Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730333/11/Wg/Wu

Linz, 30.01.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. April 2011, AZ: 1060806/FRB, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. November 2011, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 25. April 2011, AZ: 1060806/FRB, gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 und 9 iVm. §§ 66 und 63 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen. Die Bundespolizeidirektion Linz argumentierte, aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses sei für die Behörde davon auszugehen, dass der Bw mit seiner österreichischen Ehegattin X ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Artikel 8 EMRK nie geführt habe und die Ehe nur zur Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. einer Arbeitserlaubnis geschlossen worden sei. Der Bw habe daher zweifellos die Tatbestände des § 60 Abs. 2 Z 6 und 9 FPG verwirklicht.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 9. Mai 2011. Der Berufungswerber beantragt darin, die Berufungsbehörde möge den Bescheid der BPD Linz vom 25. April 2011 ersatzlos beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde aufheben und dieser die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen; in eventu die ausgesprochene Aufenthaltsverbotsdauer angemessen herabsetzen.

 

Die BPD Linz hat der SID OÖ. den Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt. Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG 2011 – BGBl. I Nr. 38/2011, in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion Oberösterreich dem Verwaltungssenat den Akt zuständigkeitshalber übermittelt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat am 17. November 2011 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Seitens der Erstbehörde ist entschuldigt kein Vertreter erschienen. Der Berufungswerber erstattete folgendes Schlussvorbringen:

"Ich verweise auf die Ausführungen im Berufungsschriftsatz. Das Beweisverfahren hat eindeutig ergeben, dass keine Scheinehe vorliegt. Sowohl der Berufungswerber, als auch die Zeugin haben einhellig ausgesagt, dass die Ehe aus Liebe geschlossen wurde. Wenn ihm Nachhinein das Familienleben aus Beziehungsproblemen beendet wurde, ändert dies nichts daran, dass eben keine Scheinehe vorliegt. Es wird daher beantragt, das Aufenthaltsverbot zu beheben und das Verfahren einzustellen."

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Bw wurde am 21. November 1987 geboren und ist Staatsangehöriger von Mazedonien.

 

Der Bw reiste gemeinsam mit seinen Eltern und seinen 3 Brüdern am 22. August 2001 illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein. Am 23. August 2001 stellte er beim Bundesasylamt Außenstelle X, einen Asylerstreckungsantrag, welcher am 5. Mai 2004 zweitinstanzlich rechtskräftig negativ entschieden wurde. Das asylrechtliche Verfahren seiner Eltern sowie seiner Brüder wurde ebenfalls rechtskräftig negativ entschieden.

 

Der Bw lernte im November 2007 über eine bosnische Internetseite die nicht freizügigkeitsberechtigte österreichische Staatsbürgerin X, geb. X, kennen. Eine Woche später trafen sich die beiden das erste Mal in Linz. Sie gingen in Linz spazieren und unterhielten sich. Der Bw übernachtete an diesem Tag bei X. Sie tauschten die Telefonnummern aus. Am nächsten Tag fuhr der Bw wieder nach Hause. Sie telefonierten in weiterer Folge jeden Tag miteinander.

 

X war damals sehr verliebt in den Bw. Die beiden heirateten am 16. Februar 2008. X zog gleich nach der Hochzeit zum Berufungswerber bzw. dessen Eltern an die Adresse X. Sie war dort von 19. Februar 2008 bis 7. April 2008 mit Hauptwohnsitz gemeldet.

 

Danach nahm der Bw gemeinsam mit seiner Ehegattin an der Adresse X, Unterkunft. Es handelte sich dabei um eine Zweizimmerwohnung mit etwa 32 . Sie lebten dort bis zur Ausreise des Bw im August 2008 in aufrechter Familiengemeinschaft. Grund für die Ausreise war, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" nur vom Ausland aus zulässigerweise gestellt werden konnte. Der Bw brachte einen solchen Antrag am 15. September 2008 bei der Österreichischen Botschaft in Skopje ein. Er wartete im Ausland den Ausgang des Verfahrens ab. In Mazedonien lebte er zunächst bei einem Onkel. Im Anschluss daran nahm er sich eine eigene Wohnung.

 

Nach seiner Einreise im März 2009 übernahm er am 27. März 2009 den bis zum 17. Februar 2010 befristeten Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" und nahm erneut bei seiner Ehegattin X an der Adresse X Unterkunft. Lt dem Bw wies die Beziehung aber nicht mehr die Qualität auf, wie zum Zeitpunkt seiner Ausreise. x versuchte eigenen Angaben zufolge etwa 1 Monat lang, die Beziehung fortzusetzen. Es störte sie sehr, dass der Bw ihrer Ansicht nach zuviel Zeit mit seiner Familie verbrachte. Daran sei die Beziehung gescheitert. Zudem sei es nur in der Hochzeitsnacht einmal zu einem sexuellen Kontakt gekommen. Selbst in losen freundschaftlichen Beziehungen hätten ihrer Ansicht nach Männer und Frauen öfter sexuellen Kontakt.

 

Der Bw sagte demgegenüber aus, dass sie nach seiner Einreise nur etwa 1 Woche lang eine Beziehung führten. X habe ihm damals in der Früh den Ehering zurückgegeben.

 

Am 7. April 2009 reichte X die Scheidungsklage ein. Die Ehe des Bw wurde mit rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 20. November 2009, Zahl: 45236 C 12/09y-23, aus dem Alleinverschulden des Bw geschieden. Das Gericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Bw kurze Zeit nach der Hochzeit und im Mai 2008 gegenüber seiner Ehegattin handgreiflich geworden wäre. Weiters habe er, abgesehen von der Hochzeitsnacht, jeglichen sexuellen Kontakt und jede zärtliche Berührung verweigert. Zudem habe sich der Bw zusehends der gemeinsamen Lebensgestaltung entzogen und sich von seiner Gattin abgekapselt. Die gemeinsamen Freizeitaktivitäten hätten sich auf ein absolutes Minimum beschränkt. Außerdem geht aus dem Urteil hervor, dass der Bw seine Ehegattin, als sie die Scheidung in die Wege geleitet hatte, fragte, warum sie nicht warten könne, bis er sein zweites Visum hätte. Wenn er dies in Händen hätte, dann würde er gemeinsam mit ihr die Scheidung beantragen. Der Beklagte habe eine auf einem liebevollen Kommunikationsaustausch aufbauende, gemeinsame Lebensführung abgelehnt, wie wohl doch die zum Wesen der Ehe gehörende Gemeinsamkeit der Lebensgestaltung keineswegs auf räumliche Gemeinsamkeit beschränkt sei, sondern vielmehr auch ein geistiges und seelisches Miteinanderleben erfordere. Die Liebe sei im Alltag nicht gelebt worden. Es habe auch keine gemeinsamen Aktivitäten gegeben. Der Beklagte habe sich vielmehr seiner eigenen Familie gewidmet, sei immer wieder mit seinen Brüdern unterwegs gewesen und habe die Klägerin zusehends vernachlässigt. Darüber hinaus habe der Bw seiner Ehegattin grundlos und beharrlich den Geschlechtsverkehr verweigert. Er habe ihr zu wenig Aufmerksamkeit und Zuwendung zuteil werden lassen. Im Gegensatz zu seiner Ehegattin habe der Bw offenbar kein Bedürfnis gehabt, ihre körperliche Nähe zu spüren. Hinsichtlich der festgestellten Handgreiflichkeiten sei festgehalten, dass diesen – unabhängig von einer allfälligen Verfristung – per se nicht das Gewicht eines Scheidungsgrundes zugemessen werde, zumal den Angaben der Klägerin selbstfolgend sie die Übergriffe als nicht so schlimm empfunden bzw. dem Bw jedenfalls nach diesen Vorfällen noch eine Chance eingeräumt habe. Mit Rücksicht auf die getroffenen Feststellungen sei weiters davon auszugehen, dass die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten objektiv und subjektiv zu bestehen aufgehört habe, weshalb eine tiefgreifende unheilbare Zerrüttung der Ehe vorliege.

 

Der Bw meldete sich mit 5. Jänner 2010 an der Adresse X, ab. Zurzeit wohnt er an der Adresse X gemeinsam mit seinem Bruder X in einer etwa 35 großen Wohnung.

 

Am 13. Jänner 2010 brachte der Bw beim Magistrat der Stadt Linz einen Verlängerungsantrag/Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für unbeschränkt ein. Das Verlängerungsverfahren bzw. Zweckänderungsverfahren ist nach wie vor anhängig.

 

Er steht laut Versicherungsdatenauszug vom 13. Oktober 2011 seit 20. Juli 2009 mit kurzen Unterbrechungen durchgehend in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Im Juli 2011 erhielt er bei der X einen Nettolohn von 1.218,39 Euro, im August 2011 1.341,63 Euro und im September 2011 1.418,71 Euro. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung wurde er über die X bei der Firma X eingesetzt. Seinen Angaben zufolge werde ihm die Firma X fix als Arbeiter übernehmen, sobald er einen gültigen Aufenthaltstitel habe.

 

Festzuhalten ist, dass nach negativem Abschluss des Asylverfahrens ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde. Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich behob den Ausweisungsbescheid der BH Perg mit Berufungsentscheidung vom 23. September 2008, Zahl St 230/07. Die SiD Oö. argumentierte, dass in parallel anhängigen Berufungsverfahren seines Vaters die Ausweisung aus Gründen des Artikel 8 EMRK als nicht mehr zulässig erachtet worden sei. Diese Überlegungen würden auch auf den Bw zutreffen. Der Bescheid der Erstbehörde sei daher zu beheben gewesen.

 

Zur Ausbildung des Bw ist festzustellen, dass er vor seiner Einreise im Jahr 2001 7 Jahre lang in Mazedonien zur Schule gegangen war. Die 4. Klasse der Hauptschule sowie den Polytechnischen Lehrgang absolvierte er in Österreich. Er hat keine abgeschlossene Berufsausbildung.

 

Der Bw ist strafrechtlich unbescholten.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der Verwaltungssenat hat am 17. November 2011 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, bei der der Bw als Partei und seine Ex-Gattin X als Zeugin einvernommen wurden.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen unstrittig aus dem vorgelegten Verfahrensakt, dem Vorbringen des Bw und der Zeugenaussage seiner Ehegattin.

 

Strittig war die Frage, ob bzw. inwieweit der Bw mit seiner Ex-Gattin ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Artikel 8 EMRK führte. Die Feststellungen im Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 20. November 2009, mit dem die Ehe aus dem Alleinverschulden des Berufungswerbers geschieden wurde, legen nahe, dass eine Lebensgemeinschaft nie bestanden hat.

 

Die vom Bezirksgericht durchzuführende Beweiswürdigung unterscheidet sich aber von der im fremdenpolizeilichen Verfahren durchzuführenden Beurteilung. Während das Bezirksgericht festzustellen hatte, ob die Ehe aus dem Alleinverschulden des Bw unheilbar zerrüttet war, stellt sich im fremdenpolizeilichen Verfahren die Frage, ob überhaupt kein Familienleben iSd. Artikel 8 EMRK geführt wurde.

 

Letzteres konnte in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht mit der ausreichenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. So sagte die Zeugin X aus, sie habe auch nach der Eheschließung noch eine Zuneigung des Bw gespürt und zwar etwa über einen Zeitraum von 1 bis 2 Monaten. Von 19. Februar 2008 bis August 2008 lebten die beiden in einem gemeinsamen Haushalt, zunächst bei den Eltern des Bw an der Adresse X, ab 7. April 2008 in der gemeinsamen Ehewohnung X. Auch nach der Einreise des Bw im März 2009 wurde erneut ein gemeinsamer Haushalt begründet. X versuchte eigenen Angaben zufolge einen Monat lang eine Beziehung zu führen. Laut angaben des Bw dauerte die Beziehung nur mehr 1 Woche. Dass der Bw befürchtete, sein Aufenthaltsrecht zu verlieren und seine Ehegattin ersuchte, mit der Scheidung noch zuzuwarten, liegt sehr nahe. Nach Ansicht des Verwaltungssenates kann unbedenklich festgestellt werden, dass für den Bw die Aussicht auf ein Aufenthaltsrecht zweifelsohne mit ein Beweggrund für die Eheschließung war. Es steht fest, dass die Eheleute über mehrere Monate hinweg in aufrechter Familiengemeinschaft miteinander lebten. Dass diese Familiengemeinschaft bzw. die ehelich Lebensgemeinschaft aus dem Alleinverschulden des Bw unheilbar zerrüttet wurde, ändert daran nichts.

 

Fest steht weiters, dass der Bw die Beendigung der Familiengemeinschaft nicht unverzüglich, sondern erst mit der Einbringung seines Zweckänderungsantrages am 13. Jänner 2010 der Niederlassungsbehörde bekannt gab.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 125 Abs. 16 FPG 2005 idF BGBl I 38/2011 (= idgF) sind vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 FPG bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097, ausgesprochen, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (unabhängig von der innerstaatlichen Benennung des Rechtsinstituts) um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art 3 Z 4 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008, Abl. l. 348/98 (in der Folge: RückführungsRL) handelt. Aus diesem Erkenntnis folgt, dass durch die notwendige unmittelbare Anwendung der RückführungsRL der UVS als Rechtsmittelinstanz iSd Art 13 Abs. 1 der RückführungsRL berufen ist.

 

Der Bw befindet sich zur Zeit im Verlängerungs- bzw Zweckänderungsverfahren und hält sich damit rechtmäßig im Bundesgebiet auf. In seinem Fall ist die Bestimmung des § 63 FPG (Aufenthaltsverbot für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel) maßgeblich.

 

Gemäß § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

  1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
  2. anderen in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Bestimmte Tatsachen im Sinne des § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF sind insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.

 

Ein Aufenthaltsverbot ist gemäß § 63 Abs. 3 iVm Abs. 1 FPG 2005 idgF in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 FPG 2005 idgF für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 FPG 2005 idgF für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 FPG 2005 idgF auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG 2005 idgF ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

  1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungs-gesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
  2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
  3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
  4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
  5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
  6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;
  7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
  8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
  9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Die Ehe wurde aus dem Alleinverschulden des Bw geschieden.  Dies ändert aber nichts daran, dass der Bw mit seiner Ex-Gattin ein gemeinsames Familienleben führte.  Der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 8 FPG ist daher nicht erfüllt.

 

Da ein Aufenthaltsverbot begrifflich aus einer Rückkehrentscheidung bzw Ausweisung und Einreiseverbot besteht (vgl VwGH vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097), hat die Berufungsbehörde zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Ausweisung nach § 62 FPG vorliegen. Diesfalls wäre der bekämpfte Bescheid teilweise zu beheben und in eine Ausweisung umzuwandeln.

 

Drittstaatsangehörige, die sich während eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG im Bundesgebiet aufhalten, sind gemäß § 62 Abs 1 FPG mit Bescheid, sofern kein Fall des § 64 vorliegt, auszuweisen, wenn

1. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

2. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

 

Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig mit einem Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalten, sind gemäß § 62 Abs 2 FPG mit Bescheid, sofern kein Fall des § 64 vorliegt, auszuweisen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

2. ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen und im ersten Jahr ihrer Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sind oder

3. ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, sie länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen sind und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen sind.

 

Die Behörde hat gemäß § 62 Abs 3 FPG in Verfahren gemäß Abs. 1 nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG bei der Behörde nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz bereits hätte nachweisen können und müssen.

