Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281371/20/Kl/BRe

Linz, 24.02.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die     5. Kammer (Vorsitzende Mag. Michaela Bismaier, Berichterin Dr. Ilse Klempt, Beisitzer Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. X, X, vertreten durch Rechtsanwälte X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 18. November 2011, Ge96-23-2-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 1. Februar 2012 zu Recht erkannt:

 

I.

 

Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

-   im Spruch der 2. Absatz zu lauten hat:

"Es wurde festgestellt, dass am 1. Juni 2011 (Tatzeit) auf der Baustelle X, X, der Arbeitnehmer X von der X GmbH als Arbeitgeberin beschäftigt wurde und eine Künette betreten hat, obwohl keine Sicherungsmaßnahmen nach § 48 Abs. 2 Bauarbeiterschutzverordnung durchgeführt waren. Die Künette war ca. 1,60 m tief, die Böschungsneigungen betrugen mehr als 60° und das anstehende Material bestand aus schwachbindigem Boden",

- in der verletzten Rechtsvorschrift gemäß § 44a Z. 2 VStG das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz-ASchG mit " BGBl.Nr. 450/1994 in der Fassung BGBl II Nr. 221/2010" zu zitieren ist und der Ausdruck "und § 7 VStG" zu entfallen hat und

-  die Verwaltungsreform gemäß § 44a Z. 3 VStG "§ 130 Abs. 5 Einleitung AschG" zu lauten hat.

 

Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe auf 96 Stunden herab gesetzt.

 

II.

 

Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 200 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe. Zum Verfahren vor dem                       OÖ. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm § 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG

 

Zu II.

§§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.                Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 18.  November 2011, Ge96-23-2-2011, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 48 Abs. 2 und Abs. 7 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) in Verbindung mit §§ 118 Abs. 3 und 130 Abs. 5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASChG) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit nach § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der X GmbH mit Sitz in X, als Arbeitgeber die nachstehend angeführte vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck am 16. Juni 2011 bei der Unfallerhebung festgestellte Verwaltungsübertretung wegen Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu verantworten hat.

2.                Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass dem durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren jegliche Verfolgungshandlung betreffend eine Beteiligung des Beschuldigten an der Begehung einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 VStG fehle. Auch sei Anstiftung und Beihilfe zur Begehung einer Verwaltungsübertretung im § 7 VStG dahingehend geregelt, dass in jeder der beiden Alternativen Vorsatz des Täters vorliegen muss. Auch fehlen jegliche Sachverhaltsfeststellungen, die einen Tatvorwurf einer Beihilfehandlung rechtfertigen. Auch sei ein Vorsatz nie vorgeworfen worden. Im übrigen wurde auch nur eine Tathandlung der X GmbH im Tatvorwurf genannt, nicht jedoch ein die Beihilfe betreffendes Verhalten. Unstrittig sei, dass ein verantwortlicher Beauftragter nach § 9 VStG nicht bestellt worden sei, und daher auch zu keinem Zeitpunkt die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit bestritten wurde. Hingegen wurde darauf hingewiesen, dass kein Verschulden des Beschuldigten vorliege, weil ein umfangreiches Kontroll-, Schulungs-, Sicherheits- und Überwachungssystem eingerichtet worden sei und dies auch durch die Einvernahme der beantragten Zeugen unter Beweis gestellt werden könnte. Schließlich wurde die Strafhöhe bekämpft und dazu ausgeführt, dass der Beschuldigte unbescholten sei, was strafmildernd zu werten sei. Auch sein Tatsachengeständnis sei mildernd zu bewerten. Die geschätzten Einkommensverhältnisse werden zugestanden, allerdings ist der Beschuldigte sorgepflichtig für die Ehegattin und 3 Kinder. Es sei daher eine Strafe in der festgesetzten Höhe überzogen.

3.                Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf als belangte Behörde hat die Berufung samt dem Bezug habenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.          Weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer des OÖ. Verwaltungssenates, die aus 3 Mitgliedern zusammengesetzt ist, zu entscheiden.

4.                Der OÖ. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die vorgelegten Schriftstücke und Unterlagen sowie auch die beigeschlossenen Fotos, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2012, zu welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie das zuständige Arbeitsinspektorat geladen wurden und erschienen sind. Die weiters geladene belangte Behörde ist nicht erschienen. Weiters wurden die Zeugen X, X, X und X geladen und einvernommen.

