Linz, 14.02.2012
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Mag. X, c/o Rechtsanwaltskanzlei Mag. X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 05. Jänner 2012, Zl. S 56282/11-3, zu Recht:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungs-werber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten
36 Euro auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).
Rechtsgrundlagen:
Zu I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.
Zu II. § 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in dem Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung des § 103 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 150 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 180 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen, X, auf Verlangen der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, binnen der gesetzlichen Frist von zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Aufforderung vom 30.9.2011 binnen zwei Wochen keine dem Gesetz entsprechende Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Kfz am 8.9.2011 um 15:55 Uhr in der Gemeinde Klaus an der Pyhmbahn, auf der A9, bei StrKm 27.950 in Fahrtrichtung Graz gelenkt habe.
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:
1.1. Die Behörde erster Instanz erachtete die Geldstrafe als der Tatschuld angemessen, wobei sie mangels näherer Angaben von einem Monatseinkommen des Berufungswerbers von 1.500 Euro, keinem nennenswerten Vermögen und "keinen ins Gesicht fallenden Sorgepflichten" ausging.
2. Gegen dieses Straferkenntnis wendet sich der Berufungswerber mit nachfolgenden Berufungsausführungen:
3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mit Blick auf § 51e Abs.3 Z1 VStG unterbleiben.
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt.
Mit h. Schreiben vom 6.2.2012 wurde dem Berufungswerber in Klarstellung der von seinem Berufungsvorbringen abweichenden Aktenlage Parteiengehör gewährt und ergänzend die herrschende Rechtsauffassung, sowie die nicht ersichtliche Verhandlungsnotwendigkeit zur Kenntnis gebracht.
Der Berufungswerber repliziert darauf am 9.2.2012, wobei er sich im Ergebnis dahin äußert sich mit dieser Bestrafung in einem Grundrecht verletzt zu sehen und er diese Sache abermals vor dem EGMR zu bringen beabsichtige. Er verzichtet offenkundig auf die Durchführung einer Berufungsverhandlung indem er vermeint mit einer abweisenden Entscheidung in der Sache zu rechnen.
Die Berufung bleibt daher bloß auf die Lösung einer Rechtsfrage beschränkt, wobei sich aus der Aktenlage der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt.
Im Wege der abtretenden Behörde wurde betreffend des nicht näher markierten Formulars auf Aktenseite 9 (Verfahrenseinstellung) erhoben, dass es sich dabei um eine förmliche Verfahrenseinstellung (mit vorgefertigten und in Kopie vom Sachbearbeiter angebrachten Unterschrift) handelt (h. Aktenvermerk v. 6.2.2012, 10:55 Uhr). Dort wurde irrtümlich das Kästchen (□) betreffend Verfahrenseinstellung nicht gesondert angekreuzt.
4. Sachverhalt gemäß der Aktenlage:
Die verkehrsfehlerberichtigte Fahrgeschwindigkeit des vom Berufungswerber gehaltenen Pkw´s wurde am 8.9.2011 um 15:45 Uhr auf der A9, bei Strkm 27,950 mit 119 km/h festgestellt. In diesem Bereich ist eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h verordnet und kundgemacht.
Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte durch eine sogenannte Radarmessung mittels dem Gerät MUVR 6F 1520.
Am 22.9.2011 wurde gegen den Berufungswerber als Zulassungsbesitzer wegen dieser Geschwindigkeitsüberschreitung eine Strafverfügung erlassen.
Dagegen erhob er fristgerecht am 28.9.2011 einen unbegründet bleibenden Einspruch.
Am 30.9.2011 wurde an den Berufungswerber sodann eine Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers nach § 103 Abs.2 KFG gerichtet. Diese wurde ihm am 3.10.2011 zugestellt. Zu bemerken ist, dass offenbar der anwaltliche Kanzleidatumsstempel unzutreffend auf das Datum "3. Sept. 2011" eingestellt war. Der Poststempel trägt das Datum 3.10.2011.
Der Berufungswerber reagierte darauf nicht.
