Linz, 16.01.2012
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt X Linz, gegen die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 21. April 2010, GZ: Sich40-9368-2b-2005 KG, verhängte Ausweisung zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.
II. Eine Rückkehrentscheidung ist auf Dauer unzulässig.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 AVG und § 61 Abs 3 FPG
Entscheidungsgründe:
Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Bescheid vom 21. April 2010, GZ: Sich40-9368-2b-2005 KG, gemäß § 53 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung vom 30. April 2010. Der Bw stellte darin die Anträge, die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich möge den angefochtenen Bescheid aufheben und das wider ihn eingeleitete Ausweisungsverfahren zur Einstellung bringen oder den angefochtenen Bescheid aufheben und zur neuerlichen Entscheidung nach Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens an die 1. Instanz rückverweisen und jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen und durchführen.
Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion den Berufungsakt dem Verwaltungssenat zuständigkeitshalber übermittelt.
Der Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:
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Zur Beweiswürdigung:
Da schon nach der Aktenlage feststand, dass der bekämpfte Bescheid zu beheben ist, war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen schon aus dem bekämpften Bescheid und dem Vorbringen des Berufungswerbers. So hat dieser in der Stellungnahme vom 12. Dezember 2011 ergänzende Unterlagen eingereicht, nämlich: Reisepass, Lohn/Gehaltsnachweise für die Monate April, Mai und Juni 2011, Auszug aus dem Kreditschutzverband vom 29. Juli 2011, Kopie des X, Mietvertrag in Kopie, Sprachzertifikat der Niveaustufe A 2 vom 19. Juni 2010.
Der Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Die bekämpfte Ausweisung gilt gemäß § 125 FPG als Rückkehrentscheidung im Sinn des § 52 FPG. Der Bw verfügt seit rechtskräftig negativem Abschluss seines Asylverfahrens über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet der Republik Österreich. Somit ist der Tatbestand für eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG dem Grunde nach erfüllt.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs 1 FPG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 61 Abs 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist gemäß § 61 Abs 3 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Jedermann hat gemäß Artikel 8 Abs 1 EMRK Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Artikel 8 Abs 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Die Berufungsbehörde hat während des Berufungsverfahrens eingetretene Änderungen bzw. Entwicklungen zu berücksichtigen. Aufgrund der festgestellten Umstände (insbesondere langjährige Familiengemeinschaft mit rechtmäßig niedergelassenen Fremden, durchgehende Beschäftigungen, Aufenthalt seit 1. Juni 2001), ist mittlerweile eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig.
Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 37,70 Euro (Eingabe- und Beilagengebühren) angefallen.
Mag. Wolfgang Weigl