4.1           Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschhäftsführer der X GmbH mit Sitz in X. Diese beschäftigt zirka 500 Mitarbeiter. Herr X war zunächst für die X GmbH als Leasingarbeiter tätig und wurde mit 2.5.2011 von der Firma X übernommen. Er war schon im Jahr 2010 auf X Baustellen der Firma X im Projekt X mit Drainagearbeiten beschäftigt. Auch im Jahr 2011 war der Arbeitnehmer X für die Firma X auf einer X Baustelle, nämlich zunächst in X beschäftigt und ab Ende Mai 2011 dann auf der X Baustelle X. Sowohl im Jahr 2010 als auch im Jahr 2011 hatte er Drainagearbeiten durchzuführen. Der Berufungswerber war noch vor Beginn der Arbeiten auf der Baustelle in X, dann erst wieder nach dem Unfall, also nach dem 1.6.2011. Für die Einrichtung der Baustelle sind der Bauleiter und der Polier verantwortlich, wobei bei dieser Baustelle als Hauptpolier Herr X eingesetzt war, für spezielle Arbeiten, nämlich die Drainagearbeiten der weitere Polier X.

Schon am Beginn der Baustelle findet eine Baustellenevaluierung statt, für die konkrete Baustelle am 12.4.2011 durch die Sicherheitsfachkraft X. Bei Neueinstellung bekommt jeder neue Mitarbeiter eine längere Schulung hinsichtlich der Gefahren bei der Firma X. Für Herrn X war dies bei seinem Eintritt am 2. Mai 2011. Weiters bekam er dann für die Baustelle X eine Unterweisung durch Herrn X speziell hinsichtlich der Evaluierung der Baustelle und wurde dies im Protokoll vom Arbeitnehmer X am 30.5.2011 unterzeichnet. Auch bekam der Arbeitnehmer eine konkrete Unterweisung für die Baustelle X durch den Polier X am 30.5.2011. Dabei wurde eine Liste von 20 Punkten durchgenommen, darunter Punkt 12 Grabarbeiten.

Für die Baustelle X verantwortlicher Projektleiter war Herr Dipl.-Ing. X, vor Ort verantwortlich sind die Poliere, nämlich für die Anweisung an die Arbeitnehmer und die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen.

Es handelte sich um eine große Baustelle, wobei nach Größe und Schwierigkeitsgrad dies das dritte Bauprojekt in dieser Art war. Vorausgegangen waren das Projekt X sowie das Projekt X.

Der Berufungswerber ist bemüht, grundsätzlich die gleichen Leute auch für die weiteren Projekte zu verwenden, wie zB. auch der Arbeitnehmer X bereits im Projekt X beschäftigt war.

Der Polier X ist schon seit 20 Jahren in der Firma beschäftigt. Für die Baustelle in X, nämlich X war er von Anfang an als Hauptpolier eingesetzt. Da die Baustelle sehr groß war, wurden die Arbeiten aufgeteilt und war der Hauptpolier für den Bohrbereich zuständig, für Drainagearbeiten war als weiterer Polier X eingesetzt. Die Poliere waren nebeneinander zuständig und war für die Drainagearbeiten der Arbeitnehmer X Herrn X unterstellt. Die Arbeitseinteilung und auch Sicherheitsmaßnahmen für die Drainagearbeiten hatte Herr X unter seiner Verantwortung. Kommt ein Mitarbeiter neu auf eine Baustelle, so wird er vom Polier vor Ort für die Baustelle unterwiesen. So wurde Herr X am 30. Mai 2011 durch den Hauptpolier X unterwiesen, insbesondere auch über Erdarbeiten, Verbau und Sicherheitsmaßnahmen sowie über die Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung. Die konkreten Maßnahmen bestimmt dann der zuständige Polier, also Herr X. Beaufsichtigt werden die Poliere durch die Sicherheitsfachkraft der Firma, nämlich Herrn X und Herrn X. Diese kommen sporadisch auf die Baustelle vorbei. Wenn ein Arbeitnehmer die Anweisungen nicht befolgt, wird dies dem Personalbüro gemeldet und muss der Arbeitnehmer zum Personalbüro. Dort wird über Konsequenzen gesprochen, zB. über eine Entlassung. Ein konkreter Fall einer Entlassung ist dem Polier nicht bekannt. Auf die Baustelle kommt auch der Bauleiter bzw. Projektleiter DI X einmal, manchmal 2x pro Woche und werden Probleme der Baustelle und auch Sicherungsmaßnahmen besprochen.

