Linz, 30.01.2012
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung von Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 22. September 2011, Zl. VerkR86-31261-2010, zu Recht:
I. Der Berufung wird in beiden Punkten Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt;
II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 und 51e Abs.1 Z1 VStG.
Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 220 Euro und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 96 Stunden ausgesprochen, wobei wider ihn folgender Tatvorwurf erhoben wurde:
"Sie haben zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das Kraftfahrzeug gelenkt, obwohl dieses nicht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen war.
Fahrzeugart: PKW, Beschreibung des Fahrzeuges: BMW, M5, schwarz
Tatort: Gemeinde Ansfelden, A1 Westautobahn, A1 bei km 171.000, A1->Sbg, Raststation Ansfelden-Nord (Kontrollort)
Tatzeit: 22.08.2010, 16:00 Uhr.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 102 Abs. 1 i.V.m. § 36 lit. a KFG
Fahrzeug: Kennzeichen X, PKW, BMW M5, schwarz."
1.1. Die Behörde erster Instanz führte in der Begründung Folgendes aus:
2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber folgendes aus:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
heute am 19.12.2011 wurde mir durch das Regierungspräsidium Freiburg Ihre Straferkenntnis zum Fall VerkR96-31261-2010 übermittelt.
Hiermit lege ich Einspruch gegen die Straferkenntnis VerkR96-31261-2010 ein.
Wie schon in vorherigen Schreiben mitgeteilt haben Sie eine Anerkennungspflicht für EU-Mitgliedstaaten, wonach auch das Kurzzeitkennzeichen von Ihnen zu tolerieren Ist. Des Werteren wurde das Land Osterreich nur für den Transit genutzt, wodurch Ihre Straferkenntnis und der Tatvorwurf ohnehin obsolet sind.
Unabhängig davon: Sollte, wie von Ihnen geschrieben, „Die Anbringung eines Kurzzeitkennzeichens an ein Fahrzeug im Ausland nicht zulässig seien, da es sich um einen nationalen Verwaltungsakt handelt, (rechtlicher Nachweis fehlt in Ihrer Straferkenntnis), so wäre es ohnehin einzig und allein eine Verletzung deutschen Rechts und eine Nachverfolgung Aufgebe der Bundesrepublik Deutschland.
Ihrer Argumentation, dass die schriftliche Aussage meinerseits eine geringere Glaubwürdigkeit aufweist, kann ich nicht nachvollziehen und entbehrt jegliche rechtliche Grundlage.
Mit freundlichen Grüßen! X" (mit e. h. Unterschrift).
3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung konnte mit Blick auf die ergänzend durchgeführte Beweisaufnahme gemäß § 51e Abs.1 Z2 VStG unterbleiben.
3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, sowie durch Einholung einer Stellungnahme vom Berufungswerber zur Faktenlage, sowie durch Anfrage bei der Polizei betreffend der vorgewiesenen Zulassungsdokumente. Unter Einbeziehung dieser Inhalte ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.
4. Sachverhalt:
Der Berufungswerber verfügte anlässlich der hier verfahrensgegenständlichen Fahrt für eine Überstellung ein offenbar von Deutschland ausgestelltes und bis 24.8.2010 gültiges sogenanntes Exportkennzeichen. Die einschreitenden Beamten waren sich anlässlich der Anhaltung des Berufungswerbers ob dessen Gültigkeit offenbar nicht sicher und hielten mit der Zulassungsstelle der Behörde erster Instanz Rücksprache. Von dort wurde den Polizeibeamten die Mitteilung über die vermeintliche Ungültigkeit dieser Zulassung für einen Export eines KFZ "von Österreich nach Deutschland" gemacht. Verfehlt scheint dabei bereits die Annahme der Behörde erster Instanz, dass dieser Export von Österreich aus erfolgt wäre. Das Fahrzeug wurde vom Berufungswerber jedoch von Ungarn nach Deutschland überstellt.
In der im Rahmen des Parteiengehörs erstatteten Stellungnahme verweist der Berufungswerber u.a. auf die Kopie der Versicherungskarte, die anlässlich der Amtshandlung kopiert worden sei, sowie seines Führerscheins.
Diese Unterlagen finden sich jedoch nicht beim Akt. Im Wege der Autobahnpolizei Haid (der anzeigenden Polizeidienststelle) konnte in Erfahrung gebracht werden, dass offenbar von einem Zulassungsdokument eine Kopie erstellt wurde, diese jedoch nicht (mehr) im dortigen Akt einliegen würde. Auch im vorgelegten Behördenakt findet sich eine diesbezügliche Kopie nicht. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Verstoß gegen die angezogenen Bestimmungen des KFG weder als halt- noch als nachvollziehbar.
Die Berufungsbehörde geht gemäß der Aktenlage in Verbindung mit der schlüssigen Darstellung des Berufungswerbers von einer auch für Österreich gültigen Zulassung für diese Überstellungsfahrt aus.
5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Mit dem Hinweis auf § 36a KFG verkennt die Behörde offenbar den Anknüpfungspunkt über ausländische Kennzeichen und Zulassungen und deren Anerkennung. Sie übersieht offenbar zur Gänze die Bestimmung des § 82 Abs.1 KFG. Dieser zur Folge müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger mit ausländischem Kennzeichen (§ 79 Abs. 1) von einem Mitgliedstaat des Pariser Übereinkommens über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen, BGBl. Nr. 304/1930, des Genfer Abkommens über den Straßenverkehr, BGBl. Nr. 222/1955, oder des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr, BGBl. Nr. 289/1982, zugelassen sein. Anhänger, die nach heimatlichem Recht nicht gesondert zugelassen werden, sondern das Kennzeichen des Zugfahrzeuges führen müssen, gelten als zugelassen; dies gilt auch für Fahrzeuge mit Zoll-, Überstellungs- oder Probefahrtkennzeichen für die Dauer der Gültigkeit dieser Kennzeichen. Fahrzeuge ohne dauernden Standort im Bundesgebiet dürfen nur verwendet werden, wenn sie das ihnen zugewiesene Kennzeichen führen. Auch das hier verfahrensgegenständliche sogenannte "Exportkennzeichen" muss unter dieser Bestimmung gelten.
Der § 16 der (deutschen) Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV besagt in dessen Absatz 1 über Prüfungsfahrten, Probefahrten, Überführungsfahrten, dass Fahrzeuge, selbst wenn sie nicht zugelassen wären, ohne eine EG-Typgenehmigung, nationale Typgenehmigung oder Einzelgenehmigung, zu Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrten in Betrieb gesetzt werden dürfen, wenn sie ein Kurzzeitkennzeichen oder ein Kennzeichen mit roter Beschriftung auf weißem rot gerandetem Grund (rotes Kennzeichen) führen.
Der Tatvorwurf der fehlenden Zulassung ist daher mit der Akten- u. Beweislage nicht in Einklang zu bringen, sodass nach § 45 Abs.1 Z1 VStG das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r