Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281368/20/Kl/TK

Linz, 20.03.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn X, X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 31. Oktober 2011, Ge96-15/14-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 2. Februar 2012 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch des Straferkenntnisses der Arbeitnehmer "X" richtigzustellen ist auf "X",                                                                                                          - die Geldstrafe 4 x 375 Euro (pro Arbeitnehmer),

die Ersatzfreiheitsstrafe 4 x 17 Stunden (pro Arbeitnehmer) und

- die Verwaltungsstrafnorm im Sinn des § 44 a Z 3 VStG "§ 130 Abs. 5 Einleitungssatz ASchG" zu lauten hat.

 

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 300 Euro, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19, 22 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 31. Oktober 2011, Ge96-15/14-2011, wurde über dem Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 69 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs. 5 Z 1 und § 118 Abs. 3 ASchG iVm § 87 Abs. 3 und § 88 Abs. 3 BauV verhängt, weil er als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der X, X, X, X (Sitz der juristischen Person), vertreten im gegenständlichen Strafverfahren durch Herrn Rechtsanwalt X, X, X, nachstehende Verwaltungsübertretung zu verantworten hat:

 

Der Arbeitsinspektor, Herr X hat anlässlich einer Baustellenkontrolle am 11. Mai 2011 auf der Baustelle in X, X, Bauherr X festgestellt, dass 4 Arbeitnehmer der Fa. X, X, X, Herr X, Herr X, Herr X und Herr X auf dem ca. 30 Grad geneigtem Dach bei einer Absturzhöhe von 3,20 m mit der Eindeckung der Dachfläche beschäftigt waren, wobei keine geeigneten Schutzeinrichtungen vorhanden waren. Das aufgebaute "Metallgerüst" war als Dachfanggerüst nicht geeignet.

 

Dadurch wurde § 87 BauV übertreten, wonach bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3,0 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht 4 Arbeitnehmer auf dem gegenständlichen Dach tätig gewesen seien, sondern – wie auf dem Foto ersichtlich – lediglich 3 Arbeitnehmer am gegenständlichen Dach zum Tatzeitpunkt beschäftigt gewesen seien. Es werde die Einvernahme der Arbeitnehmer als Zeugen beantragt. Auch habe der Berufungswerber vor Beginn der Arbeiten veranlasst, dass ein Gerüst aufgestellt und so aufgebaut worden sei, dass es als Dachfanggerüst verwendet werden könne. Der Belag des Gerüstes sei weniger als 1 m unterhalb der Dachkante gelegen und sei zusätzlich an der Gerüstaußenseite eine mindestens 1 m hohe Schutzwand in Form eines Schutznetzes angebracht worden, um einen Absturz von Menschen, Materialien und Geräten zu verhindern.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere auch in die der Anzeige angeschlossenen Fotos, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2012, zu welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter, die belangte Behörde und das zuständige Arbeitsinspektorat geladen wurden und auch tatsächlich teilgenommen haben. Weiters wurden die Zeugen X, X, X, X und X geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass der Berufungswerber handelsrechtlicher Geschäftsführer der X mit dem Sitz in X ist. Der Berufungswerber beschäftigt ca. 10 Mitarbeiter in seinem Betrieb, wovon 8 Mitarbeiter für die Baustellen bestimmt sind. In jeder Partie sind 2 Mitarbeiter. Auf der gegenständlichen Baustelle waren 4 Arbeitnehmer, nämlich X, X, X und X beschäftigt. Auf der gegenständlichen Baustelle X in X sollte die Neueindeckung des Daches und der Einbau von Dachflächenfenster durch den Berufungswerber erfolgen. Das am 11.5.2011 bei der Kontrolle durch X vorgefundene Gerüst wurde von der Firma des Berufungswerbers aufgestellt, allerdings von einer anderen Partie als jener, die am 11.5.2011 angetroffen wurde. Bei der Aufstellung des Gerüstes waren allerdings die Arbeitnehmer X und X dabei. Beide haben keine spezielle Ausbildung für den Gerüstebau, sondern stellen das Gerüst nach ihrer Lebenserfahrung und Berufspraxis auf. So hat der Arbeitnehmer X die Gesellenprüfung für Dachdecker und Spengler, eine gesonderte Ausbildung für Gerüste allerdings nicht. Er führt auch aus, dass es keine bestimmte geschulte Person für den Gerüstebau in der Firma gibt, sondern jeder beim Gerüstaufstellen hilft. Auch ist ihm eine Kontrolle des Gerüstes durch jemanden aus der Firma noch nicht aufgefallen.