Mängel werden sofort behoben. Ansonsten wird eine Frist zur Mängelbehebung festgelegt und wird auch die Mängelbehebung kontrolliert. In der Firma X gibt es 3 Sicherheitsfachkräfte, wobei Herr X Hauptansprechpartner für Sicherheitsfragen im Betrieb ist. Die Baustellen werden unter den Sicherheitsfachkräften aufgeteilt und waren für die Baustelle in Auerbach zunächst Herr X zuständig, der auch die Evaluierung der Baustelle am 12.4.2011 mit den Polieren und dem Baustellenleiter vorgenommen hat. Er hat mit der übergeordneten Sicherheitsfachkraft X die Evaluierungsunterlagen erstellt, wobei vor dem 1.6.2011 Herr X nicht auf der Baustelle vor Ort war. Sämtliche Evaluierungen und Unterlagen über Sicherheitsfragen werden zentral erstellt und gesammelt. Kontrollen der Baustellen finden durch interne Begehungen und Kontrollen des Sicherheitsmanagements des Betriebes sowie auch durch externe Kräfte wie zB. den X statt. Von Beginn der Baustelle anfangs Mai 2011 bis zum Unfall am 1.6.2011 war der Bw nicht auf der Baustelle.

Der weitere Polier X ist erst später, nämlich Ende Mai 2011 zur Baustelle gestoßen. Er ist seit dem Jahr 2000 bei der Firma beschäftigt. Auf der Baustelle waren 6 m lange Kunststoffrohre in die Künette zu verlegen. Es handelte sich dabei um eine zirka 1 m tiefe Künette, die im weiteren Verlauf durch das fallende Niveau dann 1,60 m tief wurde. Die Böschung wurde von der Firma X vorgenommen und hat der Polier X angeordnet, eine Böschung von zirka 60 Grad zu errichten. Dies erfolgte als Drainageersparnis. Bei solchen Drainagen ist nur erforderlich eine Rohrbreite auszugraben, wobei lediglich der Aushub für das Rohr stattfindet und dann die Künette gleich wieder mit Drainageschotter zugeschüttet wird. Lediglich zum Zusammenschieben der Rohre muss ein Arbeitnehmer in die Künette steigen. Das Hineinsteigen war leicht möglich, weil sofort wieder angeschüttet wurde und daher eine leichte Böschung hinein in die Künette bestand. Diese Vorgehensweise wurde auch schon zuvor vorgenommen, also auch im nicht so tiefen Bereich von etwa 1,1 m Tiefe. Es wurden bereits 3 Rohre an diesem 1.6.2011 so verlegt. Allerdings wurde zunächst die Verböschung flacher vorgenommen, nämlich zirka 41°. Um den Drainageschotter zu sparen und weil die Künette dann tiefer wurde, wurde die Verböschung vom Polier in steilerer Form angeordnet. Allerdings sollte der Arbeitnehmer in der Künette nur das Rohr hochheben und zusammen stecken und dann sofort wieder die Künette verlassen. Das Rohr wird dann sofort wieder hinterfüllt. Es handelte sich um schwachbindigen Boden. Sowohl der Baggerfahrer als auch die Arbeitnehmer wissen was zu tun ist. Im tiefen Bereich wurde der Löffel des Baggers so in die Künette aufgestellt, dass er das Einstürzen im tieferen Bereich verhindern sollte. Der Arbeitnehmer musste aber auch wieder die 6 m Länge des Rohres zurück aus der Künette gehen; dabei wurde er wurde von der einstürzenden Böschung überrascht. Grundsätzlich wurde wie auf anderen Baustellen, wie auch in X, vorgegangen, allerdings war in X die Böschung etwas flacher und der Boden vielleicht auch etwas fester.

Der Polier X hat bereits die X, als hauptverantwortlicher Hauptpolier betreut und war dort zirka 2 Jahre mit gleichen Arbeiten beschäftigt. Dabei kam es zu keinem Unfall.

Es hat daher der Arbeitnehmer X auf der Baustelle in X am 1. Juni 2011 über Veranlassung des Poliers X die Künette betreten, obwohl bei einem schwachbindigen Boden eine Böschungsneigung von mehr als 60° ausgeführt war, die Künette zirka 1,6 m tief war und auch keine Verbauten durchgeführt waren.

