Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166785/9/Br/REI

Linz, 03.04.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. P V, geb. x, S, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 24. Jänner 2012, Zl: VerkR96-33065-2011, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 3.4.2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt.

 

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

       Rechtsgrundlagen:

Zu I.:      § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.5 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl. I Nr. 111/2010 VStG.

Zu II.:    § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat über den Berufungswerber mit dem o.a. Straferkenntnis wegen der Übertretung nach § 26 Abs.5 StVO 1960, iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 80 Euro, und für den Nicht-einbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je 48 Stunden verhängt, wobei wider ihn der Tatvorwurf erhoben wurde, er habe einem Einsatzfahrzeug, welches sich im Einsatz befand (mit eingeschaltetem Folgetonhorn und Blaulicht), nicht Platz gemacht.

Tatort: Gemeinde Ansfelden, Autobahn Freiland, Westautobahn, A1 bei km 171.500.

Tatzeit: 04.06.2011, 09:00 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 26 Abs. 5 StVO

Fahrzeug: Kennzeichen x, PKW, Land Rover Freelander 2, schwarz."

 

 

2. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Aufgrund einer Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Haid vom 4.6.2011 wurde Ihnen die umseits genannte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt.

Gegen die Strafverfügung der hs. Behörde vom 31.8.2011 haben Sie innerhalb offener Frist per e-mail vom 14.9.2011 Einspruch erhoben, den Sie wie folgt begründeten:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren, ich erhebe Einspruch gegen die erhobene Strafverfügung: Kennzahl 102026989049 / GZ.(H): VerkR96-33065-2011.

Nie habe und werde ich ein Blaulicht ignorieren! Sobald ich das Blaulicht gesehen habe, habe ich selbstverständlich sofort Platz gemacht! (3 spurige Autobahn)."

 

Aufgrund Ihres Einspruchs wurde der Meldungsleger, Polizist G R, zur Vernehmung vorgeladen. Dieser tätigte anlässlich seiner Einvernahme am 20.9.2011 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht folgende Aussage:

 

"Die Anzeige bleibt vollinhaltlich aufrecht.

Ich kann mich an den Vorfall noch erinnern. Mein Kollege M und ich sind mit dem Zivilkraftwagen VW Passat, schwarz, zu einem Einsatz gefahren. Definitv hatten wir sowohl Folgetonhorn als auch Blaulicht eingeschaltet. Ich war der Lenker dieses KFZ. Im Bereich von km 171,5 näherten wir uns dem Fahrzeug des Beschuldigten. Obwohl es mehrfach möglich gewesen wäre, nach rechts auszuweichen, blieb der Beschuldigte weiterhin auf der äußerst linken Fahrspur. Anführen möchte ich nur, dass von mir lediglich Lenker angezeigt werden, die eine Einsatzfahrt erheblich behindern."

 

Mit Schreiben vom 20.9.2011 wurde Ihnen diese Zeugenaussage zur Kenntnis gebracht und wurde Ihnen gleichzeitig die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme dazu abzugeben.

 

Von dieser Möglichkeit haben Sie Gebrauch gemacht. Sie sind am 29.9.2011 persönlich vor der ho. Behörde erschienen und haben Folgendes zur Niederschrift verlautet:

"Ich kann mich an den Vorfall erinnern. An diesem Tag bin in nach St. Florian gefahren. Die Sonne hat stark gescheint und mich geblendet.

Es handelte sich bei dem Fahrzeug um kein Polizeiauto sondern um eine Zivilstreife. Wenn ich mich richtig erinnere, hatte das Einsatzfahrzeug das Blaulicht nicht am Dach, sondern innen im Wagen positioniert.

Sobald ich das Blaulicht gesehen habe, habe ich sofort Platz gemacht.

Ein Folgetonhorn habe ich keines vernommen. Ich hatte auch das Radio nicht laut aufgedreht. Ich habe mit Sicherheit nicht mit Absicht das Blaulicht ignoriert. Grundsätzlich mache ich einem Einsatzfahrzeug sofort Platz, sobald ich dieses wahrnehme."

 

Daraufhin wurde der Zeuge, Polizist M, Autobahnpolizeiinspektion Haid, vorgeladen, der anlässlich seiner Einvernahme am 7.12.2011 unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht und den Diensteid Folgendes angab:

"Zum gegenständlichen Sachverhalt befragt, gebe ich unter Hinweis auf den Diensteid und die Wahrheitspflicht an, dass ich als Beifahrer das Kennzeichen des Beschuldigten notierte, da er dem Zivilstreifenwagen trotz eingeschaltetem Blaulicht und Folgetonhorn nicht unverzüglich Platz gemacht hat und die Einsatzfahrt dadurch verzögert wurde.

