Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560140/2/Kl/Pe/BRe

Linz, 31.01.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 9. Dezember 2011, SO-SH-22307-2011 CS, wegen Abweisung des Antrages auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 4, 13, 27 und 49 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 9. Dezember 2011, SO-SH-22307-2011 CS, wurde der Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) vom 15.11.2011 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs abgewiesen. Als Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der Bw mit seiner Gattin x im gemeinsamen Haushalt lebe, die Gattin aber nur über eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 19.12.2011 verfüge. Gemäß § 4 Oö. BMSG könne bedarfsorientierte Mindestsicherung nur Personen geleistet werden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Österreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz erfüllen und entweder österreichische Staatsbürger oder Familienangehörige, Asylberechtigte, EU-/EWR-Bürger, Schweizer Staatsangehörige, Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ oder „Daueraufenthalt – Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung, oder Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland sind. Nachdem auf Grund des befristeten Aufenthaltstitels der Gattin die Voraussetzungen für den Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht gegeben sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Bescheides sowie der Behörde die Verpflichtung aufzutragen, als Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs für die Zeit ab Antragstellung bis 31.12.2011 in Höhe von monatlich 60,10 Euro und ab 1.1.2012 in Höhe von monatlich 47,50 Euro zu gewähren, beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bw und seine Gattin ausschließlich von einem Einkommen, das er erhalte, leben. Der Bw sei arbeitslos und erhalte vom AMS Wels seit 21.6.2011 Pensionsvorschuss als Notstandshilfe von täglich 25,38 Euro bis 31.12.2011 und täglich 25,80 Euro ab 1.1.2012. Die Gattin beziehe keinerlei Einkünfte und befinde sich seit Jahren legal in Österreich. Bis 19.12.2011 sei ihr Aufenthaltstitel eine befristete Niederlassungsbewilligung, seit 20.12.2011 eine bis 19.12.2012 befristete „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“.

Da die Gattin gemäß § 4 Abs.1 Z2 lit.d letzter Tatbestand Oö. BMSG die persönlichen Voraussetzungen für die bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht erfülle, gelte sie auch nicht als leistungsberechtigte Person gemäß § 1 Abs.2 der Oö. Mindestsicherungsverordnung. Dies bedeute in weiterer Folge, dass der Bw als alleinstehende Person im Sinn des § 1 Abs.1 Z1 Oö. Mindestsicherungsverordnung anzusehen sei. Die Mindeststandards für alleinstehende Personen betragen monatlich 821,50 Euro, wobei eigenes Einkommen in Anrechnung zu bringen sei. Das Einkommen des Bw habe bis 31.12.2011 monatlich 761,40 Euro betragen, sodass er den Differenzbetrag zwischen 821,50 Euro und 761,40 Euro, das sind monatlich 60,10 Euro erhalten hätte müssen. Ab 1.1.2012 betrage sein monatliches Einkommen 774 Euro und falle daher ein Differenzbetrag von monatlich 47,50 Euro an.

 

3. Mit Schreiben vom 16.1.2012 legte die Stadt Wels dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

Gemäß §§ 49 und 27 Oö. BMSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, der gemäß § 67a AVG durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da schon auf Grund der Aktenlage der Sachverhalt zweifelsfrei feststeht und eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und auch nicht für erforderlich erachtet wurde, ist eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 67d AVG nicht durchzuführen.

 

Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest.

Der Bw ist x Staatsangehöriger, wohnhaft in x, verfügt über einen Niederlassungsnachweis befristet bis 30.3.2015 und ist seit 1.9.2009 arbeitslos. Vom AMS bezieht er von 27.6.2011 bis 17.5.2012 einen Pensionsvorschuss als Notstandshilfe in Höhe von täglich 25,38 Euro, ab 1.1.2012 in Höhe von 25,80 Euro. Für die Mietwohnung von 54,11 hat er ein Entgelt von monatlich 509,05 Euro (inkl. MwSt. und Betriebskosten) zu leisten. In seinem Haushalt lebt seine seit 6.6.2006 arbeitslose Gattin, ebenfalls x Staatsbürgerin, welche über eine bis 19.12.2011 befristete Niederlassungsbewilligung verfügt. Nunmehr verfügt sie über eine „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“, gültig bis 19.12.2012.

Weiters lebt im gemeinsamen Haushalt eine volljährige Tochter mit Aufenthaltstitel bis 19.12.2011. Sie ist seit 1.1.2007 unselbständig erwerbstätig mit einem Einkommen von 1.100 Euro 14 x im Jahr.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. BMSG ist Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung, die Ermöglichung und Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

 

Gemäß § 4 Oö. BMSG kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.  ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Österreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.  a)  entweder österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familienangehörige,

     b)  Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

     c)  EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistung nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

     d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ oder „Daueraufenthalt – Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

     e)  Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden, sind.

