Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-730439/6/Wg/Jo

Linz, 02.02.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. Dezember 2009, AZ: 104665/FRB, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

"Gemäß  iVm Abs 3 und § 54 Abs 9 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 9 Jahren befristetes EINREISEVERBOT für den gesamten Schengen-Raum erlassen."

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Кассационная жалоба удовлетворяется частично и оспариваемое решение утверждается с условием, что резолютивная часть решения должна звучать как указано ниже:

"Согласно §§ 53 абз. 1 и абз. 3 Z 1 в сочетании с § 54 абз. 9 Закона  о полиции по делам иностранцев от 2005, Вестника федерального законодательства (BGBl) I 100 в редакции BGBl I 2011/38, на Вас накладывается запрет на въезд  на всю территорию Шенгенского пространства сроком 9 лет".

В остальном кассационная жалоба отклоняется как необоснованная.

 

Rechtsgrundlagen/ Юридическое основание:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG)

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 3. Dezember 2009, AZ: 104665/FRB, gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 62 Abs.1 und 2 iVm § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen. Die Behörde stützt ihre Entscheidung auf die strafrechtlichen Verurteilungen durch das LG Linz vom 6. August 2004, Zl. 23 HV 72/04t, durch das BG Urfahr-Umgebung vom 22. Juli 2005, Zl. 9 U 134/05g, das LG Linz vom 6. Dezember 2005, 23 Hv 123/05v und durch das LG Linz vom 9. November 2009, Zl. 21 Hv 173/09p.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 16. Dezember 2009. Der Bw gab darin an, er bereue seine Taten und versichere, dass er in Österreich nicht mehr straffällig werde.

 

Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich hat der Berufung mit Bescheid vom 23. Mai 2011, E1/24074/2009, keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid bestätigt. Dieser Bescheid wurde dem Berufungswerber am 7. Juni 2011 zugestellt.

 

Das Bundesministerium für Inneres hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 23. Mai 2011 mit Bescheid vom 17. August 2011, GZ: BMI-1014230/0002-II/3/2011, gemäß § 68 Abs.4 Z1 AVG von Amts wegen für nichtig erklärt. Das Bundesministerium argumentierte, am 24. Dezember 2010 sei die Umsetzungsfrist für die Rückführungsrichtlinie der EU (RL 2008/115/EG) abgelaufen, wodurch die Rückführungsrichtlinie, soweit sie hinreichend bestimmt ist und dem Einzelnen Recht verleiht, unmittelbar anwendbar geworden sei. Die Rückführungsrichtlinie verlange in Artikel 13 unter anderem einen Zugang zu einer unabhängigen Instanz, wie zB dem Unabhängigen Verwaltungssenat. Unter Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 31. Mai 2011, 2001/22/0097-5, kam das Bundesministerium zu dem Ergebnis, dass die Sicherheitsdirektion für die Erlassung des genannten Bescheides sachlich unzuständig gewesen sei und der Berufungswerber daher in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Artikel 83 Abs.2b-VG, verletzt worden sei. Damit sei die Berufung wieder anhängig und sei diese im Hinblick auf das Erkenntnis des VwGH vom 31. Mai 2011, 2011/22/0097-5 an den örtlich zuständigen Verwaltungssenat weiterzuleiten, der für das fortgesetzte Verfahren zuständig sei.

 

 

 

 


Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Berufungswerber wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Georgien.

 

Er reiste am 23. Februar 2004 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Asylantrag. Der Asylgerichtshof wies den Asylantrag im Rechtsmittelverfahren rechtskräftig am 5. Oktober 2010 ab. Der Berufungswerber wurde weiters rechtskräftig aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz erließ gegen den Berufungswerber mit Bescheid vom 9. Juli 2004, AZ: 1046665/FRB, gemäß § 36 Abs.1 sowie Abs.2 Z1 iVm § 37 Fremdengesetz 1997 (FRG) ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich. Die BPD führte begründend aus, der Berufungswerber habe am 24. März 2004 in X einen Trainingsanzug gestohlen, wobei er betreten wurde und, um den Trainingsanzug zu erhalten, zwei sich ihm entgegenstellende Personen zu Boden gestoßen habe. Am 3. Mai 2004 habe er in X in verschiedenen Geschäften insgesamt 5 Diebstähle begangen. Am 4. Juni 2004 sei er vom LG Linz unter Zl. 23 Hv 50/04g wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen, teils räuberischen Diebstahls nach den §§ 127, 130 1. Fall und 131 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, davon 8 Monate bedingt auf 3 Jahre, rechtskräftig verurteilt worden.

 

Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich hat der dagegen erhobenen Berufung mit Bescheid vom 28. Februar 2005, Zl. St 176/04, keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid bestätigt.

 

Es scheinen folgende strafrechtliche Verurteilungen auf:

 

"1) LG Linz am 06.08.2004 (rk 10.08.2004), 23 Hv 72/04t, wegen des Vergehens des versuchten Diebstahles nach §§ 15 Abs. 1, 127 StGB, 3 Monate Freiheitsstrafe;

 

2) BG Urfahr-Umgebung am 22.07.2005 (rk 22.07.2005), 9 U 134/05g, wegen des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahles nach §§ 127, 15 StGB, Freiheitsstrafe 3 Monate;

 

3) LG Linz am 06.12.2005 (rk 06.12.2005), 23 Hv 123/05v, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahles nach §§ 127, 128 Abs. 1 Zi. 4, 129 Zi. 1 und 2, 130 1. und 4. Fall, 15 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 24 Monate;

 

4) LG Linz am 09.11.2009 (rk 09.11.2009), 21 Hv 173/09p, wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Zi. 4, 129 Zi. 1 und 2, 130 4. Fall StGB, des Vergehens der dauernden Sach­entziehung nach § 135 Abs. 1 StGB, und des Vergehens der versuchten Urkunden­unterdrückung nach §§ 15 Abs. 1, 223 Abs. 2 StGB, Freiheitsstrafe 21 Monate.

 

ad 1) Er hat am 05.07.2004 in X eine Digitalkamera im Wert von € 249,- mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

 

ad 2) Er hat fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

 

ad 3) Er hat in X überwiegend durch Einbruch und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, fremde bewegliche Sachen in einem € 3.000,- überstei­genden Wert mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und dabei eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, nämlich den Führerschein des X, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass das Dokument im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes gebraucht werde;

 

ad 4) Er hat fremde bewegliche Sachen in einem € 3.000,- übersteigenden Be­trag jeweils durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zu­eignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Tathandlungen in der Absicht vorgenommen habe, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

 

 

Der Berufungswerber war zuletzt mit Hauptwohnsitz im X von 28. Juni 2011 bis 13. September 2011 mit Hauptwohnsitz gemeldet. Von 12. Oktober 2011 bis 30. Dezember 2011 war er an der Adresse X als obdachlos gemeldet.

 

Abgesehen vom Aufenthalt eines Bruders in Österreich wurden vom Bw keine näheren verwandtschaftlichen oder sonstigen Bindungen behauptet.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Da der Sachverhalt bereits nach der Aktenlage feststeht, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich. Die Feststellungen ergeben sich im wesentlichen schon unstrittig aus dem bekämpften Bescheid. Die strafrechtlichen Verurteilungen sind im – vom Bundesministerium amtswegig behobenen – Berufungsbescheid der SID angeführt. Im Einzelnen wird hier auf die Begründungen in den schriftlichen Urteilsausfertigun­gen verwiesen, die an dieser Stelle zum integrierenden Bestandteil des Bescheides erhoben werden.

Der UVS nahm weiters Einsicht in das Zentrale Melderegister.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, gelten gemäß § 125 Abs.3 FPG idF BGBl. I Nr. 100/2005 als nach diesen Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit der selben Gültigkeitsdauer. Besteht gegen einen Fremden, der am 1. Jänner 2006 Asylwerber ist, ein Aufenthaltsverbot, so gilt dieses Aufenthaltsverbot als Rückkehrverbot. Das Aufenthaltsverbot vom 9. Juli 2004 wurde in diesem Sinne als Rückkehrverbot übergeleitet.

 

Die Bundespolizeidirektion verhängte daraufhin wegen der weiteren Verurteilungen des Berufungswerbers mit dem bekämpften Bescheid ein auf 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot. Das Bundesministerium hat die Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion behoben. Nunmehr hat der Verwaltungssenat als zuständige Behörde zu entscheiden. Zu beachten ist, dass mit dem 1. Juli 2011 das Fremdenrechtsänderungsgesetz (FrÄG 2011), BGBl. I Nr. 38/2011 in Kraft getreten ist.

 

Gem. § 125 Abs. 16 FPG bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBL. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 31. Mai 2011, GZ 2011/22/0097, ausgeführt, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (unabhängig von der Benennung des innerstaatlichen Rechtsinstituts) um eine Rückkehrentscheidung im Sinn des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 und eine Einreiseverbot im Sinn des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt.

 

Eine „Rückkehrentscheidung“ iSd Art 3 Z 4 der Rückführungsrichtlinie ist die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird;

 

Ein „Einreiseverbot“ iSd Art 3 Z 6 der Rückführungsrichtlinie ist die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht;

 

illegaler Aufenthalt  iSd Art 3 Z 2 der Rückführungsrichtlinie ist die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats;

 

Aus dem Verweis des Art 3 Z 2 der Rückführungsrichtlinie auf Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) und den damit verbundenen Schengen-Besitzstand ergibt sich, dass Einreiseverbote iSd Artikel 3 Z 6 der Rückführungsrichtlinie für den gesamten Schengen-Raum gelten.

 

Bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes iSd § 60 FPG idF vor dem 1. Juli 2011 handelt es sich daher um eine Rückkehrentscheidung im Sinn des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum im Sinn des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie. Vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBL. I Nr. 38/2011 erlassene Rückkehrverbote iSd gemäß § 62 idF vor dem 1. Juli 2011 bzw iSd 54 FPG idF BGBl I Nr. 38/2011 gelten nach durchsetzbarer Ausweisung im Asylverfahren gemäß § 54 Abs 9 FPG ebenfalls als Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum.

 

§ 9 Abs 1 Z 1 FPG und § 9 Abs 1a FPG sehen die Zuständigkeit des Verwaltungssenates als Berufungsbehörde grundsätzlich nur im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen sowie bei Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen vor.  Aus dem erwähnten Erkenntnis des VwGH vom  31. Mai 2011, GZ. 2011/22/0097 folgt aber letztlich, dass in Belangen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme – wie z.B. Ausweisung, Aufenthaltsverbot, Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot – auf Grund der unmittelbaren Anwendbarkeit von Art. 13 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 generell der Unabhängige Verwaltungssenat zuständige Berufungsbehörde ist.

 

Gegen einen Asylwerber ist gemäß § 54 Abs 1 FPG ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Das Rückkehrverbot gilt als Entzug des Aufenthaltsrechtes. §§ 12 und 13 AsylG 2005 gelten.

 

Bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 sind gemäß § 54 Abs 2 FPG insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 und § 61 gelten.

 

Ein Rückkehrverbot gemäß Abs. 1 ist gemäß § 54 Abs 3 FPG in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Fremden.

 

Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist gemäß § 53 Abs 2 FPG , vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens

1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist gemäß § 53 Abs 3 FPG für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Die Berufungsentscheidung vom 28. Februar 2005 bezüglich dem Aufenthaltsverbot vom 9. Juli 2004 wurde dem Berufungswerber am 17. März 2005 durch Hinterlegung zugestellt. Zum damaligen Zeitpunkt schienen zwei rechtskräftige Verurteilungen auf (LG Linz 23 Hv 50/2004 g vom 4. Juni 2004 sowie LG Linz 23 Hv 72/2004t vom 6. August 2004, rechtskräftig 10. August 2004). Der Berufungswerber wurde daraufhin weitere dreimal rechtskräftig strafrechtlich verurteilt (BG Urfahr-Umgebung 9 U 134/2005g vom 22. Juli 2005, LG Linz 23 Hv 123/2005v vom 6. Dezember 2005 und LG Linz 21 Hv 173/2009p vom 9. November 2009). Diese – nach Rechtskraft des ersten Verfahrens – erfüllen aufgrund der Dauer der verhängten Freiheitsstrafen eindeutig den Tatbestand nach § 53 Abs.3 Z1 FPG. Das erste Aufenthaltsverbot hielt ihn nicht davon ab, erneut straffällig zu werden. Der Bw war zuletzt obdachlos. Es ist daher zu befürchten, dass er erneut strafbare Handlungen begehen wird, um seinen Unterhalt finanzieren zu können. Sein Aufenthalt stellt daher eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Da mittlerweile eine rechtskräftige Ausweisung im Asylverfahren erfolgt ist, ist der Tatbestand für ein höchstens 10-jähriges Einreiseverbot iSd § 54 Abs.9 iVm § 53 Abs.3 Z1 FPG erfüllt.

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs 1 FPG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Diese Bestimmung gilt gemäß § 54 Abs 2 FPG auch bei Rückkehrverboten.

 

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 61 Abs 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist gemäß § 61 Abs 3 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Jedermann hat gemäß Artikel 8 Abs 1 EMRK Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Artikel 8 Abs 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Aufgrund des mehrjährigen Aufenthalts des Berufungswerbers in Verbindung mit dem Umstand, dass er offenkundig nicht freiwillig ausreisen will, stellt die Verhängung eines Einreiseverbotes durchaus einen Eingriff in das Privatleben des Berufungswerbers dar.

 

Das erste Aufenthaltsverbot konnte den Berufungswerber nicht abhalten, erneut straffällig zu werden. Es ist zu befürchten, dass er neuerlich Vermögensdelikte begehen wird. Im Sinne des öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Straftaten (vgl. Artikel 8 Abs.2 EMRK) ist die Verhängung eines 9-jährigen Einreiseverbotes dringend geboten. Es ist bereits bei einem Wohlverhalten während eines 9-jährigen Einreiseverbotes zu erwarten, dass sich der Berufungswerber nachhaltig gebessert hat. Die Dauer des im bekämpften Bescheid verhängten 10-jährigen Aufenthaltsverbotes ist für diesen Hintergrund zu lange.

 

Der Berufungswerber hat ein 9-jähriges Einreiseverbot im Sinne des öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Straftaten (vgl. Artikel 8 Abs.2 EMRK) hinzunehmen. Das öffentliche Interesse überwiegt sein persönliches Interesse an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet, zumal er abgesehen vom Aufenthalt eines Bruders im Bundesgebiet keinen besonderen Inlandsbezug ins Treffen geführt hat.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Der Berufungswerber befand sich in der Zeit von 28. Juni 2011 bis 13. September 2011 in Schubhaft. Dort wurde ihm am 19. August 2011 der Bescheid des Bundesministeriums vom 17. August 2011 zugestellt. Von 12. Oktober 2011 bis 30. Dezember 2011 war der Berufungswerber bei der X, als obdachlos gemeldet. Seither ist er im Bundesgebiet nicht aufrecht gemeldet. Da ihm der Bescheid des Bundesministeriums am 19. August 2011 zugestellt wurde, hat er davon Kenntnis, dass das Berufungsverfahren wieder anhängig ist. Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies gemäß § 8 Abs.1 Zustellgesetz der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch gemäß § 8 Abs.2 Zustellgesetz vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Da der Berufungswerber zur Zeit nicht aufrecht gemeldet ist, war gemäß § 8 Abs.2 iVm § 23 Abs.1 Zustellgesetz durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch zuzustellen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Разъяснение права и порядка обжалования:

Обжалование данного решения  в обычном порядке не допускается.

 

Указание:

Данное решение может быть обжаловано в Конституционном и/или в Высшем Административном суде земли в течение 6 недель с момента вручения; аппеляция должна быть подана - за исключением предусмотренных законом случаев - уполномоченным адвокатом. За подачу каждого обжалования взимается пошлина в размере 220 евро.

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum