Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240878/2/Gf/Bu

Linz, 17.02.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des X, X, X, vertreten durch RA Mag. X, X, X, gegen das aus Anlass mehrerer Übertretungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes ergangene Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 23. Jänner 2012, Zl. SanRB96-109-2010, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. 

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch einen Kostenersatz zugunsten der AGES zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG; § 71 Abs. 3 LMSVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 23. Jänner 2012, Zl. SanRB96-109-2010, wurden über den Beschwerdeführer drei Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 5 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: insgesamt 10,80 Euro; Untersuchungskosten: insgesamt 325 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 443,80) verhängt, weil er es als verantwortlicher Beauftragter einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser am 21. Juli 2010 wertgeminderte, jedoch nicht als solche gekennzeichnete Waren – nämlich: geschmolzene und anschließend wieder erstarrte sowie Fettreif aufweisende Schokolade – in Verkehr gebracht worden seien. Dadurch habe er jeweils eine Übertretung des § 5 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 5 Abs. 5 Z. 4 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 139/2010 (im Folgenden: LMSVG), begangen, weshalb er jeweils nach § 90 Abs. 1 Z. 2 LMSVG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass diese dem Rechtsmittelwerber angelasteten Übertretungen auf Grund entsprechender Gutachten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (im Folgenden: AGES) als erwiesen anzusehen seien.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 25. Jänner 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 8. Februar 2012 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin wird zunächst in formeller Hinsicht eingewendet, dass einerseits eine örtliche Unzuständigkeit der Erstbehörde vorliege und andererseits der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sowohl eine unzutreffende Tatzeit enthalte als auch insoweit mangelhaft erscheine, als darin bloß die Feststellung enthalten sei, dass der Rechtsmittelwerber die Produkte unter bestimmten Bedingungen in Verkehr gebracht habe, nicht jedoch auch, in wie weit darin ein rechtswidriges Verhalten liege.

 

Außerdem sei nicht erweislich, dass die damals in X bei X gezogenen Proben von den Kontrollorganen tatsächlich kühl gelagert und transportiert worden seien; vielmehr seien diese trotz hochsommerlicher Temperaturen erst 45 Stunden später der AGES in Graz übergeben worden.

 

Schließlich würden auch weder rechtlich verbindliche Lagerungsvorschriften existieren noch die bloß optische Erscheinung eine spezifische und wertbestimmende Eigenschaft von Schokoladeprodukten darstellen.

 

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der  Strafhöhe bzw. bloß die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl. SanRB96-109-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 2 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel, die wertgemindert sind, in Verkehr bringt, ohne diesen Umstand auch deutlich und allgemein verständlich kenntlich zu machen.

 

Nach § 5 Abs. 5 Z. 4 LMSVG sind Lebensmittel dann (nicht als "gesundheitsschädlich", "für den menschlichen Verzehr ungeeignet" oder "verfälscht", sondern) als (bloß) "wertgemindert" anzusehen, wenn diese nach ihrer Herstellung und ohne weitere Behandlung zwar eine erhebliche Minderung an wertbestimmenden Bestandteilen oder ihrer spezifischen, wertbestimmenden Wirkung oder Eigenschaft erfahren haben, aber für den menschlichen Verzehr weiterhin geeignet sind.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus den entsprechenden Gutachten der AGES, dass den Warenproben "Aussehensmängel" anheften würden, indem diese "teilweise verformt (geschmolzene und wieder fest gewordene Schokolade)" seien sowie (teilweise auch) "an der Oberfläche einen leichten weißen Belag (Fettreif)" aufweisen würden, sodass sie "aufgrund der Aussehensfehler eine erhebliche Minderung ihrer spezifischen, wertbestimmenden Eigenschaft (Aussehen einwandfreier Schokolade) erfahren" hätten (vgl. jeweils S. 4 der Amtlichen Untersuchungszeugnisse der AGES vom 4. Oktober 2010, Zlen. 10069349, 10069347 und 10069350).

 

Davon ausgehend ist der belangten Behörde – die sich in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses insoweit den Gutachten der AGES angeschlossen hat – zwar darin zuzustimmen, dass in einer spezifischen Optik gestaltete und solcherart zum Verkauf intendierte Schokolade eine Minderung ihres Verkehrswertes erfährt, sobald sie diese Form durch physikalische Einwirkung verliert und nach dem Enden dieser Beeinträchtigung nicht wieder zurück erlangt (wobei das Ausmaß einer solchen Deformation allerdings einen gewissen Erheblichkeitsgrad überschreiten muss, was aber gegenständlich – wo, wie sich aus den den Gutachten jeweils beiliegenden Fotos ergibt, bei allen Produkten die Rasterung der Schokoladentafel und der den Einzelsegmenten eingepresste Markenname jeweils bloß kaum merklich beeinträchtigt war – nicht zutraf); dies unterstreichen auch gerade die vom Berufungswerber selbst angeführten Beispiele ("Schokoladebruch", "Schwedenbomben", "Schokolade[oster]hase", etc.).

 

Dessen ungeachtet stellt aber die Bestimmung des § 5 Abs. 5 Z. 4 LMSVG zweifelsfrei nicht auf den Verkehrswert der Ware, sondern vielmehr – und zudem im Sinne einer taxativen Aufzählung – auf deren wertbestimmenden "Bestandteile", "Wirkungen" oder "Eigenschaften" ab.

 

Dafür, dass durch die – hier fraglos eingetretene – Wärmedeformation aber (auch) eine Beeinträchtigung zumindest eines dieser drei Tatbestandselemente stattgefunden hätte, ergeben sich aus den vorangeführten Gutachten der AGES allerdings keinerlei Anhaltspunkte.

 

Allenfalls hätte dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall die Übertretung einer anderen Verwaltungsvorschrift angelastet werden können; ein im Hinblick auf § 90 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 5 Abs. 5 Z. 4 LMSVG tatbestandsmäßiges Verhalten liegt aber im Ergebnis jedenfalls nicht vor.

 

3.3. Der Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen. 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat noch i.S.d. § 71 Abs. 3 LMSVG ein Kostenersatz zugunsten der AGES vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r o f

 

 

VwSen-240878/2/Gf/Bu vom 17. Februar 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

LMSVG §5 Abs5 Z4;

LMSVG §90 Abs1 Z2

 

Der belangten Behörde ist zwar darin zuzustimmen, dass in einer spezifischen Optik gestaltete und solcherart zum Verkauf intendierte Schokolade eine Minderung ihres Verkehrswertes erfährt, sobald sie diese Form durch physikalische Einwirkung verliert und nach dem Enden dieses Vorganges nicht wieder zurück erlangt (wobei das Ausmaß einer solchen Deformation allerdings einen gewissen Erheblichkeitsgrad überschreiten muss). Dessen ungeachtet stellt aber die Bestimmung des § 5 Abs 5 Z 4 LMSVG zweifelsfrei nicht auf den Verkehrswert der Ware, sondern vielmehr – und zudem iS einer taxativen Aufzählung – auf deren wertbestimmenden "Bestandteile", "Wirkungen" oder "Eigenschaften" ab. Dafür, dass durch die – hier fraglos eingetretene – Wärmedeformation aber (auch) eine Beeinträchtigung zumindest einer dieser drei spezifischen Tatbestandselemente stattgefunden hätte, ergeben sich aus den Gutachten der AGES allerdings keinerlei Anhaltspunkte.

 

 

 

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