Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730296/6/SR/MZ/

Linz, 29.03.2012

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger des Kosovo, vertreten durch RA X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 12. Dezember 2010, Zahl: 1-1007890/FP/10, betreffend die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer    des Aufenthaltsverbotes auf 5 Jahre herabgesetzt wird.

 

          Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II.     Der Berufungsantrag auf Zuerkennung der aufschiebenden   Wirkung der in Rede stehenden Berufung wird als unzulässig       zurückgewiesen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs. 1a, 53 Abs. 3 Z 1, 63, 64 Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011).

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 12. Dezember 2010, Zahl:
1-1007890/FP/10, dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) persönlich in der JA X zugestellt am 14. Oktober 2010, wurde gegen den Bw auf Grundlage der §§ 60 Abs. 1 und 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (im Folgenden: FPG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, der Bw sei am 7. Dezember 2009 festgenommen worden, da er wissentlich und willentlich die notwendigen Kontakte mit Hintermännern im Kosovo geknüpft und die finanzielle Abwicklung eines Suchtgiftgeschäftes übernommen habe. Er habe gewusst, dass er eine Gesamtmenge von zumindest 6 bzw. 6,5 kg Heroin mit durchschnittlicher Qualität organisiere bzw. überlasse. Die erhebliche Dimension des Heroingeschäftes sei dem Bw bekannt und bewusst gewesen. In Erwartung der ihm zugesagten Entlohnung habe er sich bewusst und gewollt auf das Suchtgiftgeschäft eingelassen.

 

In seiner Stellungnahme vom 26. September 2010 habe der Bw angegeben, dass seine drei Kinder und seine Frau in Österreich leben würden. Weiters habe er angegeben, über ausreichende Deutschkenntnisse zu verfügen und dass es ihm sehr wichtig sei, in Österreich zu bleiben. Auch sei er sich der Tragweite seines Tuns nicht bewusst gewesen und werde er in Zukunft weder mit Gericht noch mit Gefängnis etwas zu tun haben.

 

Der Bw sei vom LG Salzburg unter der AZ 30 HV 29/10f wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren rechtskräftig verurteilt worden.

 

Aufgrund des vorliegenden Sachverhalts und der Tatsache, dass der Bw eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

 

Es folgen Zitate der §§ 2 Abs. 4 Z 1, 60 Abs. 1 und 66 FPG sowie des Art. 8 Abs. 2 EMRK.

 

Den persönlichen Interessen am Verbleib des Bw im Bundesgebiet stehe die oben dargestellte große Gefährdung öffentlicher Interessen auf Grund des strafbaren Verhaltens des Bw gegenüber.

 

Der Bw sei "intensiv" im Rahmen einer organisierten Bande tätig geworden und wegen dieser schweren Suchtgiftkriminalität zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden.

 

Das Aufenthaltsverbot stelle unter dem Gesichtspunkt der Interessenabwägung nach § 66 FPG einen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw dar, zumal er in seiner Stellungnahme vorgebracht habe, seine Frau und drei Kinder in Österreich zu haben. Dem stehe jedoch das besonders hohe öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität, und zwar auch mit fremdenpolizeilichen Maßnahmen, gegenüber. Dieses Interesse ergebe sich aus der besonderen Gefährlichkeit von Suchtgifttätern, aus der mit dem gewerbsmäßigen Handel von Suchtmitteln verbundenen großen Gefahr für die Gesundheit von Personen und die Volksgesundheit sowie aus der den Suchtgiftdelikten der vorliegenden Art innewohnenden großen Wiederholungsgefahr. Demnach sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw dringend geboten und die Abstandnahme von dessen Erlassung würde wesentlich schwerer wiegen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Bw und seine Familie. Seine privaten und familiären Interessen müssten gegenüber dem hohen öffentlichen Interesse an der Hintanhaltung der Suchtmittelkriminalität zurücktreten.

 

Die Behörde habe angesichts der Dauer des Aufenthalts und der persönlichen Interessen einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw angenommen und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass das Aufenthaltsverbot im Licht des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, liege doch diesem das besagte gravierende Gesamt(fehl)verhalten zur Last, welches dieses Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dringend geboten erscheinen lasse. Die für den Verbleib des Bw in Österreich sprechenden persönlichen Interessen fielen – auch unter der Berücksichtigung der familiären Bindungen – nicht stärker ins Gewicht als die durch das Fehlverhalten des Bw herbeigeführte nachhaltige Beeinträchtigung des Allgemeininteresses. Die aus seinem langjährigen Aufenthalt ableitbare Integration werde in ihrem Gewicht entscheidend dadurch gemindert, dass die dafür maßgebliche soziale Komponente durch das dem Bw zur Last liegende Fehlverhalten maßgeblich gelitten habe.

 

Es folgen Wiederholungen betreffend die durch die belangte Behörde vorgenommene Interessenabwägung und die Gefährlichkeit des Bw sowie die Zitierung einschlägiger fremdenpolizeilicher Vorschriften.

 

Hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbots begründet die belangte Behörde ihre Entscheidung dadurch, als aufgrund des Verhaltens des Bw derzeit nicht vorhergesehen werden könne, wann der für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgebliche Grund, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, wegfallen werde.

 

2.1. Gegen den am 14. Oktober 2010 dem Bw persönlich zugestellten Bescheid erhob dieser durch seine rechtsfreundliche Vertretung mit am 22. Oktober 2010 bei der Behörde eingelangtem Schreiben rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

2.2. Die Berufung begründet der Bw inhaltlich im Wesentlichen wie folgt:

 

1) Der angefochtene Bescheid sei insoweit mit Rechtswidrigkeit behaftet, als er rechtsirrig davon ausgehe, dass die mit Urteil des LG Salzburg wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels verhängte Freiheitsstrafe von drei Jahren rechtskräftig sei. Vielmehr sei das Rechtsmittelverfahren beim OLG Linz anhängig.

 

2) Der Bw habe ein einziges Mal in seinem Leben delinquiert und dies sehr bereut. Bezeichnenderweise habe das Erstgericht, das LG Salzburg als Jugendschöffengericht, im Urteil das umfassende und reumütige Geständnis des Bw und weiters auch den bisher ordentlichen Lebenswandel als mildernd gewertet. Die behördlichen Feststellungen, dass der Bw eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde, seien damit erwiesenermaßen verfehlt. Der Bw bereue sein Handeln zutiefst.

 

3) Gemäß § 60 Abs. 1 FPG könne ein Aufenthaltsverbot nur dann erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, der Fremde werde durch seinen Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden oder gegen andere, in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen zuwiderhandeln.

 

Nach ständiger Rechtsprechung solle ein faires Gleichgewicht zwischen den berührten öffentlichen Interessen und den Belangen des Familienlebens gewahrt werden.

 

a)     Die Gefährlichkeits- und Zukunftsprognose des Bw falle positiv aus: Eine negative Zukunftsprognose sei nicht gerechtfertigt, da es sich bei der noch nicht rechtskräftig abgeurteilten Tat um eine einmalige Straftat handle, welche der Bw nie rechtsfeindlich geleugnet sondern reuig eingestanden habe. Gerade dies verdeutliche eine rechtsbejahende Einstellung und spreche für eine mit den Werten der österreichischen Gesellschaft vertraute Persönlichkeit des Bw.

