Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252820/4/Kü/Ba

Linz, 16.02.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn L S, vertreten durch Dr. X, Dr. X, Rechtsanwälte, X, X, vom 15. April 2011 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 31. März 2011, BZ-Pol-77002-2011, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF        iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991     idgF.

zu II.:   § 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 31. März 2011, BZ-Pol-77002-2011, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 111 iVm § 33 Abs.1 und 1a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) eine Geldstrafe von 365 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafen von 56 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als iSd § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma O T KG, S, W (Arbeitgeberin), welcher für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG ab 01.10.2010

1.      L P, geb. X als Paketzusteller und

2.      N G, geb. X als Zustellerin und Sekretärin (Büroarbeiten)

in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, gegen Entgelt, vollbeschäftigt.

 

Die in Rede stehenden Beschäftigten waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Für die Behörde war im vorliegenden Fall von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen, da Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart wurde und somit ein angemessenes Entgelt gem. § 1152 ABGB als bedungen gilt. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.

 

Obwohl diese Dienstnehmer von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG nicht ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sind, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet."

 

Begründend wurde nach Darstellung der Schriftsätze des erstinstanzlichen Verfahrens festgehalten, dass die objektive Tatseite der Verwaltungsüber­tretung aufgrund des angeführten Sachverhaltes (Angaben in der Anzeige des Finanz­amtes Grieskirchen Wels) als erwiesen anzusehen und vom Beschuldigten nicht geleugnet worden sei.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass der erstinstanzliche Bescheid an elemen­taren Mängeln leide, die eine schlüssige Überprüfung nach den Grundsätzen der juristischen Methodenlehre verhindern würden. Der angefochtene Bescheid enthalte keinerlei Sachverhaltsfeststellungen. Es sei nicht erkennbar, von welchem tatsächlichen Geschehensablauf die Behörde ausgegangen sei.

 

Wenn im angefochtenen Bescheid ausgeführt würde, dass die objektive Tatseite vom Beschuldigten nicht geleugnet würde, sei dies eine aktenwidrige Unrichtig­keit, da in der Rechtfertigung vom 3.3.2011 eindeutig zum Ausdruck gebracht worden sei, dass im vorliegenden Fall keine versicherungspflichtigen Beschäfti­gungsverhältnisse vorgelegen seien, sodass der objektive Tatbestand des angelasteten Delikts gerade nicht verwirklicht worden sei.

 

Die behördlichen Annahmen zur objektiven Deliktsverwirklichung seien daher evident unrichtig. Auch mit der in der Rechtfertigung ausführlich behandelten Problematik der subjektiven Tatseite habe sich die Erstinstanz in keiner Weise auseinander gesetzt. Mangels inhaltlichen Substrats könne daher auch keine nähere konkrete Auseinandersetzung mit dem behördlichen Standpunkt statt­finden, sondern müsse darauf verwiesen werden, dass jedenfalls nach Aufnahme der beantragten Beweise sich ergeben hätte, dass das gegenständliche Delikt weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht verwirklicht worden sei.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat mit Schreiben vom 26. April 2011 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

Dem Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels ist ein Firmenbuchaus­zug der O T KG (Sitz in W, S) angeschlossen. Diesem Auszug ist zu entnehmen, dass der Bw mit Gesellschaftsvertrag vom 30.9.2010 mit den Kommanditisten P L und G N die O T KG gegründet hat, in der der Bw selbst als unbeschränkt haftender Gesellschafter fungiert.

 

Aus der mit dem Bw aufgenommenen Niederschrift vom 13.12.2010 ergibt sich, dass der Kommanditist P L für die O T KG über das Internet eine Reihe von Aufträgen lukriert hat und diese Transportfahrten selbstständig durchge­führt hat. Herr L übernahm die Preisgestaltung für diese Transportfahrten und war zeichnungs- und verfügungsberechtigt für die O T KG. Der Kommanditistin G N kamen die gleichen Berechtigungen wie Herrn P L zu. Ihr Tätigkeitsbereich in der O T KG umfasste Auftrags­annahmen, Büroarbeiten und fallweise auch Zustellfahrten.