Das Blaulicht befindet sich im unteren Bereich der Windschutzscheibe, es handelt sich um gut wahrnehmbare LED-Lichter. Der Beschuldigte hätte die Möglichkeit gehabt, unverzüglich vom linken auf den mittleren oder rechten Fahrstreifen auszuweichen."

 

Mit Schreiben vom 12.12.2011 wurde Ihnen diese Zeugenaussage zur Kenntnis gebracht und wurde Ihnen wiederum die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme dazu abzugeben. Von dieser Möglichkeit haben Sie Gebrauch gemacht und mittels e-mail vom 22.12.2011 folgende Stellungnahme abgegeben:

 

"Ich habe Ihre Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme erhalten.

Ich darf Ihnen als meine erneute Stellungnahme mitteilen, dass ich meiner bereits vor einigen Wochen persönlich vorgetragenen Ausführung Ihnen gegenüber nichts hinzuzufügen habe! Sie können mich gerne unter 0 .... anrufen, sollte eine neuerliche persönliche Vorsprache notwendig sein. Bitte um Nachricht wie es in der Causa weiter geht — denn es bleibt bei Aussage gegen Aussage und mein Gerechtigkeitssinn ist nach wie vor „absolut ohne Verständnis"!

 

Ich wünsche Ihnen ein braves Christkind! und warte geduldig auf die weiteren Schritte."

 

Die Behörde hat Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 26 Abs. 5 StVO haben alle Straßenbenützer einem herannahenden Einsatzfahrzeug Platz zu machen. Kein Lenker eines anderen Fahrzeuges darf unmittelbar hinter einem Einsatzfahrzeug nachfahren oder, außer um ihm Platz zu machen, vor ihm in eine Kreuzung einfahren.

 

Wenn Sie in Ihrem Einspruch bestreiten, einem Einsatzfahrzeug nicht unverzüglich Platz gemacht zu haben, wird auf die Zeugenaussagen der Polizeibeamten R und M verwiesen, die beide angeben, dass die Einsatzfahrt dadurch verzögert wurde, dass Sie dem Zivilstreifenwagen, der sowohl Blaulicht als auch Folgetonhorn eingeschaltet hatte, nicht unverzüglich Platz gemacht haben, obwohl es mehrfach möglich gewesen wäre, nach rechts auszuweichen.

 

Wenn Sie in Ihrer Einvernahme am 29.9.2011 vor der ho. Behörde angeben, dass es sich um keinen Polizeiwagen sondern um einen Zivilstreifenwagen handelte, der das Blaulicht nicht am Dach sondern innen im Wagen positioniert hatte, so teilen wir mit, dass gemäß § 2 Abs. 1 Z 25 StVO ein Fahrzeug als Einsatzfahrzeug anzusehen ist, wenn dieses auf Grund kraftfahrrechtlicher Vorschriften als Warnzeichen blaues Licht und Schallzeichen mit Aufeinanderfolge verschiedener Töne verwendet.

 

Blaulicht gilt als Sonderzeichen und wird nur aus Gründen der Verkehrssicherheit verwendet, bzw. wenn Gefahr in Verzug ist, um den Ort der dringenden Hilfeleistung ehestmöglich zu erreichen.

Die Behörde sah keinerlei Veranlassung, an der glaubwürdigen und unbedenklichen Aussage des fachlich geschulten und unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen zu zweifeln, zumal dieser wohl kaum das Risiko einer falschen Aussage, auf deren strafrechtliche Folgen der Zeuge anlässlich seiner Einvernahme hingewiesen wurden, auf sich nehmen würde, während Sie als Beschuldigter einer solchen Wahrheitspflicht nicht unterliegen und sich in jede Richtung verantworten können.

 

In diesem Zusammenhang wird auch auf das VwGH-Erkenntnis vom 28.09.1988, ZI. 88/02/0007 verwiesen, wonach es den zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs bestellten und geschulten Organen der Sicherheitswache zugebilligt werden muss, dass sie in der Lage sind, Verkehrssituationen richtig zu erkennen und wiederzugeben bzw. mit Sicherheit über Folgendes Feststellungen treffen und verlässliche Angaben darüber machen zu können: Normale oder ungewöhnliche Geschwindigkeit, Kennzeichennummer, Wagentyp, Wagenfarbe, Vorgänge im Straßenverkehr im Allgemeinen, Art Beschaffenheit, Insassen und Lenkers eines KFZ (siehe VwGH-Erkenntnis vom 30.03.1979, ZI. 1839/77).

Aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses erscheint es für die Behörde zweifelsfrei erwiesen, dass Sie im konkreten Fall die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen haben.

 

Im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG bildet Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Bei der Strafbemessung wurde hinsichtlich der zu berücksichtigenden    Vermögens- und Familienverhältnisse von folgenden Angaben ausgegangen: kein Vermögen, Sorgepflicht für 1 Tochter; hinsichtlich der Einkommensverhältnisse wurde mangels konkreter Bekanntgabe das Einkommen auf ca 2.000 Euro monatlich geschätzt.

 

Strafmildernd war Ihre bisherige Unbescholtenheit im hs. Verwaltungsbezirk zu werden, straferschwerende Umstände waren nicht bekannt."

 

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht per E-Mail am 23.2.2012 eingebrachten Berufung.

Sinngemäß beruft er sich darin eingangs auf vermeintliche Formalfehler auf die er von einem namentlich genannten Polizeijuristen hingewiesen worden sei. Wenngleich damit nicht eine Verfolgungsverjährung aufgezeigt werden könnte, lässt der Spruch des Straferkenntnisses rein sprachlich "einem Einsatzfahrzeug nicht Platz gemacht zu haben" nur im kontextlosen Hinweis auf die angebliche Behinderung durch ein gelenktes KFZ mit dem Kennzeichen x am Ende des Spruches schließen. Dass dieses vom Berufungswerber gelenkt wurde und dabei die Behinderung folgte, lässt sich im sprachlichen Kontext eher nur vermuten als dies im Spruch klar zum Ausdruck käme.

Der Berufungswerber hob auch hervor in keinem Fall eine Behinderung beabsichtigt gehabt zu haben. Allenfalls habe er vermutlich durch die Sonnenblendung die Annäherung des Zivilfahrzeuges mit Blaulicht nicht wahrgenommen. Ebenfalls erhebe sich für ihn die Frage warum das Einsatzfahrzeug nicht rechts überholt oder zumindest die Lichthupe eingesetzt habe. Niemals würde er ein Blaulicht ignorieren. Abschließend verweist er auf sein Gerechtigkeitsempfinden als Begründung diesem Schuldspruch mit allen Mitteln entgegen zu treten.

Schon am 22.2.2012 um 16:43 Uhr übermittelte er das nachstehende E-Mail an die Behörde erster Instanz:

"Ich berufe gegen den Bescheid VerkR96-33065-2011!

Nach Rücksprache mit ua dem Leiter des Strafamtes der Bundespolizeidirektion führe ich zwei zusätzliche Punkte an:

1) im Gesetzestext ist nur von einem "herannahenden Einsatzfahrzeug" die Rede

Die vorliegende Erkenntnis spricht aber von einem "Einsatzfahrzeug, welches sich im Einsatz

befand"

2) in der Straferkenntnis ist nicht angeführt, welche genaue Handlung von mir nach dem Gesetz zu erwarten gewesen wäre. Hätte ich nach rechts oder links ausweichen sollen oder hätte ich mich vielleicht in Luft auflösen sollen udgl.

Ich denke des Weiteren, dass die Aussage von zwei Polizisten nicht höher zu werten ist als meine Aussage. Im EU Recht spricht man vom "legal playing ground", den ich hier stark beeinträchtigt sehe.

In der vorliegenden Straferkenntnis bescheinigen Sie mir vollkommene Unbescholtenheit - warum sollte ich daher auf einmal ein Blaulicht ignorieren?! Das Widerspricht jeglicher Logik denn, ich habe nie und werde nie bewusst oder absichtlich ein Blaulicht ignorieren noch behindern!!! Ich bleibe voll inhaltlich bei meiner Aussage, die ich persönlich im Amt erläutert habe.

Es kann nicht Recht sein, dass ein unbescholtener Bürger für etwas bestraft wird, dass er nicht gemacht hat Das schwöre ich auf das Grab meines verstorbenen Vaters!

