Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523020/5/Sch/Eg

Linz, 30.01.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau M. L., geb. x, vertreten durch die Rechtsanwälte x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. November 2011, Zl. VerkR21-774-2011/LL, wegen Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 19. Jänner 2012 zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Bescheid vom 7. November 2011, Zl. VerkR21-774-2011/LL, Frau M. L., geb. x, aufgefordert, sich gemäß § 24 Abs. 4 iVm § 8 Führerscheingesetz 1997 innerhalb von zwei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen amtsärztlich untersuchen zu lassen sowie die für die Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde (einschließlich einer verkehrspsychologischen Stellungnahme) beizubringen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Die Erstbehörde hat zwei Vorfälle zum Anlass genommen, Bedenken an der gesundheitlichen Eignung der Berufungswerberin zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 sowie von führerscheinfreien Kfz, zu hegen.

 

Faktum ist, dass die Berufungswerberin mit Strafverfügung der Erstbehörde vom 26. April 2011, VerkR96-14809-2011, rechtskräftig mit einer Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe belegt wurde, da sie am 9. März 2011 an einer näher umschriebenen Örtlichkeit einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht hatte. Sie hatte beim Lenken ihres Pkws ein entgegenkommendes Fahrzeug gestreift, wodurch es zu Schäden an beiden Fahrzeugen kam. Die Berufungswerberin hielt, obwohl sie den Unfall bemerkt hatte, nicht an der Unfallstelle an, vielmehr setzte sie ihre Fahrt fort. Auch eine Meldung des Verkehrsunfalles – wegen dieser Unterlassung ist die erwähnte Strafverfügung ergangen – ist nicht erfolgt. Dazu kam es vorerst nur durch den zweitbeteiligten Unfalllenker, erst zwei Tage später meldete sie sich bei der Polizei mit der Begründung, sie sei von der Reparaturwerkstätte hierher geschickt worden, damit sie eine Anzeigebestätigung für die Versicherung erhalte. Ansonsten hätte sie gar keine Anzeige gemacht. Nach den Angaben eines unbeteiligten Fahrzeuglenkers und des Zweitbeteiligten in der entsprechenden Polizeianzeige muss davon ausgegangen werden, dass die Berufungswerberin offenkundig zu weit links gefahren war, dem erstgenannten Fahrzeuglenker ist ein Ausweichen noch möglich gewesen, dem Zweitbeteiligten eben nicht mehr.

 

Weiters aktenkundig ist ein Vorfall vom 12. Juli 2011, also in relativer zeitlicher Nähe, wo die Berufungswerberin laut Aussage eines unbeteiligten Zeugen einen unsicheren Fahrstil insofern eingehalten habe, als die Berufungswerberin mit ihrem PKW des öfteren zwischen Fahrbahnmitte und rechtem Fahrbahnrand hin und her gefahren sei. Schließlich kam es laut Zeugen zu einem Unfall mit einem abgestellten Fahrzeug in der Form, dass die Berufungswerberin wiederum zu nahe an den rechten Fahrbahnrand gekommen sei und einen abgestellten PKW gestreift habe. Bei diesem sei der linke Außenspiegel abgerissen worden, welcher Vorgang mit einem deutlichen Knall und absplitternden Glasteilen verbunden gewesen sei. Der Zeuge habe bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit an einer Kreuzung, an der beide Fahrzeuglenker wegen Rotlichtes der Verkehrsampel angehalten hatten, versucht mit der Berufungswerberin in Kontakt zu treten. Trotz Klopfens auf die hintere Seitenscheibe während des Anhaltens an der Kreuzung durch den erwähnten Zeugen habe die Berufungswerberin in keiner Weise reagiert.

 

4. Bei der eingangs erwähnten Berufungsverhandlung auf die beiden Vorfälle angesprochen gab die Berufungswerberin zum ersten Verkehrsunfall an, es sei richtig, dass sie im Gegenverkehr mit dem Fahrzeugspiegel eines entgegen kommenden PKW touchiert habe. Hätte sie gebremst, um anzuhalten, wäre ihr hinten ein Fahrzeug aufgefahren. Es habe damals starker Verkehr im Bereich der Vorfallsörtlich geherrscht. Diese Angaben sind eine seltsame Verantwortung, zumal, folgte man dieser, wohl bei starkem Verkehr ein Anhalten, etwa vor einer Kreuzung, nie tunlich wäre, zumal dann ein Auffahrunfall drohen würde. Abgesehen davon hatten die Bedenken betreffend Auffahrunfall nichts mit der unterbliebenen Unfallmeldung zu tun.

 

