Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301152/3/Gf/Mu

Linz, 17.01.2012

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch RA x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 1. Dezember 2011, Zl. Pol96-861-2010/Gr, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.       

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 1. Dezember 2011, Zl. Pol96-861-2010/Gr, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 6 Euro) verhängt, weil er am 21. November 2010 um 2:35 Uhr in seinem Lokal in x dadurch in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt habe, dass aus diesem trotz geschlossener Türen und Fenster laute Musik und Lärm von anwesenden Gästen zu hören gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 3 Abs. 1 des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, in der hier maßgeblichen Fassung LGBl.Nr. 77/2007 (im Folgenden: OöPolStG), begangen, weshalb er nach § 10 Abs. 1 lit. a OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete Verhalten auf Grund entsprechender zeugenschaftlicher Wahrnehmungen der einschreitenden Sicherheitsorgane als erwiesen anzusehen sei, woran auch eine Einvernahme seiner Gattin nichts hätte zu ändern vermögen.

Im Zuge der Strafbemessung seien Milderungsgründe nicht hervorgekommen, während einschlägige Vormerkungen als erschwerend  zu berücksichtigen gewesen wären; mangels entsprechender Mitwirkung seien seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 13. Dezember 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 23. Dezember 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass seitens der belangten Behörde aus objektiv nicht nachvollziehbaren Gründen weder seinem Beweisantrag auf Einvernahme seiner Gattin und anderer Lokalbesucher noch seinem Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheins, mit dem die von ihm bereits Anfang
November 2010 durchgeführten lärmdämmenden Baumaßnahmen hätten belegt werden können, entsprochen worden sei. Außerdem hätten die in den über dem Lokal gelegenen Räumlichkeiten wohnenden Zeugen unmissverständlich geäußert, nie einen störenden Lärm wahrgenommen zu haben, während die Aussagen der beiden Polizeibeamten als subjektiv und daher äußerst zweifelhaft erscheinen müssten. Schließlich lasse sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen, welcher konkrete Sachverhalt der Bestrafung zu Grunde gelegt worden sei, da sich dieses lediglich in  der Wiedergabe von Judikaturzitaten erschöpfe.

Aus allen diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Linz-Land zu Zl. Pol96-861-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 OöPolStG begeht – außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung – derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 360 Euro zu bestrafen, der in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt.

 

Nach § 3 Abs. 3 OöPolStG ist störender Lärm dann als in ungebührlicher Weise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über einen genehmigten Gastgewerbebetrieb, wobei im Zuge des Bewilligungsverfahrens (auch) Auflagen zur Vermeidung von Lärmemissionen behördlich vorgeschrieben wurden.

 

Davon ausgehend kann unter Berücksichtigung der Subsidiaritätsklausel des § 3 Abs. 1 OöPolStG – die i.S.d. Art. 4 des 7. ZPMRK offenkundig eine Hintanhaltung einer unzulässigen Doppelbestrafung intendiert – eine Verletzung dieser Bestimmung nur dann geahndet werden, wenn das Ausmaß der Lärmemission zum Tatzeitpunkt einerseits unter dem im gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheid normierten Grenzwert lag (denn ansonsten wäre eine Verletzung der Gewerbeordnung und damit eine "andere Verwaltungsübertretung" i.S.d. § 3 Abs. 1
OöPolStG gegeben), andererseits aber dennoch "störend" i.S.d. § 3 Abs. 1 und 3 OöPolStG war.

 

Da sohin im Falle eines gewerbebehördlich bewilligten Betriebes beide Aspekte essentielle Tatbestandsmerkmale bilden, müssen diese folglich auch im Spruch des Straferkenntnisses jeweils entsprechend konkretisiert werden.

 

Insoweit wird der Spruch des hier angefochtenen Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG jedoch nicht gerecht, weil hier auf den gewerbebehördlich festgelegten Emissionsgrenzwert bezogene Konkretisierungselemente überhaupt fehlen.

 

3.3. Da zwischenzeitlich aber bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war der gegenständlichen Berufung sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem formalen Grund stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

VwSen-301152/3/Gf/Mu vom 17. Jänner 2012

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz:

 

EMRK (Protokoll Nr. 7) Art4;

Oö. PolStG §3;

VStG §44a Z1

 

Im Falle eines genehmigten Gastgewerbebetriebes, bei dem im Zuge des Bewilligungsverfahrens (auch) Auflagen zur Vermeidung von Lärmemissionen behördlich vorgeschrieben wurden, kann unter Berücksichtigung der Subsidiaritätsklausel des § 3 Abs 1 Oö. PolStG – die iSd Art 4 des 7. ZPzEMRK offenkundig die Hintanhaltung einer unzulässigen Doppelbestrafung intendiert – eine Verletzung dieser Bestimmung nur dann geahndet werden, wenn das Ausmaß der Lärmemission zum Tatzeitpunkt einerseits unter den im gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheid normierten Grenzwerten lag (denn ansonsten wäre eine Verletzung der Gewerbeordnung und damit eine "andere Verwaltungsübertretung" iSd § 3 Abs 1 Oö. PolStG gegeben) und andererseits aber dennoch "störend" iSd § 3 Abs 1 und 3 Oö. PolStG war.

 

Da sohin im Falle eines gewerbebehördlich bewilligten Betriebes beide Aspekte essentielle Tatbestandsmerkmale bilden, müssen diese folglich auch im Spruch des Straferkenntnisses jeweils entsprechend konkretisiert werden.

 

 

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