 

Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend vom Abs.1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1.     der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2.     dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

Gemäß § 5 Oö. BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4 von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung

1.  des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfsbedürftigen Person sowie

2.  tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

 

Gemäß § 13 Abs.1 Oö. BMSG erfolgt die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs durch laufende monatliche Geldleistungen (Mindeststandards), soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.

 

Gemäß § 13 Abs.2 Oö. BMSG hat die Landesregierung durch Verordnung

1.  jährlich zum 1. Jänner die Höhe der Mindeststandards gemäß Abs.1 und

2.  die näheren Kriterien zur Zuordnung zu einzelnen Mindeststandardkategorien gemäß Abs.3 festzusetzen.

 

Gemäß § 13 Abs.3 Oö. BMSG sind Mindeststandards nach Abs.2 in folgenden Relationen bezogen auf den Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatz für Alleinstehende jedenfalls festzusetzen für

1.  alleinstehende und alleinerziehende hilfsbedürftige Personen mindestens 100 %

2.  für in Haushaltsgemeinschaft lebende volljährige Personen

     a) pro Person mindestens 75 %.

 

Danach regelt § 1 Abs.1 Z1 Oö. Mindestsicherungsverordnung – Oö. BMSV, dass die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs für alleinstehende oder alleinerziehende Personen 821,50 Euro, ab 1.1.2012 843,70 Euro betragen.

 

Gemäß § 1 Abs.1 Z2 Oö. BMSV betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben

a) pro Person 578,80 Euro, ab 1.1.2012 594,40 Euro.

 

Aus dem Bericht des Sozialausschusses betreffend das Landesgesetz, mit dem das Gesetz über die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Oberösterreich (Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG) erlassen wird, Beilage 34/2011 der XXVII. Gesetzgebungsperiode, ist zu § 13 (Seite 13 des Ausschussberichtes) zu entnehmen, dass „unter alleinstehenden Personen verstanden werden, deren Haushalt keine anderen Personen angehören“. Diese Kriterien erfüllt der Bw zweifelsohne nicht, zumal seinem Haushalt sowohl seine Gattin als auch seine volljährige Tochter angehören. Entgegen dem Vorbringen des Bw, steht ihm daher nicht der Mindeststandard gemäß § 1 Abs.1 Z1 Oö. BMSV, sondern der Mindeststandard gemäß § 1 Abs.1 Z2 lit.a. Oö. BMSV zu.

Da sein monatliches Einkommen aus dem Pensionsvorschuss bis 31.12.2011 761,40 Euro, ab 1.1.2012 774,00 Euro beträgt, hat sich der Bw dieses Einkommen anrechnen zu lassen und übersteigt dieses Einkommen die festgelegten Mindeststandards. Es war daher die Berufung abzuweisen.

 

Was jedoch die im gemeinsamen Haushalt lebende Gattin betrifft, so ist auf die Möglichkeit der bedarfsorientierten Mindestsicherung im Einzelfall auf Grundlage des Privatrechtes gemäß § 4 Abs.2 Oö. BMSG hinzuweisen.

 

Schließlich wird auch auf die Regelung des § 143 Abs.1 ABGB hingewiesen, wonach das Kind seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat, schuldet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

Beschlagwortung:

 

Definition "alleinstehend"

Anrechnung der Notstandshilfe; Unterhaltspflicht der Kinder; bedarfsorientierte Mindestsicherung im Einzelfall auf Grundlage des Privatrechtes.

 

 

 

VwSen-560140/2/Kl/Pe/BRe vom 31. Jänner 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

Oö. BMSG §4;

Oö. BMSG §13 Abs3;

Oö. BMSV §1;

ABGB §143 Abs1

 

Unter "alleinstehende" Personen iSd § 13 Abs 3 Oö. BMSG sind den Materialien zufolge Personen zu verstehen, deren Haushalt keine anderen Personen angehören (vgl AB 434 BlgLT 27. GP 43). Da dem Haushalt des Bw sowohl seine Gattin als auch seine volljährige Tochter angehören, steht ihm nicht der Mindeststandard gem § 1 Abs 1 Z 1 Oö. BMSV, sondern der Mindeststandard gem § 1 Abs 1 Z 2 lit a Oö. BMSV zu. Da sich der Bw das Einkommen aus dem Pensionsvorschuss anrechnen lassen muss und dieses die festgelegten Mindeststandards übersteigt, war die Berufung abzuweisen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass für die im gemeinsamen Haushalt lebende Gattin die Möglichkeit der bedarfsorientierten Mindestsicherung im Einzelfall auf Grundlage des Privatrechts gem § 4 Abs 2 Oö. BMSG besteht. Überdies ist auch auf allfällige Unterhaltspflichten des Kindes gegenüber den Eltern gem § 143 Abs 1 ABGB hinzuweisen.

 

 

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