Bei der Kontrolle am 11.5.2011 wurde der Arbeitnehmer und Vorarbeiter X auf dem Dach arbeitend an der Vorderseite des Hauses, wo auch der Firmenbus geparkt war, angetroffen, die übrigen Arbeitnehmer X, X und X waren auf der Dachfläche ums Eck mit Arbeiten beschäftigt. Konkret wurden an diesem Tage die Dachflächenfenster eingebaut. Die Arbeitnehmer wechselten sich auch ab, sodass immer auch jemand Material vom Boden holte bzw. zuschnitt, dann aber wieder auf dem Dach arbeitete. Die Absturzhöhe betrug 3,20 m, die Dachneigung ca. 30°. Es wurde ein Metallgerüst vorgefunden, wobei auf der ersten Etage ein Schutzgitter angebracht war, welches – je nach Niveau des Untergrundes – die Oberkante des Schutzgitters bis zur Dachtraufe oder darunter reichte. Darüber befand sich zum Zeitpunkt der Kontrolle keine Gerüststange bzw. Wehr mehr. An der Hausseite um das Eck, wo 3 Arbeitnehmer auf dem Dach angetroffen wurden, war über dem Schutzgitter noch ein Wehr vorhanden. Auch hier reichte das Schutzgitter nicht über die Dachtraufe hinaus. Der Vorarbeiter hat zu Beginn der Arbeiten das Gerüst so aufgebaut vorgefunden und auch nicht mehr weiter überprüft. Nach seinem Darfürhalten war das Gerüst in Ordnung. Allerdings waren auch an der Hausseite, wo er arbeitete, zunächst zwei Wehren über dem Schutzgitter angebracht, allerdings wurden diese für Manipulationsarbeiten der Zimmerer entfernt, weil die Gerüststangen im Weg waren.

Erst nach Beanstandung durch das Arbeitsinspektorat wurde das Schutzgitter höher gesetzt, nämlich auf die oberste Reihe des Metallgerüstes.

Der Berufungswerber hat vor Beginn der Arbeiten die Baustelle besichtigt und auch das errichtete und bei der Kontrolle vorgefundene Gerüst angeordnet. Nach seinen Angaben hat er es auch vor Arbeitsbeginn kontrolliert. Das Gerüst gehört der Firma. Das Gerüst wurde so angeordnet, dass ein festes Schutzgitter an der ersten Etage angebracht ist und darüber noch zwei Wehren angebracht werden. Der Berufungswerber hat dieses Gerüst als ausreichend empfunden, weil die gesetzliche Höhe von 3 Meter nur unwesentlich überschritten wurde auf 3,20 m. Aufgrund der geringen Höhe hat er das Gerüst nicht als gefährlich empfunden, obwohl auch das Schutzgitter nicht im rechten Winkel zur Dachfläche in mind. 60 cm Abstand zur Dachfläche angebracht war.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist aufgrund der im Akt befindlichen Fotos sowie der übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen erwiesen. Auch wurde der Sachverhalt vom Berufungswerber in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten sondern bestätigt. Es konnte daher der Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl.Nr. 450/1994 i.d.F. BGBl. II Nr. 221/2010, (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/In den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 87 Abs. 3 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl.Nr. 340/1994 i.d.F. BGBl. II Nr. 3/2011, müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, wie insbesondere Dachfanggerüste (§ 88).

Wenn Arbeiten auf Dächern gleichzeitig oder aufeinanderfolgend sowohl an der Dachfläche als auch an der Traufe durchgeführt werden, müssen solche Schutzeinrichtungen verwendet werden, die sowohl für die Arbeiten an der Dachfläche als auch für Arbeiten an der Traufe wirksam sind.

Da nach den Sachverhaltsfeststellungen sowohl Arbeiten auf der Dachfläche als auch an der Traufe bzw. am Dachsaum durchgeführt wurden, waren daher jedenfalls Dachfanggerüste gemäß § 88 BauV erforderlich.

Gemäß § 88 Abs. 3 BauV müssen Dachfanggerüste mit einer mind. 1,00 m hohen tragfähigen Schutzwand ausgerüstet sein, deren oberer Rand, gemessen im rechten Winkel zur Dachfläche, einen Abstand von mind. 60 cm von der Dachfläche haben muss. Der Belag des Dachfanggerüstes darf bei Arbeiten im Bereich des Sachsaums nicht mehr als 1,50 m unterhalb des Dachsaums liegen.

 

5.2. Aufgrund des erwiesenen und zugrunde gelegten Sachverhaltes war das am 11.5.2011 vorgefundene Gerüst für die durchzuführenden Dacharbeiten nicht ausreichend. Insbesondere erfüllte es nicht die Anforderungen des § 88 Abs. 3 BauV, wonach der obere Rand des Schutzgitters, gemessen im rechten Winkel zur Dachfläche, einen Abstand von mindestens 60 cm von der Dachfläche haben muss. Es waren daher keine geeigneten technischen Sicherheitseinrichtungen vorhanden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nur zum Zweck von Zimmererarbeiten die über dem Schutzgitter vorgesehenen Wehren nach Verrichtung der Zimmererarbeiten wieder angebracht wurden, bzw. dass an der anderen Hausseite über dem Schutzgitter eine Gerüststange angebracht war. Diese Gerüststangen entsprechen nicht den Schutzvorkehrungen nach der BauV. Darüber hinaus war auch festzuhalten, dass die nach der BauV vorgesehenen Schutzmaßnahmen während der gesamten Tätigkeiten zu treffen sind. Der Berufungswerber als Arbeitgeber hat nach § 155 Abs. 1 BauV dafür zu sorgen, dass die Vorschriften des I., II. und III. Hauptstückes dieser Verordnung sowohl bei der Einrichtung als auch bei der Unterhaltung und Führung der Baustelle entsprochen wird. Auch der Einwand des Berufungswerbers, dass die Höhe nur geringfügig die gesetzliche Höhe von 3,00 m übersteigt, zieht nicht. Gerade auch im Hinblick auf die höhere Neigung des Daches sind die entsprechenden Schutzvorkehrungen einzuhalten. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung einwandfrei erfüllt.