Bereits in dieser Aufforderung war ein Hinweis auf die Strafbarkeit deren Nichtbeantwortung aufgenommen. Am 11.11.2011 erfolgte schließlich die Verfahrenseinstellung nach dem StVO-Delikt mittels Aktenvermerk.
Mit eben diesem Datum erging dann abermals eine Strafverfügung an den Berufungswerber wegen der von ihm nicht erteilten Lenkerbekanntgabe gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967.
Der dagegen vom Berufungswerber erhobene Einspruch blieb abermals gänzlich unbegründet.
Sodann wurde das Verfahren am 17.11.2011 nach § 29a VStG an die Wohnsitzbehörde (der Bundespolizeidirektion Linz) abgetreten.
Von dort erging an den Berufungswerber mit Bescheid vom 13.12.2011 eine Aufforderung zu Rechtfertigung. Diese wurde ihm am 15.12.2011 zugestellt.
Am 28.11.2011 schaffte die Behörde erster Instanz die Vormerkungen betreffend den Berufungswerber bei. Insgesamt liegen bei dieser Behörde gegen den Berufungswerber seit 2007 14 Vormerkungen vor, wobei sich eine davon als einschlägig erweist.
Auch darauf reagierte der Berufungswerber nicht, sodass letztlich das angefochtene Straferkenntnis erlassen wurde.
Das Beweisergebnis lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass der Berufungswerber offenbar in keiner Phase des Verfahrens geneigt schien daran inhaltlich mitzuwirken.
Vielmehr hängt er der Rechtsmeinung nach sich selbst nicht als Lenker belasten zu müssen und in seinem Schweigen im Recht zu sein.
Dieser Sachverhalt wird vom Berufungswerber ausdrücklich nicht in Abrede gestellt. Ebenfalls wird kein weiteres Beweisvorbringen getätigt und es werden auch keine diesbezüglichen ergänzenden Anträge gestellt.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
Der Berufungswerber verantwortet sich im Ergebnis damit, gemäß den Grundsätzen der EMRK das Auskunftsbegehren nach § 103 Abs.2 KFG nicht zulässig wäre, ja diese als unbeachtlich sehen zu können, weil damit ein Eingriff in den Schutzbereich der Konvention (nemo tenetur) verbunden wäre. Es würden ihm seine Beschuldigtenrechte genommen, weil er zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe noch Beschuldigter des StVO-Verfahrens gewesen sei und er daher iSd Art. 6 Abs.1 EMRK berechtigt dem Auskunftsverlangen nicht nachzukommen bzw. deshalb nicht bestraft werden zu dürfen. Die Behörde hätte vorher die Lenkeranfrage machen dürfen anstatt gleichsam ins Blaue zuerst gegen ihn eine Strafverfügung wegen eines vermeintlich begangenes StVO-Delikt zu erlassen.
Der Berufungswerber erblickt darin auch einen Verstoß iSd § 879 Abs.1 ABGB.
Die Auffassung der Rechtmäßigkeit einer entsprechenden Anfrage vor einer Verfolgung wegen des StVO-Deliktes ist insofern als inkonsequent festzustellen, als eine Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe in jedem der genannten Verfahrensebenen zum Ergebnis einer präsumtiven Selbstbeschuldigung führt. Die vorherige Versendung einer Strafverfügung liegt ausschließlich der Aspekt der Sparsamkeit in der Verwaltung zu Grunde, zumal in aller Regel der Zulassungsbesitzer sein Fahrzeug auch selbst lenkt und auf diese Weise bei logischer Betrachtung ein zeit- u. kostenaufwändiger Zwischenschritt erspart bleibt.
Die Berufungsbehörde übersieht auch keineswegs, dass vereinzelt selbst in h. Erkenntnissen (etwa in VwSen-130759/2/Gf/Mu v. 29.6.2011 mit Hinweis auf 130765 v. 4.6.2010 und zahlreiche weitere Literatur- und Judikaturhinweisen), die Lenkerauskunft mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens und dem Rechts zu schweigen und sich nicht selbst belasten zu müssen, nicht in Einklang festgestellt und inhaltsgleiche Verfahren eingestellt wurden.