 

Diese Tätigkeiten haben P L und G N seit Gründung der O T KG, und zwar ab 1.10.2010 durchgeführt.

 

Aufgrund des Umstandes, dass der mit dem Bw aufgenommen Niederschrift auch zu entnehmen ist, dass sowohl P L als auch N G bei der gewerblichen Sozialversicherung gemeldet gewesen sind, wurde der Bw aufgefordert, dazu entsprechende Unterlagen vorzulegen.

 

Mit Eingabe vom 31. Mai 2011 legte der Bw eine Bestätigung der Sozialver­sicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Oberösterreich, datiert mit 19.5.2011, vor, in welcher festgehalten wird, dass Herr L P, Versicherungsnummer X, in der Kranken- und Pensionsver­sicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) von 1.8.2010 bis laufend und in der Unfallversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) von 1.8.2010 bis laufend pflichtversichert ist. Zudem wurde ein beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister, datiert mit 29.7.2010, vorgelegt, wonach Herr P L Gewerbeinhaber für das Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, wenn die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3 500 kg nicht übersteigt" ist.

 

Hinsichtlich Frau G N teilte die Sozialversicherungsanstalt mit, dass sich Frau N am 1.12.2010 zur Pflichtversicherung nach dem GSVG ange­meldet hat und gemäß ihren Unterlagen sie ab 1.10.2010 eine selbstständige Tätigkeit ausübt. Da sie die Versicherungsgrenze nicht erreicht, ist sie von der Pensionsversicherung nach dem GSVG ab 1.10.2010 und in der Krankenver­sicherung nach dem GSVG vom 1.10.2010 bis 30.11.2010 ausgenommen. Festgehalten wurde, dass die Pflichtversicherung in der GSVG-Krankenversiche­rung mit 1.12.2010 und in der ASVG-Unfallversicherung ab 2.12.2010 beginnt.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich – wie bereits erwähnt – aus den dem Strafantrag beiliegenden Schriftstücken.

 

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.       Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.       Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.       Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.       gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs.2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs­strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs.1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Gemäß § 33 Abs.2 ASVG gilt Abs.1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach § 35 Abs.1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S. dieses Gesetzes u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Nach § 4 Abs.2 ASVG ist als Dienstnehmer anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

5.2. Gemäß den im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen steht fest, dass der im Straferkenntnis als Dienstnehmer bezeichnete P L zum Tatzeit­punkt nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) kranken- und pensionsversichert war. Damit kam aber insoweit die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs.4 Z 1 lit.a ASVG zum Tragen, wonach GSVG pflichtversicherte Personen selbst dann, wenn sich diese aufgrund freier Dienstverträge für einen Dienst­geber im Rahmen eines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, schon ex lege nicht als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs.2 ASVG anzusehen sind.

 

Hinsichtlich N G wird im Punkt 2. des Straferkenntnisses festge­halten, dass diese als Zustellerin und Sekretärin gegen Entgelt vollbeschäftigt wurde. Insofern geht die Erstinstanz – ohne dies näher zu begründen – von einem Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs.2 ASVG aus. Zunächst ist klarzustellen, dass es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keineswegs von vornherein ausgeschlossen ist, dass ein an der Geschäftsführung nicht beteiligter Kommanditist in einem Verhältnis wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit zur KG als Dienstgeberin beschäftigt sein kann und daher auch der Versicherungspflicht nach § 4 Abs.2 ASVG unterliegt (VwGH vom 31.1.2007, Zl. 2005/08/0178).

 

Die Kriterien, die für die Annahme (überwiegender) persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Einzelnen beachtlich sind, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung ausführlich dargelegt. Die persönliche Abhängigkeit charakterisierte der Gerichtshof dabei als weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten, die sich insbesondere in seiner Unterwerfung unter betriebliche Ordnungsvorschriften, seiner Verpflichtung zur Befolgung von Weisungen des Dienstgebers, der Überwachung der Arbeit durch den Dienstgeber und der disziplinären Verantwortlichkeit des Dienstnehmers äußere. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes sind bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung des Gesamtbildes seiner Beschäftigung für die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten vom Dienstgeber - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - allerdings nur die Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen rechtlicher Gestaltung der Beschäftigung. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit. Das Fehlen eines an sich unterscheidungskräftigen Merkmales persönlicher Abhängigkeit lässt im Hinblick darauf, dass schon das Überwiegen genügt, keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass die zu beurteilende Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht unterliegt; es kommt vielmehr darauf an, ob unter Berücksichtigung aller im Einzelfall gegebenen Umstände die Bestimmungs­freiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet ist (vgl. VwGH vom 10.6.2009, Zl. 2007/08/0142, mwN).

 

Der Bw führt in seiner niederschriftlichen Einvernahme beim Finanzamt Grieskirchen Wels am 13.12.2010 aus, dass er selbst bei einer Firma in E vollbeschäftigt ist und er daher den Großteil der Geschäftsabläufe der O T KG Herrn P L übertragen hat. Dieser entscheidet selbst, ob Aufträge angenommen werden, zudem entscheidet dieser auch über die Preisge­staltung. Herr L ist auch zeichnungs- und verfügungsberechtigt. In der weiteren Einvernahme wird vom Bw festgehalten, dass auch Frau G N sämtliche Berechtigungen wie Herr L hat und sich ihre Tätigkeit auf Büroarbeiten bzw. Auftragsannahmen beschränkt, wobei sie entlastungsweise auch Zustellfahrten durchführt. Somit ergibt sich, dass nicht vom Bw selbst über Auftragsannahmen und durchzuführende Fahrten entschieden wird und daher von ihm auch keine Anweisungen gegeben werden oder diesbezüglich Kontroll­befugnisse ausgeübt werden. Zudem ist nicht erkennbar, inwieweit Frau G N, die zeichnungs- und verfügungsberechtigt für die O T KG ist, an Ordnungsvorschriften hinsichtlich Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten gebunden sein soll. Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt daher die Ansicht, dass bei der in der O T KG praktizierten Abwicklung der Geschäftstätigkeit, die bereits dem Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels zugrunde gelegen ist, auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt nicht erkennbar ist, dass Frau G N ihre Tätigkeiten in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit zur KG als Dienst­geberin vorgenommen hat.

 

Ergänzend ist festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichts­hofes (VwGH vom 27. April 2011, Zl. 2009/08/0086) die Behörde, wenn sie wegen der Übertretung des § 33 Abs.1 ASVG eine Strafe verhängt, in der Begründung die Krankenver­sicherungspflicht der Beschäftigung, d.h. einen Entgeltanspruch, der die Gering­fügigkeitsgrenze übersteigt, darzutun hat. Dies bedeutet zumindest die Fest­stellung eines solchen Umfangs der Arbeitsverpflichtung, dass daraus (oder aus den lohnrelevanten Vorschriften des Kollektivvertrags) verlässlich auf einen die Geringfügigkeitsgrenze übersteigenden Anspruchslohn geschlossen werden darf. Gelingt dies nicht, käme nur ein Schuldspruch nach § 33 Abs.1 iVm Abs.2 ASVG in Betracht.

 

Festzuhalten ist, dass weder im Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels (in diesem findet sich die Angabe Entlohnung unbekannt) noch im erstinstanz­lichen Verfahren mehrere Feststellungen über den Umfang der Arbeitspflicht und den damit verbundenen Entgeltanspruch, der die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, enthalten sind bzw. ergeben haben.

 

Es ergibt sich daher aus dem abgeführten Verfahren kein Beweis dahingehend, dass die als Dienstnehmerin bezeichnete N G zur Firma O T KG in einem vollver­sicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden wäre. Insgesamt ist daher festzustellen, dass die Strafbarkeit des Bw mangels Tatbe­standsmäßigkeit nicht gegeben ist, weshalb der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

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