Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730513/3/BP/Jo

Linz, 14.02.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der X, StA des Vietnam, X, Justizanstalt X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 1. September 2011, AZ.: 1060983/FRB, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines Einreiseverbots in der Dauer von 5 Jahren  gegen die Berufungswerberin nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und

der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 68 Abs. 4 AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 1. September 2011, AZ.: 1060983/FRB, wurde gegen die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 52 Abs. 1 iVm. 53 Abs. 1 und 3 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, eine Rückkehrentscheidung und ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum ausgesprochen sowie gemäß § 55  FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass sich die Bw, eine Staatsangehörige des Vietnam, seit dem Jahr 2007 durchgehend in Österreich aufhalte, wobei die erste polizeiliche Meldung mit 19. April 2007 aufscheine. Mit Wirkung vom 14. März 2007 sei ihr erstmals ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" erteilt worden. Dieser sei in weiterer Folge mehrmals verlängert worden, zuletzt gültig bis 8. Juni 2011. Laut FIS habe die Bw vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels keinen Verlängerungsantrag eingebracht.

 

Die Bw sei während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet wie folgt strafgerichtlich verurteilt worden:

 

< LG Linz vom 16. März 2010, zu 25 Hv 16/2010f, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 1. Fall und 15 Abs. 1 StGB, Schuldspruch unter Vorbehalt einer Strafe, Probezeit von 3 Jahren – Jugendstraftat;

 

Dieser Verurteilung liege zugrunde, dass die Bw gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern teils weggenommen und teils wegzunehmen versucht habe, und Zwar:

I.) am 12. Jänner 2010 in X in bewusstem und gewoltem Zusammenwirken mit X

1. den Verfügungsberechtigten der Fa. X einen Büstenhalter im Wert von 14,90 Euro,

2. den Verfügungsberechtigten der Fa. X diversen Modeschmuck im Gesamtwert von 92,15 Euro,

3. den Verfügungsberechtigten der Fa. X Unterwäsche und eine Jeans im Gesamtwert von 74,75 Euro,

4. den Verfügungsberechtigten der Fa. X 2 Haarfärbemitte und eine Wimperntusche im Gesamtwert von 22,87 Euro, wobei die Tat infolge Betretung unterblieben sei.

II.) am 18. November 2009 in Linz den Verfügungsberechtigten der Fa. X Kosmetikartikel im Gesamtwert von 47,97 Euro,

III.) am 25. Oktober 2009 in Linz X eine Packung Zigaretten.

 

< BG Linz vom 17. Juni 2010, zu 14 U 74/2010s, wegen des Vergehens der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB, zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 4 Euro, im Nichteinbringungsfall 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren – Jugendstraftat; die bedingte Strafnachsicht sei am 1. September 2010 widerrufen worden.

 

Dieser Verurteilung liege zugrunde, dass die Bw am 15. Dezember 2009 in X gemeinsam mit X, eine fremde bewegliche Sache beschädigt habe, indem sie die Wände im Warteraum des ÖBB-Bahnhofs in X beschmiert habe, wodurch der ÖBB ein Schaden von 330 Euro entstanden sei.

 

< LG Linz vom 1. September 2010, zu 25 Hv 88/2010v, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 1. Fall und 15 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren – Jugendstraftat;

 

Dieser Verurteilung liege zugrunde, dass die Bw in Linz

I.) fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen habe, sich durch Zueignung dieser Gegenstände unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie in der Absicht gehandelt habe, sich fortlaufend eine Einkommensquelle zu verschaffen

1. am 15./16. Mai 2010

a) Verfügungsberechtigten der "X" 3 Zeitungsständer und –kassen im Gesamtwert von 120 Euro,

b) Verfügungsberechtigten der Fa. "X" 2 Zeitungskassen im Gesamtwert von 6,40 Euro,

c) Verfügungsberechtigten der Fa. "X Zeitungsverlag GmbH" 3 Zeitungsständer und –kassen im Gesamtwert von 33 Euro,

d) Verfügungsberechtigten der Fa. "X" sowie der "X Zeitungsverlag GmbH" Bargeld im Gesamtwert von 6 Euro;

2. am 23./24. Mai 2010

a) Verfügungsberechtigten der Fa. "X" 6 Zeitungsständer und –kassen im Gesamtwert von 75,90 Euro,

b) Verfügungsberechtigten der "X" 2 Zeitungsständer und –kassen im Gesamtwert von 80 Euro,

c) Verfügungsberechtigten der Fa. "X" und "X" Bargeld im Wert von 15 Euro;

3. am 3. Juni 2010 Verfügungsberechtigten der Fa. "X" 2 Zeitungsständer und –kassen sowie 25 Zeitungen im Gesmatwert von 50,30 Euro und Bargeld im Wert von 21 Euro;

4. am 19. Mai 2010 Verfügungsberechtigten der Fa. X Waren im gesamtwert von 103,20 Euro, wobei es beim Versuch geblieben sei;

5. am 17. Juni 2010 Verfügungsberechtigten der Fa. X Bekleidungsstücke im Gesamtwert von 129,75 Euro, wobei es beim Versuch geblieben sei;

II.) am 2. Mai 2010 X. durch Versetzen eines Schlages in das Gesicht, durch Reißen an den Haaren und durch Treten mit den Füßen in Form eines Blutergusses an der Ohrmuschel und einer HWS-Zerrung vorsätzlich am Körper verletzt habe.

 

< LG Steyr vom 24. Mai 2011, zu 10 Hv 20/2011f, wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 15 Abs. 1, 127 sowie 129 Z. 1 und 2 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten – junger Erwachsener.

 

Dieser Verurteilung liege zugrunde, dass die Bw in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit X am 24. März 2011 in Steyr fremde bewegliche Sachen in unbekanntem Wert durch Einbruch mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht habe, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

1. Gewahrsamsträgern des Frisörgeschäftes "X" durch Aufbrechen der Eingangstüre,

2. Gewahrsamsträgern des Juweliergeschäftes "X" durch Einschlagen und Eintreten der Schaufenstervitrine, wobei es jeweils infolge Unvermögens beim Versuch geblieben sei.

 

< LG Linz vom 16. Juni 2011, zu 25 Hv 53/11y, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 2. Fall und 15 Abs. 1 StGB, des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls (großteils) durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Abs. 1, 130 1. und 4. Fall sowie 15  Abs. 1 StGB, des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 und 4 3. Fall StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15 Abs. 1 und 105 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 32 Monaten, Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 StGB, unter Bedachtnahme auf LG Steyr 10 Hv 20/2011f..

 

Dieser Verurteilung liege zugrunde, dass

 

A)

die Bw in bewusstem und gewollten Zusammenwirken mit X durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89) und Gewalt sowie unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, teils abzunötigen bzw. wegzunehmen versucht habe, teils abgenötigt bzw. weggenommen habe, und zwar:

1. am 26. Februar 2011 der Taxilenkerin X. Bargeld in Höhe von zumindest 200 Euro, indem X ihr ein Messer an den Hals gehalten habe, während die Bw ihr die Brieftasche samt Geld entrissen habe,

2. am 1. März 2011 dem Taxilenker X. Bargeld, indem X ihn von hinten ein Messer an den Hals gehalten habe, ihn geschnitten habe und die Bw, wobei sich diese schon ausßerhalb des Taxis aufgehalten habe, angewiesen habe, sich die Geldbörse des Taxilenkers zu schnappen, wobei die Tatvollendung aufgrund der Gegenwehr des X. – er sei weggefahren – unterblieben sei;

 

B)

Verfügungsberechtigten fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Wert, großteils (soweit nachstehend nicht anders angeführt) durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht habe, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei die Bw die durch Einbruch (§ 129 StGB) begangenen Diebstähle in der Absicht begangen habe, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, und zwar:

I.) die Bw in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit X

1. am 23. März 2011 Klaus V als Verfügungsberechtigten des Frisörsalons "X" etwa 200 bis 300 Euro Bargeld durch Einschlagen der gläsernen Eingangstür zum Frisörsalon mit einem Nothammer,

2. am 23. März 2011 Verfügungsberechtigten des Frisörsalons "X" etwa 750 Euro Bargeld durch Einschlagen der gläsernen Eingangstür zum Frisörsalon mit einem Nothammer;

II.) die Bw überwiegend in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dritten Personen

1. zwischen 18. und 19. Juli 2010 X dessen Geldbörse mit 1.000 Euro Bargeld, nicht durch Einbruch,

2. in der Nacht auf den 24. Juli 2010 X. als Verfügungsberechtigten des Frisörgeschäfts "X" zumindest 2.115 Euro, einen Laptop im wert von 1.300 Euro, 2 Sonnenbrillen im Gesamtwert von 415 Euro und eine Herrenarmbanduhr in bislang unbekanntem Wert durch Einsteigen über ein zuvor aufgedrücktes Fenster,

3. in der Nacht auf den 20. September 2010 X  als Verfügungsberechtigtem des "X" in der X Esswaren in geringem Wert durch Einschlagen der gläsernen Eingangstür mit einem Nothammer und den Füßen,

4. in der Nacht auf den 20. September 2010 als Verfügungsberechtigte des Lokales "X" geeignetes Diebsgut durch Einschlagen der gläsernen Eingangstür mit einem Nothammer und den Füßen, wobei es beim Versuch geblieben sei,

5. in der Nacht auf den 20. September 2010 X als Verfügu8ngsberechtigte des Frisörgeschäftes "X" geeignetes Diebsgut durch Einschlagen der gläsernen Eingangstür mit einem Nothammer und den Füßen, wobei es infolge der Betretung beim Versuch geblieben sei,

6. in der Nacht auf den 22. Juli 2010 X als VErfügungsberechtige des "X" 4.140 Bargeld durch Einsteigen über ein zuvor aufgezwängtes Fester,

7. am 21. September 2010 Verfügungsberechtigten der Fa. X einen Schal, einen Gürtel und eine Jacke im Gesamtwert von 54,85 Euro, nicht durch Einbruch, wobei es infolge der Betretung beim Versuch geblieben sei;

 

C)

Die Bw zwischen 25. und 27. Juli 2010 Sachen, die aus einem von anderen Personen verübten Einbruchsdiebstahl in die Fa. "X" stammten, verheimlicht habe, indem sie Computer und Zubehör in ihrer Wohnung gelagert habe, wobei sie gewusst habe, dass diese aus einem Einbruchsdiebstahl herrührten;

 

D)

die Bw Personen am Körper verletzt habe, und zwar:

1. am 16. August 2010 X dadurch, dass sie sie an den Haaren festgehalten, ihr Fußtritte in den Bauch und Faustschläge ins Gesicht versetzt habe, in Form von Prellungen im Bereich der Stirn und des rechten Auges sowie einer Bänderzerrung an der Halswirbelsäule,

2. am 12. März 2011 X dadurch, dass sie sie an den Haaren zu Boden gerissen, ihr einen Kniestoß gegen den Kopf versetzt und auf die am Boden liegende mit den Füßen gegen den Oberkörper, den Hals und den Hinterkopf getreten habe, in Form von Prellungen des Kopfes und des Brustkorbes;

 

E)

Die Bw am 12. März 2011 X. im Zuge der unter D2 geschilderten Tathandlung durch gefährliche Drohung zumindest mit Verletzungen am Körper zu der aus folgender Äußerung erschließlichen Unterlassung genötigt habe: "Wenn du Anzeige bei der Polizei erstattest, bringe ich dich um! Ich schwöre bei meinem toten Vater!"

 

F)

Die Bw am 22. März 2011 X zumindest mit der Zufügung von Körperverletzungen gedroht habe, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem sie ihm eine Faustfeuerwaffe am Hals angesetzt und geäußert habe: "Du legst dich mit den Falschen an, noch einmal ein Wort und ich drücke ab! Und pass auf, was du über Ausländer sagst!"

 

Im Einzelnen verweist die belangte Behörde auf die jeweilgen Urteilsbegründungen.

 

Über die Bw schienen darüber hinaus 9 verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen wegen Art IX Abs. 1 Z. 1 EGVG auf.

 

Mit Schreiben vom 5. August sei die Bw über die beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung bzw. eines Einreiseverbotes informiert, ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und sie zur Bekanntgabe der Familienverhältnisse aufgefordert worden.

