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VwSen-101027/19/Fra/Ka

Linz, 17.01.1994

VwSen-101027/19/Fra/Ka Linz, am 17. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der O.ö. Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr.

Fragner über die Berufung des J, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Johannes H, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 28. Dezember 1992 Zl.VerkR-5290/1992-Vo, betreffend Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, nach der am 21. April 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1 (§ 4 Abs.1 lit.a StVO 1960) und 2 (§ 4 Abs.2 StVO 1960) als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt.

Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums 3 (§ 99 Abs.1 KFG 1967) stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat zum Berufungsverfahren hinsichtlich der Fakten 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, ds insgesamt 1.000 S, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu zahlen.

Hinsichtlich des Verfahrens zum Faktum 3 entfällt die Verpflichtung zur Zahlung eines Kostenbeitrages sowohl zum Verfahren erster Instanz als auch zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1, 51 und 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: §§ 64 Abs.1 und Abs.2 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 28. Dezember 1992, VerkR-5290/1992-Vo, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, 2.) § 4 Abs.2 StVO 1960 und 3.) § 99 Abs.1 KFG 1967, zu 1.) eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden), zu 2.) eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) und zu 3.) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 24. Jänner 1992 um 0.30 Uhr auf der B 137 bei Strkm 8,976 im Ortschaftsbereich B von Grieskirchen kommend in Richtung Wels den PKW in vermutlich alkoholbeeinträchtigten Zustand gelenkt und 1.) nach Verursachung eines Verkehrsunfalles, bei dem sowohl er als auch der andere Unfallbeteiligte leicht verletzt wurden, sohin als eine Person, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand, nach diesem Vorfall die Fahrt ohne anzuhalten fortgesetzt hat, 2.) als Unfallbeteiligter es ebenfalls unterlassen hat, den gegenständlichen Verkehrsunfall sofort der nächsten Gendarmeriedienststelle anzuzeigen, obwohl Personen verletzt wurden und 3.) nach diesem Verkehrsunfall den genannten PKW ohne Beleuchtung auf öffentlichen Straßen bis zum Hause K Nr.1 gelenkt hat, obwohl bei Dunkelheit und dergleichen Fahrzeuge nur bei entsprechender Beleuchtung verwendet werden dürfen.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen. Sie legte das Rechtsmittel dem O.ö. Verwaltungssenat vor und löste dadurch dessen Zuständigkeit aus. Dieser entscheidet, weil jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen nicht verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c VStG).

Beweis wurde erhoben durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21. April 1993 sowie durch ergänzende Erhebungen.

I.3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

I.3.1. Zu den Fakten 1 (§ 4 Abs.1 lit.a StVO 1960) und 2 (§ 4 Abs.2 StVO 1960):

Der Berufungswerber bringt in Fortsetzung seiner Argumentationslinie vor der Erstbehörde im wesentlichen vor, daß ihm die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen mangels Diskretions- und Dispositionsfähigkeit nicht vorwerfbar seien.

Durch das unfallbedingte Anschlagen seines Kopfes an das Seitenfenster des von ihm gelenkten PKW's sei ein Schockzustand eingetreten, der es ihm verunmöglichte, das Unrecht der ihm zur Last gelegten Taten einzusehen und sich dieser Erkenntnis gemäß zu verhalten. Der angefochtene Bescheid verwerfe diesen Einwand unter Hinweis auf das eingeholte Sachverständigengutachten des Amtsarztes der BH Grieskirchen vom 11. September 1992. Dieser Amtssachverständige führe zur Zurechnungsfähigkeit aus: "Weder im übermittelten Schreiben, noch in der Krankengeschichte finden sich irgendwelche Hinweise auf eine Kopfverletzung oder Bewußtlosigkeit des Beschuldigten. Er hat das KFZ nach dem Unfall ohne anzuhalten bis nach Hause fortgesetzt, gab im Krankenhaus auch nicht an, bewußtlos gewesen zu sein und war nach Aussage des Polizeibeamten ansprechbar und orientiert.

Eine Zurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Tat kann daher nicht begründet werden".

Die Erstbehörde habe nun den von ihm gestellten Beweisantrag auf Einholung eines med. Sachverständigengutachtens nicht erledigt, weil sie sich auf die genannte Stellungnahme des Amtssachverständigen stütze. Diese Stellungnahme entspreche jedoch nicht den von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Erfordernissen an ein Sachverständigengutachten: Demnach müsse ein Gutachten erkennen lassen, aufgrund welcher Sachverhaltsprämissen, welche fachlichen Rückschlüsse, aufgrund welcher fachlichen Erkenntnisse getroffen werden. Es müsse eine klare Unterscheidung zwischen Befund und Gutachten vorliegen.

