Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252997/7/Py/Hu

Linz, 20.01.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung der Frau x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 20. Oktober 2011, GZ: BZ-Pol-76050-2011, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 20. Oktober 2011, GZ: BZ-Pol-76050-2011, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw)  wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. 218/1975 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 34 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Arbeitgeberin, Gewerbestandort x (Lokal x), zu verantworten, dass an oa. Adresse zumindest am 19.08.2011, x, geb. x, Staatsbürgerschaft Rumänien, mit Hilfsarbeiten beschäftigt wurde, obwohl für diese Ausländerin weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine EU-Entsendebestätigung oder eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt oder ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe der Rechtsgrundlagen aus, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund der Angaben in der Anzeige des Finanzamtes samt Beilage als erwiesen anzusehen ist und von der Beschuldigten auch nicht geleugnet wurde.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass als strafmildernd die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet wurde, straferschwerende Gründe seien nicht vorgelegen.

 

2. Dagegen erhob die Bw rechtzeitig Berufung und führte aus, dass es nicht richtig sei, dass sie Frau x entgegen den gesetzlichen Bestimmungen mit Hilfsarbeiten beschäftigt habe. Bei Frau x handle es sich um die Schwester der Bw. Diese war auf Besuch aus Rumänien und habe einmalig im Lokal unentgeltlich ausgeholfen und liege somit eine familienhafte Mitarbeit vor.

 

3. Mit Schreiben vom 7. November 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Dem Finanzamt Grieskirchen Wels als am Verfahren beteiligte Organpartei wurde Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme zur Berufung abzugeben. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt unbestritten blieb, konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung Abstand genommen werden.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Bw ist Gewerbeinhaberin des Lokals "x", x lautend auf "Verabreichung von Speisen in einfacher Art und Ausschank von nicht alkoholischen Getränken und Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, mit nicht mehr als acht Verabreichungsplätzen (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze)".

 

Anlässlich einer Kontrolle durch die Finanzpolizei am 19.8.2011 um 19.41 Uhr im Lokal x, x, wurde die Schwester der Bw, die rumänische Staatsangehörige Frau x, geb. x, beim Zubereiten von Speisen hinter der Bar des Lokals x angetroffen. Die ebenfalls im Lokal aufhältige Bw gab gegenüber den Kontrollorganen an, dass ihre Schwester am Vortag nach Österreich angereist ist, sich auf Besuch bei ihr befindet und bei ihr wohnt. Frau x habe ihr am Kontrolltag seit ca. 18.00 Uhr mit Geschirrabwaschen und Getränke in den Kühlschrank räumen geholfen. Eine Entlohnung erhält Frau x für diese Tätigkeiten nicht erhalten.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels sowie der mit der Bw anlässlich der Kontrolle aufgenommenen Niederschrift vom 19.8.2011 und wird in dieser Form nicht bestritten.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)      in einem Arbeitsverhältnis,

b)      in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)      in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)     nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)      überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 1. Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Gemäß § 28 Abs.7 AuslBG ist das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind und der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Die rumänische Staatsangehörige Frau x wurde anlässlich der gegenständlichen Kontrolle hinter der Theke des von der Bw geführten Lokals ohne arbeitsmarktbehördliche Dokumente bei Hilfstätigkeiten angetroffen. Der Bw ist es jedoch gelungen, die für diesen Fall in § 28 Abs.7 AuslBG aufgestellte gesetzliche Vermutung, wonach unberechtigte Beschäftigung anzunehmen ist, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, zu widerlegen. Es blieb im Verfahren unbestritten, dass es sich bei der gegenständlichen ausländischen Staatsangehörigen um die Schwester der ebenfalls im Lokal aufhältigen Gewerbeinhaberin gehandelt hat, die der Bw seit ca. 2 Stunden im Lokal zur Hand ging. Bei der Beurteilung, ob in einem konkreten Fall ein dem Reglement des AuslBG nicht unterliegender Familiendienst der Ausländerin anzunehmen ist, hat die Behörde eine Würdigung aller Umstände des Falles vorzunehmen (vgl. etwa VwGH vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0153, uva.). Dabei fallen Gefälligkeitsdienste dann nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs.2 AuslBG, wenn sie nicht nur kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich, sondern aufgrund spezifischer Bindungen zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger erbracht werden. Insgesamt ist auch im Zusammenhang mit der Behauptung bloßer Gefälligkeitsdienste gemäß § 2 Abs.4 AuslBG vom wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht von der äußeren Erscheinungsform auszugehen (VwGH vom 25. März 2010, Zl. 2010/09/0048).