 

Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden gemäß § 11 Abs 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Rückkehrverbot gemäß § 54 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 63 oder 67 FPG besteht;

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3. gegen ihn eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

 

Aufenthaltstitel dürfen gemäß § 11 Abs 2 NAG einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

 

Ein Aufenthaltstitel kann gemäß § 11 Abs 3 NAG trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet gemäß § 11 Abs 4 NAG dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.

 

Der Aufenthalt eines Fremden führt gemäß § 11 Abs 5 NAG zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

 

Der Richtsatz beträgt gemäß § 293 Abs 1 ASVG unbeschadet des Abs. 2

a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben ................................................................... .................. 1 221,68 €,

bb) wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen ................................ .....................814,82 €,

b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259 ................814,82 €,

c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:

aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres ................................................. .....................299,70 €,

falls beide Elternteile verstorben sind ....................................................... .....................450,00 €,

bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres .................................................... .....................532,56 €,

falls beide Elternteile verstorben sind ....................................................... .....................814,82 €.

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 125,72 € für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

 

Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung des Aufenthaltstitels Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 1 und 2, so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer fremdenpolizeilichen Stellungnahme – gemäß § 25 Abs 1 NAG den Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltsbeendigung gemäß §§ 52 ff. FPG beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 61 FPG) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist zu äußern. Nach Ablauf dieser Frist hat die Behörde die zur Aufenthaltsbeendigung zuständige Fremdenpolizeibehörde - gegebenenfalls unter Anschluss der Stellungnahme des Fremden - zu verständigen. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 73 AVG gehemmt.

 

Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist gemäß § 25 Abs 2 NAG das Verfahren über den Verlängerungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung auf Antrag des Fremden fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird. Ist eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig, hat die Behörde einen Aufenthaltstitel mit dem gleichen Zweckumfang zu erteilen.

 

Familienangehörige mit einem Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5 und 8 haben gemäß § 27 Abs 1 NAG ein eigenständiges Niederlassungsrecht. Liegen die Voraussetzungen für den Familiennachzug nicht mehr vor, ist dem Familienangehörigen ein Aufenthaltstitel auszustellen, dessen Aufenthaltszweck jedenfalls dem bisherigen Aufenthaltszweck entspricht, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 vorliegt und er die Erteilungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 erfüllt.

 

Der Familienangehörige hat gemäß § 27 Abs 4 NAG idF BGBl I Nr. 38/2011 die Umstände nach Abs. 1 bis 3 der Behörde unverzüglich, längstens jedoch binnen einem Monat, bekannt zu geben.

 

Ehegatten oder eingetragene Partner, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich gemäß § 30 Abs 1 NAG für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe eingetragene Partnerschaft berufen.

 

Der Bw übernahm am 27. März 2009 den Aufenthaltstitel "Familienangehöriger". Am 7. April 2009 brachte X die Scheidungsklage ein. Die Familiengemeinschaft war daher jedenfalls am 7. April 2009 beendet. Damit lagen die Voraussetzungen für den Familiennachzug gem § 11 Abs 1 Z 4 iVm § 27 Abs 1 NAG und § 30 Abs 1 NAG nicht mehr vor.

 

Das Aufenthaltsrecht bleibt gemäß § 27 Abs 1 NAG  - anders als gemäß Artikel 13 Abs 2 lit a der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (Freizügigkeitsrichtlinie) oder etwa § 31 des dt. Aufenthaltsgesetzes - nach der Scheidung unabhängig von der Dauer der Familiengemeinschaft erhalten. Es kommt lediglich darauf an, dass nach Erteilung des Aufenthaltstitels tatsächlich ein Familienleben iSd Artikel 8 EMRK geführt wurde und kein Versagungsgrund iSd § 11 Abs 1 vorliegt bzw die Erteilungsvoraussetzungen nach § 11 Abs 2 erfüllt sind. 

