Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252981/6/BMa/Rei

Linz, 25.02.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in X vom 30. September 2011, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Steyr-Land vom 15. September 2011, Zl. SV96-17/8-2009, wegen Übertretungen der Bestimmung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben.

 

  II.       Es entfallen sämtliche Beiträge zu den Verwaltungsstrafverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 33 Abs. 1 ASVG in Ihrem Unternehmen mit Sitz in X vom 01.05.2009 bis 02.06.2011 die Dienstnehmer

X, geb. X, StA Mazedonien

X, geb. X, StA Bosnien

X, geb. X, StA Mazedonien

als Arbeiter in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit für Arbeiten in Ihrem Unternehmen beschäftigt, ohne sie bei der Sozialversicherung anzumelden.

 

Die in Rede stehenden Beschäftigten waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.

Obwohl dieser Dienstnehmer daher nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

 

Die gegenständliche Firma hat somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 ASVG verstoßen.

 

Diese Tat wird Ihnen als gem. § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher (handelsrechtl. Geschäftsführer Ihrer Firma mit Sitz in X) angelastet.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 111 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) iVm § 33 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von je                falls diese uneinbringlich ist,          Gemäß

                                               Ersatzfreiheitsstrafe von je

 

730,- Euro                            24 Stunden                                                          § 111 Abs. 2 ASVG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

219 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

     2409,- Euro."

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die im Spruch angeführten Ausländer seien bei Fassadenarbeiten von der Finanzverwaltung betreten worden. Arbeitsmarktrechtliche Papiere hätten nicht vorgewiesen werden können. Die Arbeitnehmer seien dem Bw von einem ausländischen Arbeitgeber überlassen worden und er habe diese für eigene Arbeiten in Anspruch genommen. Die dafür notwendigen E101-Formulare hätten bei der Kontrolle nicht vorgewiesen werden können. Eine Anmeldung zur Sozial-versicherung sei ebenfalls unterlassen worden.

 

1.3. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 30. September 2011.

 

1.4. Die Berufung bekämpft das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach, rügt den Tatvorwurf als nicht den Erfordernissen des § 44a Z1 VStG entsprechend und führt weiters aus, dass die übermittelten fremdsprachigen Formulare den E101-Formularen entsprechen würden und als solche anzuerkennen seien. Abschließend wurde der Antrag auf ersatzlose Aufhebung des bekämpften Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens und der Eventualantrag auf Erteilung einer Ermahnung gestellt.

 

2. Mit Schreiben vom 05. Oktober 2011 hat die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Weil eine 2000,00 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen      (§ 51c VStG).

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land zu SV96-17/10-2009 und die Berufung. Weiters wurde bei der OÖ. GKK angefragt, ob das Formular E101 vorgelegt wurde und ob die OÖ. GKK von einer Versicherungspflicht für die Ausländer in ihrem Verfahren ausgegangen ist.

 

Mit Mailmitteilung vom 26. Jänner 2012 wurde mitgeteilt, dass das Formular E101 vorgelegt wurde und von einer Versicherungspflicht in Österreich von der OÖ. GKK Abstand genommen wurde.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt wird festgestellt:

 

Zum Tatzeitpunkt ist für

-  X, geb. X, Staatsangehöriger v. Mazedonien,

- X, geb. X, Staatsangehöriger v. Bosnien, und

- X, geb. X, Staatsangehöriger von Mazedonien,

eine "E101-Bescheinigung" vorgelegen.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den ergänzenden Erhebungen durch den Unabhängigen Verwaltungssenat ergibt.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 16. März 2011, 2010/08/0231 ist der zuständige Träger eines Mitgliedsstaates an die Angaben in der Bescheinigung "E101" gebunden und kann den fraglichen Arbeitnehmer nicht in seinem eigenen System der sozialen Sicherheit unterstellen, solange die Bescheinigung nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt wird. Wenn in einem Mitgliedsstaat gemäß Art. 11 Abs.1 Buchstabe A der Verordnung Nr. 574/72 ein Formular E101 ausgestellt wurde, wonach eine Person den sozial-versicherungsrechtlichen Vorschriften dieses Mitgliedsstaates unterworfen ist, so ist der zuständige Träger eines anderen Mitgliedsstaates an die Angaben in der Bescheinigung gebunden und kann den fraglichen Arbeitnehmer nicht seinem eigenen System der sozialen Sicherheit unterstellen, solange die Bescheinigung nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt wird. Das Formular E101 ist ein die anderen Mitgliedsstaaten bindendes Instrument zur Feststellung der (allenfalls weiterhin bestehenden) Anwendbarkeit der Rechtsvorschriften jenes Staates, der eine solche Bescheinigung ausgestellt hat, auf Beschäftigungsverhältnisse von Arbeitnehmern (vgl. das Urteil des EuGH vom 10. Februar 2000, Rechtssache C-202/97-Fitzwilliam FTF, RZ. 49, und das Erkenntnis des VwGH vom 26. November 2008, Zl. 2006/08/0346, nwN). Weiters wird in diesem Erkenntnis auch ausgeführt: "§ 1 ASVG knüpft den Geltungsbereich des ASVG an sich bloß an den Beschäftigungsort im Inland an. Die vom Sozialversicherungsträger des anderen Mitgliedsstaates ausgestellten Bescheinigungen E101 stellen bindend fest, dass das österreichische Sozialversicherungsrecht nicht zur Anwendung kommt."

 

Der Bw kann daher auch im vorliegenden Fall, weil E101 Bescheinigungen für jeden der im Spruch des bekämpften Erkenntnisses angeführten Ausländer vorgelegen war, nicht nach den österreichischen Bestimmungen des ASVG bestraft werden.

 

Das Verfahren war daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen und das bekämpfte Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag.a Bergmayr-Mann

 

 

 

 

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