 

Als Familiendienste, die kein Arbeitsverhältnis begründen, sind im Rahmen einer familiären Beistands- und Mitwirkungspflicht erbrachte Leistungen anzusehen. Ob es sich um einen Familiendienst oder um ein Dienstverhältnis bzw. arbeitnehmerähnliches Verhältnis handelt, ist anhand aller Umstände des Falles, insbesondere auch unter Einbeziehung der Behauptungen und Zugeständnisse der Betroffenen, zu beurteilen. Kein Dienstverhältnis bzw. arbeitnehmerähnliches Verhältnis ist bei Verwandten anzunehmen, wenn es sich lediglich um Gefälligkeitshandlungen handelt, die ihr gesamtes Gepräge, insbesondere nach Art, Umfang und Zeitdauer von den familiären Bindungen zwischen Angehörigen erhalten sind. Ob die Tätigkeit wie ein Beschäftigter oder als "Familiendienst" verrichtet wird, entscheidet sich somit nach dem Gesamtbild der den Einzelfall prägenden Umstände. Wesentlich ist dabei der Verwandtschaftsgrad anzusehen. Je enger die Beziehungen sind, umso mehr spricht dafür, dass die Tätigkeit durch diese Beziehung geprägt ist und nicht wie von einem Beschäftigten verrichtet wird. In Verbindung mit dem Verwandtschaftsgrad sind außerdem Art und Umfang der Tätigkeit maßgebend. Es ist das Gesamtbild der ausgeführten oder beabsichtigten Verrichtungen zu beurteilen (vgl. dazu zB. auch das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 18. Juli 2002, 10 Ob S 196/O2z und das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2008/09/0277).

 

Im gegenständlichen Fall wird der Bw vorgeworfen, sie habe ihre Schwester, die am Tag zuvor aus Rumänien angereist ist und bei ihr wohnhaft war, rund zwei  Stunden in ihrem Lokal mit Hilfsarbeiten beschäftigt, wobei die Organpartei in ihrer Stellungnahme zur Berufung darauf hinweist, dass als Entlohnung auch Naturalleistungen wie freie Unterkunft und freies Essen zu werten sind. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass die Beherbergung einer zu Besuch aus dem Ausland nach Österreich angereisten Schwester alleine nicht als ausreichendes Indiz dafür angesehen werden kann, dass von einer entgeltlichen Tätigkeit in wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen ist, sondern dass eine kurzzeitige Zurverfügungstellung von Unterkunft und Verpflegung anlässlich eines Besuchs zu den üblichen verwandtschaftlichen Gepflogenheiten unter Geschwistern gehört. Dass eine Beschäftigung der ausländischen Staatsangehörige über einen längeren Zeitraum zur Erzielung eines Erwerbseinkommens in einem Abhängigkeitsverhältnis im Lokal der Bw vorlag, ist aus den Unterlagen und Aussagen nicht erkennbar. Im Rahmen des für die Abgrenzung zum bewilligungspflichtigen Arbeitsverhältnis zu beurteilenden Gesamtbildes ist zudem anzuführen, dass der Gewerbewortlaut des von der Bw betriebenen Lokals auf "Verabreichung von Speisen in einfacher Art und Ausschank von nicht alkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, mit nicht mehr als 8 Verabreichungsplätzen (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze)" lautet. Es muss daher auch nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass neben der Anwesenheit der Bw auch die Mithilfe ihrer Schwester zur Bewältigung des Geschäftsganges im Lokal unabdingbar erforderlich gewesen ist.

 

Da somit bei Gesamtbetrachtung der die Tätigkeit der rumänischen Staatsangehörigen Frau x am 19.8.2011 im Lokal der Bw prägenden Merkmale von einem – bewilligungsfreien – Familiendienst auszugehen ist, ist der objektive Tatbestand des der Bw vorgeworfenen verwaltungsstrafrechtlichen Verhaltens nicht erwiesen.

 

6. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

7. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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