 

Hochachtungsvoll

Dr. P. R. V"

 

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts der bestreitenden Verantwortung des Berufungswerbers in Wahrung der durch Art.6 EMRK zu wahrenden Verfahrensgarantien erforderlich (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung der erstinstanzlichen Akteninhalte sowie durch die Beischaffung eines Fotos vom 4.6.2011, 09:00 Uhr aus dem Archiv einer Wetterkamera im Raum Linz, sowie durch Einvernahme des Berufungswerbers anlässlich der Berufungsverhandlung.

Der Meldungsleger konnte krankheitsbedingt zur Berufungsverhandlung nicht erscheinen, wobei er jedoch im Wege seiner Dienststelle dem Unabhängigen Verwaltungssenat eine neuerliche Stellungnahme zukommen ließ.

 

 

 

6. Sachverhalt:

Der Berufungswerber war am Samstag 4. Juni 2011 um 09:00 Uhr auf dem linken Fahrstreifen der A1 in Fahrtrichtung Wien unterwegs. Es herrschte wolkenloses Wetter, wobei davon auszugehen ist, dass in östlicher Fahrtrichtung die Sonne etwa im Winkel von 50 Grad von rechts und im ähnlichen Winkel von oben auf die Frontscheibe des Fahrzeuges des Berufungswerbers strahlte.

Auch gilt es festzuhalten, dass es sich bei diesem Tag um einen Samstag handelte, was auf ein zu üblichen Werktagen unterdurchschnittliches Verkehrsaufkommen schließen lässt.  Darauf deuten nicht nur die Angaben des Meldungslegers hin, welcher selbst sagt der Berufungswerber hätte mehrmals nach rechts umspuren können. Daraus folgt aber auch, dass die Behinderung nicht wirklich nachhaltig gewesen sein kann, wenn der Einsatzzweck ein Rechtsüberholen offenbar doch nicht geboten erscheinen ließ.  

Aus der Anzeige lässt sich lediglich feststellen, dass der Berufungswerber einem sich mit Blaulicht und Folgetonhorn annähernden Einsatzfahrzeug auf einer Wegstrecke von mindestens 500 m nicht Platz gemacht hätte.

Bei einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 100 km/h entspricht diese Wegstrecke einer Zeitspanne von ca. fünfzehn Sekunden.

Der zur Berufungsverhandlung geladene Meldungsleger konnte laut Mitteilung seiner Dienststelle vom 2.4.2012 krankheitsbedingt an der Berufungsverhandlung nicht teilnehmen. Es wurde jedoch in seinem Auftrag eine mit seiner bisherigen Darstellung in Einklang stehende Stellungnahme übermittelt, der zur Folge das Angezeigtenfahrzeug die Möglichkeit gehabt hätte nach rechts umzuspuren. Daher konnte auf eine Terminverschiebung verzichtet werden.

Vor diesem Hintergrund stellt sich jedoch die Frage, warum – falls die Dringlichkeit es erfordert hätte – diese Gelegenheit des Umspuren nach rechts nicht vom Meldungsleger selbst ergriffen wurde. Dies wäre angesichts der Einsatzfahrt für den Lenker doch rechtlich zulässig gewesen, wenngleich dies nichts an der Rechtswidrigkeit des Verweilens auf der Spur des Einsatzfahrzeuges seitens des Vorderfahrzeuges ändern würde.

Der Berufungswerber hält dem jedoch entgegen von einem Einsatzfahrzeug hinter ihm bis zum tatsächlichen Umspuren seinerseits nichts bemerkt zu haben.

In der Zeugenaussage des Meldungslegers  (Insp. R) vor der Behörde erster Instanz ist jedoch in gewissem Widerspruch zur Vorfallsschilderung von einer "erheblichen Behinderung" des Einsatzfahrzeuges die Rede, wobei der Meldungsleger andererseits zu keinem Zeitpunkt darlegt, was etwa dem Vorbeifahren am angeblichen Hindernis auf der linken Fahrspur durch einen Spurwechsel seinerseits entgegen gestanden wäre. 

 

 

 

6.1. Der Berufungswerber verantwortet sich von Anbeginn stets gleichförmig indem er stets beteuert er habe das Einsatzfahrzeug nicht früher wahrgenommen, habe jedoch sofort ab der Wahrnehmung desselben umgespurt.

Dies tat er auch anlässlich der Berufungsverhandlung, wobei er im Ergebnis plausibel verdeutlichte in keiner Weise in Kauf genommen gehabt zu haben ein Einsatzfahrzeug zu behindern. Die Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers wird insbesondere auch durch seine Mitwirkung am Verfahren beider Instanzen untermauert. Sein Auftreten war seriös, sodass ihm nicht zugesonnen wird grundlos ein Einsatzfahrzeug zu behindern um dann nach fünfzehn Sekunden doch die Fahrspur zu wechseln.

 

 

 

6.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat folgt daher im Rahmen der Beweiswürdigung dem Berufungswerber auch darin, dass er vor dem Hintergrund der offenkundig starken Sonneneinstrahlung die Annäherung des Einsatzfahrzeuges in der Zeitdauer von fünfzehn Sekunden nicht bemerkte. Dies vermag ihm daher nicht als schuldhaftes Verhalten zur Last fallen. Das bloß im Fahrzeuginneren angebrachte LED-Blaulicht ist empirisch besehen wohl auch durchaus weniger augenfällig als es für ein am Fahrzeugdach montiertes Blaulicht eines üblichen Einsatzfahrzeuges zutrifft. Da der Berufungswerber letztlich sofort ab der Wahrnehmung des sich schließlich knapp ihm angenäherten Fahrzeuges umspurte kann in dieser kurzfristigen Nichtfreigabe der Fahrspur (noch) kein strafwürdiges schuldhaftes Verhalten erblickt werden. Eher noch wäre dahinter ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot (§ 7 Abs.1 StVO 1960) zu orten gewesen. Nachteilige Auswirkungen dieser kurzfristigen Spurblockade für das Einsatzfahrzeug – welches wie oben schon gesagt wohl auch rechts vorbeifahren hätte können – zeigte selbst der Meldungsleger im gesamten Verfahren nicht auf.

Ob diese Anzeige mit dem erklärten Ziel einer ökonomischen Verwaltungs- und Gesetzesvollzugspraxis in Einklang steht muss auf sich bewenden bleiben.

 

 

 

7. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Das Gebot des § 26 Abs.5 StVO, wonach alle Straßenbenützer einem herannahenden Einsatzfahrzeug Platz zu machen haben, kommt etwa dann in Betracht, wenn nach dem vorhersehbaren Fortbewegungsweg die anderen Verkehrsteilnehmer für den bevorzugten Straßenbenützer ein Hindernis bilden (vgl. OGH 26.9.1972, 8 Ob 187/22 u.a.). Es ist in jedem Einzelfall anhand der vorliegenden Verkehrs-, Straßen- und Fahrbahnverhältnisse zu beurteilen, ob ein Fahrzeuglenker durch ein bestimmtes Fahrverhalten ein Einsatzfahrzeug in der Fortbewegung behindert bzw. durch welche unterlassene Verhaltensweise er seiner Verpflichtung zum „Platz machen" nicht entsprochen hat (vgl. KUVS-963-964/4/2003, 28.7.2003 sowie h. Erk. h. v. 19.12.1991, VwSen-100126/10/Fra/Ka).

 

 

 

7.1. Die Regelungen des § 26 Abs.2 und Abs.3 StVO stellen jedenfalls einen Rechtswidrigkeitsausschluss in Bezug auf den Lenker eines Einsatzfahrzeuges dar. Der Lenker eines den äußersten linken Fahrstreifen verwendenden, die Fahrt eines Einsatzfahrzeuges behindernden Fahrzeuges kann sich wohl auf diese Normen nicht berufen, vielmehr trifft ihn gemäß § 26 Abs.5 StVO die Pflicht, entsprechend dem vorhersehbaren Fortbewegungsweg des Einsatzfahrzeuges, auf den rechten (freien) Fahrstreifen wechselnd Platz zu machen (das Einsatzfahrzeug muss nicht rechts überholen (VwGH 19.10.1988, 88/02/0074).

Da letztlich der Berufungswerber dieser Pflicht sofort nach Wahrnehmung des fünfzehn Sekunden lang unbemerkt gebliebenen Einsatzfahrzeuges hinter ihm nachgekommen ist, vermag angesichts der glaubhaft dargestellten widrigen Umstände, ein schuldhafter Regelverstoß darin noch nicht erblickt werden. Im Übrigen lassen selbst die an sich dürftigen Anzeigeangaben keine wie immer gearteten faktischen nachteiligen Auswirkungen auf die Einsatzfahrt erkennen.

Demnach war nach sorgfältiger und objektiver Würdigung der Beweislage das Verwaltungsstrafverfahren auf § 45 Abs.1 Z1 VStG gestützt einzustellen.

 

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

H i n w e i s:

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss ‑ von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen ‑ jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von  220,00 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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