Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523040/2/Bi/Eg

Linz, 13.01.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch RAe X, vom 14. Dezember 2011 gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau von Steyr-Land vom 28. November 2011, VerkR21-406/3-2011-Mau/Ec, wegen einer Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich zum Nachweis seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb eines Monats nach Bescheid­zustellung vom Amtsarzt der Erstinstanz gemäߧ 8 FSG untersuchen zu lassen.  

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 30. November 2011.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz gehe als Grundlage für die Aufforderung davon aus, er habe seine Eltern mehr oder weniger bedroht, sei psychisch aufgebracht gewesen und habe den Vater attackiert, sodass ihn die (Beamten der) PI X aufgefordert hätten, das Haus nicht mehr zu betreten. Der Bescheid sei unberechtigt, weil zunächst der genaue Sachverhalt erhoben hätte werden müssen. Er habe seine Eltern nicht attackiert, hier sei zu seinem Nachteil gewürdigt worden. Es habe weder selbst- noch Gemeingefährdung bestanden. Wäre dies der Fall gewesen, hätte ihn die Polizei festnehmen können bzw hätte der Amtsarzt beigezogen und seine Unterbringung veranlasst werden müssen. Dass dies unterblieben sei, zeige eindringlich, dass es mit der Richtig­keit der Vorfallschilderung nicht weit her sein könne. Dem Rechtsunter­worfenen könnten nicht nur aufgrund dubioser Anschuldigungen Dritter derart erhebliche Nachteile – auch finanzieller Natur – zugeschrieben werden. Beantragt wird seine Einvernahme sowie die der Meldungsleger und seiner Eltern in einer mündlichen Verhandlung, weiters Aufhebung des Bescheides sowie Verfahrens­einstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass am 7. November 2011 um 20.00 Uhr die Mutter des Bw wegen "Problemen mit dem Sohn" die Bezirksleitstelle verständigt habe. Beim Eintreffen der Beamten habe der Bw vor dem Haus gewartet, einen "verwirrten und aufgebrachten Eindruck" gemacht und mitgeteilt, dass es eine Auseinandersetzung mit der Mutter gegeben habe, weil diese Sachen aus dem Haus geholt, dann wieder zurückgebracht und andere Sachen geholt habe. Frau X erklärte den Beamten den Sachverhalt so, dass die Eltern bis vor kurzem beim Sohn im Haus X gewohnt hätten. Sie hätten dann dem Sohn das Haus überschrieben und seien in ihr neu erbautes Haus X gezogen. Sie habe an diesem Tag Sachen aus ihrer alten Wohnung geholt und in das neue Haus gebracht. Der Sohn habe das nicht verkraftet, sei in das neue Haus gegangen und habe seinen Vater tätlich attackiert; dieser sei aber nicht verletzt worden, lediglich Möbel seien zu Bruch gegangen. Die Eltern hätten sich nicht mehr helfen können und die Polizei gerufen, obwohl sie den Sohn nicht anzeigen wollten. Daraufhin hätten die Beamten Nachschau in der neuen Wohnung gehalten und festgestellt, dass bei einem Kasten die Verglasung eingeschlagen und bei einem Sessel zwei Füße abgebrochen gewesen seien. Bei Eintreffen der Polizei habe sich der Bw wieder beruhigt gehabt, er habe aber "nach wie vor" einen "verwirrten Eindruck" gemacht. Seine Mutter habe die "psychischen Schwankungen" des Sohnes auf einen schweren Autounfall zurückgeführt, den dieser "vor Jahren" gehabt habe. Den Eltern seien geraten worden, die Haustür zu versperren und den Sohn nicht mehr in die Wohnung zu lassen, gegebenenfalls die Polizei über Notruf zu holen. 

Bei der Identitätsfeststellung sei erhoben worden, dass der 1961 geborene Bw Kraftfahrer, derzeit aber ohne Beschäftigung, ist; die Eltern sind Pensionisten, die Mutter 1933, der Vater 1929 geboren.

 

Laut Begründung des angefochtenen Bescheides ergäben sich daraus Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung des Bw zum Lenken von Kraft­fahrzeugen und sei daher die ggst Aufforderung ergangen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstell­tes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkbe­rechtigung einzuschränken oder zu entziehen. ... Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahr­prüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Nach ständiger Judikatur des VwGH ist ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Fall einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides) bei der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung umfasst werden, nicht mehr besitzt, und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine (neuerliche) Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann. Dabei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungs­voraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung de Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Derartige Bedenken sind in einem Aufforder­ungs­bescheid nachvollziehbar darzulegen (vgl VwGH 22.6.2010, 2010/11/0067; 16.4.2009, 2009/11/0020, 22.6.2010, 2010/11/0076; 17.10.2006, 2003/11/0302; 13.8.2003, 2002/11/0103; 30.9.2002, 2002/11/0120; uva).

 

Auf den ggst Fall bezogen ist auszuführen, dass über den – gänzlich unbescholtenen – Bw im Hinblick auf psychische Auffälligkeiten bislang nichts aufscheint, auch nicht im Zusammen­hang mit Alkohol oder Drogen. Von Alkohol war beim ggst Vorfall keine Rede und der Bw hat auch kein Kraftfahrzeug gelenkt, sein Verhalten stand in keinem Zusammenhang mit dem Straßenverkehr. Die Erstinstanz hat zwar in der Bescheidbegründung pauschal "Bedenken" geäußert, aber nichts näheres ausgeführt, warum konkret sie diese hegt.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates stellt, selbst wenn sich die Eltern offensichtlich vor dem wodurch auch immer ausgelösten aggressiven Verhalten des Bw gefürchtet haben, dieser Vorfall noch keinen Anlass für Bedenken dar, die gesundheitliche Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahr­zeugen könnte nicht oder nur mehr in eingeschränktem Ausmaß gegeben sein. Wie die von den Beamten festgestellte Beschädigung der vorgefundenen Möbel tatsächlich zustande kam, geht aus der Anzeige nicht hervor. Dass die Mutter Sachen von der alten in die neue Wohnung bringen wollte oder auch gebracht hat, lässt die naheliegende Vermutung zu, dass der Bw diese Sachen – aus finanziellen oder auch nur gewohnheitsmäßigen Über­legungen – weiterhin in (nunmehr) seiner Wohnung behalten wollte. Ein solcher Streit mag durchaus dazu geführt haben, dass der Bw bei seiner Schilderung des Sachverhalts bei den Beamten einen aufgebrachten Eindruck hinterließ; inwiefern er "verwirrt" gewesen sein soll, kann aber nicht nachvollzogen werden und wurde dazu auch von den Beamten nichts ausgeführt. Der Bw hat den Vorfall offenbar inhaltlich so geschildert wie die Mutter und es ist auch festzuhalten, dass er die Wohnung der Eltern offenbar von sich aus verlassen hatte und auf der Straße vor dem Haus auf die Polizei wartete. Die Eltern waren augenscheinlich nicht verletzt und auch von einer späteren Anzeige wegen einer eventuellen Verletzung, so wie in der "kriminalpolizeilichen Beratung" ange­klungen ist, ist nicht die Rede.    

Die Äußerung der Mutter des Bw der Polizei gegenüber, der Bw weise seit einem schweren Verkehrsunfall, der sich "vor Jahren" ereignet habe, "psychische Schwankungen" auf, stellt eine rein subjektive, aus dem geschilderten Umfeld des Bw aber nicht zwingend naheliegende Vermutung dar, die nicht dazu führen kann, dass der Bw wegen eines nicht im Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges stehenden Streites nunmehr amtsärztlich untersucht werden soll, um seine gesundheitliche (= körperliche und psychische) Eignung zu beurteilen (vgl VwGH 28.6.2011, 2009/11/0095; 21.9.2010, 2010/11/0105: im do Fall hat der VwGH auch bei einer begangenen Körperverletzung darauf verwiesen, dass darauf Bedenken im Hinblick auf einen Mangel der (als Teil der gesundheitlichen Eignung eines Inhabers einer Lenkbe­rechtigung zu verstehen­den) Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht gestützt werden können.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

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