Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523012/4/Fra/Bb/Th

Linz, 01.03.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des RA, geb. 1963, X, vom 15. November 2011, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 7. November 2011, GZ VerkR21-609-2011/Wi, betreffend Anordnung der Absolvierung einer Perfektionsfahrt gemäß § 13a FSG-DV (besondere Maßnahme gemäß § 30b FSG) und Vorlage der Bestätigung über die Teilnahme und Mitarbeit, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm

§§ 30a Abs.1, Abs.2 Z7 und Z12 und Abs.4, 30b Abs.1 Z2, Abs.3 Z2 und Abs.4 Führerscheingesetz 1997 - FSG iVm §§ 13f Abs.1 Z2 und Z3 und Abs.2 Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung 1997 - FSG-DV.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck hat mit Bescheid vom 7. November 2011, GZ VerkR21-609-2011/Wi, RA (dem nunmehrigen Berufungswerber) innerhalb von drei Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, gemäß § 30b Abs.1 und 3 FSG die Absolvierung einer Perfektionsfahrt gemäß § 13a der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über die Durchführung des Führerscheingesetzes (FSG-DV), BGBl. II Nr. 320 idF BGBl. II Nr. 223/2004, und gem. § 30b Abs.4 FSG die Vorlage der Bestätigung der Einrichtung, bei der die besondere Maßnahme absolviert wurde, über die Teilnahme und Mitarbeit, auferlegt.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 11. November 2011, hat der Berufungswerber durch seine damaligen Rechtsvertreter (Vollmachtsverhältnis wurde am 22. November 2011 aufgelöst) rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 15. November 2011 - Berufung erhoben und beantragt, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

Der Berufungswerber führt darin im Wesentlichen an, dass er mit Strafverfügung vom 29. Dezember 2009 wegen einer Übertretung des § 38 Abs.5 StVO und mit Strafverfügung vom 21. Juni 2011 wegen einer Übertretung des § 102 Abs.1 KFG rechtskräftig bestraft worden sei. Diese beiden Übertretungen würden somit eineinhalb Jahre auseinander liegen.

 

Die Vorschreibung einer Perfektionsfahrt gemäß § 13a der Verordnung des Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr über die Durchführung des Führscheingesetzes (FSG-DV) sei daher nicht angemessen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 23. November 2011, GZ VerkR21-609-2011/Wi, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den zur Entscheidung vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck und in die Berufung.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache, dass der für das Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt, unterbleiben.

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt: 

 

Der Berufungswerber wurde mit - in Rechtskraft erwachsener - Strafver­fügung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29. Dezember 2009, GZ VerkR96-67949-2009, einer Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a StVO schuldig erkannt und bestraft, weil er am 22. Dezember 2009 um 17.25 Uhr als Lenker eines Pkw in Vöcklabruck auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr trotz Rotlichtes der Verkehrssignalanlage nicht an der Haltelinie angehalten hat, sondern weitergefahren ist, wodurch Lenker von Fahrzeugen für die gemäß § 38 Abs.4 StVO auf Grund grünen Lichts freie Fahrt galt, zu unvermitteltem Bremsen genötigt wurden und es dadurch zu einer Gefährdung der Verkehrssicherheit kam.

 

Mit Strafverfügung vom 21. Juni 2011, GZ VerkR96-14565-2011, wurde der Berufungswerber wegen Begehung einer Verwaltungsübertretung gemäß § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.e KFG rechtskräftig verurteilt und bestraft. Dieser Strafverfügung liegt der Sachverhalt zu Grunde, dass der Berufungswerber am 12. Juni 2011 um 16.35 Uhr wiederum in Vöcklabruck auf Straßen mit öffentlichem Verkehr einen Pkw lenkte, wobei im Wesentlichen festgestellt wurde, dass die transportierte Ladung (Holzbretter und Eisenstangen) im Fond und Kofferraum des Pkw bis zum Dach hochgestapelt und nicht vorschriftsmäßig gesichert war, da diese bei einem Bremsvorgang ins Rutschen gekommen wäre und dadurch die Verkehrssicherheit gefährdet war.