Den Vorfall vom 12. Juli 2011 streitet die Berufungswerberin rundweg ab. Anlässlich der Berufungsverhandlung wurde sie mit der schon oben erwähnten Zeugenaussage konfrontiert, wobei sie im Hinblick auf ihren unsicheren Fahrstil angab, die Fahrmanöver seien alle verkehrssituativ bedingt gewesen. Dem ist allerdings entgegen zu halten, dass die Einhaltung einer Fahrlinie, wie vom Zeugen geschildert, nichts mehr mit notwendigen Lenkmanövern zum Ausweichen bzw. Vorbeifahren zu tun hat. Wenn von einem Fahrzeuglenker bloß solche Manöver gesetzt werden, die sich zwanglos aus der Verkehrssituation ergeben, ist daran auch ja nichts Auffälliges. Allerdings sind nach den Schilderungen des Zeugen keinerlei solche Gründe erkennbar gewesen. Wesentlich hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang noch der Umstand, dass die Berufungswerberin an ein abgestelltes Fahrzeug angefahren ist, welcher Umstand auch nur bei halbwegs gegebener Aufmerksamkeit einem Fahrzeuglenker nicht mehr entgehen kann. Es ist als bekannt vorauszusetzen, dass jeder Stoß an eine Fahrzeugkarosserie aufgrund deren Wirkung als Resonanzkörper im Fahrzeuginneren ein deutlich lautes Geräusch verursacht. Dies trifft besonders dann zu, wenn während der Fahrt eine Berührung mit einem anderen Fahrzeug im Bereich des Spiegels erfolgt, da hier nicht bloß ein geringes Klopfen vorliegt, sondern eben schon ein massiver Stoß.  Wenn einem Fahrzeuglenker ein solcher Umstand tatsächlich entgehen sollte, dann stellt sich schon die Frage, ob bei ihm das notwendige Wahrnehmungspotential im Straßenverkehr, etwa akustisch, optisch oder durch Stoßreaktion, noch ausreichend gegeben sind.

 

Dem Vorhalt anlässlich der Verhandlung, warum denn ein völlig unbeteiligter Zeuge den Anstoß eines Fahrzeuglenkers an ein abgestelltes Fahrzeug zur Anzeige bringen sollte, wenn er dies nicht so wahrgenommen hätte, konnte die Berufungswerberin nichts Schlüssiges entgegen halten. Vielmehr hat sie die Mutmaßung geäußert, möglicherweise habe sich der Zeuge gedacht, ihr Auto sehe gut aus, die Kennzeichennummer sei leicht zu merken, deshalb solle sie zahlen. Weiters hat die Berufungswerberin bei der Verhandlung einen Zeitungsausschnitt vorgewiesen. Dort wird ein Vorfall dargestellt, wo eine Schadensreferentin einer Versicherung Unfälle erfunden und dabei 400.000 Euro Schaden angerichtet habe.  

 

Weiters gab die Zeugin an, dass sie am Telefon schon einige Male bedroht worden sei, eine weibliche Stimme habe in etwa Folgendes gesagt: "Na, Sie werden sich aber anschaun, ich lasse mir etwas einfallen!". Über Befragen, ob sie vermute, ob diese Anrufe etwas mit dem beschädigten Fahrzeug zu tun hätten, wollte sie keinen direkten Zusammenhang herstellen, allerdings auch nicht ausschließen.

 

Es fällt sohin bei der Berufungswerberin auf, dass ihr das Einhalten einer geraden Fahrlinie auf ihrer Fahrbahnhälfte beim Lenken eines Pkw nicht immer möglich ist und sie deshalb Verkehrsunfälle mit Sachschäden verursacht. Nach dem ersten Verkehrsunfall ist ihr nicht einmal in den Sinn gekommen, dass hier eine Meldepflicht bestehen könnte, dazu musste sie erst von dritter Seite zwei Tage nach dem Verkehrsunfall aufmerksam gemacht werden. Den zweiten Verkehrsunfall leugnet die Berufungswerberin schlichtweg, auch wenn ihr die eindeutige Beweislage entgegen gehalten wird. Nicht einmal das Klopfen des Zeugen an eine Scheibe ihres Fahrzeuges konnte sie zu irgendeiner Reaktion bewegen. Bekanntermaßen können aber Fakten nicht durch Verdrängen derselben aus dem Bewusstsein beseitigt werden, auch nicht durch sonderbare realitätsferne Erklärungsversuche.

 

4. In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

 

Gemäß § 24 Abs. 4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 leg.cit. einzuholen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung beim Inhaber einer Lenkberechtigung noch gegeben sind. Gemäß § 32 Abs. 1 FSG gilt diese Bestimmung auch für führerscheinfreie Kfz.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hiezu ist Nachstehendes zu beachten:

 

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides gemäß § 24 Abs. 4 FSG sind begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz nicht mehr besitzt. Hiebei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (VwGH 30.9.2002, 2002/11/0120).

 

Die oben geschilderten Vorfälle und das Verhalten der Berufungswerberin hienach rechtfertigen nach Ansicht der Berufungsbehörde jedenfalls solche Bedenken. Dabei ist es nicht entscheidungsrelevant, dass der bei der Berufungsverhandlung einvernommene Gatte der Berufungswerberin ebenfalls angegeben hat, vom zweiten Vorfall nichts bemerkt zu haben. So eine diesbezügliche Aussage ändert nichts am Grundsätzlichen, rechtfertigt also nicht die Annahme, dass die Berufungswerberin tatsächlich nicht angefahren wäre. Dazu sind die vorliegenden Fakten zu eindeutig. Es kann also nur der Schluss gezogen werden, dass entweder der Zeuge wider besseren Wissens die Angaben einer ihm nahestehenden Person stützen wollte oder selbst etwas nicht mitbekommen hat, das man an sich mitbekommen müsste.

 

Der angefochtene Bescheid mit der Anordnung zur Absolvierung einer amtsärztlichen Untersuchung gemäß § 8 FSG ist sohin zu Recht ergangen und wird durch das Ergebnis der Berufungsverhandlung noch gestützt. Weitere Beweisaufnahmen waren nicht geboten. Das Ergebnis der Vorlage einer verkehrspsychologischen Stellungnahme ist in der Bestimmung des § 17 Abs. 1 Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung begründet.

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 21,10 Euro (€ 14,30 für die Berufung, € 6,80 für 2 Beilagen) angefallen.

 

 

S c h ö n

 

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