Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281363/5/Py/Pe/Hu

Linz, 04.01.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24. Oktober 2011, Ge96-4143-2011, mit welchem über Herrn x, wegen einer Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24. Oktober 2011, Ge96-4143-2011, wurde über Herrn x wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) iVm §§ 161 und 48 Abs.7 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) eine Geldstrafe in Höhe von 750 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 75 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gem. § 9 Abs.1 VStG.1991 zur Vertretung nach außen berufene, verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der x mit dem Sitz in x, diese ist Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für ‚Baumeister (§ 202 GewO 1994)’ am Standort x, nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) in Verbindung mit der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) eingehalten werden.

Die Arbeitsinspektoren x und x haben bei einer Baustellenüberprüfung am 02.08.2011 auf der Baustelle Neubau x (seit 07.12.2010 x) mit Sitz in x, Grundstück Nr. x, KG. x, wurde Folgendes festgestellt:

Der Arbeitnehmer x hat auf der angeführten Baustelle eine Künette betreten, obwohl keine Sicherungsmaßnahmen nach § 48 Abs.2 BauV durchgeführt waren, obwohl Baugruben, Gräber oder Künetten nur betreten werden dürfen, wenn die Sicherungsmaßnahmen durchgeführt sind. Die Künette war ca. 1,6 m tief, die Böschungsneigungen betrugen mehr als 60° und das anstehende Material bestand aus schwachbindigem Boden.“

 

2. Dagegen wurde vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck Berufung gegen die Strafhöhe erhoben. Begründend wurde ausgeführt, dass bei Arbeiten in ungesicherten Gruben, Gräben und Künetten die Arbeitnehmer einer besonderen Gefahr durch einstürzendes und herabfallendes Erdreich ausgesetzt seien. Im vorliegenden Fall habe der Arbeitnehmer eine 1,6 m tiefe völlig ungesicherte Künette betreten, obwohl keine ausreichende Böschungsneigung vorhanden gewesen sei und keine sonstigen Sicherungsmaßnahmen verwendet worden seien. Noch dazu habe es sich beim Erdreich um einen schwach bindigen Boden gehandelt und sei somit große Gefahr des Verschüttens gegeben gewesen. Durch derartige ungesicherte Arbeiten in Künetten komme es durch die große Druckkraft des einstürzenden Materials immer wieder zu schweren Arbeitsunfällen mit teilweise tödlichem Ausgang.

Die verhängte Strafhöhe sei aufgrund der Grundsätze der Strafbemessung zu niedrig angesetzt. Das beantragte Strafmaß diene präventiv und solle im Sinne des Ungehorsamsdeliktes gegenüber Arbeitnehmerschutzbestimmungen betrachten werden. Der Arbeitgeber dürfe nach ständiger Rechtsprechung des VwGH Übertretungen nicht einmal dulden. Die angeführten Milderungsgründe seien bei der beantragten Strafhöhe ausreichend berücksichtigt. Abschließend wurde die Abänderung des Straferkenntnisses dahingehend beantragt, dass über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 1.500 Euro verhängt werde.

 

3. Mit Schreiben vom 10. November 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Mit Schreiben vom 17. November 2011 wurde Parteiengehör gewahrt und dem Beschuldigten die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. In seiner Äußerung vom 22. November 2011 gab dieser im Wesentlichen an, dass durch einen Irrtum des Baggerfahrers die Künette in einem kurzen Bereich zu tief ausgehoben worden war. Der zu tief ausgehobene Bereich sei mit Schotterriesel aufgefüllt und darauf die Rohre verlegt worden. Nach Vorsprache bei der belangten Behörde sei die Geldstrafe auf 750 Euro herabgesetzt worden. Dieses Strafausmaß habe er persönlich nach wie vor als hoch empfunden, aber als gerechtfertigt. Die verhängte Geldstrafe sei von ihm unverzüglich bezahlt worden.

Weiters führte er aus, dass er als gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger für Bauwesen die Aussage des Arbeitsinspektorates, dass aufgrund des Erdreichs große Gefahr des Verschüttens bestanden habe, in keinster Weise teilen. Er habe das vorhandene Erdreich untersucht und handle es sich um einen verkitteten, gut standfesten Boden, und es sei keineswegs große Gefahr eines Verschüttens gegeben gewesen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet ist, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 130 Abs.5 Z 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

5.3. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 750 Euro verhängt. Diese Geldstrafe beträgt das fünffache der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe und erfolgte die Strafbemessung nach den Bestimmungen des § 19 VStG. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden im angefochtenen Straferkenntnis mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.300 Euro, Sorgepflichten in Höhe von 835 Euro und keinem Vermögen zugrunde gelegt.

 

Dem Oö. Verwaltungssenat erscheint die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe als tat- und schuldangemessen und geeignet, den Beschuldigten künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten. Die Strafbemessungsgründe wurden ausreichend gegeneinander abgewogen und ist dem Beschuldigten zugute zu halten, dass er die Verwaltungs­übertretung eingestanden hat und seine Verantwortung auch die Bereitschaft zur Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften zweifelsfrei erkennen lässt. Zudem wurden bei annähernd gleichgelagerten Tatumständen bereits ähnlich hohe Geldstrafen verhängt (vgl. etwa VwSen-218285 vom 9. März 2011, VwSen-280814 vom 31. Jänner 2007). Im Hinblick auf die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw ist auch nicht erkennbar, weshalb die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe, die der Beschuldigte umgehend beglichen hat, nicht ausreichend ist, um ihm den Unrechtsgehalt seiner Handlung eindeutig vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuhalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind keine Verfahrenskosten angefallen, zumal gemäß § 64 Abs.1 VStG in Berufungsverfahren nur dann ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorzuschreiben ist, wenn der Bestrafte selbst Berufungswerber ist. Dies war gegenständlich nicht der Fall.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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