes Jahr vor der mündlichen Verhandlung nach Deutschland zur Durchführung eines Suchtgiftentzugs fuhr. Der Bw konnte – nicht zuletzt wegen des fehlenden Aufenthaltsrechts – seinen Sohn in Deutschland nicht besuchen. Er hielt aber telefonischen Kontakt zu seinem Sohn. Der Bw leistete zuletzt vor ca. 2 bis 3 Jahre Unterhalt für X.

 

 

 

Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war mj. X auf einem Krisenpflegeplatz in X untergebracht. Am 18. Oktober 2011 war eine Maßnahme wegen Gefahr in Verzug ausgesprochen worden. Die Obsorge lag zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorläufig bis zu einer endgültigen Entscheidung gemäß § 215 Abs.1 ABGB beim Land OÖ.

 

 

 

X war mit X vor 5 Jahren das letzte Mal in Serbien. Sie sagte aus, sie wisse, dass sie nicht mehr nach Serbien fahren werde. Darum sei es ihr sehr wichtig, dass der Berufungswerber in Österreich bleiben könne, damit der Kontakt zu X aufrecht bleibe. Sie glaube nicht, dass der Berufungswerber wieder Suchtgift nehmen werde. Sie gab an, es wäre sicher gut, wenn X mit seinem Sohn regelmäßig Kontakt haben könnte. Das wäre für X sicher sehr vorteilhaft. X hänge sehr an seinem Vater.

 

 

 

Der Berufungswerber ging vor etwa 4 Jahren eine Beziehung mit der kroatischen Staatsangehörigen X ein. Die Beziehung mit X war der Grund, weshalb die Ehe des Bw in die Brüche ging. Die Beziehung mit X dauerte ca. 3 Jahre. Die Beziehung wurde anlässlich des Haftantritts des Berufungswerbers im August 2010 beendet.

 

 

 

Der gemeinsame Sohn X wurde am X geboren und ist kroatischer Staatsangehöriger. Die Obsorge kommt X zu. Ihren Angaben zufolge sah sie den Berufungswerber zuletzt vor etwa eineinhalb Monaten.

 

 

 

X räumte ein, ursprünglich Probleme mit Suchtgift bzw. Heroin gehabt zu haben. Laut Mitteilung der Jugendwohlfahrt (Magistrat Wels) besteht zur Zeit kein Hinweis darauf, dass das Kindeswohl gefährdet ist. X sieht sich in der Lage, X alleine aufzuziehen. Sie gab an, sie würde den Berufungswerber bei der Erziehung nicht benötigen.

 

 

 

X ist zur Zeit finanziell auf ihre Eltern angewiesen, da sie ihren Lehrabschluss nachholt. Wenn sie nicht zu Hause ist, wird X in der Krabbelstube bzw. von ihren Eltern versorgt.

 

 

 

Der Bw hatte nach Beendigung der Beziehung mit X vereinzelt Kontakt mit X.

 

 

 

Mit Eingabe vom 10. August 2004 stellte er einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger – Österreicher, § 49 Abs.1 FRG" zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner Ehegattin X, geb. X. Die Niederlassungsbewilligung wurde am 29. September 2004 befristet bis 28. September 2005 erteilt und in weiterer Folge antragsgemäß verlängert. Zuletzt verfügte der Berufungswerber über einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger", gültig bis 14. September 2010. Am 12. Oktober 2010 stellte er einen Antrag auf Erteilung einer quotenfreien Erst-NB.

 

 

 

Das Landesgericht Wels hat mit Urteil vom 12. Juni 2008, Zl. 25 Hv 68/08d, zu Recht erkannt:

 

 

 

"X und X sind schuldig;

 

 

 

sie haben den bestehenden Vorschriften zuwieder Suchtgift

 

A)      in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen und zwar,

 

I.)               X, indem er in der Zeit von etwa Anfang Oktober 2007 bis um den 21.11.2007 insgesamt etwa 330 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von etwa 21,5 % - bezogen vom gesondert verfolgten X – an X sowie den gesondert verfolgten X zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs übergab;

 

II.)            X, indem er in der Zeit von etwa Anfang Oktober bis um den 27.11.2007 insgesamt etwa 230 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von etwa 21,5 % an die gesondert verfolgten X, X, X, X, X und X sowie an bislang nicht ausgeforschte Abnehmer verkaufte;

 

B)      nämlich Heroin ausschließlich zum persönlichen Gebrauch gelegentlich erworben und besessen

 

I.)               X seit etwa Mitte November bis zum 27.11.2007;

 

II.)            X in der Zeit von etwa Anfang September 2007 bis um den 27.11.2007.

 

 

 

X und X haben hiedurch

 

zu A) das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5. Fall und Abs.1 Z3 SMG

 

zu B) das Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs.1 Z1 1. und 2. Fall und Abs.2 SMG

 

 

 

begangen und werden hiefür jeweils unter Anwendung des § 28 StGB – X überdies unter Anwendung des § 36 StGB – nach § 28a Abs.2 SMG

 

 

 

X zu einer

 

 

 

Freiheitsstrafe von 14 Monaten

 

 

 

X zu einer

 

 

 

Freiheitsstrafe von 10 Monaten

 

 

 

sowie gemäß § 389 stopp je zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens

 

 

 

v e r u r t e i l t .

 

 

 

Gemäß § 43a Abs.3 StGB wird bei X ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von elf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen; der nicht bedingte Teil der Freiheitsstrafe beträgt daher drei Monate.

 

Gemäß § 43a Abs.3 StGB wird bei X ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen; der nicht bedingte Teil der Freiheitsstrafe beträgt daher drei Monate.

 

Gemäß § 38 Abs.1 Z1 StGB werden die erlittenen Vorhaften auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet, und zwar bei

 

-         X vom 27.11.2007, 10.05 Uhr bis 11.03.2008, 10.15 Uhr und

 

-         X vom 27.11.2007, 13.30 Uhr bis 11.03.2008, 10.00 Uhr.

 

 

 

Gemäß § 34 SMG iVm § 26 StGB werden die sichergestellten Suchtgifte eingezogen.

 

 

 

Gemäß § 20 Abs.1 StGB wird der sichergestellte Betrag von € 1.000,-

 

abgeschöpft."

 

 

 

Bei der Strafbemessung waren mildernd: teilweises Geständnis, Unbescholtenheit; erschwerend: das Zusammentreffen von Verbrechen mit Vergehen.

 

 

 

 

 

Das Landesgericht Wels hat mit Urteil vom 17. August 2010, Zl. 25 Hv 91/10i, zu Recht erkannt:

 

 

 

" X, X und X sind schuldig; es ha­ben in Wels und an anderen Orten vorschriftwidrig

 

 

 

A)      Suchtgift in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge-
X
in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge
- von der Slowakei nach Österreich eingeführt und zwar;

 

 

 

I.) X und X im bewussten und gewollten Zusam­menwirken als Mittäter

 

1.    etwa Ende Februar/Anfang März 2010 etwa 150g Heroin mit unbe-
kanntem Reinheitsgehalt

 

2.            etwa Anfang Mai 2010 100g Heroin mit unbekanntem Reinheitsgehalt

 

3.            am 29. 5. 2010 etwa 200g Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 14,4 %

 

 

 

II.) X und X in bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in der zweiten Maihälfte 2010 etwa 150g Heroin mit unbekanntem Reinheitsgehalt,

 

 

 

wobei X die Straftaten gewerbsmäßig begangen hat und schon einmal wegen einer Straftat nach dem § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden ist;

 

 

 

B)     X Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge
anderen überlassen, indem er in der Zeit von etwa Ende Februar/Anfang März 2010 bis zum 30. 5. 2010 insgesamt zumindest etwa 210g Heroin, prinzipiell mit unbekanntem Reinheitsgehalt, zuletzt mit einem solchen um die 8 % an die bislang nicht ausgeforschten „X" und „X" zu einem Grammpreis von € 30,- verkaufte und an X
und X als Entlohnung für ihre Chauffeursdienste bei den Suchtgiftschmuggelfahrten sowie an die gesondert verfolgte X unentgeltlich überließ, wobei er die Straftaten überwiegend gewerbsmäßig begangen hat und schon einmal wegen einer Straftat nach dem § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden ist;

 

 

 

C)    X Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich etwa 138,9g Heroin mit einem Reinheitsgehalt von ca. 14,4 % am 29. 5. 2010 mit dem Vorsatz erworben und bis zum 30. 5. 2010 besessen, dass es zum größten Teil in Verkehr gesetzt werde;

 

 

 

D)   Suchtgift in wiederholten Angriffen erworben und besessen, und zwar

 

 

 

I.)                X Heroin in der Zeit von etwa Anfang 2010 bis zuletzt am 30. 5. 2010;

 

II.)             X Heroin in der Zeit von zumindest etwa Ende Februar/Anfang März 2010 bis zum 30. 5. 2010 und

 

III.)          X fallweise Heroin seit 2008,

 

 

 

wobei sie die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen haben.