Zum Unfallzeitpunkt selbst befand sich der Polier X nicht an der Unfallstelle, weil er bereits zum Baucontainer zur Vermessung eines weiteren Rohres gegangen ist. Für seine Anordnung und Handlungsweise wurde er in die Firma zitiert und dort verwarnt und es wurde ihm bei einem weiteren Vorkommnis die Kündigung angedroht.

 

4.2. Die Situation auf der Baustelle und der Tathergang werden vom Berufungswerber nicht bestritten. Durch die Zeugenaussagen sind die Feststellungen bekräftigt. Es bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit und Glaubwürdigkeit der Aussagen. Im übrigen sind die örtliche Situation und die Unfallstelle durch Fotos dokumentiert. Die Schulungen und Unterweisungen sowie das Sicherheitskonzept der X GmbH sind durch entsprechende Unterlagen belegt. Es konnte daher der festgestellte Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

5.   Hierüber hat der OÖ. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs. 5 Z. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz-ASchG, BGBl.Nr. 450/1994 idF. BGBl. II Nr. 221/2010, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zu wider handelt.

Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 48 Abs. 7 Bauarbeiterschutzverordnung-BauV, BGBl.Nr. 340/1994 idF. BGBl. II Nr. 3/2011, dürfen Baugruben, Gräben oder Künetten nur betreten werden, wenn die Sicherungsmaßnahmen nach Abs. 2 durchgeführt sind.

Gemäß § 48 Abs. 2 BauV ist beim Ausheben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 m Tiefe unter Berücksichtigung der örtlichen Standfestigkeit des Bodens, der Wasserverhältnisse, der Auflasten sowie auftretender Erschütterungen eine der folgenden Maßnahmen durchzuführen, sodass Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herab fallendes Material nicht gefährdet werden können:

1.     die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 50 abzuböschen,

2.     die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend §§ 51 und 52 zu verbauen, oder

3.     es sind geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung (§ 53) anzuwenden.

 

Gemäß § 50 Abs 1 BauV ist bei Baugruben, Gräben oder Künetten die Böschungsneigung nach den bodenmechanischen Eigenschaften unter Berücksichtigung der Einflüsse, die auf die Böschung wirken, festzulegen. Der Böschungswinkel darf im Regelfall

1.     bei nicht bindigen oder weichen bindigen Böden, wie Mutterböden, Sande oder Kiese, höchstens 45 ° betragen.

 

Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ist erwiesen, dass der Arbeitnehmer X am 1.6.2011 in einer Künette mit zirka 1,60 m Tiefe bei einer Böschungsneigung von mehr als 60° Arbeiten durchgeführt hat, also für Arbeiten die Künette auch in diesem Bereich betreten hat, ohne dass die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen, wie eine erforderliche Abböschung von höchstens 45° bei den vorhandenen Bodenverhältnissen (schwachbindiger Boden) durchgeführt war. Es war daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung einwandfrei erfüllt. Dies wurde auch vom Berufungswerber nicht bestritten. Der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH hat die Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich zu verantworten.

5.2 Wenn der Berufungswerber hinsichtlich der subjektiven Tatseite auf ein mangelndes Verschulden hinweist, weil er ein ausreichendes Kontrollnetz geschaffen habe und auch entsprechende Schulungen der Mitarbeiter und Anweisungen durchgeführt habe, ist entgegenzuhalten, dass ein Entlastungsnachweis letztlich nicht gelungen ist.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

 

Im Sinne der vorzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht daher das Vorbringen des Berufungswerbers hinsichtlich des umfangreichen Schulungs- und Sicherheitssystems der Firma X GmbH nicht aus. Wenn gleich auch ein sehr durchdachtes Sicherheitsmanagement im Unternehmen herrscht und auch ein großes Augenmerk auf Schulungen sowohl bei Arbeitsantritt als auch bei Antritt auf der jeweiligen Baustelle und die Evaluierung der Baustelle herrscht, so ist doch entgegen zu halten, dass entgegen dem vorgebrachten und erwiesenen Sicherheitskonzept und den Schulungen der zuständige Polier X eine rechtswidrige Anordnung getroffen hat, nämlich zum Verbinden der Rohre die Künette auch ohne die nach dem Gesetz erforderliche Sicherung zu betreten, und daher keine Vorsorge getroffen wurde, die gewährleisten könnte, dass derlei Anordnungen und Schritte nicht gesetzt werden. Gerade dazu hat der Verwaltungsgerichtshof wie bei der Judikatur ausgeführt darauf hingewiesen, dass die Erteilung von entsprechenden Weisungen und stichprobenartigen Überprüfungen für ein wirksames Kontrollsystem nicht ausreichend sind, weil gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, das entsprechende vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen hat. Dass der für Drainagearbeiten zuständige Polier eigenmächtig entgegen den Schulungen und Anweisungen eine die Arbeitnehmerschutzvorschriften missachtende Anweisung an den verunfallten Arbeitnehmer trifft und der verunfallte Arbeitnehmer zum Tatzeitpunkt dann dieses eigenmächtige Verhalten umsetzt, beweist gerade, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der Judikatur vorhanden war. Der Verwaltungsgerichtshof verweist in seinem Erkenntnis vom 24.9.2010, Zl. 2009/02/0097/5, gerade auch in Bezug auf den vorliegenden Fall darauf hin, dass im Sinn der Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems erforderlich ist, aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicher zu stellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden können. Da solche Maßnahmen im Einzelnen aber nicht angeführt wurden, also konkret was angeordnet oder unternommen wurde, um solche rechtswidrigen Anweisungen und Vorgehensweisen hintanzuhalten, liegt auch Verschulden, nämlich zumindest fahrlässiges Verhalten des Berufungswerbers vor.

 

5.3. Dem Vorbringen des Berufungswerbers hinsichtlich der Tatanlastung als Beihilfe ist beizupflichten. Entgegen der Tatanlastung im Straferkenntnis liegt nämlich hinsichtlich des Berufungswerbers nicht mittelbare Täterschaft gemäß § 7 VStG vor, sondern vielmehr im Hinblick auf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer gemäß § 9 Abs. 1 VStG die unmittelbare Täterschaft. Nach der Bestimmung des § 9 Abs. 1 VStG hat der handelsrechtliche Geschäftsführer die Verantwortlichkeit der X GmbH als Arbeitgeberin zu verantworten. Es war daher die diesbezügliche Wortfolge sowie die Zitierung des § 7 VStG im Spruch des Straferkenntnisses zu streichen. Diese Berichtigung des Spruches beeinträchtigt den Berufungswerber nicht in seinen Rechten. Insbesondere ist auch nicht Verfolgungsverjährung der Tatanlastung als unmittelbarer Täter vorgelegen. Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 1. Juli 2011 enthält noch eine Tatanlastung als unmittelbarer Täter und ist innerhalb der 6monatigen Verfolgungsverjährungsfrist ergangen. Es war daher der         Oö. Verwaltungssenat berechtigt und verpflichtet, eine entsprechende Spruchkorrektur vorzunehmen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat zu Recht im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat auf die schwere Verletzung des Schutzzweckes der Norm, nämlich Erhaltung und Sicherung der Gesundheit der Arbeitnehmer, sowie auch auf die schweren nachteiligen Folgen durch den Arbeitsunfall hingewiesen. Dies war gemäß § 19 Abs. 1 VStG zu berücksichtigen. Weiters hat sie bei der Strafbemessung ein monatliches Einkommen von 3.000 Euro und keine Sorgenpflichten zugrunde gelegt. Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren hingegen Sorgepflichten für 3 Kinder und die Ehegattin vorgebracht. Auch hat er auf seine Ungescholtenheit hingewiesen.

Die belangte Behörde hat bereits die Unbescholtenheit als strafmildernd gewertet. Allerdings musste vom . Verwaltungssenat die Sorgepflicht für 3 Kinder und die Gattin berücksichtigt werden. Es musste daher die Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabgesetzt werden. Die nunmehr festgesetzte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe ist aber erforderlich, den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und war auch im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat gerechtfertigt. Die Strafe ist auch im Hinblick auf die überdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse nicht überhöht. Die nunmehr verhängte Strafe ist tat- und schuldangemessen und den persönlichen Verhältnissen angepasst.

Ein Überwiegen der Milderungsgründe war hingegen nicht festzustellen und daher eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht in Betracht zu ziehen. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohungtypisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurück bleibt. Mangels dieser Voraussetzung war daher auch von einem Absehen der Strafe gemäß § 21 VStG nicht Gebrauch zu machen. Auch traten nachteilige Folgen ein.

 

6. Weil die Berufung zumindest teilweise Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem . Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich gemäß § 64 VStG auf 10 % der ermäßigten Geldstrafe, das sind 200 Euro.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

Beschlagwortung: Kontrollsystem

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 24.05.2013, Zl.: 2012/02/0072-5  

 

 

 

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