Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100995/13/Sch/Rd

Linz, 28.06.1993

VwSen - 100995/13/Sch/Rd Linz, am 28. Juni 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des M S vom 15. Dezember 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 17. November 1992, VerkR-96/1630/1991/Win/Kb, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Kostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG. Zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Straferkenntnis vom 17. November 1992, VerkR-96/1630/1991/Win/Kb, über Herrn M S, J, S, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe von 4.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt, weil er am 17. April 1991 um ca. 17.30 Uhr als Lenker des PKW mit dem behördlichen Kennzeichen auf der B etwa bei Kilometer 50,240 im Ortschaftsbereich H, Gemeinde B, auf Höhe des Hauses H, obwohl er nicht einwandfrei erkennen konnte, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr wieder einordnen wird können, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern, überholt habe.

Überdies wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 400 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Am 22. März 1993 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Eingangs ist festzustellen, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses insofern unvollständig ist, als die Fahrtrichtung, die der Berufungswerber im Zuge seines Überholmanövers eingehalten hat, nicht angeführt ist. Daß diese bei der Beurteilung eines Überholdeliktes von entscheidender Bedeutung ist, braucht wohl nicht näher erörtert zu werden.

Zur Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens hat aber im wesentlichen folgendes geführt:

Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Überholmanövers aus der Sicht des § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 setzt grundsätzlich die Feststellung jener Umstände voraus, die für die Länge der für den geplanten Überholvorgang benötigten Strecke von Bedeutung sind, das sind in erster Linie die Geschwindigkeiten des überholenden und des zu überholenden Fahrzeuges, bei mehreren zu überholenden Fahrzeugen deren Anzahl und Tiefenabstand. Ferner sind Feststellungen über die dem Lenker des überholenden Fahrzeuges zur Zeit des Beginnes des Überholvorganges zur Verfügung stehenden Sichtstrecke erforderlich. Schließlich sind noch Feststellungen über das Vorhandensein allfälliger bereits zum Zeitpunkt des Beginnes des Überholmanövers dem Lenker erkennbarer Hindernisse zu treffen, die unter Berücksichtigung der erforderlichen Überholstrecke einem gefahrlosen Wiedereinordnen in den Verkehr entgegenstehen könnten (VwGH 12.3.1986, 85/03/0152).

Der Verwaltungsgerichtshof stellt also diesbezüglich Kriterien auf, die von der Behörde vor der Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes zu erheben sind. Gerade bei Privatanzeigen führt diese Judikatur immer wieder dazu, daß solche Überholdelikte nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden können.

Im konkreten Fall wird die Glaubwürdigkeit des anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen J P nicht im geringsten in Zweifel gezogen, seine Angaben über den entscheidungsrelevanten Sachverhalt wiesen aber nicht jene Genauigkeit auf, die der Verwaltungsgerichtshof für die Beurteilung des Sachverhaltes für erforderlich erachtet. Dies ergibt sich insbesonders daraus, daß der Zeuge seine Wahrnehmungen als Lenker eines Fahrzeuges, das sich in der überholten Kolonne befand, gemacht hat. Hiebei war es ihm naturgemäß nicht möglich, zu erkennen, ob der Berufungswerber bereits aus der Annäherung heraus den Überholvorgang eingeleitet, welche Fahrgeschwindigkeit er hiebei eingehalten hat und - insbesonders - wo genau das Überholmanöver begonnen wurde. Der Zeuge konnte nämlich das überholende Fahrzeug erst wahrnehmen, als es das von ihm gelenkte Fahrzeug passierte.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verkennt nicht, daß eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Berufungswerbers spricht und überdies, daß die Verantwortung des Berufungswerbers nicht gänzlich überzeugend ist, der Nachweis der Verwaltungsübertretung - und allein dieser kann zu einem verurteilenden Erkenntnis führen - konnte nicht erbracht werden, sodaß unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n

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