Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101032/4/Sch/Rd

Linz, 30.08.1993

VwSen - 101032/4/Sch/Rd Linz, am 30. August 1993 DVR.0690392

B e s c h e i d

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des W.S. vom 23. Dezember 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion W. vom 14. Dezember 1992, Pst.., zu Recht:

Die Berufung wird wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§ 6 Abs.1 und 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion W.hat mit Straferkenntnis vom 14. Dezember 1992, Pst .., über Herrn W.S., wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs.1 Z1 iVm § 101 Abs.1a KFG 1967 eine Geldstrafe von 5.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen verhängt, weil er am 6. Mai 1992 um 16.32 Uhr auf der Innkreisautobahn A8 aus W. kommend zum Grenzübergang S. als Anordnungsbefugter für die Beladung des LKW-Zuges mit dem Kennzeichen LE.. das Fahrzeug Herrn E.R. zum Lenken überlassen und nicht dafür Sorge getragen habe, daß das höchstzulässige Gesamtgewicht von 16.000 kg um 5.500 kg (richtig wohl: nicht) überschritten wurde.

Überdies wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 550 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung beim unabhängigen Verwaltungssenat W. erhoben. Die Berufung wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat Wien unter Hinweis auf den im Spruch angeführten (vermeintlichen) Tatort an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich weitergeleitet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat unter Hinweis auf § 51e Abs.1 VStG folgendes erwogen:

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthält als Umschreibung des Tatortes die Wortfolge "... auf der Innkreisautobahn A8 aus W. kommend zum Autobahngrenzübergang S....".

Unbestritten ist, daß die Beladung des verfahrensgegenständlichen Kraftwagenzuges in W., und zwar auf dem Betriebsgelände der Firma P., erfolgt ist. Nach der Aktenlage ist weiters davon auszugehen, daß der Berufungswerber als Angestellter, und zwar als Betriebsleiter bzw. Spediteur, dieses Unternehmens tätig ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich konnte sich der Rechtsansicht des unabhängigen Verwaltungssenates Wien im Hinblick auf die Frage der Zuständigkeit nicht anschließen und hat die Berufung samt Verfahrensakt unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.1.1993, 92/03/0003, an den unabhängigen Verwaltungssenat Wien übermittelt.

In der Folge wurde die Berufung samt Verfahrensakt wieder anher rückgemittelt, wobei der unabhängige Verwaltungssenat Wien in seinem Schreiben vom 3. Mai 1993, UVS-03/16/03264/92, ua folgendes ausführt:

"Es ist wahrscheinlich so, daß mehr als 99,9% aller derartigen LKW auf Privatgrund beladen werden. Wäre aber nun der Ort der Beladung der Tatort, wäre das Gesetz in ebensovielen Fällen obsolet, weil jene öffentlichen Interessen, deren Schutz das Kraftfahrgesetz dient, selbst dann nicht berührt werden, wenn das Fahrzeug - auf Privatgrund - wegen der Überladung zusammenbrechen oder im Untergrund versinken sollte. Im übrigen vertritt der unabhängige Verwaltungssenat Wien die Ansicht, daß der Hinweis auf die erstinstanzliche Rechtsmittelbelehrung als Indiz für die Zuständigkeit der Berufungsbehörde wohl nicht ganz ernst gemeint sein kann." Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich sieht keinen Grund, warum die zu § 103 KFG 1967 bzw. § 33 GGSt ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf den Ort, an dem der Zulassungsbesitzer oder Halter bzw. eine von ihm beauftragte Person hätte tätig werden müssen, nicht analog auch auf die Bestimmung des § 101 Abs.1a KFG 1967, also auf den verantwortlichen Belader, Anwendung finden sollte. Als Tatort wurde nämlich der Sitz des Unternehmens angenommen, sofern Zulassungsbesitzer (Halter) eines Fahrzeuges eine juristische Person (Unternehmen) war.

Im vorliegenden Fall war der Berufungswerber - zumindest nach der Annahme der Erstbehörde - für die Beladung am Sitz der Firma P., also in W., verantwortlich, weshalb er der Bestimmung des § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967 nur dort zuwiderhandeln konnte, zumindest im vorliegenden Fall, da die Beladung tatsächlich dort erfolgt ist.