 

 

 

 

 

Es hat hiedurch begangen

 

 

 

X

 

zu A) I) und II)

 

das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1, 2. Fall, Abs 2 Z 1 und 3

 

SMG,

 

zu B)

 

das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 5.Fall und Abs 2 Z 1

 

SMG

 

zu C)

 

das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1,1. und 2. Fall SMG zu D)l)

 

das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach dem § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall und Abs 2 SMG

 

 

 

X

 

zu A) I)

 

das Verbrechen des Suchtgifthandels nach dem § 28a Abs 1 2. Fall und Abs 2 Z 3 SMG, zu D) II)

 

das Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach dem § 27 Abs 1 Z 1,1. und 2. Fall und Abs 2 SMG sowie

 

 

 

X

 

zu A) II)

 

das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1, 2. Fall SMG und zuD) III)

 

das Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach dem § 27 Abs 1 Z 1,1. und 2. Fall und Abs 2 SMG

 

 

 

und werden hiefür jeweils unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB, X auch unter Bedachtnahme auf § 36 StGB wie folgt verurteilt:

 

 

 

X nach dem § 28a Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten

 

 

 

X ebenfalls nach dem § 28a Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten

 

 

 

X nach dem § 28a Abs 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten

 

 

 

sowie alle Angeklagten gemäß dem § 389 Abs 1 StPO zum Kostenersatz,

 

Gemäß dem § 34 SMG iVm § 26 Abs 1 StGB wird das sichergestellte Suchtgift eingezogen.

 

 

 

Gemäß dem § 38 Abs 1 StGB wird die von X erlittene Vorhaft in der Zeit von 30. 5. 2010. 23.00h bis 17. 8. 2010. 17.40 h auf die verhäng­te Freiheitsstrafe angerechnet.

 

 

 

Gemäß dem § 43a Abs 4 StGB wird ein Teil der über X verhängten Freiheitsstrafe, nämlich 24 Monate, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, der unbedingte Teil beträgt daher 12 Mo­nate.

 

 

 

Gemäß dem § 43 a Abs 3 StGB wird ein Teil der über X verhängten Freiheitsstrafe, nämlich 12 Monate, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Der unbedingte Teil beträgt daher sechs Monate.

 

 

 

Gemäß dem § 43 Abs 1 StGB wird die über X verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

 

 

 

Gemäß den §§ 50 Abs 1 bis 52 Abs 1 StGB wird dem X für die Dauer der Probezeit ein Bewährungshelfer an die Seite gestellt und ihm die Weisung erteilt, vierteljährlich einen Harntest auf Opiate durchführen zu las­sen und das Ergebnis unaufgefordert dem Gericht zu übersenden.

 

 

 

Gleichzeitig mit dem Urteil ergeht der

 

 

 

Beschluss:

 

 

 

Gemäß dem § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO wird hinsichtlich X vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichtes Wels zu 25 Hv 68 / 08 d gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen. Gleichzeitig wird jedoch die Probezeit auf fünf Jahre verlängert und nachträglich Bewährungshilfe angeordnet.

 

Gleichermaßen wird hinsichtlich X vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichtes Wels zu 25 Hv 177 / 09 k gewährten bedingten Strafnach­sicht abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert."

 

 

Bei der Strafzumessung fielen das Geständnis als besonderer Milderungsgrund ins Gewicht. Erschwerend wertete das Gericht weiters den raschen Rückfall sowie die Wiederholung der Taten.

 

Die Staatsanwaltschaft erhob Berufung wegen Strafe gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 17. August 2010 sowie Beschwerde gegen die gleichzeitig gefassten Beschlüsse auf Absehen von Widerruf. Das Oberlandesgericht Linz hat mit Urteil vom 23. November 2010, Zl. 8 BS 391/10x, in Spruchabschnitt I. zu Recht erkannt:

Der Berufung der Staatsanwaltschaft Wels wird hinsichtlich des Erstangeklagten X teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil in dem ihn betreffenden Sprachausspruch dahin abgeändert, dass die Anwendung des § 43a Abs.4 StGB ausgeschaltet wird.

Zu II. hat das Oberlandesgericht beschlossen, dass der Beschwerde nicht Folge gegeben wird.

Die vom Erstgericht aufgelisteten Kataloge an besonderen Strafzumessungsgründen bedürften zunächst dahingehend einer Ergänzung, dass die Sicherstellung des Suchtgiftes mildernd wirke. Im Sinne der Berufung der Staatsanwaltschaft Wels bleibe für eine mildernde Wirkung des eigenen Suchtgiftkonsums kein maßgeblicher Raum. Die Bedeutsamkeit des eigenen Suchtgiftkonsums für die Tatbegehung steht der erschwerenden Wirkung des Zusammentreffens von (mehreren) Verbrechen und (mehreren) Vergehen nicht entgegen. Im Ergebnis der Berufung entsprechend sei auch die einschlägige Vorstrafe des X als erschwerend zu werten. Alles in allem trage das vom Erstgericht gefundene Strafmaß den vorliegenden Strafzumessungsgründen Rechnung. Soweit sie jedoch die Berufung der Staatsanwaltschaft bei X gegen die Gewährung teilbedingten Strafnachsicht nach § 43a Abs.4 StGB richte, sei ihr zuzustimmen, dass aus spezialpräventiven Erwägungen die Anwendung des § 43a Abs.4 StGB ausgeschlossen sei, zumal dem Angeklagten – er hatte bereits von 27. November 2007 bis 11. März 2008 das Haftübel verspürt – nur durch den Vollzug der Freiheitsstrafe das Unrecht derartiger Taten entsprechend deutlich vor Augen gehalten werden kann. Der Beschwerde der Staatsanwaltschaft zuwider bedürfe es aus spezialpräventiver Sicht nicht des Widerrufs der bedingten Nachsichten zu den Verfahren 25 Hv 68/08d, gehe doch schon von den in der Hauptsache verhängten Strafen genug spezialpräventive Wirkung aus. Zu Bedenken sei hier insbesondere, dass der Erstangeklagte eine unbedingte Freiheitsstrafe in der Dauer von 36 Monaten zu verbüßen habe. Dieses Hafterlebnis lasse annehmen, dass es spezialpräventiv ausreiche, um bei ihm künftig deliktsfreies Verhalten zu bewirken.