Bei den Genannten Entscheidungen handelte es sich um wohl durchaus substanzvolle Einzelmeinungen, nicht jedoch um die Mehrheitsmeinung der mit dem Vollzug dieser Rechtsmaterie befassten Mitglieder des Öö. Verwaltungssenates.
Hier behauptet der Berufungswerber zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens nicht einmal selbst, er hätte sich mit der von ihm begehrten Auskunft etwa selbst belasten müssen. Ebenfalls zeigt er auch nicht konkret auf, dass eine Auskunftserteilung allenfalls zum Nachteil eines nahen Angehörigen geführt hätte.
Wollte er sich etwa auf das Urteil des EGMR v. 10.2.2009, 14393/03 (das sogenannte Zolothukin-Urteil) berufen, vermöchte er damit mit Blick auf die bisherige Judikatur des EGMR weder eine Verfassungs- noch Konventionswidrigkeit des Institutes der Lenkerauskunft nach § 103 Abs.2 KFG 1967 aufzuzeigen.
Unter dem gemeinschafts- u. menschenrechtlichen Aspekt setzte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der auch hier vom Berufungswerber aufgeworfenen Problematik bereits vor elf Jahren auseinander und gelangte zum Ergebnis, die Rezeption der EMR in das Gemeinschaftsrecht durch den EUV keine generelle Verdrängung entgegenstehender nationaler Vorschriften (also über den Bereich der Vollziehung von Gemeinschaftsrecht hinaus) im Zusammenhang mit dem Rechtsinstitut des § 103 Abs.2 KFG bewirkt hätte (VwGH 26.5.2000, 2000/02/0115 mit Hinweis auf die Europäische Kommission für Menschenrechte in der Entscheidung vom 5.9.1989 über die Beschwerden Nrn 15.135/89, 15.136/89 und 15.137/89 (siehe ÖJZ 1990, 216). Darin ist etwa festgestellt worden, dass die Auskunftspflicht nach § 103 Abs 2 KFG nicht gegen Art. 6 MRK (insb. nicht gegen die Unschuldsvermutung nach Art 6 Abs.2 MRK) verstoße.
5.1. Auch in diesem Fall erachtet sich daher die Berufungsbehörde an die im Verfassungsrang stehende Rechtsnorm gebunden, übersieht aber dennoch nicht, dass sich in jüngerer Zeit wieder ein Spannungsfeld zu konventionsrechtlichen Grundsätzen verdeutlichte.
Bislang konnte sich jedoch der EGMR in den doch schon zahlreichen Entscheidungen aber offenbar noch nicht durchringen, sich mit diesem Problemfeld (mit diesen Rechtsinstitut das staatlich legitime Ziel eine Verwaltungsübertretung möglichst leicht verfolgen zu können einerseits, und andererseits das Verbot eines zumindest präsumtiven Zwanges zur Selbstbeschuldigung oder der Tatsache, eine nahe stehende Person der Strafverfolgung zumindest potenziell aussetzen zu müssen) ganz konkret auseinander zu setzen (vgl. etwa Weh gg. Österreich, EGMR v. 8 April 2004 Nr. 38544/97).
5.1.1 Die Normierung des letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG 1967 als sogenannte Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG stehend und (derzeit) nicht im Widerspruch zu Art. 6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof hebt das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, besonders hervor, bemerkt jedoch auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses oder – was hier nicht der Fall zu sein scheint – der Auslieferung einer nahe stehenden Person (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl.: G72/88 u.a.). Nach bisher ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann (vgl. u.a. Erk. vom 29.9. 1993, 93/02/0191).
