Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100999/8/Fra/Ka

Linz, 27.07.1993

VwSen - 100999/8/Fra/Ka Linz, am 27. Juli 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des K L, T, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G Z, L, J, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 12. November 1992, AZ. Cst.12.695/91-G, betreffend Übertretung der StVO 1960, nach der am 9. Juli 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet mit der Maßgabe abgewiesen, daß der Nebensatz "weil die Fahrgeschwindigkeit 127 km/h betrug" zu entfallen hat. Die verletzte Rechtsvorschrift hat "§ 52 lit.a Z10a StVO 1960" zu lauten. Der Berufung wird jedoch hinsichtlich des Strafausmaßes insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 3.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt werden.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 24, 44a und 51 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 300 S.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 12. November 1992, AZ: Cst.12.605/91-G, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52a Z.10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 3.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) verhängt, weil er am 15. August 1991 um 5.47 Uhr in K, B, bei Km 31,847 in Richtung F das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen gelenkt und die durch Verbotszeichen gemäß § 52 Z10a StVO 1960 kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten hat, weil die Fahrgeschwindigkeit 127 km/h betrug, wobei die Überschreitung mit einem Meßgerät festgestellt wurde.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung. Die Strafbehörde hat - als nunmehr belangte Behörde - das Rechtsmittel samt bezughabenden Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser entscheidet, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. Juli 1993 erwogen:

I.3.1. Der Berufungswerber bestreitet nicht, daß er am Tatort zur Tatzeit den in Rede stehenden PKW gelenkt hat. Er behauptet auch nicht, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h nicht überschritten zu haben. Er bestreitet jedoch das Ausmaß der ihm zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitung. Seiner Erinnerung nach sei er vielmehr genau 100 km/h gefahren, da dies seiner Ansicht nach die dort höchstzulässige Geschwindigkeit war. Diesem Einwand ist zu entgegnen, daß die belangte Behörde aufgrund einer entsprechenden Behauptung des Beschuldigten, die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung sei nicht wirksam verordnet, die entsprechende Verordnung beigeschafft hat. Weiters ließ sich die belangte Behörde den Eichschein für den gegenständlichen Verkehrsgeschwindigkeitsmesser vorlegen. Daraus geht hervor, daß das Meßgerät am 16. Mai 1991 geeicht wurde und die gesetzliche Nacheichfrist am 31. Dezember 1994 abläuft. Weiters wurde ein Kalibrierfoto eingeholt. Am 19. August 1992 wurde dem Beschuldigten laut Niederschrift der belangten Behörde der gesamte Akteninhalt (enthaltend die vorhin genannten Unterlagen) zur Kenntnis gebracht.

I.3.2. Der Beschuldigte behauptet weiters, daß ihm die Divergenz zwischen der von der Behörde gemessenen Geschwindigkeit von 127 km/h und der von ihm am Tachometer abgelesenen Geschwindigkeit von 100 km/h nur durch eine unrichtige Geschwindigkeitsanzeige seines Tachometers erklärbar sei. Zum Beweis dafür verlangt er die Einholung eines kfz-technischen Gutachtens durch einen Amtssachverständigen.

Damit versucht der Beschuldigte einen Schuldausschließungsgrund darzulegen, womit er jedoch keinen Erfolg hat: Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß, wenn dem Berufungswerber die Feststellung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mittels Tachometer nicht möglich war, er im Zweifel eine solche Geschwindigkeit zu wählen hat, damit er mit Sicherheit unter der erlaubten Höchstgeschwindigkeit fährt. Auch der Verwaltungsgerichtshof bringt in seiner Judikatur zum Ausdruck, daß das fehlerhafte Funktionieren eines Tachometers keinen Schuldausschließungsgrund zu bilden vermag (vgl. VwGH vom 15.10.1964, 1785/63). Nur ergänzend ist in diesem Zusammenhang festzustellen, daß der Beschuldigte gar keinen Versuch unternommen hat, zur Untermauerung seiner Behauptungen entsprechende Beweismittel bezüglich Reparatur des allfällig fehlerhaften Tachometers vorzulegen.

I.3.3. Obwohl es dem Beschuldigten somit nicht gelungen ist, daß ihn an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft, hielt es der unabhängige Verwaltungssenat im Sinne der Grundsätze der Amtswegigkeit und der Erforschung der materiellen Wahrheit für angebracht, ein Sachverständigen-Gutachten zur Frage des Funktionierens des gegenständlichen Verkehrsgeschwindigkeitsmessers einzuholen. Der Amtssachverständige für Verkehrstechnik kam in seinem begründeten und schlüssigen - auch vom Vertreter des Berufungswerbers in keiner Weise bemängelten - Gutachten zum Schluß, daß der gegenständliche Verkehrsgeschwindigkeitsmesser die Geschwindigkeit von 127 km/h richtig gemessen hat. Aufgrund der Verwendungsbestimmungen wurde jedoch zugunsten des Berufungswerbers 5 % vom Meßwert abgezogen, sodaß eine Geschwindigkeit von 120,65 km/h als erwiesen gilt. Aus diesem Grunde erfolgte auch eine zulässige Modifizierung des Schuldspruches, denn das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung ist nicht tatbildlich. Ebenso war die verletzte Rechtsvorschrift zu präzisieren. Der Berufung war daher hinsichtlich des Schuldspruches der Erfolg zu versagen.

I.4. Zur Strafbemessung: Die Herabsetzung der Strafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß war einerseits deshalb geboten, da nicht mehr von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 127 km/h, sondern von rund 121 km/h und andererseits entgegen der Annahme der Erstbehörde von Sorgepflichten für Ehegattin und zwei Kinder auszugehen war. Die Sorgepflichten wurden vor dem unabhängigen Verwaltungssenat belegt, die Einkommensverhältnisse jedoch nicht. Auf eine Einvernahme der Gattin zu den Einkommensverhältnissen wurde jedoch verzichtet. Es wird daher das geschätzte Einkommen der Erstbehörde der Strafbemessung zugrundegelegt. Eine weitere Herabsetzung der Strafe war jedoch trotz des Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zu vertreten, weil im Hinblick auf das Ausmaß der Geschwindigkeit (die zulässige Höchstgeschwindigkeit wurde um rund 70 % überschritten) von einem erheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung auszugehen ist. Zum Unrechtsgehalt ist festzustellen, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen immer wieder Ursache von schweren Verkehrsunfällen sind. Es liegt auf der Hand, daß die negativen Folgen eines Unfalles bei höheren Geschwindigkeiten gravierender ausfallen. Was die Tatzeit anlangt, so ist davon auszugehen, daß um 5.47 Uhr bereits der Pendlerverkehr in Richtung L einsetzt und das Unfallrisiko um diese Zeit steigt. Geschwindigkeitsüberschreitungen in einem derart eklatanten Ausmaß wie im gegenständlichen Fall sind als bewußte Verstöße zu werten. Dies bringt der Berufungswerber selbst zum Ausdruck, indem er zugesteht, 100 km/h gefahren zu sein. Das Verschulden ist daher als nicht geringfügig zu bewerten.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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