Die eingeholte Stellungnahme erschöpfe sich in der Aussage, daß eine Zurechnungsunfähigkeit zum Tatzeitpunkt der Tat nicht begründet werden könne. Jegliche Begründung dafür, ein zwingender Rückschluß, aufgrund welcher fachlichen Grundlagen und Erkenntnissen diese Schlußfolgerung gezogen werde, sei nicht vorhanden. Insbesondere setze sich der Amtssachverständige über den Umstand hinweg, daß er nahezu für ein Monat aufgrund des Unfalles im Krankenstand war und fünf Tage stationär behandelt worden sei; der Amtssachverständige negiere weiters die in der Diagnose festgestellte Körperverletzung (Prellung der Halswirbelsäule mit seitlicher Verschiebung der Wirbel). Der Befund sei sohin unvollständig aufgenommen. Ein Erfahrungssatz, daß Schockzustände notwendig mit Bewußtlosigkeit einhergehen, wie dies offenbar der Sachverständige vermeine, existiere nicht.

Der Berufungswerber vertritt sohin die Auffassung, daß der Beweisantrag auf Einholung eines med. Sachverständigengutachtens zur Dartuung seiner Schuldlosigkeit an den ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen unmittelbar für die Schuldfrage von Relevanz sei.

Aufgrund der Ausführungen des Berufungswerbers hat der O.ö.

Verwaltungssenat das Ermittlungsverfahren fortgesetzt und insbesondere ein med. Sachverständigengutachten darüber eingeholt, ob dem Beschuldigten zum Tatzeitpunkt die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit fehlte. Der O.ö.

Verwaltungssenat tritt diesbezüglich der Auffassung des Berufungswerbers bei, daß die von der Erstbehörde eingeholte Stellungnahme des Amtssachverständigen nicht den von der Judikatur des Höchstgerichtes aufgestellten Kriterien entspricht. Obwohl es richtig ist, daß der Beschuldigte den von der Erstbehörde verlangten Erstbefund, auf den sich die Krankengeschichte des öffentlichen Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern bezieht, nicht vorgelegt hat, ist andererseits doch davon auszugehen, daß mit der Vorlage dieser Krankengeschichte durch den Beschuldigten mangelndes Verschulden zumindest glaubhaft gemacht wurde, weshalb es der O.ö. Verwaltungssenat für erforderlich hielt, das relevierte Gutachten einzuholen. Das im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erstattete med. Gutachten sowie der Befund der Amtssachverständigen, Frau Dr. H, lautet wie folgt:

"Befund: 1. Sachverhaltsdarstellungen wie im Rahmen der heutigen mündlichen Verhandlung und in den bereits aktenkundigen Zeugenaussagen bzw. Niederschriften erörtert.

2. Aktenkundige Krankengeschichte vom Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, Wels, eingesehen, stationärer Aufenthalt vom 24.1. bis 29.1.1992, Diagnosen: Distorsio columnae vertebralis cervicalis (Zerrung der Halswirbelsäule) und Distorsia articularis manis sinistra (Zerrung am linken Handgelenk). Gutachten: Herr Josef K verursachte am 24.1.1992 gegen 0.30 Uhr einen Verkehrsunfall, wobei er infolge von Glatteis mit seinem PKW ins Schleudern kam und in der Folge mit einem auf der Gegenfahrbahn entgegenkommenden Kleinbus kollidierte. Herr K setzte nach dem Verkehrsunfall die Fahrt fort, ohne an der Unfallstelle anzuhalten. Herr K lenkte sein schwerbeschädigtes Fahrzeug in der Dunkelheit und bei Nässe ca. 2 km nach Hause und stellte dann seinen PKW noch in der Garage ab. Aus diesem Fahrverhalten kann aus med. Sicht abgeleitet werden, daß Herr K längerdauernde zielgerichtete und situationsbezogene Handlungsabläufe, in denen auch gewisse Schwierigkeiten überwunden wurden, vollzogen hat. Insbesondere das geordnete und gewohnte Abstellen des Fahrzeuges in der Garage erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, Wahrnehmungs- und Unterscheidungsvermögen sowie Reaktions- und Beobachtungsfähigkeit und ist nur mit einer intakten Persönlichkeitsstruktur vereinbar. Herr K hat Verkehrssituationen bewältigt, die mit automatisiertem Dahinfahren nicht bewältigt werden können. Im gegenständlichen Fall war die Fahrerflucht perfekt und läßt ein zielgerichtetes und planvolles Handeln erkennen. Diese perfekte Verkehrsunfallflucht mit zielgerichteten Handlungsweisen läßt auf das Vorhandensein derjenigen geistig-seelischen Funktionen schließen, die aber bei einer die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Bewußtseinsstörung nicht mehr verfügbar sind.

