Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101039/10/Bi/Fb

Linz, 23.04.1993

VwSen - 101039/10/Bi/Fb Linz, am 23. April 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des M.A. vom 25. Jänner 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ..vom 7. Jänner 1993, VerkR96.., aufgrund des Ergebnisses der am 23. April 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch sowie hinsichtlich der verhängten Geldstrafe und des Verfahrenskostenersatzes bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafe aber von 8 Tagen auf 1 Woche, ds 7 Tage, herabgesetzt wird.

II. Ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG, § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft .. hat mit Straferkenntnis vom 7. Jänner 1993, VerkR96.., über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 8.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen verhängt, weil er am 23. November 1991 in der Zeit von 3.50 Uhr bis 4.00 Uhr ein Fahrrad von der Diskothek "Holiday" auf der S.straße , auf der P.und W.Straße und auf dem Unteren und Oberen Stadtplatz in Fahrtrichtung S. bis zum Bereich des L. Tores gelenkt hat, wobei an ihm eine lallende Aussprache, stark gerötete Augenbindehäute und Alkoholgeruch aus der Atemluft festgestellt wurde (bei der Fahrt mit dem Fahrrad fuhr er im übrigen in Schlangenlinien und benötigte die gesamte Fahrbahnbreite), und er am 23. November 1991 gegen 4.12 Uhr am Gendarmerieposten S. die von einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht verlangte Untersuchung der Atemluft auf Alkohol verweigert hat (zu kurz in das Alkomatgerät hineingeblasen hat, sodaß kein Ergebnis zustandekommen konnte). Gleichzeitig wurde ihm ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz von 800 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG). Am 23. April 1993 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seiner Lebensgefährtin S. E., sowie des Zeugen RI F.M. durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er sei nicht damit einverstanden, daß Verständigungsschwierigkeiten einer Verweigerung gleichgesetzt werden, da er die Alkoholprobe in keiner Weise verweigert und auch gegen eine Blutprobe nichts einzuwenden gehabt hätte. Er habe am 22. November 1991 abends ein Gasthaus in S. besucht, sei dann zu Hause gewesen und sei dann mit dem Fahrrad von S. nach S. gefahren, wozu er ca. 1 Stunde benötigt hätte. Er habe versucht, die Diskothek zu finden und dabei sei ihm ein Gendarmerieauto entgegengekommen, das ihn aber nicht angehalten habe. Dann sei er im Bereich des Tores angehalten worden und er habe den Beamten größtenteils nicht verstanden, nur daß er eine Alkoholkontrolle machen solle. Ende 1991 habe er kaum Deutsch verstanden, da er am Arbeitsplatz und in der Wohnung fast ausschließlich mit türkischen Kollegen zusammen gewesen sei. Er sei mit dem Gendarmerieauto auf den Posten gebracht worden und habe dort versucht zu erklären, daß er auf der Suche nach einer Diskothek gewesen sei. Da kein Dolmetscher eingesetzt wurde, sei dies offensichtlich falsch interpretiert worden. Er habe ein Alkoholmeßgerät nie zuvor gesehen und wisse auch jetzt nicht richtig, wie es funktioniere. Der Beamte habe es ihm vorgemacht und er habe einige Male probieren müssen, bevor das Gerät eingeschaltet wurde. Der Beamte sei sehr nervös gewesen und nach dem vierten oder fünften Test habe er ihm gesagt, er sei fertig und könne gehen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Meldungsleger RI F. M. zeugenschaftlich einvernommen wurde.