 

Das Landesgericht für Strafsachen Wien hat mit Urteil vom 4. Jänner 2011, Zl. 112 Hv 205/10b, zu Recht erkannt:

 

"X ist schuldig, er hat am 17.9,2010 in Wien

 

A./ vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien in der öffentlichen Hauptverhandlung in der Strafsache gegen X zu 65 HV 85/10k durch die Behauptung, er kenne den Angeklagten nicht einmal vom Sehen her, als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt;

 

B./ X dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er in der unter Punkt A./ angeführten Verhandlung behauptete, die am 24.4.2010 vom Stadtpolizeikommando Wels mit ihm aufgenommene Niederschrift stimme nicht, denn er habe die darin festgehaltene Aussage nicht getätigt, der Polizeibeamte habe ihn angewiesen, das Protokoll zu unterschreiben, „dann werde er entlassen", obwohl er nicht einmal Deutsch lesen kann und der Polizeibeamte das gewusst habe, ihn mithin einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit ein Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB, falsch verdächtigt, wobei er wusste (§ 5 Abs 3 StGB), dass die Verdächtigung falsch war.

 

X hat hiedurch

zu A./ das Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB

 

zu B./ das Verbrechen dar Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB

 

begangen und wird hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 297 Abs 1 STGB zu einer

 

Freiheitsstrafe von 8 (acht) Monaten

 

und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

 

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen."

 

Das Landesgericht stellte dabei folgenden Sachverhalt fest:

 

"Der zur Tatzeit 25-jährige Angeklagte X ist serbischer Staatsangehöriger, verheiratet und hat Unterhaltspflichten für zwei Kinder im Alter, von 5 Jahren und einem Jahr nachzukommen. Er geht derzeit keiner Beschäftigung nach, er absolviert seit 3.1.2011 eine stationäre Entzugstherapie beim Grünen Kreis.

Der Angeklagte verfügt weder über ein Einkommen, noch über Vermögen und hat keine Schulden. Er weist zwei Vorstrafen wegen Verbrechen nach dem SMG auf. Die letzte Verurteilung; erfolgte durch das Landesgericht Wels am 17.B.201Ü, GZ 25 Hv 91/10,1, wegen § 28a Abs 1, l., 2. und 5. Fall und Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten, von dar zunächst ein Teil im Ausmaß von 2 4 Monaten bedingt nachgesehen wurde. Der gegen dieses Urteil erhobenen Strafberufung wurde durch das Oberlandesgericht mit Urteil vorn 23.11.1010, GZ 8 Bs 39l/10x, Folge gegeben und die Anwendung des § 43a Abs 4 StGB ausgeschaltet. Mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 24,12.2010 wurde dem Angeklagten hinsichtlich dieser Strafe ein Aufschub des noch nicht verbüßten Teiles der Freiheitsstrafe gemäß 3 39 Abs 1 Z 1 SMG, beginnend mit 3.1.2011 für die Dauer von 18 Monaten zur Absolvierung einer stationären Therapie gewährt (AS 5f in ON 14).

 

Der Angeklagte bewegte sich im Suchtgiftmilieu und bot sich dem Kriminalbeamten X vom Stadtpolizeikommando Wels als Informant an. Konkret avisierte 1 der Angeklagte dem X, über den Vermittler X einen Kontakt zum lange polizeilich gesuchten Suchtgifthändler „X" bzw. „X" herstellen. zu können, der später als X ausgeforscht werden konnte.

 

Als der polizeiliche Zugriff auf X erfolgter stand der Angeklagte gemeinsam mit X gerade im Begriff, Suchtgift von X zu erwerben. X wurde am 24.4.2010 festgenommen. Auch dem Angeklagten - gegen den keine Festnahme ausgesprochen worden war - wurden pro forma Handfesseln angelegt, um nicht bei X den Eindruck zu erwecken, dass der Angeklagte mit der Polizei kooperiert. Tatsächlich war X stets auf freiem Fuß, das Anlegen der Handfesseln war lediglich Teil der Inszenierung, die zuvor mit dem Angeklagten auch besprochen worden war.