Auch der Grad der bei dem Anprall erlittenen Verletzung - es hat sich hiebei lediglich um eine Zerrung der Halswirbelsäule und um eine Zerrung am linken Handgelenk gehandelt - läßt rückschließen, daß die behauptete Bewußtseinsbeeinträchtigung und die Störung der Dispositionsfähigkeit nicht vorgelegen haben.

Zusammenfassend wird festgestellt, daß aus med. Sicht keine objektiven Hinweise auf eine Störung von Dispositions- und Diskretionsfähigkeit vorliegen.

Zur Frage, ob beim Gutachten die Massenkräfte berücksichtigt wurden:

Diese wurden nicht berücksichtigt, es ist aus den zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht ersichtlich, daß überhaupt ein Anprall mit dem Kopf an einem Fahrzeugteil oder an der Windschutzscheibe stattgefunden hat, bei einem stattgehabten Anprall wäre es aus med. Sicht nicht mehr möglich gewesen, ohne anzuhalten, mit dem PKW weiterzufahren.

Zur Frage, ob es auszuschließen ist, daß aufgrund des stattgehabten Unfalls beim Beschuldigten eine Bewußtseinsveränderung zumindest zeitlich in einem zu definierendem Rahmen eingetreten ist, die die Schuldfähigkeit beeinflußten oder beeinträchtigten: Aus den zur Verfügung stehenden Unterlagen, wobei es sich hier einerseits um die Verhaltensweisen und die Krankengeschichte über den stationären Aufenthalt im Krankenhaus Wels handelt, ist eine tiefgreifende Bewußtseinsstörung, welche ev. die Schuldfähigkeit beeinträchtigen könnte, auszuschließen. Ein Unfallschock im med. Sinn, welcher aufgrund einer Kreislaufdisregulation einen akut lebensbedrohenden Zustand darstellt, in dem es unmöglich ist, mit dem PKW weiterzufahren, ist nicht vorgelegen. Es hat sich hiebei höchstens um einen sogenannten Unfallschreck in Verbindung mit der begreiflichen affektiven Erschütterung gehandelt. In einem derartigen Zustand ist pflichtgemäßes Verhalten möglich. Dies gilt auch für die ersten 10 Minuten nach dem Unfall." Der Beschuldigte ist diesem Gutachten nicht entgegengetreten, beantragte jedoch zum Beweis dafür, daß anläßlich des Verkehrsunfalles überdurchschnittlich hohe Massenkräfte auf die Insassen der an dem Unfall beteiligten Fahrzeug aufgetreten sind, und das Unfallereignis als solches eine derart tiefgreifende Bewußtseinsveränderung mit sich gebracht hat, welche bei ihm die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit ausgeschlossen hat, die Einholung eines techn.

Sachverständigengutachtens zu den Massenkräften. Hinsichtlich der aufgeworfenen medizinischen Fragen stellte er die Beibringung eines med. Sachverständigengutachtens in Aussicht, damit er die Möglichkeit habe, dem Amtssachverständigengutachten auf gleicher Ebene entgegenzutreten. Er begründete dies damit, daß die Komplexität des Sachverhaltes und die Kompliziertheit der fachlich zu beantwortenden Fragen dafür sprechen, dies nicht zuletzt deshalb, weil bei gleichgelagerten Sachverhalten medizinisch unterschiedliche Aussagen vorliegen. Dieser Beweisantrag rechtfertige sich auch daraus, weil nicht auszuschließen sei, daß innerhalb eines eingegrenzten Zeitraumes von 10 bis 15 Minuten nach dem Unfallgeschehen eine solche von ihm vorgebrachte Bewußtseinsveränderung vorgelegen habe. Da dieser Beweisantrag plausibel erschien, wurde ihm vom O.ö. Verwaltungssenat stattgegeben.

Was die Frage der Massenkräfte anlangt, so hat hiezu der technische Amtssachverständige Ing. L mitgeteilt, daß hiezu eine Vielzahl von technischen Informationen erforderlich wären, diese jedoch aufgrund des beschriebenen Unfallherganges im Nachhinein nicht mehr ermittelt werden können. Aus technischer Sicht bestehe daher keine Möglichkeit, eine signifikante Aussage darüber zu treffen, welche Massenkräfte auf den Lenker während des gegenständlichen Verkehrsunfalls eingewirkt haben.