 

Artikel 13 Abs 2 der Freizügigkeitsrichtlinie rechtfertigt die Annahme eines erheblichen öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung von Fremden, die zum Zweck der ehelichen Familiengemeinschaft zuwandern und deren Ehe bereits nach kurzer Zeit geschieden wird. Aus dem Umstand, dass die Ehe nur sehr kurz Bestand hatte, kann aber noch nicht geschlossen werden, dass der Aufenthalt des Fremden gemäß § 11 Abs 2 Z 1 NAG öffentlichen Interessen widerstreitet. Eine solche Rechtsauslegung würde zu einer unzulässigen Aushöhlung des § 27 Abs 1 NAG führen. Es ist vielmehr eine Gesamtschau durchzuführen.

 

Der Bw gab der Niederlassungsbehörde erst mit seinem Zweckänderungsantrag vom 13. Jänner 2010 die Beendigung der Familiengemeinschaft bekannt. Die Meldung hätte gemäß der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Bestimmung des § 27 Abs 5 NAG idF BGBl I Nr. 100/2005 unverzüglich nach der Beendigung der Familiengemeinschaft erstattet werden müssen und war daher verspätet. Dies stellt gemäß § 77 Abs 1 Z 1 NAG idF BGBl I Nr. 122/2009 eine Verwaltungsübertretung dar. Der verhältnismäßig geringe Strafrahmen von 50 Euro bis 250 Euro zeigt, dass der Gesetzgeber von einem geringen typisierten Unrechtsgehalt ausgeht. Dessen ungeachtet gilt: Je kürzer die Familiengemeinschaft andauert, umso größer ist das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Meldepflicht des § 27 Abs 4 NAG (nunmehr idF BGBl I Nr. 38/2011). Dies geht im Fall des Bw soweit, dass sein Aufenthalt öffentlichen Interessen widerstreitet und die Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs 2 Z 1 NAG nicht erfüllt ist.

 

Das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung verstärkt sich erheblich, wenn – darüber hinaus -  bei Begründung der Familiengemeinschaft nicht die eheliche Gesinnung, sondern die Absicht, sich ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen, im Vordergrund stand.

 

Schon aus dem Scheidungsurteil ergibt sich unzweifelhaft, dass für den Bw die Absicht, sich ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen, im Vordergrund stand. Festzuhalten ist aber auch, dass er X – lt deren Angaben – "sicher geliebt haben wird". X spürte über einen Zeitraum von 1 bis 2 Monaten nach der Eheschließung noch eine Zuneigung des Bw.

 

Zugunsten des Bw ist im Rahmen der nach § 11 Abs 3 NAG gebotenen Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass durch seine als solide zu betrachtenden Einkünfte der maßgebliche monatliche Richtsatz von 814,82 Euro sichergestellt ist und somit kein Versagungsgrund nach § 11 Abs 1 Z 4 iVm § 11 Abs 5 NAG vorliegt.

 

Die SID Oö. hat weiters im Berufungsbescheid vom 23. September 2008 eine Ausweisung für unzulässig erachtete. Der Bw befand sich damals in Mazedonien. Ungeachtet des 7-monatigen Aufenthalts im Herkunftsstaat überwiegt bei einer Gesamtwertung des festgestellten Sachverhalts das persönliche Interesse des Berufungswerbers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung. Gemäß § 27 Abs 1 iVm § 11 Abs 3 NAG steht der Erteilung eines Aufenthaltstitels kein Versagungsgrund entgegen. Die Voraussetzungen für eine Ausweisung nach § 62 FPG sind nicht erfüllt.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die zuständige Niederlassungsbehörde ist verpflichtet, dem Bw einen Aufenthaltstitel auszustellen, dessen Aufenthaltszweck jedenfalls dem bisherigen Aufenthaltszweck entspricht (vgl. § 27 Abs. 1 NAG).

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Berufung von  76,70 Euro (Eingabe- u. Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

 

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