b)     Der Bw sei dauerhaft in Österreich niedergelassen und im Besitz eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EG". Er sei am 23. Februar 2005 von X, einem österreichischen Staatsbürger, als Wahlvater an Kindesstatt angenommen worden. Der Bw sei während seines Aufenthalts in Österreich immer einer Beschäftigung nachgegangen und habe sich ständig um Integration bemüht. Der Bw spreche fließend deutsch und habe in Österreich seine neue Heimat gefunden. Der Mietvertrag über die vom Bw angemietete Wohnung in X sei nach wie vor aufrecht. Der Bw habe mit seiner Ehefrau X drei Kinder, X, X und X. Es handle sich dabei um Kleinkinder, die allesamt in Österreich die Schule besuchen würden. X sei österreichische Staatsbürgerin und besuche das Bundesgymnasium in X. X besuche die Volksschule in X. X sei am X geboren worden. Bezeichnenderweise habe der langjährige Arbeitgeber des Bw, X, die Wiedereinstellung des Bw zugesichert, da es sich bei diesem um einen fachlich guten Bodenleger und Türenmonteur handle, der als zuverlässig beschrieben werde. Auf die Wiedereinstellungszusage vom 27. September 2010, welche unter einem vorgelegt werde, werde verwiesen.

c)      Der Bw sei aufenthaltsverfestigt. Weder gefährde er die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 60 Abs. 1 FPG, noch sei das verhängte unbefristete Aufenthaltsverbot mit Art. 8 Abs. 2 EMRK vereinbar. Die Erlassung des unbefristeten Aufenthaltsverbots sei gerade nicht zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele erforderlich und schon gar nicht dringend geboten. Der Bw sei seit mehr als sieben Jahren ununterbrochen in Österreich. Er habe hier durchgehend gearbeitet und sei für seine drei unmündigen minderjährigen Kleinkinder und seine Ehefrau, die allesamt bei ihm wohnen würden, sorgepflichtig. Diese Familienverhältnisse würden klar und deutlich relevieren, dass das gesamte Privat- und Familienleben des Bw ausnahmslos in Österreich stattfinde und dass keinerlei Bezugspunkte zum Kosovo mehr bestünden. Die Kernfamilie des Bw im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 12 FPG würde in Österreich leben. Noch einmal sei zu betonen, dass der Bw, abgesehen von der gegenständlichen Straftat, nie straffällig geworden sei und dass von einem Tätigwerden in einer Bande, noch dazu von einem "intensiven" im Rahmen einer organisierten Bande, keine Rede sein könne. Zu Unrecht spiele die belangende Behörde auch die Absichtserklärung des Arbeitgebers betreffend der Wiedereinstellung herab. Der Bw sei ein gefragter, arbeitsamer und fleißiger Bodenleger. Nicht umsonst sei ein Arbeitgeber trotz des ihm bekannten Delinquierens dazu bereit, den Bw wieder einzustellen. Mit der Wiedereinstellungszusage sei gesichert, dass der Bw in Hinkunft sich wieder rechtstreu verhalten und in Österreich – wie bisher – arbeiten und leben und nicht delinquieren werde. Insoweit verwundere es, dass seitens der Bundespolizeidirektion Steyr auf Grund einmaligen Zuwiderhandelns des Bw gegen das Suchtmittelgesetz angenommen werde, dass "eine Verhaltsprognose keinesfalls zu seinen Gunsten gestellt werden könne".

 

4) Der Bw sei nie ein sogenannter "Sozialschmarotzer" gewesen und sei dem Staat nie zur Last gefallen. Er habe bis zu seiner Festnahme geregelt, sozialversicherungsrechtlich gemeldet gearbeitet und werde auch fortan wieder arbeiten, wie dies die Wiedereinstellungszusage dokumentiere.

 

Mit dem Aufenthaltsverbot wären für den Bw ganz erhebliche nachteilige Folgen verbunden: Er könnte das Aufwachsen seiner Kleinkinder nicht miterleben und könnte seine Kleinkinder mit dem, was er allenfalls im Kosovo ins Verdienen bringe, nicht unterhalten. Er müsste getrennt von seiner Ehefrau leben. Die Mietwohnung sei nach wie vor aufrecht. Damit werde evident, dass die Bundespolizeidirektion Steyr vor diesem Hintergrund, vor all den vorerwähnten, auf der Hand liegenden, einschneidenden erheblichen Nachteilen für den Bw zu Unrecht ein Aufenthaltsverbot als zulässig gewertet habe. Im Gegenstandsfall sei die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes bei Interessenabwägung nach § 66 FPG unzulässig, sie sei darüber hinaus auch krass unverhältnismäßig und widerspreche Art. 8 EMRK.

 

5) Die Verhältnismäßigkeitsabwägungen der belangenden Behörde seien unzureichend begründet und unrichtig. Der Bw habe durch sein einmaliges, unüberlegtes Handeln die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht gefährdet. Eine Wiederholung sei ausgeschlossen, da eine Situation, wie sie zur Straftat geführt habe, neuerlich nicht mehr entstehen werde. Der Bw sei haftgeläutert und bereue sein Handeln schwer.

 

Aus all diesen Gründen beantragt der Bw, die Berufungsbehörde wolle der gegenständlichen Berufung Folge geben, den angefochtenen Bescheid zur Gänze und ersatzlos aufheben und von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes Abstand nehmen und das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes einstellen; in eventu der gegenständlichen Berufung Folge geben, den angefochtenen Bescheid aufheben und das Verfahren an die I. Instanz zurückverweisen.

 

Weiters beantragt der Bw die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und folgen Ausführungen hinsichtlich der diesbezüglichen Notwendigkeit.

 

Dem Rechtsmittel angeschlossen sind folgende Unterlagen:

- Bewilligung der Annahme an Kindesstatt vom 23. Februar 2005

- Heiratsurkunde

- Mietvertrag

- Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an X

- Bestätigung des Bundesgymnasiums X vom 27. September 2010 betreffend X

- Bestätigung der Volksschule X für X

- Staatsbürgerschaftsnachweis X vom 14. Jänner 2003

- Meldezettel betreffend X, X und X

- Meldezettel betreffend den Bw und X

- Geburtsurkunden betreffend den Bw, X, X und X

- Kontoverdichtung der X Wohnungsgenossenschaft vom 27. September 2010

- Wiedereinstellungszusage des X, X, vom 27. September 2010

 

2.3. Auf Aufforderung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hin, bezüglich des Berufungsvorbringens, X sei die Tochter des Bw Stellung zu nehmen, da sich aus der Aktenlage anderes ergebe, teilte der Bw mit Telefax vom 26. März 2012 mit, dass X die Tochter des X und nicht des Bw sei. Der leibliche Vater unterhalte jedoch keinen Kontakt mit seiner Tochter und habe keinen Einwand gegen eine Adoption durch den Bw. Dem Schreiben liegt eine von X unterschriebene Erklärung bei, wonach dieser nie mit seiner Tochter in einem gemeinsamen Haushalt gelebt und X ein einziges Mal gesehen hat. Er bezahle auch keinen Unterhalt für X. Dieser sei immer vom Bw bestritten worden.

 

Der Bw ergänzt zudem im zuletzt genannten Schreiben sein Berufungsvorbringen dahingehend, als er vorbringt, dass mit dem Aufenthaltsverbot gegen humanitäre Gründe verstoßen werde. Er wäre in seinem Ursprungsland, dem Kosovo, der Gefahr der Verfolgung ernsthaft ausgesetzt. Humanitäre Gründe seien auch insoweit von Belang, als der Bw Alleinverdiener sei und, zumal X keine Unterhaltsbeiträge bezahle, für drei Kinder und seine Ehefrau alleine sorgepflichtig. In diesem Kontext werde darauf hingewiesen, dass der Bw sofort nach bedingter Entlassung aus dem Strafvollzug wieder die Arbeit aufgenommen habe. Er habe sogar, da er sich als Strafhäftling durch tadelloses Aufführen und vorbildhaftes Benehmen bewährte, schon während der Entlassung teilweise als Freigänger gearbeitet.