Auch hat das Beweisverfahren einwandfrei ergeben, dass sämtliche im Spruch genannten Arbeitnehmer auf der Dachfläche gearbeitet haben. Zum Arbeitnehmer X ist auszuführen, dass einwandfrei erwiesen ist, dass auch er auf der Dachfläche beschäftigt war. Es handelt sich dabei im Spruch des Straferkenntnisses lediglich um einen Schreibfehler, der entsprechend berichtigt werden konnte.

 

Da die im Spruch namentlich genannten Arbeitnehmer auf dem Dach beschäftigt angetroffen wurden, richtet sich der rechtswidrige Angriff gegen die Gesundheit mehrerer Arbeitnehmer, so dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von vier gesonderten Verwaltungsübertretungen auszugehen ist. Dies gebietet das im § 22 VStG normierte Komulationsgebot. (VwGH vom 26.7.2002, Zl. 2002/02/0037 mit weiteren Judikaturnachweisen, sowie vom 16.12.2005, Zl. 2005/02/0238). Dies war bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

 

5.3. Der Berufungswerber hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinn dieser Judikatur hat daher der Berufungswerber schon kein geeignetes Vorbringen zu seiner Entlastung gemacht. Insbesondere führt er aus, dass er selbst das Gerüst angeordnet hat und vor Arbeitsbeginn kontrolliert hat. Er hat es für in Ordnung befunden, obwohl es nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Dass die tatsächliche Absturzhöhe von 3,2 m nur geringfügig über der gesetzlichen Grenze von 3 m liegt, kann den Berufungswerber nicht entschuldigen. Auch hat das Beweisverfahren ergeben, dass die Arbeitnehmer, die das Gerüst aufgestellt haben, keine Schulung hinsichtlich Gerüstebau erhalten haben, insbesondere auch nicht vom Berufungswerber unterwiesen wurden. Auch gibt es keine speziell ausgebildete Person für den Gerüstebau in der Firma, sondern helfen alle Arbeitnehmer auf der Baustelle beim Aufstellen des Gerüstes mit. Auch ist den Arbeitnehmern nicht aufgefallen, dass das Gerüst noch speziell vor Arbeitsbeginn kontrolliert wird. Es hat daher der Berufungswerber weder in seinem Vorbringen ein mangelndes Verschulden glaubhaft machen können, noch hat er entsprechende Beweise angeboten und beantragt. Es war daher jedenfalls von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat die bisherige Unbescholtenheit strafmildernd gewertet und keine straferschwerenden Umstände berücksichtigt. Auch in der Berufung wurde zur Strafbemessung nichts vorgebracht und kam auch im Berufungsverfahren kein Umstand hervor, der bei der Strafbemessung zu berücksichtigen wäre. Dagegen war auf den besonderen Unrechtsgehalt der Tat hinzuweisen, nämlich dass die besondere Gefährdung der Gesundheit der Arbeitnehmer vorgelegen ist und daher dem Schutzzweck der Norm entgegen gehandelt wurde. Auch ist beim Berufungswerber als Gewerbetreibenden von einem durchschnittlichen Einkommen auszugehen. Sorgepflichten wurden nicht vorgebracht und geltend gemacht. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die nunmehr verhängten Geldstrafen, die im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens gelegen sind, überhöht sind. Vielmehr war die Verhängung der Geldstrafen erforderlich, um den Berufungswerber zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Die Verhängung von gesonderten Geldstrafen für die Übertretung je Arbeitnehmer ist in dem Komulationsgebot nach § 22 VStG begründet. Danach wird je namentlich genannten Arbeitnehmer eine gesonderte Verwaltungsübertretung begangen, so dass je Delikt auch eine gesonderte Geldstrafe und gesonderte Ersatzfreiheitsstrafe zu verhängen ist. Diesem Gebot wurde durch die Spruchkorrektur entsprochen. Hingegen ist der Berufungswerber nicht in seinen Rechten verletzt, zumal die Summe der verhängten Einzelstrafen sowie auch die Summe der verhängten Einzelersatzfreiheitsstrafen nicht über der bisherig verhängten Geldstrafe bzw. Ersatzfreiheitsstrafe gelegen ist.

Da mit Ausnahme der Unbescholtenheit keine weiteren Milderungsgründe vorlagen, war auch kein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe festzustellen, weshalb die außerordentliche Milderung nach § 20 VStG nicht anzuwenden war. Auch lag nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, weil das Verhalten des Berufungswerbers nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts – und Schuldgehalt der Tat zurück bleibt. Es war daher auch nicht die Voraussetzung für ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG gegeben.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind insgesamt 300 Euro, festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung: Kontrollsystem

 

 

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