Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166386/12/Zo/Rei

Linz, 08.03.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn R J, geb. x, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. B M A W, I vom 06.10.2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 13. September 2011, Zl. VerkR96-3597-2011, wegen einer Übertretung des GGBR nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23.02.2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

         Bezüglich der Strafhöhe wird der Berufung stattgegeben und von der        Verhängung einer Strafe abgesehen.

 

II.           Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 21 Abs.1 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 21.06.2011 um 09.10 Uhr das Sattelkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x bzw. y auf der A8 bis auf Höhe km 75,600 (Gemeindegebiet Suben) mit dem gefährlichen Gut der UN Nummer 1814, UN Nummer 1789 und UN 3264 gelenkt habe, wobei er es unterlassen habe, bei der Beförderung die in den gemäß § 2 Abs.1 Z1 GGBG in Betracht kommenden Vorschriften einzuhalten bzw. die vorgeschriebenen Ausstattungsgegenstände mitzuführen, weil keine Schaufel mitgeführt worden sei. Das Delikt sei in die Gefahrenkategorie II einzustufen.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübetretung nach § 13 GGBG iVm Unterabschnitt 8.1.5.1 sowie 8.1.5.3 ADR begangen, weshalb über ihn gemäß § 37 Abs.2 Z9 lit.b GGBG eine Geldstrafe in Höhe von 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt wurde.

 

Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 11 Euro verpflichtet.

 

2.  Der Berufungswerber hat dagegen rechtzeitig eine Berufung eingebracht und diese nach Aufforderung dahingehend begründet, dass er vor der Abfahrt gewissenhaft und genau kontrolliert habe, dass sich alle erforderlichen Gegenstände für einen Gefahrenguttransport an Bord befinden. Alle x-Fahrzeuge seines Arbeitgebers seien grundsätzlich mit einer Schaufel ausgestattet und diese habe sich vor Antritt der Fahrt an der Stirnseite des Aufliegers in einer extra angefertigten Halterung befunden. Es könne nur so gewesen sein, dass ihm diese Schaufel während einer Pause gestohlen worden sei, was er nicht bemerkt habe. Auf den Parkplätzen entlang der Autobahn sei die Diebstahlsrate extrem hoch. Er habe alle ihn nach dem KFG treffenden Verpflichtungen eingehalten und er sei ein gewissenhafter und zuverlässiger Berufskraftfahrer, welcher verwaltungsstrafrechtlich noch nie in Erscheinung getreten sei.

 

Die Erstinstanz hätte den Beschuldigten einvernehmen müssen und sich so von der Glaubwürdigkeit seiner Angaben überzeugen können. Es treffe ihn an der konkreten Übertretung kein Verschulden.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, Einholung einer schriftlichen Stellungnahme des Zulassungsbesitzers des gegenständlichen Sattelkraftfahrzeuges, welche dieser wegen desselben Vorfalles an die Bezirkshauptmannschaft Schärding erstattet hatte und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23. Februar 2012. An dieser hat ein Vertreter des Berufungswerbers teilgenommen und es wurde der Meldungsleger, Herr Gr.Insp. H befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit das im Spruch angeführte Sattelkraftfahrzeug auf der A8, wobei er die angeführten Gefahrgüter transportierte. Bei einer Kontrolle bei km 75,600 wurde festgestellt, dass die in der schriftlichen Weisung als erforderlicher Ausstattungsgegenstand angeführte Schaufel fehlte.

 

Der Berufungswerber rechtfertigte sich bereits im erstinstanzlichen Verfahren damit, dass er die Ausrüstung des LKW vor der Abfahrt überprüft habe und ihm die Schaufel während einer Lenkpause gestohlen worden sein müsse. Diese Rechtfertigung hielt er auch im Berufungsverfahren aufrecht. Der Meldungsleger gab dazu an, dass er sich an die Rechtfertigung des Beschuldigten anlässlich der Amtshandlung nicht mehr erinnern könne. Er konnte nicht mehr angeben, ob sich der Berufungswerber bereits anlässlich der Amtshandlung dahingehend gerechtfertigt habe, dass die Schaufel an der Stirnwand des Aufliegers angebracht sei und sie ihm offenbar kurz vorher gestohlen worden sei, konnte das aber auch nicht ausschließen.