 

Zu den Privat- und Familienverhältnissen habe die Bw angegeben, im Jahr 2007 (im Alter von 14 Jahren) nach Österreich gekommen zu sein, da die Mutter bereits seit dem Jahr 2001 in Österreich lebe. Seit ihrer Einreise hätte sie ein Visum, welches sie jährlich verlängern müsse. Aufgrund der Inhaftierung am 1. April 2011 sei ihr dies bis jetzt jedoch nicht möglich gewesen. Ihr Reisepass sei seit ihrer Inhaftierung nicht mehr auffindbar – sie habe jedoch eine Kopie davon.

 

In ihrem Heimatland habe die Bw 4 Jahre Volks- und 4 Jahre Hauptschule absolviert. Sie habe dort bis zu ihrer Einreise nach Österreich bei ihrem Onkel gelebt. Nach der Einreise habe sie noch 1,5 Jahre die Hauptschule besucht, um die deutsche Sprache zu erlernen. Sie verfüge über gute Deutschkenntnisse – in Wort und Schrift. Die Zeugnisse seien jedoch aufgrund mehrerer Umzüge verloren gegangen.

 

Nach dem Schulbesuch habe die Bw diverse Praktika absolviert. 4 Monate lang habe sie als Kellnerin in X gearbeitet, anschließend habe sie diverse AMS-Kurse besucht. Leider sei sie dann erstmals inhaftiert worden. Nach der Entlassung aus der Strafhaft am 21. Jänner 2011 habe sie ca. 1,5 Monate als Kellnerin in X gearbeitet.

 

Laut aktuellem Versicherungsdatenauszug weise die Bw folgende Beschäftigungszeiten auf:

05.02. 2010 bis 28.02. 2010 geringfügig beschäftigte Arbeiterin bei der Fa. X

08.03. 2010 bis 30.04. 2010 und am 08.05. 2010 geringfügig beschäftigte Arbeiterin bei der Arbeitsgemeinschaft für Obdachlos

22.03.bis 23.03. 2011 als Arbeiterin bei der Fa. X GmbH.

 

Die Mutter der Bw sei mit einem österreichischen Staatsangehörigen verheiratet. Die Bw habe auch 2 Halbgeschwister. Zur Mutter bestehe ein sehr guter Kontakt. Sie würde von ihr regelmäßig in der Haft besucht. 

  

1.1.2. Die Bw halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, da sie vor Ablauf des letzten Aufenthaltstitels keinen Verlängerungsantrag gestellt und zudem auch den Magistrat Linz als zuständige Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde nicht von der Unmöglichkeit der persönlichen Antragsstellung informiert habe.

 

Aufgrund der oa. massiven Straffälligkeit und der daraus resultierenden rechtskräftigen Verurteilungen (zuletzt zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 32 Monaten) sei § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG fraglos erfüllt.

 

Die Schwere der vom Verhalten der Bw ausgehenden Gefahr steigere sich noch dadurch, dass sie die Straftaten zumeist in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit anderen Mittätern und auch gewerbsmäßig begangen habe. Insbesondere der Umstand, dass die Bw unter Verwendung einer Faustfeuerwaffe Personen mit dem Leben bedroht habe, um von diesen nicht zur Anzeige gebracht zu werden, zeuge von der enormen kriminellen Energie.

 

Es sei auf die Strafbemessung vom LG Linz zu 25 Hv 53/11y hinzuweisen, wo als erschwerend bewertet worden sei, dass die Bw Tathandlungen, die dieser Verurteilung zugrunde lägen, während anhängiger Strafverfahren und auch während aufgehobener U-Haft begangen habe. Weiters sei das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen, die einschlägigen Vorstrafen und der äußerst rasche Rückfall sowie die Verletzung des Opfers beim Raub als erschwerend berücksichtigt worden. Durch die Art und Häufigkeit der von der Bw begangenen Straftaten und durch ihr gesamtes Fehlverhalten in Österreich, könne es keinem Zweifel unterliegen, dass der weiterer Aufenthalt der Bw im Bundesgebiet zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

 

Betreffend die Abwägung nach § 61 FPG bzw. Art. 8 EMRK führt die belangte Behörde aus, dass die Bw seit 19. April 2007 in Österreich polizeilich gemeldet sei. Ihre Mutter sei – laut ZMR seit Oktober 2002 hier gemeldet. Dem Stiefvater sei im November 2002 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden. Der leibliche Vater sei bereits verstorben. 

