Linz, 30.01.2012
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. April 2011, AZ: 1060806/FRB, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. November 2011, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs. 4 AVG
Entscheidungsgründe:
Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 25. April 2011, AZ: 1060806/FRB, gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 und 9 iVm. §§ 66 und 63 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen. Die Bundespolizeidirektion Linz argumentierte, aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses sei für die Behörde davon auszugehen, dass der Bw mit seiner österreichischen Ehegattin X ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Artikel 8 EMRK nie geführt habe und die Ehe nur zur Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. einer Arbeitserlaubnis geschlossen worden sei. Der Bw habe daher zweifellos die Tatbestände des § 60 Abs. 2 Z 6 und 9 FPG verwirklicht.
Dagegen richtet sich die Berufung vom 9. Mai 2011. Der Berufungswerber beantragt darin, die Berufungsbehörde möge den Bescheid der BPD Linz vom 25. April 2011 ersatzlos beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde aufheben und dieser die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen; in eventu die ausgesprochene Aufenthaltsverbotsdauer angemessen herabsetzen.
Die BPD Linz hat der SID OÖ. den Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt. Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG 2011 – BGBl. I Nr. 38/2011, in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion Oberösterreich dem Verwaltungssenat den Akt zuständigkeitshalber übermittelt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat am 17. November 2011 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Seitens der Erstbehörde ist entschuldigt kein Vertreter erschienen. Der Berufungswerber erstattete folgendes Schlussvorbringen:
"Ich verweise auf die Ausführungen im Berufungsschriftsatz. Das Beweisverfahren hat eindeutig ergeben, dass keine Scheinehe vorliegt. Sowohl der Berufungswerber, als auch die Zeugin haben einhellig ausgesagt, dass die Ehe aus Liebe geschlossen wurde. Wenn ihm Nachhinein das Familienleben aus Beziehungsproblemen beendet wurde, ändert dies nichts daran, dass eben keine Scheinehe vorliegt. Es wird daher beantragt, das Aufenthaltsverbot zu beheben und das Verfahren einzustellen."
Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:
Gemäß § 125 Abs. 16 FPG 2005 idF BGBl I 38/2011 (= idgF) sind vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 FPG bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097, ausgesprochen, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (unabhängig von der innerstaatlichen Benennung des Rechtsinstituts) um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art 3 Z 4 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008, Abl. l. 348/98 (in der Folge: RückführungsRL) handelt. Aus diesem Erkenntnis folgt, dass durch die notwendige unmittelbare Anwendung der RückführungsRL der UVS als Rechtsmittelinstanz iSd Art 13 Abs. 1 der RückführungsRL berufen ist.
Der Bw befindet sich zur Zeit im Verlängerungs- bzw Zweckänderungsverfahren und hält sich damit rechtmäßig im Bundesgebiet auf. In seinem Fall ist die Bestimmung des § 63 FPG (Aufenthaltsverbot für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel) maßgeblich.
Gemäß § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt
- die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
- anderen in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Bestimmte Tatsachen im Sinne des § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF sind insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.
Ein Aufenthaltsverbot ist gemäß § 63 Abs. 3 iVm Abs. 1 FPG 2005 idgF in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 FPG 2005 idgF für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 FPG 2005 idgF für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 FPG 2005 idgF auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG 2005 idgF ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
- wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungs-gesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
- wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
- wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
- wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
- wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
- den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;
- bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
- eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
- an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
Die Ehe wurde aus dem Alleinverschulden des Bw geschieden. Dies ändert aber nichts daran, dass der Bw mit seiner Ex-Gattin ein gemeinsames Familienleben führte. Der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 8 FPG ist daher nicht erfüllt.
Da ein Aufenthaltsverbot begrifflich aus einer Rückkehrentscheidung bzw Ausweisung und Einreiseverbot besteht (vgl VwGH vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097), hat die Berufungsbehörde zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Ausweisung nach § 62 FPG vorliegen. Diesfalls wäre der bekämpfte Bescheid teilweise zu beheben und in eine Ausweisung umzuwandeln.
Drittstaatsangehörige, die sich während eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG im Bundesgebiet aufhalten, sind gemäß § 62 Abs 1 FPG mit Bescheid, sofern kein Fall des § 64 vorliegt, auszuweisen, wenn
1. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
2. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig mit einem Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalten, sind gemäß § 62 Abs 2 FPG mit Bescheid, sofern kein Fall des § 64 vorliegt, auszuweisen, wenn
1. nachträglich ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
2. ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen und im ersten Jahr ihrer Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sind oder
3. ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, sie länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen sind und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen sind.
Die Behörde hat gemäß § 62 Abs 3 FPG in Verfahren gemäß Abs. 1 nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG bei der Behörde nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz bereits hätte nachweisen können und müssen.
Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden gemäß § 11 Abs 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Rückkehrverbot gemäß § 54 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 63 oder 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
Aufenthaltstitel dürfen gemäß § 11 Abs 2 NAG einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.
Ein Aufenthaltstitel kann gemäß § 11 Abs 3 NAG trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet gemäß § 11 Abs 4 NAG dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn
1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder
2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.
Der Aufenthalt eines Fremden führt gemäß § 11 Abs 5 NAG zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
Der Richtsatz beträgt gemäß § 293 Abs 1 ASVG unbeschadet des Abs. 2
a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,
aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben ................................................................... .................. 1 221,68 €,
bb) wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen ................................ .....................814,82 €,
b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259 ................814,82 €,
c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:
aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres ................................................. .....................299,70 €,
falls beide Elternteile verstorben sind ....................................................... .....................450,00 €,
bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres .................................................... .....................532,56 €,
falls beide Elternteile verstorben sind ....................................................... .....................814,82 €.
Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 125,72 € für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.
Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung des Aufenthaltstitels Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 1 und 2, so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer fremdenpolizeilichen Stellungnahme – gemäß § 25 Abs 1 NAG den Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltsbeendigung gemäß §§ 52 ff. FPG beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 61 FPG) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist zu äußern. Nach Ablauf dieser Frist hat die Behörde die zur Aufenthaltsbeendigung zuständige Fremdenpolizeibehörde - gegebenenfalls unter Anschluss der Stellungnahme des Fremden - zu verständigen. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 73 AVG gehemmt.
Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist gemäß § 25 Abs 2 NAG das Verfahren über den Verlängerungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung auf Antrag des Fremden fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird. Ist eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig, hat die Behörde einen Aufenthaltstitel mit dem gleichen Zweckumfang zu erteilen.
Familienangehörige mit einem Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5 und 8 haben gemäß § 27 Abs 1 NAG ein eigenständiges Niederlassungsrecht. Liegen die Voraussetzungen für den Familiennachzug nicht mehr vor, ist dem Familienangehörigen ein Aufenthaltstitel auszustellen, dessen Aufenthaltszweck jedenfalls dem bisherigen Aufenthaltszweck entspricht, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 vorliegt und er die Erteilungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 erfüllt.
Der Familienangehörige hat gemäß § 27 Abs 4 NAG idF BGBl I Nr. 38/2011 die Umstände nach Abs. 1 bis 3 der Behörde unverzüglich, längstens jedoch binnen einem Monat, bekannt zu geben.
Ehegatten oder eingetragene Partner, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich gemäß § 30 Abs 1 NAG für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe eingetragene Partnerschaft berufen.
Der Bw übernahm am 27. März 2009 den Aufenthaltstitel "Familienangehöriger". Am 7. April 2009 brachte X die Scheidungsklage ein. Die Familiengemeinschaft war daher jedenfalls am 7. April 2009 beendet. Damit lagen die Voraussetzungen für den Familiennachzug gem § 11 Abs 1 Z 4 iVm § 27 Abs 1 NAG und § 30 Abs 1 NAG nicht mehr vor.
Das Aufenthaltsrecht bleibt gemäß § 27 Abs 1 NAG - anders als gemäß Artikel 13 Abs 2 lit a der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (Freizügigkeitsrichtlinie) oder etwa § 31 des dt. Aufenthaltsgesetzes - nach der Scheidung unabhängig von der Dauer der Familiengemeinschaft erhalten. Es kommt lediglich darauf an, dass nach Erteilung des Aufenthaltstitels tatsächlich ein Familienleben iSd Artikel 8 EMRK geführt wurde und kein Versagungsgrund iSd § 11 Abs 1 vorliegt bzw die Erteilungsvoraussetzungen nach § 11 Abs 2 erfüllt sind.
Artikel 13 Abs 2 der Freizügigkeitsrichtlinie rechtfertigt die Annahme eines erheblichen öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung von Fremden, die zum Zweck der ehelichen Familiengemeinschaft zuwandern und deren Ehe bereits nach kurzer Zeit geschieden wird. Aus dem Umstand, dass die Ehe nur sehr kurz Bestand hatte, kann aber noch nicht geschlossen werden, dass der Aufenthalt des Fremden gemäß § 11 Abs 2 Z 1 NAG öffentlichen Interessen widerstreitet. Eine solche Rechtsauslegung würde zu einer unzulässigen Aushöhlung des § 27 Abs 1 NAG führen. Es ist vielmehr eine Gesamtschau durchzuführen.
Der Bw gab der Niederlassungsbehörde erst mit seinem Zweckänderungsantrag vom 13. Jänner 2010 die Beendigung der Familiengemeinschaft bekannt. Die Meldung hätte gemäß der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Bestimmung des § 27 Abs 5 NAG idF BGBl I Nr. 100/2005 unverzüglich nach der Beendigung der Familiengemeinschaft erstattet werden müssen und war daher verspätet. Dies stellt gemäß § 77 Abs 1 Z 1 NAG idF BGBl I Nr. 122/2009 eine Verwaltungsübertretung dar. Der verhältnismäßig geringe Strafrahmen von 50 Euro bis 250 Euro zeigt, dass der Gesetzgeber von einem geringen typisierten Unrechtsgehalt ausgeht. Dessen ungeachtet gilt: Je kürzer die Familiengemeinschaft andauert, umso größer ist das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Meldepflicht des § 27 Abs 4 NAG (nunmehr idF BGBl I Nr. 38/2011). Dies geht im Fall des Bw soweit, dass sein Aufenthalt öffentlichen Interessen widerstreitet und die Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs 2 Z 1 NAG nicht erfüllt ist.
Das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung verstärkt sich erheblich, wenn – darüber hinaus - bei Begründung der Familiengemeinschaft nicht die eheliche Gesinnung, sondern die Absicht, sich ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen, im Vordergrund stand.
Schon aus dem Scheidungsurteil ergibt sich unzweifelhaft, dass für den Bw die Absicht, sich ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen, im Vordergrund stand. Festzuhalten ist aber auch, dass er X – lt deren Angaben – "sicher geliebt haben wird". X spürte über einen Zeitraum von 1 bis 2 Monaten nach der Eheschließung noch eine Zuneigung des Bw.
Zugunsten des Bw ist im Rahmen der nach § 11 Abs 3 NAG gebotenen Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass durch seine als solide zu betrachtenden Einkünfte der maßgebliche monatliche Richtsatz von 814,82 Euro sichergestellt ist und somit kein Versagungsgrund nach § 11 Abs 1 Z 4 iVm § 11 Abs 5 NAG vorliegt.
Die SID Oö. hat weiters im Berufungsbescheid vom 23. September 2008 eine Ausweisung für unzulässig erachtete. Der Bw befand sich damals in Mazedonien. Ungeachtet des 7-monatigen Aufenthalts im Herkunftsstaat überwiegt bei einer Gesamtwertung des festgestellten Sachverhalts das persönliche Interesse des Berufungswerbers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung. Gemäß § 27 Abs 1 iVm § 11 Abs 3 NAG steht der Erteilung eines Aufenthaltstitels kein Versagungsgrund entgegen. Die Voraussetzungen für eine Ausweisung nach § 62 FPG sind nicht erfüllt.
Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.
Die zuständige Niederlassungsbehörde ist verpflichtet, dem Bw einen Aufenthaltstitel auszustellen, dessen Aufenthaltszweck jedenfalls dem bisherigen Aufenthaltszweck entspricht (vgl. § 27 Abs. 1 NAG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Berufung von 76,70 Euro (Eingabe- u. Beilagengebühr) angefallen.
Mag. Wolfgang Weigl