Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-210569/11/BMa/Th

Linz, 27.02.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender Dr. Ewald Langeder, Berichterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Jänner 2010, 0017944/2010, wegen Übertretung der Oö. Bauordnung, zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der anlässlich der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2012 auf die Strafhöhe eingeschränkten Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf 725 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Stunden herabgesetzt werden.

 

  II.      Der Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren ermäßigt sich auf 72,5 Euro. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.) § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011

 

zu II.) §§ 64 ff VStG

 

 


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"I.           Tatbeschreibung:

 

Der Beschuldigte, Herr X, geboren am X, wohnhaft: X, hat folgende Verwaltungsübertretung als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der X X GesmbH mit dem Sitz in X, X, zu vertreten:

Mit Bescheid vom 19.5.2009, GZ 501/N090015, erteilt der Magistrat Linz die Baubewilligung für den Um- und Zubau sowie Aufstockung des bestehenden Hauses (9 Wohnungen, 1 Ordination) und Errichtung einer Tiefgarage mit 9 Stellplätzen, in X, X.

Die X GesmbH ist als Bauherrin in der Zeit von 23.12.2009 bis 11.3.2010 von diesem Bauvorhaben ohne Bewilligung der Baubehörde abgewichen, da folgende Baumaßnahmen durchgeführt wurden:

Das erste Obergeschoß wurde durch einen gartenseitigen Zubau erweitert. Es wurde eine neue Außenwand entlang der ehemaligen Terrassengrenzlinie errichtet und zum Bestand hin wurde die alte Außenwand weitgehend mit Durchgängen geöffnet. Das Dach über diesem Zubau wurde noch darüber hinaus um ca. 2 m erweitert. Die Dachfläche wird zur Terrasse für die Wohnungen im zweiten Obergeschoß.

Weiters ist die X GesmbH als Bauherrin in der Zeit von 23.12.20089 bis 11.3.2010 von diesem Bauvorhaben abgewichen, da folgende anzeigepflichtige Baumaßnahmen ohne Bauanzeige durchgeführt wurden:

Der Aufzug wurde mit einer Haltestelle in der Tiefgarage ausgeführt. Zwischen dem Aufzug und der Tiefgarage fehlt eine Schleuse. Diese bauliche Maßnahme ist von Einfluss auf den Brandschutz.

 

II.           Verletzt Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

 

§§ 57 Abs. 1 Z. 2, 39 Abs. 2 bis 3 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994)

 

III.          Strafausspruch:

 

Es wird über den Beschuldigten eine Geldstrafe von € 3.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 28 Stunden verhängt.

 

Rechtsgrundlage: § 57 Abs.2 Oö. BauO 1994; §§ 9, 16 und 19 VStG

 

IV.          Kostenentscheidung:

 

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens hat der Beschuldigte 10 % der verhängten Strafe, das sind € 300,-- zu leisten.

 

Rechtsgrundlage: § 64 Abs. 1 und 2 VStG"

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung sei in objektiver Hinsicht erfüllt. Ein Schuldentlastungsbeweis im Sinne des § 5 VStG habe der Bw nicht erbracht und er habe somit den subjektiven Tatbestand erfüllt.

 

Bei der Strafbemessung wurde strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit und straferschwerend kein Umstand gewertet. Die belangte Behörde ist von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.415,57 Euro und Sorgepflichten für 3 Kinder ausgegangen.

 

2. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat einen vollständigen Ausdruck des elektronisch geführten Strafakts dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hatte, weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und am
15. Februar 2012 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Berufungswerber und eine Vertreterin der belangten Behörde gekommen sind. Anlässlich der mündlichen Verhandlung wurde die Berufung von X auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Weil sich die Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen. Demnach ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

 

Die im Wesentlichen unbestritten gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse werden mit folgender Präzisierungen, die auf den Aussagen des Bw in der mündlichen Verhandlung beruhen,  auch diesem Erkenntnis zugrunde gelegt:

 

Der Bw hat aushaftende, uneinbringliche Forderungen in Höhe von ca. 50.000 Euro, die von seiner Tätigkeit als Selbständiger herrühren. Am 8. Juli 2011 erlitt er einen Arbeitsunfall und konnte ca. ein halbes Jahr nicht arbeiten. Von diesem Unfall hat er bleibende Schäden am Bein davongetragen.

Während des Stillstandes seiner Firma hat er den bei ihm angestellten Lehrling weiterbezahlt. Er ist sorgepflichtig für 2 minderjährige Kinder und muss das
3. Kind, das derzeit eine Lehre absolviert, finanziell unterstützen. Er hat bei der Wirtschaftskammer um finanzielle Unterstützung angesucht, weil er aufgrund seines Unfalls ein halbes Jahr in seiner Firma nicht arbeiten konnte. Auch bei der Sozialversicherung hat er um Ratenzahlung der aushaftenden Beträge angesucht.

 

Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich diese Feststellungen aufgrund der glaubwürdigen Aussage des Berufungswerbers in der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2012 ergeben.

 

3.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

 

Gemäß § 57 Abs.2 Oö. BauO sind Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis 36.000 Euro, in den Fällen des Abs.1 Z2, 7 und 14 mit Geldstrafe von 1.450 Euro bis 36.000 Euro zu bestrafen.

 

3.3. Neben dem von der belangten Behörde ins Treffen geführten Milderungsgrund der Unbescholtenheit des Bw – er hat keine verwaltungsrechtlichen Vorstrafen und die Tat steht auch mit seinem reuigen Verhalten in auffallendem Widerspruch - ist anlässlich der mündlichen Verhandlung noch ein weiterer strafmildernder Umstand zu Tage getreten, hat sich der Bw doch schuldeinsichtig gezeigt. Bei der Ausmittlung des Fahrlässigkeitsvorwurfs ist zu bedenken, dass der Bw die Verantwortung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH unter Einwirkung eines Dritten übernommen hat und als einfacher Handwerker (gelernter Zimmerer) mit den juristischen Geschäften, eines handelsrechtlichen Geschäftsführers einer GmbH, welche ein großes Bauprojekt ausführt, offensichtlich völlig überfordert war. Er hat diese Funktion übernommen, ohne zu wissen, welche Rechte und Pflichten sich daraus ergeben. Weiters hat er Baupläne unreflektiert unterzeichnet und sich auch davon abhalten lassen, Gespräche mit den zuständigen Baubehörden zu führen. Er hat dem Eigentümer und dem ausführenden Architekten ohne weitere Kontrolle vertraut.

 

Alles in allem ist, insbesondere angesichts des Fehlens von Erschwerungsgründen von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen, sodass die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden konnte.

 

3.4. Die Herabsetzung der Geldstrafe erfordert eine dementsprechende Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe und der erstinstanzlichen Verfahrenskosten (§64 Abs. 1 und 2 VStG). Aufgrund des Teilerfolges der Berufung fielen keine Kostenbeiträge für das Berufungsverfahren an (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum