Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401155/21/Wg/WU

Linz, 02.03.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des X, geb. X, vertreten durch X, durch mündliche Verkündung sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 2. März 2012, wegen Festnahme, Schubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft seit dem 22. Februar 2012 durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

       I.      Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

 

    II.      Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 887,20  Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 76 Abs 2a Z 1 iVm § 83 Fremdenpolizeigesetz (FPG); § 67c Abs.3 AVG; § 69a AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Bescheid vom 22. Februar 2012, Sich40-1143-2012, über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gemäß § 76 Abs.2a Z1 FPG iVm § 80 Abs.5 FPG und § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft verhängt. Die Behörde führte begründend aus, der Bf sei am 20. Jänner 2012 illegal und schlepperunterstützt in einem Container / Sattelauflieger versteckt mit dem Zug von Thessaloniki (Griechenland) über Skopje (Mazedonien), Belgrad (Serbien) und den Grenzübergang Kelebia (Ungarn) nach Budapest und weiter über Sopron nach Österreich eingereist. Er sei am 20. Jänner 2012 auf dem Gelände der Spedition X gemeinsam mit 12 weiteren afghanischen Staatsangehörigen festgenommen worden. Dort habe er am 21. Jänner 2012 um 14.20 Uhr vor Beamten der PI X einen Antrag auf internationalen Schutz (Asyl) in Österreich gestellt. Im Zuge der Asylantragstellung sei er nicht in der Lage gewesen, den Beamten ein gültiges Reisedokument oder ein anderes Identitätsdokument in Vorlage zu bringen. Laut seinen Angaben sei er 2007 illegal aus seinem Herkunftsstaat Afghanistan in den Iran ausgereist. Von dort sei er dann illegal über die Türkei nach Griechenland weitergereist, wo er am 23. Oktober 2011 angekommen sei. Von dort sei er dann Anfang Jänner 2012 illegal und mit Schlepperunterstützung mit dem Zug nach Österreich eingereist und habe seinen Asylantrag gestellt. Er würde lediglich über Barmittel in der Höhe von 260 Euro verfügen, andere Unterstützung würde er nicht erhalten und sei völlig mittellos. Bezugspersonen in Österreich habe er nicht. Aufgrund seines Begehrens sei ihm vorübergehend eine bundesbetreute Unterkunft in der Erstaufnahmestelle West zugewiesen worden. Über einen anderwärtigen ordentlichen Wohnsitz verfüge er im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht. Das Bundesasylamt Erstaufnahmestelle West habe am 24. Jänner 2012 Konsultationen mit Ungarn gemäß dem Dubliner Übereinkommen und damit ein Ausweisungsverfahren über den Bf eingeleitet. Die Zustimmung von Ungarn sei am 8. Februar 2012 erfolgt. Weswegen damit, und aufgrund der Tatsache, dass er sich bei der Festnahme in einem Container befunden habe, der über die Route Griechenland – Mazedonien – Serbien – Ungarn nach Österreich transportiert worden sei, erwiesen sei, dass er von Ungarn kommend illegal nach Österreich eingereist sei. Unter Beizug eines Dolmetschers der Sprache Dari sei er durch das Bundesasylamt EAST-West am 15. Februar 2012 zum Parteiengehör niederschriftlich befragt worden. Dabei habe er im Wesentlichen die gleichen Angaben wie bei seiner Erstbefragung im Asylverfahren gemacht. Weiters sei er körperlich und geistig in der Lage, die Einvernahme durchzuführen. Er habe Rückenschmerzen gehabt, da er Bandscheibenprobleme habe. Er habe sich diesbezüglich auch im Iran behandeln lassen. Ihm sei mitgeteilt worden, dass Ungarn dem Aufnahmeersuchen der Republik Österreich entsprochen habe und dass daher beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich als unzulässig zurückzuweisen und seine Ausweisung nach Ungarn zu veranlassen. Auf diesen Vorhalt habe er im Wesentlichen wie folgt reagiert: "Ich weiß nicht, ob ich in Ungarn war. Ich will hier in Österreich bleiben. Ich weiß auch nicht, über welche Staaten ich nach Österreich gekommen bin. Ich habe in Ungarn keine Fingerabdrücke abgegeben und auch keinen Asylantrag gestellt. Ich will nicht nach Ungarn." Die Frage nach Verwandten in Österreich, die ihn finanziell unterstützen würden, habe er verneint. Am 22. Februar 2012 um 11.40 Uhr in unmittelbarem Anschluss, nachdem ihm seitens des BAA EAST-West der zurückweisende Asylentscheid ausgefolgt worden sei, sei er von Beamten der Polizeiinspektion X in der Erstaufnahmestelle X im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen worden. Zum Zeitpunkt der Festnahme sei er bis auf einen Bargeldbetrag von 313,20 Euro völlig mittellos gewesen. Er habe zuvor kein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich gehabt und sei auch davon auszugehen, dass er nunmehr mit durchsetzbarer Ausweisungsentscheidung seine Reise in sein Zielland (lt. seinen Angaben sei das Schweden) weiter fortsetzen werde, um insbesondere nicht nur sein Reiseziel zu erreichen, sondern zugleich eine Rückstellung in dem von ihm negierten Mitgliedstaat Ungarn zu unterbinden. Er sei alleinstehend, ihm würden keine minderjährigen Kinder, für die er die Obsorge hätte, begleiten, gehe keiner Beschäftigung nach, halte sich erst seit Kurzem in Österreich auf und sei daher sowie auch entsprechend seiner dargelegten Verhaltensweise offensichtlich an absolut keine Örtlichkeiten gebunden. Es sei zu befürchten, dass er sich – auf freiem Fuß belassen – dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen und in die Illegalität abtauchen werde. Es sei zur Sicherung seiner Abschiebung in den für ihn zuständigen Mitgliedstaat seine Anhaltung in der Schubhaft unbedingt erforderlich. Ein gelinderes Mittel würde zudem die Gefahr beinhalten, dass er – nach einem Abtauchen in die Anonymität – dem österreichischen Staat weiters finanziell zur Last fallen könnte. Da er seinen Unterhalt im Bundesgebiet bestreiten müsse, sei die Gefahr sehr groß, dass er diesen auf illegale Art und Weise bewerkstelligen werde. Darüber hinaus sei im Besonderen die Gefahr nach Abtauchen in die Anonymität sehr groß, dass letztlich Österreich für die inhaltliche Prüfung gemäß dem Dublin-Abkommen zuständig werden könne, sofern den Erfordernissen des Abkommens, einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat, nicht nachgekommen werde.

 

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom 27. Februar 2012. Der Beschwerdeführer stellte darin die Beschwerdeanträge, der UVS im Lande möge die Festnahme, die Verhängung in Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären, feststellen, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht (mehr) vorliegen sowie Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung und der Eingabegebühr zuerkennen. Er führte begründend unter anderem aus, er sei in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt worden. Aufgrund der katastrophalen Situation für Flüchtlinge in Griechenland sei er weiter Richtung Zentraleuropa gereist. Das genau Ziel habe er nicht gekannt. Er sei 4 Tage in dem Container gewesen, bevor er in Österreich von der Polizei gemeinsam mit weiteren afghanischen Flüchtlingen aufgegriffen worden sei. Er habe nicht gewusst, durch welche Länder er gefahren sei. Sofort, nachdem er aufgegriffen worden sei, habe er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er sei in der bundesbetreuten Unterkunft der X untergebracht worden. Sowohl die Schubhaftverhängung, als auch die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft seien rechtswidrig. In der Beweiswürdigung werde nicht begründet, warum es in seinem Falle notwendig sei, die Schubhaft zu verhängen. Er sei in einer bundesbetreuten Unterkunft untergebracht und habe ein großes Interesse am Ausgang seines Asylverfahrens, welches noch nicht rechtskräftig entschieden sei. Er werde fristgerecht Beschwerde gegen den zurückweisenden Bescheid des Bundesasylamtes, X, einbringen. Da dem Bf zwar in Griechenland Fingerabdrücke abgenommen worden seien, er durch Ungarn nur durchgereist sei, sei er nicht der Meinung, dass Ungarn für sein Asylverfahren zuständig sei. Der Bf habe zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass er kein Interesse am Aufenthalt in Österreich hätte, im Gegenteil, er habe hier einen Asylantrag gestellt und selbst, wenn er ursprünglich als Zielland Schweden hatte, habe er Interesse in Österreich zu bleiben und möchte sein Asylverfahren – sollte er zugelassen werden – hier durchführen. Da er Beschwerde gegen den zurückweisenden Bescheid des Bundesasylamtes einbringen werde, sei es offenkundig, dass es zu keiner alsbaldigen Abschiebung komme. Die Anhaltung in Schubhaft sei daher unzulässig (Pkt. 1). Mangels ausreichender Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Situation des Bf habe die Erstbehörde auch nicht hinereichend begründet, weswegen in seinem Fall der nach Ansicht der Erstbehörde gegebene Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels nicht erreich werden könne (Pkt. 2). Der angefochtene Bescheid verstoße gegen Unionsrecht. So sehe die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie), bestimmte Rechtsschutzgarantien im Zusammenhang mit der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger vor. Wenn die Haft durch eine "administrative authority" angeordnet werde, hätten die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass die Anhaltung einer raschen richterlichen Überprüfung unterzogen werde. Dies sei im österreichischen Gesetz nicht vorgesehen, da eine amtswegige Überprüfung nur durch die Verwaltungsbehörde selbst und eine Überprüfung durch ein unabhängiges Tribunal überhaupt erst nach 4 Monaten vorgesehen sei (Pkt. 3). Die Richtlinie vom Februar 1999 über anwendbare Kriterien und Standards betreffend die Haft von Asylsuchenden von UNHCR lege unter anderem fest, es solle die rechtliche Vermutung gegen die Inhaftierung sprechen. Zur Haft solle es daher erst kommen, wenn alle möglichen Alternativen ausgeschöpft wurden oder sich gezeigt habe, dass Überwachungsmaßnahmen nicht den gesetzmäßigen, legitimen Zweck erreicht hätten. Bei der Beurteilung, ob die Inhaftierung eines Asylsuchenden notwendig sei, solle geprüft werden, ob die Haft angemessen ist und ob sie verhältnismäßig ist gegenüber dem angestrebten Ziel. All dies sei in diesem Fall unterlassen worden. Auch aus diesem Grund sei die Anordnung der Schubhaft, die Festnahme und die Aufrechterhaltung der Schubhaft inhaltlich rechtswidrig (Pkt. 4). Aus der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 gehe hervor, dass es eine Rangordnung der Überstellungsmodalitäten gebe bzw. dass eine freiwillige Ausreise des Asylwerbers in den zuständigen Mitgliedsstaat prioritär sei. Auch die österreichische Rechtsordnung gehe von der grundsätzlichen Annahme aus, dass Gesetze zwar mit Zwangsandrohung, aber zunächst ohne Zwangsausübung eingehalten werden. Zunächst sei davon auszugehen, dass ein Gesetz bzw. eine gesetzlich ergangene Entscheidung von den Rechtsunterworfenen grundsätzlich respektiert und eingehalten werde. Erst wenn sich herausstelle, dass dies nicht der Fall sei, könne zu Zwangsmaßnahmen gegriffen werden. Eine automatische Schubhaftverhängung, dh. die grundsätzliche Annahme, ein Gesetz würde von den Rechtsunterworfenen generell nicht befolgt werden – wie sie derzeit in der Praxis stattfinde – finde keine Deckung in der österreichischen Verfassung. Nach Abschluss des Verfahrens über die Unzuständigkeit Österreichs sei zunächst dem Asylwerber die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise zu geben. Erst wenn sich herausstelle, dass der Asylwerber nicht freiwillig ausreise, bzw. zu verstehen gebe, dass er dies nicht tun werde, sei eine Haftverhängung zulässig. Die Schubhaftverhängung des Bf ohne Einhaltung dieser Abfolge stehe daher sowohl in Widerspruch zur oben genannten Verordnung, als auch zur österreichischen Verfassung und sei daher inhaltlich rechtwidrig.

 

Die belangte Behörde erstattete mit Schreiben vom 27. Februar 2012 eine Gegenschrift, legte den Verwaltungsakt vor und beantragte, die gegenständliche Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Zu Punkt 1 der Beschwerde wurde entgegnet, dass bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG die Fremdenpolizeibehörde im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG kein Ermessen im Hinblick auf de Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG habe. Es bleibe jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw. des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig sei und ob in der Person des Asylwerber gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegen stünden. Obgenannter habe auf seiner Flucht illegal mehrere sichere Dritt- und EU-Staaten ohne einen Asylantrag zu stellen durchreist. Auch in Österreich habe er sich nicht aktiv an die Behörden gewendet, um ein diesbezügliches Begehren vorzubringen. Erst nachdem er gemeinsam mit 12 weiteren afghanischen Staatsangehörigen in einem Container am Gelände einer internationalen Spedition festgenommen worden sei, habe er sein Asylbegehren in Österreich geäußert. Seine Reiseroute sei anhand der Transportunterlagen des Containers, in dem er sich für seine illegale Einreise versteckt habe, lückenlos nachzuvollziehen. Anlässlich der Erstbefragung im Asylverfahren am 21. Jänner 2012 habe er SCHWEDEN als das eigentliche Ziel seiner Reise angegeben. Ebenso habe er sich anlässlich des Parteiengehörs am 15. Februar 2012, konfrontiert mit der beabsichtigten Ausweisung nach UNGARN, negativ geäußert und darauf bestanden in, Österreich bleiben zu dürfen. Es sei daher zu befürchten, dass sich der Bf - auf freiem Fuß belassen - dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen und in die Illegalität abtauchen werde. Zu Punkt 2 der Beschwerde wurde entgegnet, dass im konkreten Fall nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG vorliegen, sondern jene des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG. Der Entscheidung über die Anordnung der Schubhaft liege somit keine Kann-Bestimmung sondern eine Ist-Bestimmung zu Grunde. Da sich die Punkte 3 und 4 der Beschwerde nicht auf den Einzelfall speziell beziehen, werde seitens der belangten Behörde auf diese nicht weiter eingegangen. Zu Punkt 5 der Beschwerde sei anzuführen, dass dem Bf die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise auch aus dem Stande der Schubhaft offen stehe und er im Rahmen der Anordnung der Schubhaft diesbezüglich mittels Dolmetscher in einer ihm verständlichen Sprache aufgeklärt worden sei. Den Willen freiwillig auszureisen, habe der Bf bis dato nicht kundgetan.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat führte am 2. März 2012 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durch. Der Bf erschien gemeinsam mit Herrn X. Der Bf erklärte sich ausdrücklich damit einverstanden, dass Herr X im gegenständlichen Verfahren die Vertretung übernimmt. Herr X erhielt die Zustellvollmacht. Der Bf erklärte, dass allfällige Zustellungen zu Handen Herrn X, erfolgen sollen.

 

Der Vertreter der belangten Behörde erstattete in der mündlichen Verhandlung folgendes Vorbringen: "Auf die Ausführungen im Schubhaftbescheid und der Gegenschrift wird verwiesen. Ausdrücklich festgehalten wird, dass entgegen den Ausführungen in der Schubhaftbeschwerde nicht der Schubhafttatbestand des § 76 Abs. 2a Z. 2, sondern der Schubhafttatbestand des § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG Grundlage für die Verhängung der Schubhaft war. Es wurde bereits vom Bundesasylamt in erster Instanz überprüft, ob bzw. inwiefern eine Zurück- bzw. Abschiebung nach Ungarn zulässig ist. Dies wurde vom Bundesasylamt ausdrücklich im Bescheid festgestellt. Diese Feststellungen stützen sich auf die Angaben der Staatendokumentation. Es besteht für die Behörde kein Anlass, von der Verhängung der Schubhaft abzusehen. Zunächst ist auf das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 13.12.2011 zu verweisen. Darin wurde die damals noch nicht endgültig abgeklärte Situation in Zusammenhang mit der Situation in Ungarn aufgegriffen. Maßgeblich war für das damalige Erkenntnis, dass letztlich noch keine Aussagen des AGH zur damals vorliegenden Staatendokumentation des Bundesasylamtes vorhanden waren. Nunmehr liegen entsprechende Erkenntnisse des AGH bereits vor. Dieser entschied auf Grund dieser Staatendokumentation des Bundesasylamtes, dass das Dublin II-Verfahren bei Ungarn nach wie vor zur vollen Anwendung kommt."

Der Vertreter der belangten Behörde führte unter Hinweis auf das Erkenntnis des UVS vom 13. Dezember 2011 aus: "Der damalige Beschwerdeführer hatte ebenso ein Beschwerdeverfahren vor dem Asylgerichtshof angestrengt. Der Asylgerichtshof hat dieser Beschwerde nicht stattgegeben. Das Datum des AGH-Erkenntnisses ist mir zur Zeit nicht bekannt." Er erstattete folgendes Schlussvorbringen: "Die Ausführungen in der Gegenschrift werden ausdrücklich aufrecht erhalten und die Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt. Es wird darauf verwiesen, dass nunmehr auch ein Urteil des AGH vom 25.1.2012 aufliegt, das dem Urteil des AGH vom 7.2.2012 widerspricht. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass für die Behörde die Annahmen des Bundesasylamtes in der der Schubhaft zu Grunde liegenden Bescheid offenkundig unzutreffend wären. Sollten aus Sicht des Verwaltungssenates hier ergänzende Erhebungen bzw. eine ergänzende Stellungnahme der belangten Behörde erforderlich sein, ersuchen wir, bis Montag dazu Gelegenheit zu geben."

 

Der Vertreter des Bf verwies eingangs auf die Beschwerde vom 27. Februar 2012 und hielt die darin gestellten Anträge vollinhaltlich aufrecht. Er wies darauf hin, dass gegen den Bescheid des Bundesasylamtes fristgerecht Beschwerde erhoben wurde. Die Beschwerde sowie ein Nachweis über die Übermittlung der Beschwerde per Telefax wurden dem Verhandlungsleiter zur Einsicht vorgelegt. Der Vertreter des Bf hielt zusammenfassend fest, dass in der Beschwerde vor allem die Zustände in Ungarn ins Treffen geführt werden. Weiters: "Wie der Bf schon ausführte, herrschen in Ungarn katastrophale Zustände. Asylwerber müssen damit rechnen, sofort verhaftet zu werden. Es droht ihnen die Zurückschiebung nach Serbien, ohne dass die Asylgründe in irgendeiner rechtsstaatlichen Weise entsprechend überprüft würden."

Der Vertreter des Bf erstattete folgendes Schlussvorbringen: "Die Schubhaftbeschwerde wird in vollem Umfang aufrecht erhalten. Es wird darauf verwiesen, dass die von uns ins Treffen geführte Entscheidung des AGH die aktuellere ist. Es ist davon auszugehen, dass der AGH sich auch bei den weiteren Entscheidungen danach richten wird. Diese Entscheidung beschäftigt sich mit den aktuellen Verhältnissen in Ungarn und zeigt, dass eine Zurückschiebung bzw. Abschiebung dorthin absolut unzulässig ist."

Der Bf brachte abschließend vor: "Ich habe den Dolmetscher verstanden. Ich habe alles verstanden. Ich verstehe aber nicht, warum ich in Schubhaft bin." 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Beschwerdeführer wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Afghanistan.

 

Er reiste am 20. Jänner 2012 illegal in das Bundesgebiet ein. Lt Meldung des BPK Wels-Land vom 21. Jänner 2012 wurde der Bf am 20. Jänner 2012 um 18.25 Uhr am Firmengelände der Firma X festgenommen. Insgesamt wurden 13 afghanische Staatsangehörige festgenommen.

 

Der Bf stellte am 21. Jänner 2012 einen Asylantrag. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 22. Februar 2012, AZ 1200.928-EAST West, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs.1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurück und stelle fest, dass für die Prüfung des Antrages auf Internationalen Schutz gemäß Artikel 10 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 342/2003 des Rates Ungarn zuständig ist. Weiters wurde er gemäß § 10 Abs.1 Asylgesetz aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Ungarn gemäß § 10 Abs.4 Asylgesetz zulässig ist.

 

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 22. Februar 2012 zugestellt. Im Anschluss daran wurde er um 11.40 Uhr von Beamten der PI X in der X im Auftrag des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft festgenommen. Nachdem ihm der Schubhaftbescheid zugestellt worden war, wurde er in weiterer Folge in das X überstellt. Der Bf befindet sich nunmehr seit 22. Februar 2012 in Schubhaft.

 

Er erhob mit Eingabe vom 28. Februar 2012 Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22. Februar 2012 und beantragte, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zu den Absichten des Bf, am fremdenpolizeilichen Verfahren mitzuwirken, wird Folgendes festgestellt: Er ist nicht bereit, dass Bundesgebiet freiwillig zu verlassen und nach Ungarn auszureisen. Er beabsichtigt nicht, den allfälligen Anordnungen eines gelinderen Mittels – wie z.B. einer Meldepflicht – nachzukommen. Seit der Zustellung des asylrechtlichen Bescheides vom 22. Februar 2012 beabsichtigt er unterzutauchen und so die Abschiebung nach Ungarn zu verhindern. Er beabsichtigt, nach Schweden weiterzureisen.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Ausdrücklich festzuhalten ist, dass es sich gegenständlich um eine Ausfertigung des am 2. März 2012 mündlich verkündeten Erkenntnisses handelt. Eine nach dem 2. März 2012 eingetretene Änderung der Sachlage war daher nicht zu berücksichtigen.

 

Strittig war an sich nur die Frage, ob bzw. inwieweit der Bf beabsichtigt, am fremdenpolizeilichen Verfahren zu seiner Abschiebung nach Ungarn mitzuwirken.

 

Fehlende Ausreisewilligkeit vermag - für sich allein, wenn sie nicht in besonderen Umständen Niederschlag findet - die Verhängung von Schubhaft nicht zu rechtfertigen, zumal das asylrechtliche Verfahren in den Fällen des § 76 Abs 2a FrPolG 2005 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist (Hinweis E 8. September 2005, 2005/21/0301). Auch die Abschiebevoraussetzungen des § 46 Abs 1 FrPolG 2005 vermögen ein Sicherungsbedürfnis nicht zu begründen (vgl VwGH vom 26. August 2008, 2010/21/0234).

 

In Ansehung des gestuften Regimes der einzelnen Ziffern des § 76 Abs 2 FrPolG 2005 verdichtet sich mit dem Fortschreiten der einzelnen Phasen des Asylverfahrens aus der Sicht des Asylwerbers die Wahrscheinlichkeit, dass das Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz negativ beendet, er ausgewiesen und letztlich abgeschoben werden könnte. Bei typisierender Betrachtung ist demnach davon auszugehen, dass die hier maßgebliche Gefahr eines Untertauchens des Fremden umso größer wird, je mehr sich das Asylverfahren dem Ende nähert (vgl VwGH vom 25. März 2010, 2008/21/0617).

 

In dem frühen Verfahrensstadium vor Einleitung des Ausweisungsverfahrens, in dem die Schubhafttatbestände der Z 4 und der Z 3 des § 76 Abs 2 FrPolG 2005 in Betracht kommen, bedarf es besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl VwGH vom 25. März 2010, 2008/21/0617).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat dazu am 2. März 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Bei der Ersteinvernahme im Asylverfahren gab er an, "er wäre gerne nach Schweden gereist". Soweit in der Schubhaftbeschwerde vorgebracht wird, der Bf habe das genaue Ziel nicht gekannt, ist zu entgegnen, dass er bei der mündlichen Verhandlung am 2. März 2012 aussagte, der Schlepper habe ihm gesagt, dass es nach Österreich gehe. In der mündlichen Verhandlung am 2. März 2012 sagte der Bf aus:

"Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich entsprechend der Ausweisungsanordnung des Bundesasylamtes (vgl. Bescheid vom 22. Februar 2012) bereit bin, nach Ungarn auszureisen, gebe ich an, dass ich nicht bereit bin, dorthin freiwillig auszureisen.

Vom Verhandlungsleiter befragt, aus welchem Grund ich nicht freiwillig nach Ungarn ausreisen möchte, gebe ich an, dass ich von anderen Asylwerbern gehört habe, dass man in Ungarn zunächst 6 Monate bis 1 Jahr ins Gefängnis kommt. Man kann dort nicht erfolgreich Asyl beantragen. Man wird einfach abgeschoben."

 

Weiters:

"Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich für den Fall, dass ich frei gelassen würde, mich freiwillig bei der Polizei melden würde, bis die Voraussetzungen für eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung faktisch vorliegen, gebe ich an, dass ich dazu bereit bin.

Vom Verhandlungsleiter befragt, wie ich mir meine Zukunft in Europa vorstellen würde, gebe ich an, dass ich Afghanistan verlassen habe, weil ich dort Probleme hatte. Ich möchte in Österreich bleiben und hier arbeiten.

Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass ich bei der Erstbefragung aussagte, ich wäre gern nach Schweden gereist, gebe ich an, dass mir der Schlepper im Iran sagte, ich käme mit meinen Barmitteln bis nach Schweden. Als ich in Athen war, bemerkte ich, dass das Geld nur bis Österreich reicht.

Vom Verhandlungsleiter befragt, wie ich dazu kam, nach Schweden zu wollen, gebe ich an, dass mir eben gesagt wurde, mein Geld würde bis nach Schweden ausreichen. Wie schon erwähnt, stellte ich in Athen fest, dass das Geld nur bis Österreich reichte. Vielleicht handelt es sich dabei um ein Missverständnis. Ich habe zu keinem Zeitpunkt etwas anderes behauptet.

Vom Verhandlungsleiter befragt, was ich mir von Schweden erwartete, gebe ich an, dass ich nur nach Europa wollte. Es war mir an und für sich egal, ob ich nach Österreich oder nach Schweden kommen würde.

Vom Verhandlungsleiter befragt, wann ich Herrn X (Anm: die Schubhaftbeschwerde des X wurde in der mündlichen Verhandlung am 2. März 2012 um 12.00 Uhr behandelt) zum ersten Mal gesehen bzw. kennengelernt habe, gebe ich an, dass ich ihn erst in Österreich bei der Polizei anlässlich der Festnahme zum ersten Mal gesehen habe.

Vom Verhandlungsleiter befragt, wie viele Personen mit mir im Container waren, gebe ich an, dass wir insgesamt 7 Personen waren.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich mitbekam, ob andere Personen in anderen Containern in Griechenland denselben Zug nahmen, gebe ich an, dass ich davon nichts mitbekommen habe.

Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass in der Niederschrift über die Erstbefragung ausdrücklich protokolliert wurde "Ich wäre gern nach Schweden gereist" gebe ich an, dass es sich dabei um ein Missverständnis handeln kann.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich Angehörige in Europa habe, gebe ich an, dass dies nicht der Fall ist.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich einen besonderen Bezug zu Schweden habe, gebe ich an, dass ich einen Freund dort hatte, aber keine Angehörigen.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob sich dieser Freund immer noch in Schweden aufhält, gebe ich an, dass er dort immer noch aufhältig ist.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob es zutrifft, dass dieser Freund die einzige Bezugsperson in Europa ist, gebe ich an, dass dies zutrifft.

Vom Verhandlungsleiter befragt, wann ich das letzte Mal Kontakt zu diesem Freund hatte, gebe ich an, dass dies vor 8 Monaten war, als ich mich noch im Iran aufhielt.

Vom Verhandlungsleiter befragt, was dieser Freund in Schweden so macht, gebe ich an, dass ich das nicht genau weiß. Ich glaube, er geht zur Schule.

Vom Verhandlungsleiter befragt, wie dieser Freund heißt, gebe ich an, dass er X heißt.

Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, gebe ich an, dass mir dieser Freund sagte, es gehe ihm in Schweden gut, es sei aber sehr kalt.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob dieser Freund wusste, dass ich Schlepper-unterstützt nach Europa reisen wollte, gebe ich an, dass er das sehr wohl wusste. Ich habe selber mit ihm darüber gesprochen.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob mir dieser Freund dabei die Unterstützung anbot, gebe ich an, dass er das nicht gemacht hat.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich hoffte, bei diesem Freund Unterkunft zu finden, gebe ich an, dass ich dies nicht hoffte.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob evtl. vereinbart war, dass wir uns in Europa treffen, gebe ich an, dass dies nicht vereinbart war.

Vom Vertreter der Erstbehörde befragt, wenn Schweden nicht das Ziel gewesen wäre, aus welchem Grund ich nicht dann bloß bis Ungarn gereist bin, da dies ja erheblich günstiger gekommen wäre, gebe ich an, dass – wie ich gehört habe – man in Ungarn ja nicht um Asyl ansuchen kann.

Von meinem Vertreter befragt, wie groß mein Interesse ist, das Verfahren bzw. die Entscheidung des Asylgerichtshofes in Österreich abzuwarten, gebe ich an, dass ich in Österreich nur Gutes erlebt habe. Ich habe ein großes Interesse daran, das Verfahren in Österreich abzuwarten.

Von meinem Vertreter befragt, wie man meinen bisherigen Aufenthalt bzw. meine Versorgung in Österreich beschreiben könnte, gebe ich an, dass ich in Österreich gut versorgt war. Ich erhielt immer zu essen. Es liegt daher in meinem Interesse, mich sehr wohl weiterhin bei der Grundversorgung zu melden und die humanitäre, mir zustehende, Unterstützung dort auch zu erhalten.

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, woher ich erfahren habe, dass angeblich in Ungarn kein Asylverfahren möglich sei bzw. Asylwerber verhaftet würden, gebe ich an, dass ich noch nie in Ungarn war, ich habe das in Griechenland erfahren.

 

Vom Vertreter der belangten Behörde zur Reiseroute befragt, gebe ich an, dass ich dazu überhaupt nichts sagen kann, da ich in einem Container versteckt war. Ich habe von der Reise selber nichts mitbekommen. Ich kann nicht sagen, über welche Staaten ich nach Österreich eingereist bin.

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, wie ich vom Schlepper instruiert wurde, gebe ich an, dass wir ein GPS-Gerät erhielten. Der Schlepper sagte zu uns, wir sollten nach 3 Tagen das GPS-Gerät einschalten, dann würde jemand die Türe aufmachen.

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, ob der Schlepper mir sagte, dass es nach Österreich geht, gebe ich an, dass dies den Tatsachen entspricht. Er sagte mir, dass wir nach Österreich fahren.

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, aus welchem Grund ich nicht bereits in Wien den Container bzw. Zug verließ, gebe ich an, dass mir der Schlepper gesagt hatte, ich sollte erst bei der Endstation das GPS einschalten und den Container verlassen.

Vom meinem Vertreter befragt, ob ich in Österreich straffällig wurde, gebe ich an, dass ich hier nicht straffällig geworden bin.

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, woher ich wusste, dass wir an der Endstation angelangt waren, gebe ich an, dass uns der Schlepper sagte, wir sollten nach 3 Tagen das GPS-Gerät einschalten.

Außerdem habe ich in Griechenland eine Person gesehen, von der ich vermute, dass sie auch am Zug war.

Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, gebe ich an, dass mir der Schlepper diese Person in Griechenland zeigte und mir sagte, dass diese Person in Österreich die Tür aufmachen würde.

Ich habe die Person aber nicht mehr gesehen."  

 

Der Wunsch des Bw in Österreich Asyl zu erhalten und dieses Verfahren hier abwarten zu wollen, ist dadurch indiziert, dass er hier einen Asylantrag gestellt und sich zunächst ordnungsgemäß in der EAST aufhielt. Nun versuchte der Bf in der mündlichen Verhandlung sein bei der Ersteinvernahme erstattetes Vorbringen, er wäre gern nach Schweden gereist, zu relativieren und gab an, es könne sich dabei um ein Missverständnis handeln. Auf die Frage, wie er dazu komme, nach Schweden zu wollen, antwortete er, es sei ihm eben gesagt worden, sein Geld würde bis nach Schweden ausreichen. Nun steht in freier Würdigung der vorliegenden Beweise aber fest, dass dies nicht der wahre Grund ist. Er möchte vor allem deshalb nach Schweden weiterreisen, weil er dort einen Freund hat, der sein einziger sozialer Anknüpfungspunkt in Europa ist. Der Bf versuchte zunächst seine wahren Motive für die Weiterreise zu verschleiern und räumte erst auf ergänzende Befragung ein, dass er in Schweden einen Freund hat. Vor dem Hintergrund, dass die asylrechtliche Ausweisung mit der Zustellung am 22. Februar 2012 durchsetzbar war und die Aufenthaltsbeendigung damit aus Sicht des Bf subjektiv betrachtet unmittelbar bevorstand, ist davon auszugehen, dass er untergetaucht wäre, um nach Schweden weiter zu reisen. Sein in der mündlichen Verhandlung erstattetes Vorbringen, er würde einer Meldepflicht (gelinderes Mittel) nachkommen, ist nicht glaubwürdig.

 

Relevantes Beweisthema ist weiters, ob für die Fremdenpolizei die Unzulässigkeit einer (asylrechtlichen) Ausweisung offenkundig sein muss. Der Vertreter des Bf verwies dazu auf eine Entscheidung des AGH vom 7. Februar 2012. Dieses Erkenntnis ist in anonymisierter Fassung im Rechtsinformationssystem abrufbar und liegt dem erkennenden Mitglied des Verwaltungssenates vor. Einzuräumen ist, dass der AGH in dieser Entscheidung der Beschwerde gemäß § 41 Abs. 3 3. Satz Asylgesetz 2005 stattgab und den bekämpften Bescheid behob. Aus der Begründung dieses Erkenntnisses geht unter anderem Folgendes hervor: "Der Bf des hier zu entscheidenden Verfahrens hat nun bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt ein Vorbringen dahingehend erstattet, dass er Personen getroffen hätte, die aus Österreich nach Ungarn rücküberstellt worden seien und dann weiter nach Serbien abgeschoben worden seien. Wie schon in der Verfahrenserzählung erwähnt, hat das Bundesasylamt nun aber diese Ausführungen des Bf in keinster Weise hinterfragt, bzw. den Versuch unternommen, seine persönlichen Wahrnehmungen in diesem Zusammenhang auf deren Glaubwürdigkeit und deren Inhalt näher zu erfassen. Bei derzeit vorliegender Aktenlage lässt sich aber nun nicht sagen, ob der Bf bezüglich seiner Gefahr einer sofortigen Rückschiebung aus Ungarn nach Serbien eine fundiertes tatsachenbezogenes Vorbringen in der Lage zu erstatten gewesen wäre, da die entsprechende Einvernahme mangels näherer Hinterfragung einer Aussagen offenbar mangelhaft geblieben ist. Dazu kommt noch 2., dass die Würdigung dieser Frage im angefochtenen Bescheid gänzlich unschlüssig geblieben ist. Wie in der Verfahrenserzählung angeführt, findet sich darin ja die – durch die eigenen Feststellungen nicht gedeckte – Ausführung, dass dem Bf (mit Sicherheit) ein meritorisches Verfahren in Ungarn zustünde. Auch sonst finden sich keine beweiswürdigenden Ausführungen mit den dazu getroffenen Feststellungen unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Bf (ungeachtet deren Ergänzungsbedürftigkeit). In diesem Zusammenhang liegt also eine erhebliche Mangelhaftigkeit des Sachverhaltes vor, die es dem Asylgerichtshof verwehrt, die Rechtsrichtigkeit der in 3.2. beschriebenen Prüfung zu beurteilen (im Hinblick darauf, dass eine – sichere – Zurückweisung nach Serbien als Drittstaat ua. Fragen im Zusammenhang mit Artikel 3 EMRK auslösen könnte). In der Folge des gesetzlichen Ausschlusses der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG war demnach – ohne Ermessen – nach der Norm des § 41 Abs. 3 3. Satz AsylG vorzugehen. Sinngemäß wird das Bundesasylamt sich also, sofern es seine neue Unzuständigkeitsentscheidung gemäß § 5 Asylgesetz erlassen will, im fortgesetzten Verfahren näher mit den Einlassungen des Bf hinsichtlich seiner Gefahr der Rückschiebung nach Serbien auseinanderzusetzen haben, wozu eine ergänzende Befragung stattzufinden haben wird; anhand der Einlassungen des Bf wird dann allenfalls zu prüfen sein, ob die vorhandenen Feststellungen zu dieser Problematik ausreichend sind oder zu ergänzen wären, um dann eine taugliche Entscheidungsgrundlage zu gewinnen, die es dem Asylgerichtshof erst in den kurzen – ihm zustehenden – gesetzlichen Fristen erlauben wird, eine effektive Rechtskontrolle durchführen zu können."

Der Bf äußerte – anders als in der der Entscheidung des AGH vom 7. Februar 2012 zugrundeliegenden Fallkonstellation – vor dem Bundesasylamt im erstinstanzlichen Verfahren keine konkrete Befürchtung, nach Serbien zurückgeschoben zu werden. Das Bundesasylamt befasste sich in seinem Bescheid vom 22. Februar 2012 eingehend mit der Situation der Dublin II-Rückkehrer in Ungarn. Insbesondere wird in der Begründung dieses Bescheides auch auf die Korrespondenz mit dem UNHCR bzw. den ungarischen Behörden eingegangen. Vor diesem Hintergrund ist es keinesfalls offenkundig, dass die sozialen, politischen oder verwaltungstechnischen Belange – entgegen der Annahme des BAS - eine Abschiebung oder Ausweisung des Bf nach Ungarn unzulässig machen würden.

 

Der Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

§ 39 Abs 3 FPG lautet:

 

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber und Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor die Behörde festzunehmen, wenn

1. gegen diesen eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54), oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

§ 76 Fremdenpolizeigesetz lautet:

 

(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(1a) Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(2a) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist;

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt, und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

(4) Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.

 

§ 80 FPG lautet:

 

(1) Die Behörde ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.

(5) In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 oder 2a verhängt wurde, kann diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

(6) Die Behörde hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Soll der Fremde länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat von Amts wegen zu überprüfen. Die Behörde hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass den unabhängigen Verwaltungssenaten eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

(8) Die Behörde hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

 

§ 83 FPG lautet:

 

 (1) Zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder 3 ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

(3) Hat der unabhängige Verwaltungssenat dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist des Abs. 2 Z 2 bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Aufgrund der durchsetzbaren Ausweisung im Asylverfahren ist der Schubhafttatbestand nach § 76 Abs. 2a Z 1 FPG erfüllt. Die Festnahme war gemäß § 39 Abs. 3 Z 1 FPG gerechtfertigt.

 

Der Bf ist nicht bereit, freiwillig auszureisen. Er ist nicht bereit, im fremdenpolizeilichen Verfahren mitzuwirken. Er beabsichtigt nicht, den allfälligen Anordnungen eines gelinderen Mittels – wie z.B. einer Meldepflicht – nachzukommen. Er beabsichtigt, unterzutauchen und so die Abschiebung nach Ungarn zu verhindern. Es konnte daher nicht mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden. Die belangte Behörde hat zu Recht die Schubhaft verhängt. Die Voraussetzungen liegen hiefür weiterhin vor.

 

Der Frage, ob die Abschiebung oder Ausweisung nach Ungarn entgegen der Annahme des erstinstanzlichen Asylbescheides tatsächlich unzulässig ist, würde nur dann Relevanz zukommen, wenn eine seither eingetretene Lageänderung evident ist und für die Schubhaftbehörde offenkundig sein muss (vgl. VwGH vom 6. September 2010, Aw2010/21/0203). Eine Lageänderung, derzufolge eine Abschiebung nach Ungarn entgegen dem ausdrücklichen Bescheid des Bundesasylamtes unzulässig wäre, ist nicht offenkundig. Die – erst in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Asylbescheid – vorgetragene Bedenken gegen eine Ausweisung nach Ungarn stehen der Schubhaft nicht entgegen. Es liegt keine "evidente" oder "offenkundige" Lageänderung vor, die eine Abschiebung nach Ungarn entgegen der Annahme des erstinstanzlichen Asylbescheides unzulässig machen würde (vgl. VwGH vom 6. Dezember 2010, AW 2010/21/0203).

 

Soweit sich die Beschwerde auf Verstöße gegen die Richtlinie 2008/115/EG, die UNHCR-Richtlinie und die Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 bezieht, ist festzuhalten, dass die zitierten Bestimmungen des FPG, in denen die Verhängung von Schubhaft geregelt wird, eine vollständige Umsetzung der internationalen Verpflichtungen der Republik Österreich darstellen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die angeführten Gesetzesstellen.

 

Sollte der AGH der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen, wird die belangte Behörde den Sicherungsbedarf neu zu beurteilen haben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Für dieses Verfahren sind Gebühren (Stempelgebühren 18,20 Euro) angefallen. Ein Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

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