 

Bis zum 16. Februar 2010 sei die Bw mit Hauptwohnsitz an der Adresse ihrer Mutter und ihres Stiefvaters gemeldet gewesen. Bereits in der Zeit vom 3. November 2008 bis 7. August 2009 sei die Bw erstmals in einem sozialpädagogischen Wohnheim untergebracht gewesen. In weiterer Folge sei ihr wiederkehrend vom Verein "Soziale Initiative" Unterkunft gewährt worden – dies ab 16. Februar 2010 bis 1. April 2011 mit Hauptwohnsitz. In dieser Zeit sei sie auch von einem diplomierten Sozialarbeiter betreut worden.

 

Unter Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten relativiere sich die Angabe, die Bw habe nach der Hauptschule 4 Monate als Kellnerin bzw. 1,5 Monate in X gearbeitet. Eine berufliche Integration sei ihr nicht gelungen.

 

Aufgrund des über 4-jährigen Aufenthalts und dem Schulbesuch in Österreich bedeute die beabsichtigte fremdenpolizeiliche Maßnahme einen nicht unerheblichen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Bw, der sich allerdings dadurch relativiere, dass es weder der Familie noch den Freunden gelungen sei, die Bw von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Schließlich sei es notwendig gewesen die Bw durch einen Diplomsozialarbeiter zu betreuen. Auch von einer gelungenen sozialen Integration könne also nicht gesprochen werden. Die Bw und ihre Familienangehörigen hätten demnach eine Trennung in Kauf zu nehmen.

 

Eine Reintegration der Bw in ihrem Heimatland erschiene der belangten Behörde – wenn auch erschwert – möglich und zulässig, zumal die Bw bis zu ihrem 14. Lebensjahr dort gelebt habe und – nach Aktenlage – wohl auch bei der Großmutter leben könne.

 

Im Rahmen der Interessensabwägung sei den öffentlichen Interessen eindeutig der Vorzug vor den privaten bzw. familiären Interessen der Bw zu geben.

 

Hinsichtlich der Geltungsdauer des Einreiseverbotes erachtet die belangte Behörde 5 Jahre für erforderlich und angemessen, da frühestens ab diesem Zeitpunkt erwartet werden könne, dass die zur Erlassung der Maßnahme führenden Umstände eine Änderung erfahren könnten.

 

Es folgt noch eine Begründung der Festsetzung der 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Bw rechtzeitig Berufung mit Schreiben vom 15. September 2011.

 

In der Berufung widerspricht die Bw dem erhobenen Sachverhalt in keinster Weise, führt jedoch aus, dass sie durch ihre Mutter nach der Haftentlassung unterstützt werden würde. Zu den Verwandten im Vietnam bestehe schon lange kein Kontakt mehr.

 

Sie habe in der aktuellen Haft das Unrecht ihrer Taten erkannt, sehe nach der Entlassung die Möglichkeit eines Neustarts und ersucht – auch im Hinblick auf ihre Jugend – ihr diese Möglichkeit als letzte Chance zu gewähren.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 26. September 2011 dem UVS des Landes Oberösterreich vor.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG). Auch liegt kein daraufgerichteter Parteienantrag vor.

 

Im Übrigen ist festzuhalten, dass den sachverhaltsbezogenen Vorbringen der Bw, dass der Kontakt zu ihren Verwandten im Vietnam nicht mehr aufrecht ist,  in vollem Umfang Glaubwürdigkeit zugemessen wird, weshalb nach ständiger Rechtsprechung der Höchstgerichte der UVS des Landes Oberösterreich auch aus diesem Grund von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung absehen konnte. 

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 112/2011, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch von der Bw selbst unbestritten, dass sie aktuell über keinerlei Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt und somit grundsätzlich unrechtmäßig aufhältig ist.