 

4.2. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck und wurde vom Berufungswerber nicht bestritten. Die Sachlage kann daher ohne Bedenken der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 30a Abs.1 FSG ist, wenn ein Kraftfahrzeuglenker eines der in Abs.2 angeführten Delikte begangen hat, unabhängig von einer verhängten Verwaltungsstrafe, einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung oder sonstiger angeordneter Maßnahmen eine Vormerkung im Örtlichen Führerscheinregister einzutragen. Die Vormerkung ist auch dann einzutragen, wenn das in Abs.2 genannte Delikt den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht. Für die Vornahme der Eintragung ist die Rechtskraft des gerichtlichen oder des Verwaltungsstrafverfahrens abzuwarten. Die Eintragung der Vormerkung ist von der das Verwaltungsstrafverfahren führenden Behörde, im Fall einer gerichtlichen Verurteilung von der Behörde des Hauptwohnsitzes vorzunehmen und gilt ab dem Zeitpunkt der Deliktsetzung. Der Lenker ist über die Eintragung und den sich daraus möglicherweise ergebenden Folgen durch einen Hinweis im erstinstanzlichen Strafbescheid zu informieren.

 

Gemäß § 30a Abs.2 Z7 FSG sind Übertretungen des § 38 Abs.5 StVO, wenn dadurch Lenker von Fahrzeugen, für die gemäß § 38 Abs.4 StVO auf Grund grünen Lichts "freie Fahrt" gilt, zu unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken ihrer Fahrzeuge genötigt werden, gemäß Abs.1 vorzumerken.

 

Gemäß § 30a Abs.2 Z12 FSG sind auch Übertretungen des § 102 Abs.1 KFG oder des § 13 Abs.2 Z3 Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998 idF BGBl. I Nr. 63/2007, wenn ein Fahrzeug gelenkt oder ein Anhänger gezogen wird, dessen technischer Zustand oder dessen nicht entsprechend gesicherte Beladung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt, sofern die technischen Mängel oder die nicht entsprechend gesicherte Beladung dem Lenker vor Fahrtantritt auffallen hätten müssen, gemäß Abs.1 im Örtlichen Führscheinregister vorzumerken.

 

Gemäß § 30a Abs.4 FSG treten unter anderem die in § 30b FSG genannten Rechtsfolgen nur dann ein, wenn die die jeweiligen Rechtsfolgen auslösenden Delikte innerhalb von zwei Jahren begangen wurden.

 

Gemäß § 30b Abs.1 Z2 FSG ist unbeschadet einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung eine besondere Maßnahme gemäß Abs.3 anzuordnen, wenn anlässlich einer zweiten zu berücksichtigenden Vormerkung (§ 30a Abs.4) wegen eines der in § 30a Abs.2 genannten Delikte, sofern wegen des ersten Deliktes nicht bereits eine Maßnahme gemäß Z1 angeordnet wurde.

 

Gemäß § 30b Abs.3 FSG kommen als besondere Maßnahme die Teilnahme an

...

2.     Perfektionsfahrten gemäß § 13a der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über die Durchführung des Führerscheingesetzes (Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung - FSG-DV), BGBl. II Nr. 320 idF BGBl. II Nr. 223/2004,

...

in Betracht. Die zu absolvierende Maßnahme ist von der Behörde festzusetzen, wobei darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die Maßnahme geeignet ist, im Wesentlichen den Unrechtsgehalt der gesetzten Delikte aufzuarbeiten. Es ist jene Maßnahme zu wählen, die für den Betroffenen am besten geeignet ist, sich mit seinem Fehlverhalten auseinanderzusetzen, sich die Gefahren im Straßenverkehr bewusst zu machen und durch entsprechende Bewusstseinsbildung, auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer unfallvermeidenden defensiven Fahrweise und die fahrphysikalischen Grenzen beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges, einen Rückfall in weitere Verkehrsverstöße zu vermeiden.

 

Gemäß § 30b Abs.4 FSG hat der von der Anordnung der besonderen Maßnahme Betroffene der Behörde eine Bestätigung jener Einrichtung, bei der die besondere Maßnahme absolviert wurde, über die Teilnahme und seine Mitarbeit vorzulegen.