Abgesehen davon enthält der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht nur den in Oberösterreich gelegenen Ort der Anhaltung des Lenkers, sondern auch noch die Feststellung, daß der Lenker aus Wien gekommen sei.

Ausgehend von diesen rechtlichen Erwägungen können die Ausführungen im obzitierten Schreiben des unabhängigen Verwaltungssenates Wien nicht unwidersprochen bleiben. Zweifellos wird die Beladung eines Fahrzeuges oftmals auf Privatgrund erfolgen und werden der Zulassungsbesitzer (Halter), der Belader bzw. der Lenker von Privatgrund aus ihre Dispositionen treffen. Entscheidend für das Vorliegen einer Verwaltungsübertretung ist aber allein der Umstand, ob das Tun bzw. Unterlassen dieser Personen Auswirkungen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr hat oder nicht. Dies kann naturgemäß nur dann der Fall sein, wenn das Fahrzeug in der Folge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird. Wenn, wie vom unabhängigen Verwaltungssenat Wien im obgenannten Schreiben angeführt wird, das Fahrzeug auf Privatgrund bereits vor Antritt der Fahrt "zusammenbricht oder im Untergrund versinkt", stellt sich, und hier wird dem unabhängigen Verwaltungssenat Wien beigepflichtet, kein Rechtsproblem im Zusammenhang mit dem Kraftfahrgesetz 1967 mehr. Der Ort der Anhaltung kann als Tatort laut Verwaltungsgerichtshof gesichert nur im Hinblick auf einschlägige Übertretungen des Lenkers angesehen werden.

Würde man der Rechtsansicht des unabhängigen Verwaltungssenates Wien folgen, könnten wohl auch Übertretungen des § 103 Abs.2 KFG 1967 nicht mehr geahndet werden, da der Ort, an dem eine Auskunft nicht oder falsch erteilt wird, oft mit Sicherheit nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, sondern auf Privatgrund (Wohn- bzw. Geschäftsräumlichkeiten des Zulassungsbesitzers) gelegen sein wird. Hier liegt aber eine eindeutige konträre Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hält überdies die hilfsweise bzw. ergänzende Heranziehung einer Rechtsmittelbelehrung eines Straferkenntnisses zur Beantwortung der Frage, welchen Tatort eine Behörde angenommen hat, durchaus für gerechtfertigt, da davon ausgegangen werden kann, daß den Erstbehörden die Bestimmung des § 51 Abs.1 VStG bekannt ist.

Da gemäß dieser Bestimmung zur Entscheidung über eine Berufung jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch (nach hiesiger Ansicht Spruch eines Straferkenntnisses samt Begründung und Rechtsmittelbelehrung) der Behörde erster Instanz sowie laut Akteninhalt die Tat begangen wurde, ist unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen im vorliegenden Fall von einem in Oberösterreich gelegenen Tatort jedenfalls nicht auszugehen (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1991, G 187/91, G 269/91).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt eine Weiterleitung eines Anbringens gemäß § 6 AVG (in diesem Sinne ist das oa Schreiben des unabhängigen Verwaltungssenates Wien zu verstehen) den Eintritt der Entscheidungspflicht jener Behörde, an die weitergeleitet wurde. Diese Rechtswirkungen treten unabhängig davon ein, ob die Weiterleitung rechtens war oder nicht.

Aufgrund der oben dargelegten örtlichen Unzuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich war daher dessen Entscheidungspflicht spruchgemäß durch Zurückweisung der Berufung wahrzunehmen, ohne daß auf das Sachvorbringen selbst einzugehen war.

Zur Information des Berufungswerbers wird noch bemerkt, daß der gegenständliche Zurückweisungsbescheid keine endgültige Entscheidung über seine Berufung darstellt, weil es ihm freisteht, beim unabhängigen Verwaltungssenat Wien auf der Erledigung der Berufung zu beharren, womit eine Entscheidungspflicht dieser Behörde ausgelöst würde (VwGH 14.4.1993, 93/18/0092).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n 6

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