Nach Wahrung des Parteiengehörs teilte der Beschuldigte mit Schriftsatz vom 22. November 1993 dem O.ö. Verwaltungssenat mit, daß im Hinblick auf die Aussage des technischen Amtssachverständigen zumindest im Zweifel seine Verantwortung unwiderlegt sei, wonach er zumindest in einer gewissen Zeitspanne unmittelbar anschließend an das Unfallgeschehen nicht dispositions- und diskretionsfähig gewesen sei. Aus dem Gutachten des med. Amtssachverständigen ergebe sich eindeutig, daß die aufgetretenen Massenkräfte nicht berücksichtigt worden seien, der Sachverständige habe auch nicht berücksichtigt, ob, gegebenenfalls welcher Anprall mit dem Kopf gegen ein Fahrzeugteil stattgefunden habe. Jedenfalls aber sei objektiviert, daß er eine massive Körperverletzung erlitten habe, im Zuge dessen auch eine seitliche Verschiebung der Wirbelsäule eingetreten sei. Nicht verifiziert sei weiters die Annahme des Amtssachverständigen, daß er ohne anzuhalten weitergefahren ist. Beweisergebnisse darüber zumindest hinsichtlich eines kurzfristigen Anhaltens etc liegen nicht vor.

Ebensowenig sei objektiviert, daß er sein Fahrzeug in die Garage gestellt hätte. Die hiezu aufgestellte Prämisse des Amtssachverständigen sei durch kein Beweisergebnis verifiziert.

Hingegen sei objektiviert, daß die Beleuchtung an seinem Fahrzeug intakt gewesen sei, weil er, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen war, die Scheinwerfer ausgebaut habe und dabei festgestellt hätte, daß die Beleuchtung noch funktionstüchtig gewesen war. Der Beschuldigte legt auch eine Stellungnahme der gerichtlich beeideten Sachverständigen für Gesundheitswesen, Neurologie und Psychiatrie, Frau Primaria Dr. H, vor, wonach diese feststellt, daß nach Einsicht in die zur Verfügung gestellten Aktenunterlagen der Klient angegeben habe, daß ihm nach dem Unfall jegliches Erinnerungsvermögen gefehlt habe.

Aufgrund der Angaben des Klienten bestehen Beschwerden, die als retrograde Amnesie einzustufen sind.

Der Beschuldigte vertritt sohin die Auffassung, daß gerade durch dieses Beweisergebnis seine Verantwortung erhärtet sei.

Der O.ö. Verwaltungssenat ist unter Zugrundelegung der obgenannten Aussagen gutachtlichen Stellungnahme und Unterlagen in freier Beweiswürdigung zur Überzeugung gelangt, daß der Beschuldigte die ihm zur Last gelegten Übertretungen zu verantworten hat. Er stützt sich hiebei in erster Linie auf das med. Gutachten der Amtssachverständigen Frau Dr. H, welches schlüssig ist und auch vom Beschuldigten nicht in Zweifel gezogen wurde.

Die Behauptung des Beschuldigten, daß beim Unfall überdurchschnittlich hohe Massenkräfte aufgetreten sind, ist objektiv nicht nachvollziehbar. Dies ergibt sich aus der oben zitierten Stellungnahme des techn. Amtssachverständigen, Ing.

L. Die in Aussichtstellung des Beschuldigten, durch Beibringung eines med. Sachverständigengutachtens das bei der Verhandlung erstattete med. Gutachten allenfalls zu entkräften, wurde nicht realisiert. Die Stellungnahme der gerichtlich beeideten Sachverständigen Primaria Dr. H ist ebenso wie das vor der Erstbehörde erstattete Amtssachverständigen-"Gutachten" nicht als solches zu werten. Diese Stellungnahme erchöpft sich lediglich darin, daß nach Einsicht in die zur Verfügung gestellten Aktenunterlagen der Klient angegeben habe, daß ihm nach dem Unfall jegliches Erinnerungsvermögen fehlte, weiters darin, inwieweit aufgrund der Angaben des Klienten die Beschwerden medizinisch einzustufen sind.

Wenn der Beschuldigte weiters releviert, die Annahme der med.