 

Dabei ist der belangten Behörde zu folgen, dass die Versäumung der Frist zur Verlängerung des Aufenthaltstitels zu Lasten der Bw zu werten ist, da sie auch aus der Strafhaft heraus die Möglichkeit gehabt hätte, die Aufenthaltsbehörde auf den Umstand der Inhaftierung hinzuweisen, was sie aber – unbestrittener Maßen – unterlassen hatte.

 

Es ist jedoch bei der Beurteilung der Rückkehrentscheidung bzw. des Einreiseverbotes auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen. 

 

3.2.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.2.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige          Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

3.3.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Um so mehr gilt dies, wenn durch das persönliche Verhalten eines Fremden dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet werden. Vorweg ist hier schon auf die massive, sich konstant steigernde Straffälligkeit der Bw zu verweisen, die neben zahllosen, schwerwiegenden Vermögensdelikten, mehrfach wegen Körperverletzung und versuchter Nötigung sowie gefährlicher Drohung rechtskräftig bestraft wurde. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und eine Rückkehrentscheidung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.3.2. Die Mutter der Bw lebt mit dem Stiefvater (der leibliche Vater ist bereits verstorben) und den beiden Halbgeschwistern in Österreich. Die Bw selbst kam im Alter von 14 Jahren im April 2007 nach Österreich und beendete hier ihre Grundschulausbildung. Es kann also davon ausgegangen werden, dass durch die fremdenpolizeiliche Maßnahme ihr Privat- und Familienleben beeinträchtigt wird, wenn auch anzumerken ist, dass die Bw vor der Inhaftierung nicht mehr mit der Mutter bzw. dem Stiefvater im gemeinsamen Haushalt gemeldet war und überdies nunmehr volljährig ist.

 

3.3.3. Zur Aufenthaltsdauer der Bw im Bundesgebiet ist zunächst festzuhalten, dass diese knapp 5 Jahre beträgt, der Aufenthalt weitgehend legal war, die Bw jedoch aufgrund ihrer vielfachen Straffälligkeit nicht unbeträchtliche Zeit in Haft angehalten wurde.  

 

Von einer beruflichen Integration kann im Fall der Bw wohl nicht gesprochen werden, wie sich aus den unter 1.1.1. dieses Erkenntnisses angeführten bloß punktuellen bzw. kurzfristigen Beschäftigungszeiten ergibt.

 

Hinsichtlich der sozialen Integration kann die Bw auf gute Deutschkenntnisse und auf den Abschluss ihrer Grundschulausbildung in Österreich verweisen. Auch ist verständlich, dass sie im Laufe des 5-jährigen Aufenthalts ein gewisses Maß an sozialer Integration erfahren hat, wobei hier aber jedenfalls auf die seit dem Jahr 2009 massiv vorliegende und sich stetig steigernde Straffälligkeit der Bw und den daran knüpfenden Strafvollzug verwiesen werden muss, weshalb dadurch die Annahme einer gelungenen Integration stark beeinträchtigt erscheint. Auch ist zu vermerken, dass die Bw schon frühzeitig – wenn auch leider nicht erfolgreich – durch einen diplomierten Sozialarbeiter betreut werden musste.

 

Die mittlerweile volljährige Bw lebte – laut polizeilicher Meldung – vor ihrer letzten Inhaftierung nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und ihren Halbgeschwistern, weshalb der Eingriff in das Familienleben verhältnismäßig weniger ins Gewicht fällt, als bei Minderjährigen oder bei Personen, die im selben Haushalt mit der Familie leben.

 

Es mag die beabsichtigte fremdenpolizeiliche Maßnahme hinsichtlich der Rückkehr der Bw in ihr Heimatland eine gewisse Härte in sich bergen, zumal sie angibt, die dortigen familiären Beziehungen nicht mehr aufrecht erhalten zu haben, jedoch ist auch festzuhalten, dass die Bw im Vietnam 8 Jahre Grundschule besuchte, die dortige Sprache beherrscht und mit den Sitten und Gebräuchen ihrer Heimat vom Grunde auf vertraut ist. Angesichts des massiven öffentlichen Interesses an der Verwehrung des Aufenthalts im Bundesgebiet, erscheint die oben beschriebene Härte als durchaus zumutbar. Überdies besteht auch die Möglichkeit die allenfalls abgebrochenen Kontakte zu den in der Heimat aufhältigen Familienangehörigen wieder aufzunehmen.

 

Auf die näheren Umstände der von der Bw aufgrund ihrer seit 3 Jahren konstant sich steigernden Straffälligkeit wird später noch einzugehen sein. Es soll aber hier schon auf die unübersehbar große Zahl der strafrechtlich relevanten Sachverhalte vor allem im Bereich der Vermögensdelikte, aber auch auf die diese begleitenden Aggressionsausbrüche in Form der Körperverletzungs-, Nötigungs- und Drohungsdelikte hingewiesen werden. Zudem zeigt sich die negative Einstellung der Bw zu der heimischen Rechtsordnung auch plastisch an den zahlreichen Verwaltungsübertretungen im Bereich des Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG, woraus ersichtlich ist, dass Schwarzfahren für die Bw offenkundig lediglich als Kavaliersdelikt gilt. Angesichts der Massivität der Gefährdung der öffentlichen Interessen ist dieser Punkt im Rahmen der Abwägung besonders schwer zu gewichten. 

 

Das Privat- und Familienleben entstand nicht erst während des Aufenthalts. Auch können den Behörden keine unnötigen Verzögerungen vorgeworfen werden.

 

Interessen von österreichischen Staatsangehörigen oder EWR-Bürgern im Sinne des § 61 Abs. 3 FPG fallen nicht entscheidend ins Gewicht; hier wäre die einzige Bezugsperson der Stiefvater, dessen Interesse am Verbleib der Bw im Bundesgebiet jedoch bei der Abwägung nicht entscheidend ins Gewicht fallen kann.

 

3.3.4. Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den persönlichen Interessen der Bw gegeben werden muss.

 

Die Bw kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

3.4.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung unter Einem ein Einreiseverbot erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für Fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.      wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3      des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs.    1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs.     1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein          bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des   Grenzkontrollgesetzes, des      Meldegesetzes, des          Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des        Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.      wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens         1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.      wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs-        und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich         dabei           nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.      wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich     begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften      rechtskräftig bestraft worden ist;

5.      wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution          geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.      den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es           sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten       Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7.      bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht         ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach      den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben          Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die     Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine           Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig       gewesen;

8.      eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat         und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen          Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft,          zwecks Zugangs zum     heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung          aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene          Partnerschaft berufen, aber mit         dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben    im Sinne des Art. 8 EMRK        nicht geführt hat oder

9.      an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder    Aufrechterhaltung          eines Aufenthaltstitels für den          Erwerb oder die    Aufrechterhaltung eines          unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den        Erwerb der österreichischen     Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum       heimischen Arbeitsmarkt oder zur     Hintanhaltung      aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder     vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens 10 Jahren, in den Fällen der Z. 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.      ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten          Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder         teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten    oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung          beruhenden strafbaren   Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.      ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von   drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.      ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden       ist;

4.      ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder gerichtlich          strafbaren Handlung im sinne dieses Bundesgesetzes oder des     Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder       verurteilt worden ist;

5.      ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten          Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.      aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der          Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB),           Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person   für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

7.      aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der          Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die         öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf      zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die      nationale Sicherheit gefährdet oder

8.      ein Drittstaatsangehöriger öffentlich in einer Versammlung oder durch      Verbreitung von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein           Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

3.4.2. Mit einer Rückkehrentscheidung ist also gemäß § 53 Abs. 1 FPG gleichzeitig ein Einreiseverbot zu verhängen. Bei der Bemessung dessen Dauer hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens 10 Jahren zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

 

Als Fiktion dieser Umstände wird in Z. 1 dieser Bestimmung ua. die – im vorliegenden Fall einschlägige – mehr als sechs Monate teilbedingte strafgerichtliche Verurteilung angeführt. Die Z. 5 bis 8, die eine unbefristete Verhängung rechtfertigen würden, finden auf den vorliegenden Fall – mangels einschlägigen Sachverhalts - somit per se schon keine Anwendung, da mit dem in Rede stehenden Urteil lediglich eine 32-monatige Haftstrafe verhängt wurde, in Z. 5 jedoch eine 5 Jahre übersteigende Freiheitsstrafe erforderlich wäre. Es ist folglich die Dauer des in Rede stehenden Einreiseverbotes von höchstens 10 Jahren zulässig.

 

3.4.3. Es ist – im Hinblick auf die festzusetzende Dauer des Einreiseverbotes sowie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - nun zu prüfen, ob das Verhalten der Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit schwerwiegend zu gefährden.

 

Die Verhinderung von Straftaten gerade im so sensiblen Bereich der Vermögensdelikte, wenn noch dazu in der hier vorliegenden sich steigernden gehäuften und massiven Form gegeben, zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert. Insbesondere kommt dem Schutz vor Gewaltdelikten besondere Bedeutung zu.

 

3.4.4. Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung   ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

 

Es zeugt fraglos von erheblicher krimineller Energie über eine mehrjährige Dauer hinweg Vermögensdelikte zu verüben. Dabei ist ersichtlich, dass der Ausgang der kriminellen Motivation bei kleinen "Ladendiebstählen" gefunden wurde, über Gewerbsmäßigkeit, Einbruchsdiebstähle, die Mitgliedschaft an einer kriminellen Vereinigung und schließlich im schweren bewaffneten Raub mündete. Dazu kommen die Körperverletzungsdelikte, in deren Rahmen die Bw auf am Boden liegende Opfer eintrat und sie an Kopf und Brustkorb verletzte, aber auch Nötigung und gefährliche Drohung, in deren Rahmen die Bw zur Untermauerung ihrer Intentionen mit einer Schusswaffe hantierte.

 

Es scheint der Bw jegliches Mittel recht gewesen zu sein, um sich bereichern zu können bzw. ihren Interessen nachzugehen, dies ohne jegliche Rücksichtnahme auf die Gesundheit anderer oder rechtlich geschützte Werte. Durch die Häufung und Massivität der Begehung der Delikte kann nicht davon ausgegangen werden, dass die kriminelle Motivation bloß punktuell und kurzfristig bestand, sondern von ihr bewusst gewählt wurde.

 

Besonders auffällig ist auch das methodische Vorgehen bzw. die "Spezialisierung" im Rahmen der kriminellen Handlungen, die sich gezielt etwa gegen Frisörsalons richtete.

 

Ein Wohlverhalten im Bundesgebiet kann nicht konstatiert werden. Die Beteuerungen der Bw, sich hinkünftig rechtskonform verhalten zu wollen, scheinen als nicht ausreichend, um einen geänderten Gesinnungswandel dokumentieren zu können. Einem allfälligen Wohlverhalten während der Strafhaft kommt nach der Judikatur der Höchstgerichte keine entscheidende Bedeutung zu.

 

3.4.5. Ohne den Grundsatz in dubio pro reo außer Acht zu lassen, folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten der Bw auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, dem Schutz des Eigentumsrechts und der Gesundheit Dritter   sowie der Verhinderung von Straftaten bildet.

 

3.5. Im Lichte der eben getroffenen Feststellungen scheint die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes für den gesamten Schengenraum im Ausmaß von 5 Jahren unbedingt erforderlich und auch verhältnismäßig. Bei derart gefestigter krimineller Neigung, bedarf es jedenfalls eines beträchtlichen Zeitraums, um von einer geänderten Gesinnung, vom Wegfall des Gefährdungspotentials und somit von einer günstigeren Zukunftsprognose ausgehen zu können. Die belangte Behörde hat bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes offensichtlich schon das von der Bw relevierte jugendliche Alter berücksichtigt, da ansonsten wohl ein längerer Beobachtungszeitraum zulässig gewesen wäre.

 

3.6. Auch, wenn die Gewährung eines 14-tägigen Zeitraums für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG in der Berufung nicht problematisiert wurde, ist anzumerken, dass nach Aktenlage keine Veranlassung besteht, von diesem Spruchpunkt abzugehen.

 

3.7.1. Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen, der angefochtene Bescheid zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

3.7.2. Nachdem die Bw offenkundig der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, konnte auf die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung im Sinne des § 59 Abs. 1 FPG verzichtet werden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

Bernhard Pree

 

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