 

4.2. Dazu ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzuhalten:

 

Die im Verfahren vorgebrachte Rechtfertigung des Berufungswerbers, wonach ihm die Schaufel (offenbar kurz vor der Kontrolle) gestohlen worden sei, ist grundsätzlich nachvollziehbar. Es ist bekannt, dass derartige Diebstähle entlang von Autobahnparkplätzen vorkommen. Sie konnte auch durch Befragung des Zeugen nicht widerlegt werden, weshalb zu Gunsten des Berufungswerbers davon ausgegangen wird, dass seine Behauptungen den Tatsachen entsprechen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1.  Gemäß Unterabschnitt 8.1.5.3 ADR sind für bestimmte Klassen von Gefahrgütern zusätzliche Ausrüstungen vorgeschrieben: An Bord von Fahrzeugen für die Gefahrzettel Nr. 2.3 oder 6.1 muss sich für jedes Mitglied der Fahrzeugbesatzung eine Notfallfluchtmaske befinden und eine Schaufel, eine Kanalabdeckung und ein Auffangbehälter. Betreffend die Mitnahmepflicht einer Schaufel gilt dies nur für feste und flüssige Stoffe mit Gefahrzettel Nr. 3, 4.1, 4.3, 8 oder 9.

 

Gemäß § 13 Abs.3 GGBG hat der Lenker bei der Beförderung die in den gemäß  § 2 Z1 in Betracht kommenden Vorschriften vorgeschriebenen Begleitpapiere und Ausrüstungsgegenstände mitzuführen.

 

5.2.  Der Berufungswerber hat bei der gegenständlichen Kontrolle die in der schriftlichen Weisung vorgeschriebene Schaufel nicht mitgeführt, er hat damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Seine glaubwürdige Rechtfertigung, dass ihm diese Schaufel offenbar bei einer Lenkpause (kurz vor der Kontrolle) gestohlen worden sei (und er diesen Diebstahl nicht bemerkt habe) kann ihn nicht zur Gänze entschuldigen. Dies deshalb, weil sich der Lenker eines Kraftfahrzeuges nach allgemeinen Grundsätzen vor Antritt der Fahrt davon überzeugen muss, dass das Kraftfahrzeug den rechtlichen Vorschriften entspricht. Diese Verpflichtung ist zwar in § 13 Abs.3 GGBG hinsichtlich der Ausstattungsgegenstände – im Gegensatz zu § 13 Abs.2 Z3 GGBG betreffend Ladung und Aufschriften – nicht ausdrücklich angeführt, ergibt sich aber aus allgemeinen Überlegungen. Wenn jemand gesetzlich verpflichtet ist, bestimmte Gegenstände bei einer Fahrt mitzuführen, dann muss er sich vor Fahrtantritt auch davon überzeugen, dass diese Gegenstände tatsächlich im Fahrzeug vorhanden sind.

 

Die Verpflichtung, die erforderlichen Ausstattungsgegenstände zu überprüfen, besteht nicht nur vor dem (erstmaligen) Antritt der Fahrt sondern auch nach jeder längeren Fahrtunterbrechung. So wie der Lenker eines PKW verpflichtet ist, z.B. die Funktionsfähigkeit der Beleuchtung nach einer längeren Fahrtunterbrechung erneut zu überprüfen, muss dies auch von einem Gefahrgutlenker hinsichtlich der Ausstattungsgegenstände verlangt werden. Dies betrifft insbesondere jene Gegenstände, welche außen an der Beförderungseinheit angebracht sind und von denen bekannt ist, dass sie auf Autobahnparkplätzen immer wieder gestohlen werden. Den Berufungswerber trifft an der gegenständlichen Übertretung daher auch ein Verschulden, wobei dieses jedoch nur als gering einzuschätzen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Die gegenständliche Übertretung hat keinerlei negative Auswirkungen nach sich gezogen. Der Berufungswerber hat glaubwürdig dargelegt, dass ihm die Schaufel bei einer Lenkpause (kurz vor der Kontrolle) gestohlen wurde und ihm dies nicht aufgefallen ist. Sein Verschulden ist daher deutlich geringer als dies bei fehlenden Ausrüstungsgegenständen sonst der Fall ist, weshalb von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden konnte. Es ist zu erwarten, dass bereits die mit diesem Verfahren verbundenen Unannehmlichkeiten ausreichen, um den Berufungswerber zukünftig zur noch genaueren Kontrolle seiner x-Ausrüstung anzuhalten. Es bedarf daher auch keiner Ermahnung.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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