Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101019/2/Fra/Ka

Linz, 07.06.1993

VwSen - 101019/2/Fra/Ka Linz, am 7. Juni 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des E.M., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. K.P. und Dr. R.J. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 23. November 1992, VerkR96.., betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 51e Abs.1 sowie 45 Abs.1 Z3 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Strafkostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft .. hat mit Straferkenntnis vom 23. November 1992, VerkR96.., über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs.3 lit.d StVO 1960, eine Geldstrafe in Höhe von 300 S (im NEF 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil er am 19. Juli 1992 von 14.30 Uhr bis 15.00 Uhr auf der linken Seite des M. etwa auf Höhe des Hauses M. geparkt hat, obwohl es sich um eine Straße mit Gegenverkehr handelt und nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freiblieben. Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

I.2. Gegen das oa. Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung. Der Berufungswerber führt aus, daß es nicht ersichtlich sei, aufgrund welcher Beweismittel die Behörde zu dem gegenständlichen Ergebnis gelangt sei. Die Behörde habe eine Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellungen nicht ausreichend vorgenommen. Es sei auch unrichtig und aktenwidrig, wenn behauptet werde, der Berufungswerber habe es unterlassen, sich in der angegebenen Frist zu rechtfertigen. Der angefochtene Bescheid werde den verfahrensrechtlichen Mindesterfordernissen nicht gerecht, denn die Behörde erster Instanz habe sich in der Begründung darauf beschränkt, auf eine angeblich nicht erfolgte Rechtfertigung des Beschuldigten zu verweisen. Im übrigen werde zu der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung keine Feststellung abgegeben. Aufgrund des Bescheidinhaltes lasse sich nicht erahnen, aus welchen Quellen die Behörde erster Instanz ihr Wissen bezog, welches in dem Straferkenntnis ihren Niederschlag findet. Die Behörde erster Instanz wäre aufgrund der bestehenden Offizialmaxime verpflichtet gewesen, von sich aus die erforderlichen Erhebungen durchzuführen. Sie habe jedoch völlig unreflektiert den Inhalt einer Anzeige wortwörtlich abgeschrieben, wobei völlig offenbleibe, von wem diese Anzeige erstattet wurde, aufgrund welcher Beobachtungen diese Anzeige erfolgte, welche Beweismittel für die Richtigkeit des Anzeigeninhaltes vorhanden seien und warum - generell gesprochen - an der Glaubwürdigkeit des Anzeigeinhaltes keine Zweifel angemeldet werden könnten. Weiters sei der Grundsatz des Parteiengehöres schon deshalb verletzt worden, weil dem Beschuldigten keine ausreichende Möglichkeit gegeben worden sei, sich durch vorherige Akteneinsicht ein Bild von den ihm gegenüber erhobenen Anschuldigungen zu verschaffen, einen rechtsfreundlichen Vertreter zu kontaktieren und alle erforderlichen Schritte zur Wahrung seiner Interessen in die Wege zu leiten. Ein ausführliches meritorisches Eingehen auf die materielle Beurteilung sei derzeit nicht möglich, da dem angefochtenen Bescheid weder eindeutig zu entnehmen sei, von welchem genauen Sachverhalt die Behörde erster Instanz ausgehe, noch welche rechtlichen Überlegungen sie ausgestellt habe. Abgesehen davon sei die Behörde erster Instanz auch dem gemäß § 44a VStG normierten Konkretisierungsgebot nicht nachgekommen, wobei insbesondere wesentliche Tatmodalitäten völlig unbestimmt seien.

I.3. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Sie hat das Rechtsmittel samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Eine Gegenäußerung wurde nicht abgegeben. Durch die Vorlage wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst. Dieser hat, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil sich bereits aus der Aktenlage ergibt, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum § 44a Z1 VStG kommt dem Tatort bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat eine besondere Bedeutung zu. So hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise in seinem Erkenntnis vom 4. Juli 1985, Zl.85/02/0026, judiziert, daß der Tatortbezeichnung "........... straße (nächst der .............)" nicht dem Konkretisierungsgebot in Ansehung einer Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs.1 StVO 1960 nicht Rechnung trägt. Nicht anders verhält es sich im gegenständlichen Fall, wo der Tatort mit "etwa auf Höhe des Hauses M." umschrieben ist; dies insbesondere im Zusammenhang mit der Tatzeit "14.30 Uhr bis 15.00 Uhr", denn es kann in diesem Falle nicht ausgeschlossen werden, daß der Beschuldigte wegen derselben Handlung nochmals zur Verantwortung gezogen werden könnte bzw. hätte werden können. Eine Präzisierung des Tatortes ist, da eine verjährungsunterbrechende taugliche Verfolgungshandlung nicht ergangen ist, wegen Ablaufes der Verfolgungsverjährungsfrist durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr zulässig. Es ist die Erstbehörde darauf hinzuweisen, daß aufgrund der ihr vorliegenden Anzeige eine den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG entsprechende Tatortkonkretisierung ohne weiters möglich gewesen wäre (vgl. die Wortfolge in der Anzeige: "Zufahrtsstraße vom H. zur W.".) Da bereits aus den genannten Gründen von der weiteren Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen war, kann es auf sich beruhen, ob die Erstbehörde tatsächlich sämtliche ihr vom Beschuldigten angelasteten Verfahrensfehler zu verantworten hat.

Die Rechtsrüge des Berufungswerbers betreffend die mangelnden Spruchkonkretisierung im Sinne des § 44a VStG erfolgte jedoch aus den oben genannten Gründen zu Recht.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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