Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560136/2/Re/Sta

Linz, 12.01.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des M B, geb. , T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. November 2011, SHV10-18.395-2011, betreffend einen Antrag auf Gewährung der bedarfsorientierten Mindestsicherung nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG)   zu Recht erkannt:

 

 

          Der Berufung wird keine Folge gegeben und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. November 2011, SHV10-18.395-2011, wird bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4  Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) iVm § 4 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG 2011)

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. November 2011, SHV10-18.395-2011, wurde der Antrag des nunmehrigen Berufungswerbers B M auf Gewährung der bedarfsorientierten Mindestsicherung im Grunde des § 4 Oö. BMSG 2011, abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, gemäß § 4, persönliche Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung des Oö. BMSG, könne die Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung nur Personen geleistet werden, die über einen Daueraufenthalt oder eine unbefristete Niederlassungsbewilligung verfügen oder Asylberechtigte bzw. subsidiär Schutzberechtigte sind. Da dem Berufungswerber der Status des Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt worden sei und sein Aufenthalt befristet sei, war wie im Spruch zu entscheiden.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber  mit Schriftsatz vom 30. November 2011, bei der belangten Behörde eingelangt am 1. Dezember 2011 innerhalb offener Frist, Berufung erhoben. Dies zusammengefasst mit der Begründung, der Antrag sei mit dem Argument abgelehnt worden, dass sie über keinen Daueraufenthalt in Österreich verfügten. Dem werde entgegen gehalten, dass der Asylrechtshof am 13. September 2011 entschieden habe, dass die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet auf Dauer unzulässig sei. Eine Kopie des Bescheides wurde beigelegt. Die Tatsache, dass die Aufenthaltskarten zunächst auf ein Jahr befristet ausgestellt worden seien, besage nicht, dass das Aufenthaltsrecht in Österreich für ein Jahr befristet sei. Die Ausweisung in das ursprüngliche Heimatland sei nämlich auf Dauer unzulässig. Außerdem seien sie staatenlos, was besage, dass sie in kein anderes Land auch nicht auf Grund vorübergehender fehlender Selbsterhaltungsfähigkeit, abgeschoben werden könnten. Die Familie sei bereits seit 10 Jahren in Österreich und habe sich bereits während des Asylverfahrens mehrmals um eine Arbeitsgenehmigung bemüht, die jedoch jedes Mal verweigert worden sei. Seit Ausstellung der Karte am 12. Oktober 2011  werde versucht, Arbeit zu finden. Der Berufungswerber und seine Frau seien bereits beide beim A angemeldet, allerdings sei es auf Grund fehlender Zeiten der Arbeitserfahrung als Asylwerber 10 Jahre lang verboten gewesen zu arbeiten und auf Grund des fortgeschrittenen Alters schwierig, Arbeit zu finden. Seine Frau sei Analphabetin, für sie sei das Erlernen der deutschen Sprache sehr schwierig und werde versucht, einen Alphabetisierungskurs für sie zu finden. Seine Tochter besuche derzeit eine Bildungsmaßnahme des BFI. Weiters seien beide krank und bedürften ärztlicher Aufsicht. Seit Ausstellung des Aufenthaltstitels könne keine Grundversorgung mehr bezogen werden und der Anspruch auf Mindestsicherung verweigert, weshalb auch keine Krankenversicherung mehr bestehe. Selbst bei Anwendung des § 4 Oö. BMSG bestehe die Möglichkeit, zumindest vorübergehend in der schwierigsten Zeit zwischen Ausstellung der Aufenthaltskarte und Beginn einer Beschäftigung eine Leistung im Rahmen des Privatrechts zu gewähren (§ 4 Abs.2 Oö. BMSG), da einerseits der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert werden könne und andererseits zur Vermeidung besonderer Härten, im gegebenen Fall den Verlust der Mietwohnung, drohende Obdachlosigkeit und vollkommene Einkommenslosigkeit, unerlässlich sei. Beantragt werde die Aufhebung des Bescheides und Gewährung der Mindestsicherung bzw. in eventu Gewährung einer Leistung des Privatrechts zur Bewahrung des Berufungswerbers und seiner Familie vor einer totalen Notlage, bis eine Arbeit gefunden werde.