4.1. Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung stellt sich für den unabhängigen Verwaltungssenat der Vorfall so dar, daß der Rechtsmittelwerber am genannten Tag um ca. 3.50 Uhr als Lenker eines Fahrrades im Bereich des ÖAMTC-Stützpunktes, Fahrtrichtung stadteinwärts, dem im Funkstreifenwagen befindlichen Meldungsleger entgegenkam, wobei dieser feststellte, daß der Radfahrer die halbe Fahrbahnbreite brauchte, sodaß er ausstieg und diesen darauf aufmerksam machte, er solle das Fahrrad schieben. Der Radfahrer habe dann sein Fahrrad geschoben und kam dem Meldungsleger einige Minuten später im Bereich des L. Tores wieder fahrend entgegen. Daraufhin blieb der Meldungsleger stehen, hielt den Rechtsmittelwerber an und kontrollierte ihn. Dabei fielen ihm Alkoholisierungssymptome wie starker Alkoholgeruch aus dem Mund und gerötete Augen auf. Die Frage nach seinem Alkoholkonsum beantwortete der Rechtsmittelwerber mit ca. 5 Bier und Rüscherl, wobei er dieses Wort nicht zur Gänze aussprechen konnte, jedoch die Frage des Meldungslegers ob er Rüscherl meine, bejahte. Der Aufforderung, zum Gendarmerieposten S. zwecks Alkotest mitzukommen, hat der Rechtsmittelwerber Folge geleistet. Beim Gendarmerieposten hat der Meldungsleger dem Rechtsmittelwerber nicht nur die Vorgangsweise beim Alkotest erklärt, sondern auch gezeigt, indem er selbst in das Röhrchen hineingeblasen und ihm erklärt hat, daß bei Beginn des Hineinblasens ein Pfeifton ertöne und daß er erst zu blasen aufhören solle, wenn ihm der Meldungsleger "stop" sage oder eine bestimmte Handbewegung mache. Nach Auffassung des Meldungslegers hat der Rechtsmittelwerber diese Erklärung verstanden. Der Rechtsmittelwerber hat insgesamt vier Blasversuche durchgeführt, die durch den der Anzeige beigelegten Meßstreifen dokumentiert sind. Demnach hat der Rechtsmittelwerber zwischen 4.08 Uhr und 4.12 Uhr vier Blasversuche unternommen, bei denen er zwischen 0,3 l und 0,8 l Luft in einer Blaszeit von 1 bis 2 sec in das Gerät blies. Alle vier Blasversuche wurden als Fehlversuch wegen zu kurzer Blaszeit ausgewiesen.

Der Meldungsleger hat das Verhalten des Rechtsmittelwerbers so beschrieben, daß dieser zwar in das Mundstück hineinblies, jedoch nach Ertönen des Pfeiftones das Mundstück aus dem Mund nahm und die Luft hinausgeblies. Nach jedem Fehlversuch habe er ihm erklärt, er solle das Mundstück im Mund lassen, wobei der Rechtsmittelwerber jedes Mal ja gesagt, sich aber nicht anders verhalten habe. Nach dem vierten Blasversuch habe er ihm dann erklärt, daß sein Verhalten als Verweigerung des Alkotests anzusehen sei und in der Strafbarkeit einer Alkoholisierung gleich komme. Herr A. habe den Meßstreifen unterschrieben und sich nicht zum Vorwurf der Verweigerung des Alkotests geäußert.

Im Rahmen der Verhandlung wurde vom Meldungsleger der Eichschein des verwendeten Alkomaten W02-396 vorgelegt, aus dem hervorgeht, daß das Gerät vor dem Vorfall zuletzt am 12. September 1991 geeicht wurde. Konkrete Anhaltspunkte für eine eventuelle Funktionsuntüchigkeit des Geräts hat der Rechtsmittelwerber nicht vorgebracht. Er hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgebracht, er habe am Abend vorher Alkohol getrunken, aber nicht unmittelbar vor dem Radfahren; die Alkoholangaben in der Anzeige seien nicht richtig. Er habe schon verstanden, daß er in das Mundstück hineinblasen solle, bis der Meldungsleger "stop" sage bzw. ihm das Ende mit einer Handbewegung anzeige. Er habe nach bestem Wissen und Gewissen hineingeblasen. Ein verwertbares Meßergebnis sei aber nicht zustande gekommen. Die Konsequenz des Nichtzustandebringens des Tests sei ihm nicht in dieser Weise bewußt gewesen. Er habe nach dem Vorfall gedacht, es sei erledigt.

4.2. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Die Voraussetzungen für die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung mittels Alkomat waren im gegenständlichen Fall deshalb gegeben, weil der Rechtsmittelwerber als Lenker eines Fahrrades auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr angetroffen wurde und Alkoholisierungssymptome, insbesondere Alkoholgeruch aus dem Mund, aufgewiesen hat. Am Wahrheitsgehalt der Aussagen des Meldungslegers über den ihm vom Rechtsmittelwerber geschilderten Alkoholkonsum besteht kein Zweifel, zumal der Rechtsmittelwerber selbst angegeben hat, am Abend vorher Alkohol getrunken zu haben. Die Vorgangsweise bei der Durchführung des Alkomattests wurde dem Rechtsmittelwerber auch nach eigenen Angaben hinreichend erklärt und sogar vorgezeigt, sodaß das Nichtzustandekommen eines verwertbaren Meßergebnisses nicht auf Verständigungsschwierigkeiten oder mangelnde Erklärung durch den Meldungsleger zurückzuführen ist. Bereits aus dem Meßstreifen läßt sich ersehen, daß der Rechtsmittelwerber bei jedem einzelnen Versuch zu früh abgesetzt hat, wobei er auch nur eine äußerst geringe Luftmenge, nämlich maximal 0,8 l, hineingeblasen hat. Die Schilderung des Meldungslegers über das Verhalten des Rechtsmittelwerbers beim Alkotest im Hinblick auf das Absetzen des Mundstückes nach Beginn des Pfeiftones ist somit schlüssig, während der Rechtsmittelwerber keine logische Erklärung für das Nichtzustandebringen eines gültigen Meßergebnisses geben konnte. Gesundheitliche Einwände wurden nicht vorgebracht.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt daher die Auffassung, daß der Grund für das Nichtzustandekommen eines verwertbaren Untersuchungsergebnisses in der Person des Rechtsmittelwerbers gelegen ist, zumal die Erklärungen der Vorgangsweise durch den besonders geschulten und behördlich ermächtigten Meldungsleger ausreichend waren und keine Anhaltspunkte für eine eventuelle Fehlfunktion des Alkomaten vorliegen. Der Auffassung des Rechtsmittelwerbers, er habe nach Abschluß des Alkotests gedacht, die Angelegenheit sei nun erledigt, vermag der unabhängige Verwaltungssenat nicht zu folgen, da der Rechtsmittelwerber, der immerhin seit September 1990 in Österreich wohnt und arbeitet, verpflichtet gewesen wäre, sich vor dem Lenken eines Fahrrades und damit der Teilnahme am Straßenverkehr über die maßgebenden Bestimmungen zu informieren, wozu auch - selbst bei einem Moslem - die Alkoholbestimmungen gehören. Seine Verantwortung, er habe gemeint, der Gendarmeriebeamte lasse es nach dem erfolglosen Alkotest dabei bewenden, geht ins Leere.

Er hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

4.3. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO von 8.000 S bis 50.000 S (1 bis 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) reicht, womit bereits vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht wurde, daß es sich bei den Alkoholübertretungen um die schwersten Übertretungen der Straßenverkehrsordnung überhaupt handelt, bei der nicht nur die mögliche Selbstgefährdung des Lenkers zu berücksichtigen ist, sondern vor allem die Gefahr für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer nicht auszuschließen ist.

Im gegenständlichen Fall hat der Rechtsmittelwerber ein Fahrrad gelenkt, sodaß das Element der Eigengefährdung bei weitem überwiegt und mit der Verhängung der Mindeststrafe von 8.000 S das Auslangen gefunden werden konnte. Dabei wurde erschwerend kein Umstand, mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers gewertet. Die verhängte Strafe entspricht damit nicht nur dem Unrechtsund Schuldgehalt der Übertretung sondern auch dessen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen (ca. 9.000 S netto monatlich, kein Vermögen, Sorgepflichten für die Gattin in der Türkei).

Hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe ist auszuführen, daß im gegenständlichen Fall kein Anlaß besteht, trotz Verhängung der Mindestgeldstrafe eine höhere Ersatzfreiheitsstrafe als die Mindeststrafe zu verhängen, wobei unter einem Zeitraum von einer Woche sieben und nicht acht Tage zu verstehen sind. Aus diesem Grund war die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen.

Es steht dem Rechtsmittelwerber überdies frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Geldstrafe in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger 6

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