In diesem Sinne ist auch das Urteil des EGMR v. 8.4.2004, Nr. 38544/97 – Weh gg. Österreich – begründet worden. Danach ist mit der Benennung des Fahrzeuglenkers noch nicht zwingend eine "strafrechtliche Anklage" und damit keine Konventionswidrigkeit hinsichtlich der wohl damit zum Teil verbundenen Durchbrechung des Rechtes im Falle einer drohenden Selbstbeschuldigung schweigen zu dürfen, verbunden. Auch die Entscheidung des EGMR durch dessen große Kammer, wurde in den Fällen O´Halloran und Francis gg. Großbritannien (Beschwerde Nr. 15809/02 bzw. 25624/02) mit 15 zu 2 Stimmen in einer mit der h. Norm vergleichbare britische Regelung ein Verstoß gegen Artikel 6 Abs.1 EMRK ebenfalls nicht gesehen. Dass aber die unter Strafandrohung erzwungene Lenkerbekanntgabe die Grundlage der verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung bildet darf wohl an dieser Stelle auch nicht verschwiegen werden.
Keinen Widerspruch des § 103 Abs.2 KFG 1967 zur EMRK – zumindest nicht aus innerstaatlicher Sicht – sah der Verfassungsgerichtshofes erstmals in dessen Erkenntnis am 29.09.1988, Zl. G72/88.
Dieser Intention folgt der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in seiner herrschenden und diesbezüglich weitgehend einheitlichen Rechtsprechung, weil laut Höchstgericht aus der Sicht der Praxis eine effektive Verkehrsüberwachung sonst nicht ausreichend gewährleistet scheint.
Letztlich ist es auch nicht Aufgabe einer gerichtsförmigen Mittel- und endgültigen Tatsacheninstanz der Verfassungsrechtslage alleine wegen konventionsrechtlicher Bedenken im Ergebnis zu invalidieren. Dies hat gegebenenfalls dem EuGH oder dem innerstaatlichen Verfassungsgesetzgeber vorbehalten zu bleiben!
5.2. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch – StGB sinngemäß anzuwenden.
6. Zur Strafzumessung:
Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der § 134 Abs.1 KFG sieht für Übertretungen dieser Rechtsvorschrift eine Höchststrafe von 5.000 Euro vor. Beim Unrechtsgehalt dieser Verwaltungsübertretung kommt es jedoch nicht auf das Grunddelikt an (VwGH 29.1.2003, 2000/03/0358 mit Hinweis auf VwGH 22. März 1989, 89/02/0005).
Ein Ermessensfehler vermag die Berufungsbehörde trotz der Kreditverbindlichkeiten in Höhe von 50.000 Euro und der bestehenden Sorgepflichten selbst bei einem bloß mit 2.000 Euro angenommenen nicht erblickt werden (vgl. hiezu auch die bei HAUER-LEUKAUF, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4 zitierten Entscheidungen 23b, 24 und 25 zu § 19 VStG). Mit höchster Wahrscheinlichkeit kann bei einem selbständigen Rechtsanwalt von einem deutlich höheren Einkommen ausgegangen werden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r
VwSen-166661/4/Br/Th vom 14. Februar 2012
Erkenntnis
Rechtssatz
KFG 1967 §103 Abs2
Aufgrund des Verfassungsrangs des letzten Satzes in § 103 Abs 2 KFG widerspricht diese Bestimmung nicht dem "nemo-tenetur-Grundsatz" (vgl insb VfGH 29.9.1988, G72/88). Sie steht weder im Widerspruch zum Unionsrecht noch zu der in Art 6 Abs 2 EMRK verankerten Unschuldsvermutung (vgl VwGH 26.5.2000, 2000/02/0115).
Dies gilt auch mit Blick auf die bisher überschaubare höchstgerichtliche Judikatur – abgesehen von vereinzelten h. Emtscheidungen (UVS OÖ 29.6.2011, VwSen-130795/2/Gf und UVS OÖ 4.6.2010, VwSen-130765) – sowie insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Selbstbelastung oder die eines Angehörigen vom Betroffenen zu keinem Zeitpunkt behauptet wird.
Es gilt als rechtspolitisches Anliegen des Gesetzgebers, mit dem Institut des § 103 Abs 2 KFG Verkehrsverstöße relativ leicht ahnden zu können; dies wird vom Gesetzgeber offenbar über den "nemo-tenetur-Grundsatz" gestellt (vgl VwGH 29.9.1993, 93/02/0191).
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VfGH vom 11.06.2012, Zl.: B 383/12-3