Am 24.4.2010 wurde der Angeklagte vom Polizeibeamten X am SPK Wels förmlich als Beschuldigter zum Sachverhalt vernommen. Im Zuge dieser Vernehmung sagte der Angeklagte unter anderem aus:

„X Kennt den Verkäufer, er nennt sich X und hat mehrere Abnehmer in Wels, die bei ihm einkaufen. X ist ein alter Hase, er hält sich angeblich in Wien versteckt, damit meine ich, er ist illegal hier, X ist Albaner, ich kenne ihn vom Sehen, es ist jener Mann, der festgenommen, worden ist" (AS 57 in ON 3).

 

In der am 17.9.2010 vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien, GZ 065 Hv 85/10k gegen X durchgeführten Hauptverhandlung gab der Angeklagte (X) im Rahmen seiner förmlichen Befragung als Zeuge, nachdem er zuvor an seine Wahrheitspflicht erinnert und über sein Aussageverweigerungsrecht nach S 157 Abs 1 2 1 StPO belehrt worden war, tatsachenwidrig an, dass er X nicht kenne, auch nicht vom Sehen (AS 57ff in ON 2). Bei dieser Aussage war dem Angeklagten bewusst, förmlich vor Gericht als Zeuge unter Wahrheitspflicht auszusagen, er wusste, dass seine Aussage inhaltlich unrichtig ist.

 

Als dem Angeklagten von der Vorsitzenden seine gegenteilige Aussage vor der Polizei vorgehalten wurde, gab der Angeklagte an: „Das stimmt gar nicht was dort geschrieben ist, denn das habe ich nicht gesagt". Nach Vorhalt, dass er das Protokoll unterschrieben habe, sagte er: „Ich habe das unterschrieben, weil die Polizei sagte, „dann wirst Du freigelassen". Aber ich habe das nicht gesagt, was da steht. Denn ich habe im Auto gesessen". Wenig später sagte er: „Der Polizist hat mich nichts gefragt, er hat nur gesagt: „Unterschreiben Sie hier, dann werden Sie entlassen". Weiters äußerte der Angeklagte sinngemäß, er spreche albanisch, könne nicht einmal deutsch lesen und könne daher auch nicht wissen, was im Protokoll stehe, wobei der Polizei dieser Umstand bekannt sei (AS 57-67 in ON 2).

Bei dieser Äußerung war dem. Angeklagten, bewusst, dass er den vernehmenden Polizeibeamten X durch die tatsachenwidrige Unterstellung dar Falschprotokollierung und Inaussichtstellung der Enthaftung einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung,  nämlich des mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bedrohten Verbrechens des Amtsmissbrauches nach § 302 Abs 1 StGB wissentlich falsch verdächtigte."

 

Mildernd war die geständige Verantwortung, erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen.

 

Das Oberlandesgericht Wien gab der Berufung der Staatsanwaltschaft mir Urteil vom 10. Mai 2011, Zl. 22 BS 65/11m dahin Folge, dass der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht gemäß § 43 Abs.1 StGB aus dem angefochtenen Urteil ausgeschaltet wird. Aus der Begründung dieser Entscheidung geht hervor:

Berücksichtige man, dass der am X geborene Angeklagte nur einen Monat seiner zweiten, von ihm unbekämpft gebliebenen Verurteilung sowie nach zumindest teilweise Erfahrung des Haftübels rasch rückfällig wurde und neben einer falschen Beweisaussage auch einen Polizeibeamten verleumdete, könne nicht mehr angenommen werden, dass eine gänzliche oder teilweise bedingte Strafnachsicht ausreichen werde, um X von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Der Ansicht des Erstgerichts, dass eine unbedingte Freiheitsstrafe den zur zweiten Verurteilung des Landesfgerichtes Wels gewährten Aufschub nach § 39 SMG konterkarieren würde, könne nicht gefolgt werden, weil diesfalls ein solcher Strafaufschub ungeachtet neuerlicher Tatbegehung gleichsam einen Schutz vor weiteren unbedingten Freiheitsstrafen bedeuten würde, was nicht Sinn und Zweck einer gesundheitsbezogenen Maßnahme sei.

 

 

Die Bundespolizeidirektion Wels hatte dem Berufungswerber bereits nach der ersten rechtskräftigen Verurteilung durch das LG Wels zu Zl 25 HV 68/08d,  niederschriftlich am 19. Jänner 2009 mitgeteilt, dass, sollte er weitere schwerwiegende Vergehen gegen die österreichische Rechtsordnung begehen, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot erlassen werden könne.

 

 

Auf Grund der neuerlichen strafrechtlichen Verurteilung durch das LG Wels zu Zl 25 HV 91/10i und der Berufungsentscheidung des OLG Linz zu Zl 8 Bs 391/10x kündigte die Bundespolizeidirektion Wels dem Berufungswerber mit Schreiben vom 11. Jänner 2011 die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes an. In diesem Schreiben wurde der Bw unter anderem aufgefordert, Angaben über seine familiären, sozialen und beruflichen Bindungen in Österreich zu machen.

 

Mit Schreiben vom 13. Jänner 2011 gab der Bw folgende Stellungnahme ab:

 

 

"nachdem ich heute Ihr Schreiben erhalten habe, möchte ich dazu gerne Stellung nehmen.

 

Ich lebe bereits seit 7 Jahren in Österreich und bin mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Hier habe ich meine Familie mit zwei Kindern (5 Jahre und 1 Jahr alt) gegründet.

 

All meine sozialen Kontakte (Kinder, Freunde, Verwandte) befinden sich in der Umgebung von Wels, daher ist dies mein Lebensmittelpunkt geworden.

 

Durch meine Suchterkrankung kam es zu Krisen und Problemen in der Beziehung und ich kam in Konflikt mit dem Gesetz.

 

 

 

Jetzt habe ich meine stationäre Therapie auf Weisung begonnen und möchte diese Zeit nutzen, um meine Probleme aufzuarbeiten.

 

 

 

Mein Ziel ist es, hier in Österreich ein anständiges Leben zu führen im beruflichen, privaten und gesundheitlichen Bereich."

 

Der Verein zur Rehabilitation und Integration suchtkranker Personen teilte mit Schreiben vom 17. Jänner 2011 der Bundespolizeidirektion Wels mit, dass sich der Berufungswerber seit 3. Jänner 2011 beim Verein "X" in der Einrichtung X befinde, wo er sich einer stationären gesundheitsbezogenen Maßnahme unterziehe. Er zeige sich sehr motiviert und nehme am gesamten Therapieprogramm teil.

 

 

Zur Beweiswürdigung:

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. November 2011. Zu dieser Verhandlung ist der Berufungswerber unentschuldigt nicht erschienen. X und X wurden als Zeuginnen einvernommen.

 

Der Verwaltungssenat stützt sich bei den Feststellungen zu den Privat- und Familienverhältnissen auf das Vorbringen des Bw sowie die Zeugenaussagen der X und der X. Weiters wurden Stellungnahmen der für die beiden mj. Söhne zuständigen Jugendwohlfahrtsträger (BH Gmunden, Magistrat der Statutarstadt Wels) eingeholt.

Das BG Gmunden übermittelte dem Verwaltungssenat mit Schreiben vom 15. September 2011 die schriftliche Bestätigung über das Ruhen des Scheidungsverfahrens.

Der Berufungswerber ist nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen und hat daher die Gelegenheit, sein Vorbringen zu seinen persönlichen Verhältnissen zu ergänzen, nicht genutzt. Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass sich abgesehen von den genannten Personen – ua ein Cousin - noch andere Angehörige im Bundesgebiet aufhalten. Unstrittig ist, dass der Berufungswerber über einen Freundeskreis im Bundesgebiet verfügt.

Die strafrechtlichen Urteile des LG Wels sowie des Oberlandesgerichtes Linz befinden sich bereits im Akt der Erstbehörde. Gleiches gilt für den Erstantrag bzw die Verlängerungsanträge auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen. Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 4. Jänner 2011 und die dazu ergangene Rechtsmittelentscheidung des Oberlandesgerichtes Wien wurden dem Verwaltungssenat vom LG für Strafsachen Wien am 29. November 2011 übermittelt.

Die Feststellungen zu den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen stützen sich auf einen Versicherungsdatenauszug vom 2. Jänner 2012.

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

 

Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bleiben gemäß § 125 Abs.16 FPG bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Auch wenn ein Scheidungsverfahren anhängig ist, ist der Berufungswerber nach wie vor Ehegatte der nicht freizügigkeitsberechtigten österreichischen Staatsbürgerin X und damit Familienangehöriger iSd § 2 Abs.4 Z12 FPG.

 

Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR Bürger, Schweizer Bürger, Begünstigte Drittstaatsangehörige und Familienangehörigen von nicht unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und Österreichern gemäß §§ 65b und 67 FPG haben sich mit Inkrafttreten des FRÄG am 1. Juli 2011 nicht wesentlich geändert.

 

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist gemäß § 67 Abs 1 FPG zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

Ein Aufenthaltsverbot kann gemäß § 67 Abs 2 FPG für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

 

Ein Aufenthaltsverbot kann gemäß § 67 Abs 3 FPG unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

 

Bei der Beurteilung der Frage, ob gegen den Fremden gemäß § 67 FPG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden kann, kann auf den Katalog des § 53 Abs. 2 und 3 leg cit. als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden (vlg. VwGH vom 27. März 2007, GZ: 2007/18/0135).

 

Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist gemäß § 53 Abs 2 FPG , vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens

1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist gemäß § 53 Abs 3 FPG für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Der Bw wurde am 12. Juni 2008 zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt, wobei der nicht bedingte Teil der Freiheitsstrafe 3 Monate betrug. Er wurde des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5. Fall und Abs.2 Z3 SMG sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs.1 Z1 und 2. Fall und Abs.2 SMG für schuldig befunden. Mit Urteil des LG Wels vom 17. August 2010 bzw. dem Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 23. November 2010 wurde er wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1, 2. Fall, Abs.2 Z1 und 3 SMG sowie des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5. Fall und Abs.2 Z1 SMG sowie des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandelnden nach 28 Abs.1, 1. und 2. Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach dem § 27 Abs.1 Z1 1. und 2. Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien wurde er am 4. Jänner 2011 bzw. vom Oberlandesgericht Wien am 10. Mai 2011 wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs.1 StGB  und des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs.1 2. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung ist eindeutig der Tatbestand nach § 53 Abs.3 Z1 FPG erfüllt.

 

Im Fall der Verwirklichung von Suchtgiftdelikten muss regelmäßig davon ausgegangen werden, dass wegen der besonderen Gefährlichkeit dieser Kriminalitätsform ein Grundinteresse der Gesellschaft iSd § 67 Abs.1 FPG berührt ist (vgl. VwGH vom 31. März 2008, 2007/21/0547).

 

Dem Bw wurde von der BPD Wels bereits am 19. Jänner 2009 – nach seiner ersten Verurteilung – zur Kenntnis gebracht, dass er, sollte er weitere schwerwiegende Vergehen gegen die österreichische Rechtsordnung begehen, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot erlassen würde. Der Umstand, dass ein Fremder trotz Androhung eines Aufenthaltsverbotes neuerlich straffällig geworden ist, ist ein besonders starkes Indiz dafür, anzunehmen, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. Hat ein Fremder in der bezeichneten Weise gleichsam insistierend gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen und so seine besondere Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten zum Ausdruck gebracht, so müssen ganz besondere Umstände dafür sprechen, dass dennoch ausnahmsweise von einem künftigen Wohlverhalten des Fremden ausgegangen werden kann (vgl. VwGH vom 14. Juni 2007, GZ: 2006/18/0263). Dem Bw wurde mit 3. Jänner 2011 für die Dauer von 18 Monaten ein Aufschub des noch nicht verbüßten Teiles der Freiheitsstrafe gewährt. Er hatte zuvor bereits vom 27. November 2007 bis 11. März 2008 das Haftübel verspürt. Trotzdem war er wieder rückfällig geworden. Im Fall des Berufungswerbers realisiert sich daher die bei Suchtmitteldelikten typisch gegebene hohe Wiederholungsgefahr.

 

Von ihm geht daher nach wie vor eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die das Grundinteresse der Gesellschaft berührt, aus. Es ist zu befürchten, dass er weiterhin schwere Verbrechen nach dem SMG begehen wird. Der Tatbestand für ein Aufenthaltsverbot nach § 67 Abs.1 FPG ist erfüllt.

 

Jedermann hat gemäß Artikel 8 Abs 1 EMRK Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Artikel 8 Abs 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs 1 FPG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 61 Abs 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist gemäß § 61 Abs 3 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Festzuhalten ist, dass sich der Bw nach Ablauf seines letzten Aufenthaltstitels nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, da er nicht rechtzeitig einen Verlängerungsantrag gestellt hat. Dessen ungeachtet indiziert die langjährige rechtmäßige Niederlassung seit dem 29. September 2004 sowie die Beschäftigungsverhältnisse ein gewisses Ausmaß an Integration, das durch die Straftaten aber erheblich gemindert wird (vgl VwGH vom 8. Juni 2010, GZ  2008/18/0758).

 

Es steht fest, dass der Bw kein gemeinsames Familienleben mit seiner Gattin führt. Das Aufenthaltsverbot führt aber zur Trennung von seinen beiden minderjährigen Söhnen. Zumindest zu X hielt er – nach Beendigung der Lebensgemeinschaft mit der Kindesmutter – regelmäßig Kontakt. Bezüglich X sind ebenfalls Kontakte nachgewiesen.

