Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166368/5/Zo/Rei

Linz, 24.01.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn T G, geb. x, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H, Dr. L, L vom 28.09.2011 gegen Punkt 1 des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 09.09.2011, Zl. VerkR96-2530-2011, wegen einer Übertretung des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.01.2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.              Der Berufung gegen die Strafhöhe wird stattgegeben und die Geldstrafe auf 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) herabgesetzt.

 

II.           Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 15 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e, 19 und 20 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er bei einer Kontrolle am 19.02.2011 um 21.30 Uhr in Linz auf der H in Höhe Haus Nr. .. als Lenker des LKW, x mit dem Anhänger y, dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3.5 Tonnen übersteigt, die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt habe, obwohl der Fahrer, wenn er ein Fahrzeug lenkt, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist, den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit Folgendes vorlegen können muss:

Die Schaublätter für den Zeitraum gemäß dem Unterabschnitt 7b lit.ii, falls er in dieser Zeit ein Fahrzeug gelenkt hat, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist. Er habe weder die in den vorausgegangenen 28 Kalendertagen verwendeten Schaublätter noch eine Bestätigung über den angeführten Zeitraum mitgeführt. Dies stelle anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG ABl. Nr. L 29, einen sehr schwerwiegende Verstoß dar.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Artikel 15, Abs. 7 lit.b Abschnitt iii EG-VO 3821/85 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrags in Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass er tatsächlich die Schaublätter der vorangegangenen 28 Tage nicht mitgeführt habe. Er sei lediglich als Aushilfskraftfahrer für Milchtransporte tätig und habe am Tag der Kontrolle überraschenderweise mit einem LKW fahren müssen, für welchen er eine Fahrerkarte benötigte. Er sei zum ersten Mal mit diesem LKW gefahren, ansonsten sei er immer mit einem älteren LKW gefahren, bei welchem noch Schaublätter zu verwenden sind. Er fahre pro Woche durchschnittlich nur 5 bis 6 Stunden und verwende für diese Zeit Schaublätter. Diese habe er jedoch im anderen LKW liegen lassen, weshalb er sie bei der gegenständlichen Fahrt nicht habe mitnehmen können. Es sei ihm zwar bewusst gewesen, dass er die Schaublätter hätte mitführen müssen, er habe jedoch aus Loyalität seinem Arbeitgeber gegenüber diesen Auftrag nicht abgelehnt. Es habe sich daher um eine notstandsähnliche Situation gehandelt, weshalb keinesfalls ein sehr schwerwiegender Verstoß vorliege. Er sei auch bisher völlig unbescholten.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.01.2012. An dieser haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zu der im Spruch angeführten Zeit den angeführten LKW mit Anhänger. Im LKW war ein digitales Kontrollgerät eingebaut, weshalb der Berufungswerber seine Fahrerkarte verwendete. Bei einer Verkehrskontrolle wurde diese ausgewertet, wobei mit Ausnahme der gegenständlichen Fahrt keinerlei Daten gespeichert waren. Der Berufungswerber führte auch keine Schaublätter der letzten 28 Tage mit.

 

Nach seinen glaubwürdigen Angaben ist er lediglich als Aushilfskraftfahrer beschäftigt und fährt durchschnittlich nur 5 – 6 Stunden pro Woche. Diese Fahrten führt er mit einem älteren LKW durch, welcher ein analoges Kontrollgerät hat, sodass er für diese Fahrten Schaublätter verwendet hatte. Diese hatte er jeweils im LKW liegengelassen, weil er bis zum konkreten Vorfall nur mit diesem alten LKW gefahren ist. Den Auftrag für die konkrete Fahrt erhielt er kurzfristig und es war ihm nicht möglich, die Schaublätter aus dem alten LKW zu besorgen, weil dieser mit einem anderen Fahrer unterwegs war. Er hat aus diesem Grund seine Schaublätter nicht mitgeführt.

 

Der Berufungswerber weist eine verkehrsrechtliche Vormerkung aus dem Jahr 2007 auf, diese steht jedoch nicht im Zusammenhang mit dem Lenken eines LKW. Ansonsten ist er unbescholten. Er verfügt über ein monatliches Einkommen in Höhe von ca. 800 bis 1000 Euro bei keinen Sorgepflichten und keinen Schulden.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Die gegenständliche Berufung bekämpft ausschließlich Punkt 1 des Straferkenntnisses und ist nur gegen die Strafhöhe gerichtet. Der Schuldspruch im Punkt 1 des Straferkenntnisses sowie die in Punkt 2 verhängte Geldstrafe sind daher bereits in Rechtskraft erwachsen.

 

5.2.  Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

 Gemäß § 134 Abs. 1 KFG beträgt die gesetzliche Höchststrafe für die gegenständliche Übertretung 5.000 Euro.

 

Gemäß § 134 Abs. 1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 31. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

Die gesetzliche Mindeststrafe für die gegenständliche Übertretung ist daher davon abhängig, in welche Kategorie des Anhang III der Richtlinie 2009/5/EG die Übertretung eingeordnet ist. Entsprechend diesem Anhang III sind sämtliche Übertretungen, welche eine Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten unmittelbar vor Ort durch die Polizei verhindern, als sehr schwerwiegender Verstoß einzustufen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Schaublätter der 28 vorausgehenden Tage nicht vorgelegt werden können. Die gesetzliche Mindeststrafe für die gegenständliche Übertretung beträgt daher 300 Euro.

 

Im gegenständlichen Fall ist zu Gunsten des Berufungswerbers zu berücksichtigen, dass er lediglich als Aushilfskraftfahrer für wenige Stunden pro Woche mit LKW fährt. Der Unrechtsgehalt seiner Übertretung ist daher wesentlich niedriger, als dies bei einem Berufskraftfahrer der Fall wäre. Auch der Umstand, dass er lediglich aufgrund eines kurzfristigen Ausfalles eines anderen LKW-Fahrers für ihn unvorhersehbar die gegenständliche Fahrt antreten musste, stellt einen wesentlichen Strafmilderungsgrund dar. Dem stehen keinerlei Erschwerungsgründe gegenüber. Unter Berücksichtigung dieser Umstände überwiegen die Milderungsgründe in einem solchen Ausmaß, dass die gesetzliche Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden kann. Diese erscheint auch ausreichend, um den Berufungswerber in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Eine bloße Ermahnung ist jedoch nicht möglich, weil dem Berufungswerber als Inhaber einer Lenkberechtigung für die Klasse C bewusst sein musste, dass er seine Schaublätter immer mit sich führen muss, um sie für den Fall der Fahrt mit einem anderen LKW vorweisen zu können. Sein Verschulden ist daher nicht bloß ganz geringfügig.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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