Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166274/2/Sch/Eg

Linz, 20.02.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn J. G. D.,  geb. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5. August 2011, Zl. VerkR96-19133-2009 Pos, wegen Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.               Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z 1 und Z 3 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5. August 2011, VerkR96-19133-2009 Pos, wurden über Herrn J. D., geb. x, nachstehende Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Folgendes wird ihm zur Last gelegt:

Der Berufungswerber habe am 6.4.2009 in A. auf der B 127, Strkm. 43.005, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen x, LKW,

1)    um 14:15 Uhr, während der Fahrt ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung im Sinne der Verordnung vom 11. Mai 1999, BGBl.Nr. II/152/1999 telefoniert. Dies wurde bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs. 5 StVO festgestellt. Der Berufungswerber habe die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert, obwohl ihm dies angeboten worden war, weshalb er eine Übertretung nach § 102 Abs. 3 5. Satz KFG 1967 begangen habe;

2)    um 14:18 Uhr, bei Straßenkilometer 40.100 der B 127 den Wechsel des Fahrstreifens angezeigt und habe nach Beendigung des Vorhabens die Anzeige nicht beendet und dadurch eine Übertretung des § 11 Abs. 2 letzter Satz StVO 1960 begangen;

3)    um 14.20 Uhr, bei Straßenkilometer 38.100 der B 127 den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht angezeigt, wodurch sich andere Straßenbenützer auf den bevorstehenden Vorgang nicht einstellen konnten und habe dadurch eine Übertretung des § 11 Abs. 2 StVO 1960 begangen.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber folgende Strafen verhängt:

1)    60 Euro Geldstrafe, 27 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 134 Abs. 3c KFG

2)    20 Euro Geldstrafe, 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960

3)    20 Euro Geldstrafe, 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Zu Faktum 1) des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

In der dem Verwaltungsstrafverfahren zugrunde liegenden Polizeianzeige der Polizeiinspektion Rohrbach vom 18. April 2009 findet sich unter der Rubrik "Beweismittel" bzw. "Angaben des Verdächtigen" Folgendes:

Bei der Kontrolle zeigte sich J. G. D. vorerst sehr freundlich und gab auf den Vorhalt des Telefonierens an, ein Spielzeughandy am Ohr gehalten zu haben. Er zeigte auch eines vor. Als GI R. sagte, dass ihm das egal sei, .....".

 

Mit dieser Einwendung hat der Berufungswerber im Ergebnis bestritten, tatsächlich telefoniert zu haben, zumal mit einem Spielzeughandy – im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauches von "Spielzeug" - bloß spielen, aber nicht telefonieren kann. Die amtshandelnden Beamten haben dieses Vorbringen allerdings nicht weiter überprüft.

 

Der Umstand, dass sich ein erwachsener Mensch noch mit Spielzeughandys spielt, ist naturgemäß höchst ungewöhnlich. Beim Berufungswerber ist dieser Einwand allerdings insofern nicht neu, als er ihn schon mehrmals in Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat – erfolglos, da erst spät in den entsprechenden Verfahren - erhoben hatte. Anlässlich einer Berufungsverhandlung wurde dem unterfertigten Mitglied des Oö. Verwaltungssenates auch ein solches Spielzeughandy vorgezeigt. Der Sinn und Zweck, warum der Berufungswerber angeblich oder tatsächlich während des Fahrens zu seinem Spielzeughandy greift und es ans Ohr hält, liegt zwar im rationalen Dunkeln, für den Berufungswerbers selbst dürfte dies aber eine Beschäftigung während des Lenkens von Kraftfahrzeugen sein. Wendet er also Entsprechendes ein, wäre es geboten, gleich vor Ort der Sache nachzugehen. Dies ist gegenständlich, auch nicht im nachfolgenden Verwaltungsstrafverfahren, nicht geschehen. Da die Bestimmung des § 102 Abs. 3 5. Satz KFG 1967 ausdrücklich das Telefonieren und die dazugehörigen erforderlichen Maßnahmen (vgl. VwGH 14.7.2000, 2000/02/0154) verbietet, muss nach der Beweislage feststehen, dass der Betreffende eben ohne Freisprechanlage telefoniert hatte. Dazu bedarf es eines – echten – Mobiltelefons und nicht eines Spielzeughandys.

 

Nach der hier gegebenen Sachlage im Verein mit der beim Berufungswerber anzunehmenden Vorliebe für Spielzeughandys war der Berufung im Zweifel in diesem Punkt Folge zu geben.

 

Zu Fakten 2) und 3) des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Nach der Beweislage kann davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber nach einem Fahrstreifenwechsel nach links vergessen haben dürfte, den Fahrtrichtungsanzeiger, dessen Betätigungseinrichtung offenkundig nicht von selbst in die "Ruhestellung" zurückgeführt wird, selbst auszuschalten. Dadurch kam es zu einer längeren Fahrt, während derer der linke Blinker betätigt war, was von den Meldungslegern bei der Nachfahrt beobachtet wurde. Auch bei der anschließenden Anhaltung, zu welcher der Berufungswerber nach rechts in eine Bushaltestelle eingefahren war, war der Fahrtrichtungsanzeiger noch in Betrieb. Dieser Geschehnisablauf geht aus den zeugenschaftlichen Einvernahmen der beiden amtshandelnden Beamten vom 15. bzw. 21. Jänner 2010 vor der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hervor, wobei auffällt, dass dort ein offenkundig unzutreffendes Vorfallsdatum aufscheint.

 

Der Spruch des Straferkenntnisses – und auch die vorangegangenen Verfolgungshandlungen – entsprechen allerdings in beiden Punkten nicht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Demnach ist im Tatvorwurf zu beschreiben, welche bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung vom Fahrzeuglenker nicht angezeigt wurde und ob bzw. worin die Voraussetzungen für eine solche Anzeigepflicht bestanden (VwGH 17.10.1984, 82/03/0061). Die Erstbehörde begnügt sich demgegenüber in beiden Punkten mit der bloßen Wiedergabe des Gesetzestextes des § 11 Abs. 2 StVO 1960. Damit ist das strafbare Verhalten des Berufungswerbers allerdings nicht ausreichend im Sinne der obzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes definiert. Der Berufung war daher im Ergebnis auch in diesen beiden Punkten Folge zu geben.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

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