 

Das Aufenthaltsverbot stellt daher einen schwerwiegenden Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw dar. Dem persönlichen Interesse des Berufungswerbers an einem weiteren Kontakt zu seinen beiden Söhnen steht das besonders große öffentliche Interesse an der Bekämpfung des Suchtmittelhandels entgegen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei dem vom Bw zu verantwortenden Verbrechen gegen das SMG weder ein langjähriger Aufenthalt in Österreich noch eine soziale Integration im Inland einem Aufenthaltsverbot entgegenstehe (vgl. VwGH vom 19. Mai 2011, GZ: 2008/21/0486).

 

 

Das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten überwiegt das persönliche Interesse des Berufungswerbers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet.

 

Bei der Bemessung des Aufenthaltsverbotes sind vor allem zwei Umstände zu beachten. Einerseits, bis zu welchem Zeitpunkt bei weiterem Wohlverhalten eine nachhaltige Besserung des Bw angenommen werden kann. Zum Anderen, wie lange dem Berufungswerber bzw. seiner Familie eine Trennung zumutbar ist (vgl. VwGH vom 30. August 2011, 2008/21/0576).

 

Bei einer Gesamtwertung der Umstände ist ein achtjähriges Aufenthaltsverbot angemessen. Dies ist auch den beiden minderjährigen Söhnen zumutbar. Es ist nicht zu befürchten, dass durch die Aufenthaltsbeendigung des Berufungswerbers das Kindeswohl gefährdet würde. Festzuhalten ist, dass beide Mütter zumindest in jüngerer Vergangenheit dem Suchtgiftmilieu zuzurechnen waren. Der persönliche Kontakt bzw die Unterstützung durch den Berufungswerber, der wegen schwerer Verbrechen strafrechtlich zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurde, ist dabei keinesfalls ein so großes Gewicht beizumessen, dass die Aufenthaltsbeendigung unzulässig wäre.

 

Unterhaltszahlungen können zudem – wenn auch im geminderten Umfang – vom Ausland aus geleistet werden (vgl VwGH vom 25. Februar 2010, GZ 2010/18/0011).

 

Die Dauer des Aufenthaltsverbotes war daher mit acht Jahren neu festzusetzen.

 

Da der Berufungswerber zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung über kein Aufenthaltsrecht mehr verfügte, da der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel am 14. September 2010 abgelaufen war und der Verlängerungsantrag verspätet am 12. Oktober 2010 gestellt wurde, sind dem Berufungswerber aus der im bekämpften Bescheid verfügten Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung keine Rechtsnachteile entstanden. Bei der Auslegung der von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmung des § 64 Abs.2 AVG war aber zu beachten, dass im Fall von Familienangehörigen nicht freizügigkeitsberechtigter österreichischer Staatsbürger iSd § 2 Abs.4 Z12 FPG gemäß § 86 Abs.3 iVm § 87 FPG grundsätzlich immer ein Durchsetzungsaufschub gewährt werden hätte müssen. Aus der ständigen Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass die Behörde eingehend zu begründen hat, aus welchen Gründen sie einen Durchsetzungsaufschub nicht gewährt. Dies gilt umso mehr dann, wenn bei einem Familienangehörigen iSd § 87 FPG die aufschiebende Wirkung einer Berufung aberkannt wird. Stellt man auf die Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides ab, sind keine Umstände ersichtlich, die eine sofortige Ausreise des Berufungswerbers oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Sinne der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der nationalen Sicherheit erforderlich machten. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung war daher rechtswidrig.

 

Eine Entscheidung über den Durchsetzungsaufschub fällt gemäß § 9 Abs.2 FPG nicht in den Zuständigkeitsbereich des Verwaltungssenates (vgl. VwGH vom 7. Februar 2008, GZ: 2007/21/0405). Der VwGH hat sich in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2007, GZ: 2007/21/0401, eingehend damit auseinander gesetzt, dass kein Verbot besteht, die entgegen der genannten Verpflichtung zunächst unterlassene Entscheidung über den Durchsetzungsaufschub noch später nachzuholen. Eine zeitliche Schranke besteht insoweit, als der Durchsetzungsaufschub iSd § 86 Abs.3 FPG (nunmehr § 70 Abs.3 FPG) ein Monat nach Eintritt der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme faktisch ins Leere ginge.

 

Zusammengefasst bedeutet dies, dass der Verwaltungssenat über die Rechtmäßigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, nicht aber über die Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes zu entscheiden hat. Die belangte Behörde wird den Abspruch über die Einräumung eines Durchsetzungsaufschubes nachholen müssen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 14,30 Euro angefallen.

 

Поука о правном леку

Против овог Решењa није дозвољено уложити уредан правни лек.

 

Напомена:

 

Против овог Решењa може да се уложи жалба у року од шест недеља од дана достављањa истог на Уставни или Управни суд. Жалбу мора - осим законом предвиђених изузетака – да уложи и потпише надлежни адвокат. На сваку жалбу плаћа се такса у вредности од 220 Евро.

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 16.05.2012, Zl.: 2012/21/0043-6

 

 

 

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