Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-560146/2/BMa/Th

Linz, 20.03.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der Frau X, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 16. Jänner 2012, SO10-2798-101/La, wegen eines Antrags auf Gewährung einer Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs nach dem Oö. BMSG zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Verhandlung und Entscheidung an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zurückverwiesen wird.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011 iVm § 49 Abs.1 Oö. BMSVG

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bw) auf Gewährung einer Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Bw lebe in Lebensgemeinschaft mit Dipl.-Ing. X und sei als Mitbewohnerin im Sinne der bedarfsorientierten Mindestsicherung einzustufen. Somit habe sie Anspruch auf den Mindeststandard von 587,80 Euro bzw. 594,40 Euro im Jahr 2012. Mit dem Einkommen aus Kinderbetreuungsgeld von täglich 20,59 Euro (monatlich 627,99 Euro) ab der Geburt des Kindes sei sie mit ihrem Einkommen über dem Mindeststandard für Mitbewohner und habe somit keinen Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung. Das Wochengeld bis zur Geburt des Kindes mit täglich 26,50 Euro (monatlich 797,58 Euro) sei ebenso über dem Mindeststandard für Mitunterstützte gelegen und es bestehe auch bis zur Geburt des Kindes kein Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung.

Die Beziehung zu Herrn Dipl.-Ing. X sei als Lebensgemeinschaft im Sinne der bedarfsorientierten Mindestsicherung zu klassifizieren, obwohl der Lebensgefährte bereits seit Dezember 2010 in Österreich polizeilich abgemeldet sei. Denn er sei Vater des zu entbindenden Kindes. Daraus könne nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine wenn auch nur am Wochenende oder in den Ferien stattfindende eheähnliche Beziehung oder Liebesbeziehung geschlossen werden. Die drei gemeinsamen Kinder mit Herrn X würden den Namen des Vaters tragen, auch das spreche für eine nähere Beziehung der Kinder zum leiblichen Vater und zur Bw. Herr X halte sich offensichtlich öfters bei der Bw auf, obwohl er in Deutschland seinen Beruf ausübe und dort seinen Hauptwohnsitz habe. Dafür spreche auch, dass er der Vater des bereits 4. Kindes sei.

 

1.2. Gegen diesen der Bw am 19.01.2012 zugestellten Bescheid richtet sich die am 26. Jänner 2012 zur Post gegebene und damit rechtzeitige Berufung vom 23. Jänner 2012.

 

1.3. Begründend führt die Berufung im Wesentlichen aus, seit ihrer Scheidung im Jahr 2001 lebe die Bw alleine mit ihren Kindern. X habe, seit sie ihn kenne, immer in Deutschland gearbeitet und er würde sie und ihre Kinder besuchen. Er sei als Vater ihrer kleineren Kinder zum Unterhalt verpflichtet. Darüber hinaus aber sei er ihr gegenüber nichts schuldig. X führe seinen eigenen Haushalt in Deutschland für den wiederum sie nicht zuständig gemacht werden könne. Die Bw sei für die Erziehung der Kinder zuständig und auch Verwalterin des Geldes für sich und die Kinder. Sie sei immer bestrebt gewesen, sich mit den Vätern ihrer Kinder zu vertragen. Von einer Lebensgemeinschaft könne nicht ausgegangen werden. Für außergewöhnliche Ausgaben wie Zahnarztkosten, Urlaub etc. könne sie jemanden wie X, der außerhalb ihres Haushaltes wirtschaften müsse, nicht zuständig machen. Abschließend wurde von der Rechtsmittelwerberin angeboten, sie zu besuchen, um Einsicht in ihre tatsächliche Lebenssituation zu gewinnen.

 

Mit dem Berufungsvorbringen wird – konkludent – zum Ausdruck gebracht, dass die Aufhebung des bekämpften Bescheides und Stattgebung ihres Antrags auf Gewährung der bedarfsorientierten Mindestsicherung beantragt wird.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zu SO10-2798-101/La. Weil sich bereits aus diesem ergab, dass die Angelegenheit zu ergänzen und von der erstinstanzlichen Behörde eine mündliche Verhandlung durchzuführen sein wird, bei der der Bw die Möglichkeit gegeben wird, ihre Lebenssituation darzulegen, und daher die Angelegenheit aufzuheben und zurückzuverweisen ist, hatte ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu ergehen. Eine mündliche Verhandlung beim Unabhängigen Verwaltungssenat konnte damit entfallen (§ 67d Abs.4 AVG).

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 49 Abs.1 Oö. BMSVG ist für die Erlassung von Bescheiden in zweiter Instanz der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, soweit nicht anderes bestimmt ist.

 

Gemäß § 13 Abs.1 Oö. BMSVG erfolgt Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs durch laufende monatliche Geldleistungen (Mindeststandard), soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.

 

Nach Abs.2 Z2 leg.cit. hat die Landesregierung durch Verordnung die näheren Kriterien zur Zuordnung der einzelnen Mindeststandardkategorien gemäß Abs.3 festzusetzen. Die Verordnung der Oö. Landesregierung, über die Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung und den Einsatz der eigenen Mittel (Oö. Mindestsicherungsverordnung – Oö. BMSV) regelt in § 1 Abs.1 die Höhe der laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandard) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs für

1.     alleinstehende oder alleinerziehende Personen,

2.     volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben

3.     unterhaltsberechtigte minderjährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben.

 

Gemäß § 66 Abs.2 kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

3.2. Die belangte Behörde begründet die Annahme, es bestehe eine Lebensgemeinschaft mit Dipl.-Ing. X, lediglich damit, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass an Wochenenden oder in den Ferien eine eheähnliche Beziehung oder Lebensgemeinschaft stattfinde.

 

Dabei verkennt die belangte Behörde jedoch, dass das Bestehen einer Lebensgemeinschaft, sofern diese bestritten wird, von der belangten Behörde unter Mitwirkung der Antragstellerin darzulegen ist. Zu diesem Zweck scheint die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Einvernahme des Herrn Dipl.-Ing. X als Zeugen ebenso wie die Befragung weiterer Personen, die über die Häufigkeit der Anwesenheit des Dipl.-Ing. X im Haushalt der Bw und dessen Beziehung zur Bw Auskunft geben können, unumgänglich.

 

Erst nach Vorliegen dieses entscheidungsrelevanten Sachverhalts kann beurteilt werden, ob Dipl.-Ing. X als Mitbewohner der Bw zu qualifizieren ist und ob ihrem Antrag auf Gewährung von Mindestsicherung nach dem Oö. BMSG stattgegeben wird oder dieser abzuweisen ist.

 

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag.a Bergmayr-Mann

 


 

VwSen-560146/2/BMa/Th vom 20. März 2012

Erkenntnis


Rechtssatz

Oö. BMSG §13;
Oö. BMSV §1 Abs1;
AVG §66 Abs2

Das Bestehen einer Lebensgemeinschaft ist, sofern diese bestritten wird, von der belangte Behörde darzulegen. Die Antragstellerin trifft dabei aber eine Mitwirkungspflicht.

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum