Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166429/2/Kei/Bb/Th

Linz, 16.02.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des X, vom 19. Oktober 2011, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 6. Oktober  2011, GZ VerkR96-4402-2011, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

 

 

II.                Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in der Höhe von 20 Euro (= 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 - AVG iVm

§§ 24, 51 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 6. Oktober 2011, GZ VerkR96-4402-2011, wurde über X (den nunmehrigen Berufungswerber) wegen einer Übertretung des § 20 Abs.2 StVO gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 36 Stunden, verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

Dieser Bestrafung liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):


"Sie haben am 12.05.2011 um 16.04 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X in Buchkirchen, Ortsgebiet Oberhocherenz, L 1232, bei km 6,615 in Fahrtrichtung Marchtrenk gelenkt, wobei Sie die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 26 km/h überschritten haben."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 10. Oktober 2011, hat der Berufungswerber rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2011 - Berufung erhoben und beantragt, das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Der Berufungswerber bestreitet weder die Geschwindigkeitsüberschreitung an sich noch das festgestellte Ausmaß der Überschreitung.

 

Er wendet jedoch ein, dass die L 1232 augenscheinlich nicht durch ein auf den ersten Blick geschlossen verbautes Gebiet führe, sodass er sich habe verleiten lassen die Geschwindigkeit im Ortsgebiet zu überschreiten. Dies insbesondere deshalb, da ihm die Ortstafel auf Grund des beidseits der Straße gegebenen Freiseins von Gebäuden, den Eindruck vermittelt habe, das Ortsgebiet schon längst verlassen zu haben. Er sei daher der Überzeugung, dass die Verordnung des Ortsgebietes in diesem Bereich nicht rechtsgültig zustande gekommen sei, zumal auch die vom Gesetz für die Bestimmung von Ortsgebieten erforderliche leichte Erkennbarkeit einer geschlossenen Verbauung nicht gegeben sei. Er habe eine den Anlageverhältnissen der Straße in diesem Bereich angemessene Geschwindigkeit eingehalten.

 

Verfahrensrechtlich sei anzumerken, dass er von der erstinstanzlichen Behörde keine Auskunft über die sachliche Rechtfertigung für die Verfügung des Ortsgebietes erhalten habe und offenbar keine gutachtliche Stellungnahme eines Sachverständigen dazu eingeholt worden sei.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 20. Oktober 2011, GZ VerkR96-4402-2011, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 51 Abs.1 VStG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den zur Entscheidung vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land und in die Berufung.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages der Verfahrensparteien und der Tatsache, dass der für das Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt, unterbleiben.

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt: 

 

Der Berufungswerber lenkte am 12. Mai 2011 um 16.04 Uhr den - auf die X GmbH, mit Sitz in X zugelassen - Kombi mit dem nationalen Kennzeichen X in Buchkirchen, auf der Buchkirchener Straße L 1232, in Fahrtrichtung Marchtrenk.

 

Im Ortsgebiet von Oberhocherenz, bei Strkm 6,615 überschritt er mit seinem Kombi die im Ortsgebiet gemäß § 20 Abs.2 StVO zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nach Abzug der entsprechenden Messtoleranz um 26 km/h. Die Messung der Fahrgeschwindigkeit (gemessene Geschwindigkeit 81 km/h) erfolgte mittels Stand-Radarmessgerät, Type MUVR 6F 691, Messgerät Nr. 03 und wurde fotografisch festgehalten. Das entsprechende Radarlichtbild ist dem Akt angeschlossen.

 

Mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29. Juni 1995, GZ VerkR0203/41/1993 EI/FR wurde die Buchkirchener Straße L 1232 von km 6,550 bis km 6,980 in beiden Fahrtrichtungen zum Ortsgebiet "Oberhocherenz" erklärt.

 

4.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt eine Radarmessung ein taugliches Mittel zur Feststellung von Fahrzeuggeschwindigkeiten dar (VwGH 19. September 1990, 90/03/0136). Es besteht kein Anlass an der gegenständlichen Messung, die durch ein in einer feststehenden Kabine befindliches Radargerät erfolgte, und an der Richtigkeit des Messergebnisses zu zweifeln. Auf dem angefertigten Radarbild ist der vom Berufungswerber gelenkte Kombi als einziges Fahrzeuges im Messbereich abgelichtet und das Kennzeichen des Fahrzeuges und das Messergebnis sind gut ablesbar. Die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers zur Tatzeit wurde im Rahmen einer Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG festgestellt.

 

Auch hat der Berufungswerber weder zur Messung noch hinsichtlich des festgestellten Ausmaßes der Überschreitung Einwendungen erhoben. Er bekundet jedoch Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verordnung des gegenständlichen Ortsgebietes.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren.

 

5.2. Der Berufungswerber lenkte am 12. Mai 2011 um 16.04 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen X im Ortsgebiet von Oberhocherenz, auf der Buchkirchener Straße L 1232, in Fahrtrichtung Marchtrenk. Bei Passieren des Strkm 6,615 wurde die Geschwindigkeit des von ihm gelenkten Kombis mittels stationärem Radarmessgerät mit 81 km/h gemessen.

 

Nach der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29. Juni 1995, GZ VerkR0203/41/1993 EI/FR, wurde die L 1232 von km 6,550 bis km 6,980 in beiden Fahrtrichtungen zum Ortsgebiet "Oberhocherenz" erklärt. Nachdem keine höhere Geschwindigkeit erlaubt bzw. keine niedrigere Geschwindigkeit angeordnet war, beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit gemäß § 20 Abs.2 StVO in diesem Straßenabschnitt 50 km/h. Abzüglich der in Betracht kommenden Messtoleranz (5 km/h bei Messergebnissen mittels Radargeräten unter Tempo 100 km/h) ergibt sich im vorliegenden Fall eine vorwerfbare Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 km/h.

 

5.3. Die Verordnung des gegenständlichen Ortsgebietes erfolgte in Anwendung des § 43 Abs.1 lit.b Z1 StVO nach Anhörung des Landesstraßenverwaltung und der örtlichen Gemeinde im Interesse der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs. Sie trat mit der Anbringung der Hinweiszeichen "Ortstafel Oberhocherenz" und "Ortsende Oberhocherenz" nach § 53 Z17a und Z17b StVO in Kraft. Das gegenständliche Ortsgebiet wurde rechtskonform verordnet und gesetzmäßig – durch die entsprechenden Hinweiszeichen – kundgemacht. Der Unabhängige Verwaltungssenat teilt die Bedenken des Berufungswerbers gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung nicht. Da das Vorbringen des Berufungswerbers keine konkreten Anhaltspunkte für Mängel im Anhörungs- bzw. Ermittlungsverfahren bzw. an der sachlichen Richtigkeit der Verordnung erkennen lässt und sich lediglich auf Vermutungen beschränkt, sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat nicht veranlasst, diesbezüglich weitere Feststellungen und Veranlassungen zu treffen.

 

Eine durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Verordnung ist für den Normunterworfenen nach Maßgabe ihres Inhaltes so lange rechtswirksam, bis sie aufgehoben wird (VwGH 17. Dezember 1982, 82/02/0164). Weder der Bestimmung des § 43 StVO noch einer anderen Norm der StVO kann entnommen werden, dass ein Rechtsanspruch des Einzelnen auf Einsichtnahme in den Verordnungsakt (Verordnungen gemäß § 43 StVO) besteht.

 

5.4. In Anbetracht der genannten Umstände ist der objektive Tatbestand der dem Berufungswerber vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO erfüllt. Zum Verschulden ist anzuführen, dass einem geprüften Kraftfahrzeuglenker wie dem Berufungswerber die sorgfältige Beachtung der Verkehrszeichen zugemutet werden muss. Umstände, welche das Verschulden des Berufungswerbers ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, sodass gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten ausgegangen wird.

 

5.5. Zur Straffestsetzung ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 99 Abs.3 lit.a StVO begeht, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges unter anderem gegen die Vorschriften Bundesgesetz verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen.

 

Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat im angefochtenen Straferkenntnis für das gegenständliche Delikt (§ 20 Abs.2 StVO) eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, festgesetzt.

 

Strafmildernd wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt, straferschwerende Umstände wurden hingegen nicht festgestellt.

 

Darüber hinaus wurden der Strafbemessung die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers zu Grunde gelegt, wobei ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von 1.800 Euro, kein Vermögen und keine  Sorgepflichten angenommen und berücksichtigt wurden. Diesen Werten hat der Berufungswerber nicht widersprochen, sodass von diesen angeführten Grundlagen auch durch den Unabhängigen Verwaltungssenat ausgegangen wird.

 

Die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Fahrgeschwindigkeit dienen der Sicherheit des Straßenverkehrs. Geschwindigkeitsüberschreitungen erhöhen generell die Gefahren im Straßenverkehr, stellen potentielle Gefährdungen für andere Verkehrsteilnehmer dar und sind eine der häufigsten Ursachen für Verkehrsunfälle. Der Unrechtsgehalt derartiger Verstöße ist deshalb als beträchtlich zu qualifizieren, weshalb es sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Überlegungen einer angemessenen Strafe bedarf, um sowohl den Berufungswerber selbst als auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen, dass die sorgfältige Beachtung und Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten im Straßenverkehr von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist der Ansicht, dass die vom Bezirkshauptmann von Wels-Land verhängte Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) tat- und schuldangemessen und auch erforderlich ist, um den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und ihn auf den Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung hinzuweisen. Die Geldstrafe liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und beträgt 13,7 % der möglichen Höchststrafe (726 Euro - § 99 Abs.3 lit.a StVO).

 

Eine Herabsetzung der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe konnte aus den genannten Gründen nicht in Erwägung gezogen werden, weshalb somit spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden war.

 

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch (Spruchpunkt II.) angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Michael  K e i n b e r g e r

 

 

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