 

 

3. Diese Berufung wurde von der belangten Behörde zuständigkeitshalber dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Äußerung zum Berufungsvorbringen wurde von der belangten Behörde nicht vorgebracht.

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 49 Abs.1 Oö. BMSG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde. Schon daraus ergibt sich zweifelsfrei der nachstehende entscheidungsrelevante Sachverhalt, weshalb die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.

 

Demnach hat der Berufungswerber mit Antrag vom 4. Jänner 2011 auch unter Anführung der Daten der im gemeinsamen Haushalt lebenden Gattin A M sowie der im gemeinsamen Haushalt lebenden minderjährigen Personen M M (Sohn) und M I (Tochter) Mindestsicherung nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz beantragt. Dieser Antrag langte am 7. November 2011 bei der Bezirksverwaltungsbehörde ein. Angeschlossen waren Kopien von befristet bis 12. Oktober 2012 für den Berufungswerber und seine Gattin ausgestellte Niederlassungsbewilligungen sowie befristet zum selben Datum für die Kinder I und M ausgestellte Rot-Weiß-Rot-Karten Plus. Weiters die Kopie eines Mietvertrages, abgeschlossen mit der T-L GmbH, Wien, vom 4. Juli 2011 betreffend eine Wohnung in T, J, dem Wohnsitz der Familie. Weiters vorgelegt wurde eine Kopie des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 15. September 2011, wonach unter anderem die Ausweisung der oben genannten vier Familienmitglieder aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Syrien auf Dauer als unzulässig festgestellt wurde.

Den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses des Asylgerichtshofes ist zunächst zu entnehmen, dass der Berufungswerber zunächst am 6. März 2000 Gewährung von Asyl für sich beantragt hat. Seine Gattin und die Kinder beantragten die Erstreckung des dem Ehemann bzw. dem Vater der Kinder zu gewährenden Asyl. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des UBAS vom 26. Juli 2002 gemäß § 7 Asylgesetz abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Syrien zulässig sei. Dagegen erhobene Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof wurden von diesem abgelehnt. Anträge auf Wiederaufnahme blieben ohne Erfolg.

Am 25. August 2006 stellte die Familie neuerlich Anträge auf internationalen Schutz. Das Bundesasylamt wies diese Anträge mit Bescheiden vom 24. Jänner 2008 ab und erkannte ihnen den Status des Asylberechtigten nicht zu, weiters auch nicht zuerkannt wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Syrien. Schließlich wurden sie gleichzeitig gemäß § 10 Abs.1 Z2 AsylG dorthin ausgewiesen. Die dagegen erhobenen Berufungen wurden mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des UBAS vom 12. bzw. 13. März 2008 abgewiesen. Der letztzitierte Spruchteil III der erstinstanzlichen Bescheide (Ausweisung der beschwerdeführenden Parteien nach Syrien) wurde nach Einbringung von Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof von diesem mit Erkenntnis vom 21. April 2011 aufgehoben, im Übrigen die Behandlung der Beschwerden abgelehnt.

Nach Sanierung der vom Verwaltungsgerichtshof aufgezeigten Ermittlungsmängel zur Erstellung eines umfassenden Bildes zum Integrationsgrad der Beschwerdeführer vor dem Hintergrund vorgelegter schriftlicher Unterlagen und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13. September 2011 hat schließlich der Asylgerichtshof die oben zitierte Feststellung der Unzulässigkeit der Ausweisung der verfahrensgegenständlichen Familie aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Syrien auf Dauer als unzulässig erklärt.

Dem Akt weiters zu entnehmen sind Bestätigungen der Volkshilfe dahingehend, dass die verfahrensgegenständliche Familie seit 5. September 2011 keine Unterstützung im Rahmen der Grundversorgung des Landes Oö. erhält sowie ein Antrag des Berufungswerbers an das Arbeitsmarktservice Traun betreffend Zuerkennung von Arbeitslosengeld (vom 2. November 2011).