Gemäß § 13f Abs.1 Z2 FSG-DV ist bei Delikten gemäß § 30a Abs.2 Z4, 6, 7 und 11 FSG eine Perfektionsfahrt gemäß § 13a, bei Delikten gemäß § 30a Abs.2 Z4, 6 und 7 FSG kann anstelle der Perfektionsfahrt ein Fahrsicherheitstraining angeordnet werden, wenn die Deliktsbegehung auf mangelnde Fahrzeugbeherrschung zurückzuführen ist, anzuordnen.

 

Gemäß § 13f Abs.1 Z3 FSG-DV in bei Delikten gemäß § 30a Abs.2 Z9, 10 und 12 FSG, bei letzterem sofern ein Kraftfahrzeug mit nicht entsprechend gesicherter Beladung gelenkt wurde, ein Vortrag oder ein Seminar über geeignete Ladungssicherung gemäß § 13e Abs.2, bei Delikten gemäß § 30a Abs.2 Z12 FSG, sofern ein Kraftfahrzeug gelenkt wurde, dessen technischer Zustand eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt, ein Fahrsicherheitstraining gemäß § 13b oder, wenn vor Fahrtantritt keine Fahrzeugkontrolle durchgeführt worden ist, eine Perfektionsfahrt gemäß § 13a.

 

Gemäß § 13f Abs.2 erster Satz FSG-DV hat die Behörde, wenn der Anordnung der besonderen Maßnahme verschiedene Delikte zu Grunde liegen, die in unterschiedlichen Ziffern gemäß Abs.1 enthalten sind, die besondere Maßnahme nach dem Delikt anzuordnen, welches in Abs.1 unter der niedrigeren Ziffer genannt ist.

 

5.2. Der Berufungswerber hat am 22. Dezember 2009 eine Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a StVO und am 12. Juni 2011 eine Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.e KFG begangen. Beide Delikte haben mangels Anfechtung Rechtskraft erlangt und stellen Vormerkdelikte gemäß § 30a Abs.2 Z7 und § 30a Abs.2 Z12 FSG dar.

 

Der Berufungswerber hat somit innerhalb eines Zeitraumes von eineinhalb Jahren zwei verschiedene Vormerkdelikte gemäß § 30a Abs.2 FSG verwirklicht. Diese allseits unbestrittene Tatsache hat nach § 30b Abs.1 Z2 iVm § 30a Abs.4 FSG die Anordnung einer besonderen Maßnahme gemäß § 30b Abs.3 FSG durch die Behörde zur Folge.

 

Die Formulierung in § 30b Abs.1 Z2 FSG lässt keinen Spielraum für eine Ermessensentschei­dung erkennen, sondern die Wortwendung "ist eine besondere Maßnahme gemäß Abs.3 anzuordnen" sieht eine Verpflichtung der Behörde zur Maßnahmenanordnung vor, wenn zwei Vormerkdelikte innerhalb von zwei Jahren begangen werden.

 

Die Art der jeweils anzuordnenden Maßnahme richtet sich nach den diesbezüglichen Regelungen in § 13f Abs.1 und 2 FSG-DV. Unter Bedachtnahme auf § 13f Abs.2 erster Satz und § 13f Abs.1 Z2 und Z3 FSG-DV hat der Berufungswerber demnach zwingend eine Perfektionsfahrt gemäß § 13a FSG-DV zu absolvieren.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat den Berufungswerber daher zu Recht, innerhalb von drei Monaten – nunmehr gerechnet ab Rechtskraft der Berufungsentscheidung - die besondere Maßnahme der Durchführung einer Perfektionsfahrt gemäß § 13a FSG-DV aufgetragen.

 

Die Verpflichtung des Berufungswerbers zur Vorlage der Bestätigung über die Absolvierung der Perfektionsfahrt bei der Behörde ergibt sich zwingend aus § 30b Abs.4 FSG.

 

Es ist daher die Berufung abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

Der Berufungswerber wird darauf hingewiesen, dass das Nichtbefolgen der Anordnung der Perfektionsfahrt innerhalb der festgesetzten Frist oder die mangelnde Mitarbeit im Rahmen der Maßnahme, nach § 30b Abs.5 FSG die Entziehung seiner Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Maßnahme zur Folge hat.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r

 

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