Amtssachverständigen, daß er ohne anzuhalten weitergefahren ist, sei nicht verifiziert, so ist dieser Behauptung beizutreten, der Beschuldigte kann jedoch rechtlich damit nichts gewinnen, denn unbestritten ist, daß der Beschuldigte die Unfallstelle ohne erkennbaren zwingenden Grund mit dem Fahrzeug wieder verlassen hat. Selbst wenn er kurzfristig an der Unfallstelle sein Fahrzeug zum Stillstand gebracht hätte, ist er seiner Anhaltepflicht im Sinne des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 nicht nachgekommen, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß er die für die Einleitung der nach § 4 Abs.1 lit.b und lit.c sowie Absatz 2 vorgesehenen Maßnahmen erforderlichen Schritte gesetzt hat. Der weiteren Behauptung des Beschuldigten, daß auch nicht objektiviert sei, daß er selbst sein Fahrzeug in die Garage gestellt hätte, ist nicht entgegenzutreten, vermag jedoch die Schlüssigkeit des med.

Amtssachverständigengutachtens nicht in Zweifel zu ziehen.

Diesbezüglich ergänzende Erhebungen hält der O.ö.

Verwaltungssenat für entbehrlich, zumal unbestritten ist, daß der Beschuldigte vom Unfallort sein Fahrzeug bis nach Hause gelenkt hat.

Zusammenfassend ergibt sich damit ein eindeutiger Überhang an Indizien, daß die behauptete Bewußtseinsbeeinträchtigung und die Störung der Dispositionsfähigkeit nicht vorgelegen ist.

Ausdrücklich hat die med. Amtssachverständige festgestellt, daß der Beschuldigte Verkehrssituationen bewältigt hat, die mit automatisierten Dahinfahren nicht bewältigt werden können, sodaß selbst die Annahme, daß der Beschuldigte selbst sein Fahrzeug nicht mehr in der Garage abgestellt hat, sondern allenfalls seine Mutter, die Beurteilung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit nichts zu ändern vermag. Die med.

Sachverständige hat auch festgestellt, daß der Grad der bei dem Anprall erlittenen Verletzung rückschließen läßt, daß die behauptete Beeinträchtigung des Beschuldigten nicht vorgelegen ist. Weiters hat sie unstrittig festgestellt, daß, wenn ein Anprall mit dem Kopf von einem Fahrzeugteil oder an der Windschutzscheibe stattgefunden hat, es bei einem solchen Anprall aus med. Sicht nicht mehr möglich gewesen wäre, mit dem PKW weiterzufahren. Im übrigen steht der Aussage des Beschuldigten, daß es ihm erst am 24. Jänner 1992 gegen 6.00 Uhr, als er wach wurde, zu Bewußtsein kam, daß er sich im Krankenhaus befinde, die Zeugenaussage des Gr.Insp. H entgegen, wonach der Beschuldigte, als er ihn ansprach, wußte, daß er sich im Krankenhaus befand und sich auch erinnern konnte, daß er an einem Verkehrsunfall beteiligt war. Der Beschuldigte hat im übrigen den in der Krankengeschichte zitierten Erstbefund nicht vorgelegt, weshalb allenfalls für ihn sprechende aus diesem Befund hervorgehende Kriterien nicht berücksichtigt werden konnten. In dieser Krankengeschichte ist im übrigen vermerkt, daß der Patient nicht bewußtlos war.

Die Berufung erweist sich daher als unbegründet, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zur Strafbemessung: Der O.ö. Verwaltungssenat kann nicht erkennen, daß die Erstbehörde bei der Strafbemessung den ihr von Gesetzes wegen zustehenden Ermessensspielraum überschritten hätte. Die Strafen wurden im untersten Bereich des gesetzlich vorgegebenen Strafrahmens festgesetzt. Es wurden sämtliche Umstände und Erwägungen, wie sie für die Strafbemessung gemäß § 19 VStG erforderlich sind, ausreichend aufgezeigt, weshalb diesen Erwägungen der O.ö. Verwaltungssenat beizutreten vermag.

I.3.2. Zum Faktum 3 (§ 99 Abs.1 KFG 1967):

Es ist durch kein Beweisergebnis verifiziert, daß der Beschuldigte den in Rede stehenden PKW nach dem Verkehrsunfall ohne Beleuchtung auf öffentlichen Straßen bis zum Hause K Nr.1 gelenkt hat. Der Beschuldigte hat diesbezüglich vor dem O.ö. Verwaltungssenat glaubhaft dargelegt, daß, als er vom Krankenhaus nach Hause gekommen ist, er die Leuchten, welche noch intakt waren. Aus diesem Grunde ziehe er den Schluß, daß auch bei seiner Heimfahrt die Leuchten intakt waren. Da § 99 Abs.1 KFG 1967 auf die ordnungsgemäße Funktion der Leuchten und nicht auf die Intaktheit der sie schützenden Gläser abstellt, wird dieser Tatbestand im Zweifel für den Beschuldigten als nicht erwiesen angenommen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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