 

 

4. Der  Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 49 Abs.1 Oö. BMSG ist für die Erlassung von Bescheiden in I. Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde und in II. Instanz der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, soweit nicht anderes bestimmt ist.

 

Gemäß § 4 Abs.1 kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.        ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.        a) österreichische Staatsbürgerinnen und –bürger oder deren Familienangehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWG-Bürgerinnen oder –bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder "Daueraufenthalt-Familienangehörige" oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

 

Gemäß § 4 Abs.2 Oö. BMSG kann bedarfsorientierte Mindestsicherung im Einzelfall – abweichend von Abs.1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1. der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2. dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

Die belangte Behörde hat offensichtlich zur Prüfung des Vorliegens der persönlichen Voraussetzungen nach § 4 Abs.1 Z1 Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, datiert mit 16. November 2011 eingeholt, wonach der Berufungswerber samt Familie mit Hauptwohnsitz in T, J, aufscheint.

Unbestritten fest steht darüber hinaus, dass der Berufungswerber weder österreichischer Staatsbürger oder deren Familienangehöriger, Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter, EU-/EWR-Bürger, Schweizer Staatsangehöriger oder deren Familienangehöriger noch eine Person mit einem Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder "Daueraufenthalt-Familienangehöriger" oder eine Person mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung im Sinne des § 4 Abs.1 Z2 lit.a bis d Oö. BMSG ist. Die belangte Behörde hat im bekämpften Bescheid auch die Subsumierung des Berufungswerbers unter lit. e des § 4 Abs.1 Z2 leg.cit. mit der Begründung verneint, dass sein Aufenthalt lediglich befristet sei.

Diese Auffassung teilt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde. Der Berufungswerber verfügt unbestritten über einen Aufenthaltstitel in Form einer Niederlassungsbewilligung, diese ist jedoch nicht unbefristet ausgestellt, sondern lediglich mit einem Gültigkeitsende bis 12. Oktober 2012. Schon aus diesem Grund kann nicht von einem dauernden Aufenthaltsrecht im Inland gesprochen werden.

Auch eine Interpretation dieser Bestimmung unter Heranziehung der Materialien der Gesetzgebung führt zu keinem anderen Ergebnis und ist diesbezüglich in den erläuternden Bemerkungen des gesetzgebenden Organs zu finden, dass der Auffangtatbestand der lit. e des § 4 Abs.1 Z2 Oö. BMSG Personen mit einem dauernden Aufenthaltsrecht im Inland (zB § 55 FPG) erfasse. Dieser § 55 idF des Zeitraumes der Gesetzeswerdung des Oö. BMSG 2011 (der entsprechende Ausschussbericht ist datiert mit 30. Juni 2011) entspricht dem nunmehrigen § 64 FPG und bezieht sich jeweils auf Fremde bzw. nunmehr Drittstaatsangehörige, die auf Grund eines Aufenthaltstitels über einen bestimmten Zeitraum, zumindest jedoch 5 Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen waren. Da jedoch der Zeitraum des anhängigen Asylverfahrens keinen rechtsmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet begründet sondern lediglich eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach Asylgesetz darstellt, bringt auch diese Interpretation keinen Erfolg für den Berufungswerber.

 

Auf Grund dieser dargestellten Sach- und Rechtslage kann somit dem Berufungswerber in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides ein Rechtsanspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung unter Bezugnahme auf § 4 Abs.1 Oö. BMSG 2011 nicht zuerkannt werden und war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

Über den in der Berufung gleichzeitig gestellten Antrag auf Gewährung einer Leistung des Privatrechts kann vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde aus Zuständigkeitsgründen nicht abgesprochen werden, sondern wären derartige Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung im Rahmen des Privatrechts im Wege der erstinstanzlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu beantragen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Oö. BMSG § 4 Abs.1 Z2; dauerndes Aufenthaltsrecht

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgeleht.


VfGH vom 12.06.2012, Zl.: B 243/12-3


Beachte:

Beschwede gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 30.09.2015, Zl.: 2012/10/0117-8

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