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vorgelegt.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich wurde der gegenständliche Akt daher nunmehr dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung übermittelt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, Einsichtnahme in das Elektronische Kriminalpolizeiliche Informationssystem und das Zentrale Melderegister, Einsichtnahme in das Urteil des OLG Linz vom 4. November 2010, 10 Bs 329/10v, Einholung eines Versicherungsdatenauszugs und Kontaktaufnahme mit der rechtsfreundlichen Vertretung des Bw.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG). Eine solche wurde im Übrigen vom rechtsfreundlich vertretenen Bw auch nicht beantragt.

 

Ausdrücklich festgehalten wird in diesem Zusammenhang, dass sämtliche Vorbringen des Bw hinsichtlich seiner Integration und familiären Situation vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht in Zweifel gezogen werden. Durch die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zum Nachweis seiner Vorbringen könnte der Bw daher nicht besser gestellt sein als ohne die Durchführung einer solchen. Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass "im fremdenrechtlichen Administrativverfahren ein Recht des Fremden, von der Berufungsbehörde mündlich gehört zu werden, nicht besteht" (VwGH 5.7.2011, 2008/21/0571 mwN).

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem in den Punkten 1, 2.2. und 2.3. dargestellten, im Wesentlichen unstrittigen Sachverhalt aus.

 

3.3.1. Für die gegenständliche Entscheidung ist weiters von Relevanz, dass der Bw – der Asylwerberinformation zufolge – am 16. Dezember 2003 nach Österreich eingereist ist. Er hat in seinem Heimatland von 1983 bis 1991 die Grundschule in X und von 1991 bis 1994 die Berufsschule in X besucht.

 

3.3.2. Während der Anhängigkeit des Rechtsmittelverfahrens ist im Übrigen folgendes hervorgekommen:

 

Mit Urteil des OLG Linz vom 4. November 2010, 10 Bs 329/10v, wurde der Berufung gegen die Entscheidung des LG Salzburg als Jugendschöffengericht vom 3. Mai 2010, 30 Hv 29/10f, mit welchem der Bw wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wurde, nicht Folge gegeben.

 

Genanntem Urteil ist zu entnehmen, dass der Bw dem Erstgericht zufolge vorschriftswidrig Suchtgift anderen überlassen hat, wobei die Suchtgiftmenge das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) überstiegen habe. Konkret habe der Bw am 7. Dezember 2009 in X in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit teils namentlich bekannten, teils namentlich unbekannt gebliebenen Mittätern im Kosovo einer verdeckten Ermittlerin des BMI 6.278 Gramm mit einem Reinheitsgehalt von 14 +/- 1,3 % Diacetylmorphin und ca. 0,8 % Monoacetylmorphin, sohin mehr als 797 Gramm Reinsubstanz Diacetylmorphin und ca. 50,2 Gramm Reinsubstanz Monoacetylmorphin verkauft.

 

Bei der Strafbemessung habe das Schöffengericht das umfassende und reumütige Geständnis des Bw sowie den bisher ordentlichen Lebenswandel als mildernd, das mehrfache Überschreiten der 25-fachen Grenzmenge um das Zehnfache hingegen als erschwerend gewertet.

 

Seine Entscheidung begründend führt das OLG Linz aus, dass die erstgerichtlichen besonderen Strafzumessungsgründe insofern einer Korrektur bzw. Ergänzung bedürften, als die Sicherstellung von 6.278 Gramm Heroin bei den Angeklagten zusätzlich mildernd wirke. Soweit der Bw die besonderen Milderungsgründe des § 34 Abs. 1 Z 7 und 9 StGB anspreche, sei er darauf zu verweisen, dass von Unbesonnenheit nur gesprochen werden könne, wenn die einer augenblicklichen Eingebung entsprungene Tathandlung weder auf eine kriminelle Neigung noch auf die grundsätzliche Geringschätzung fremder Interessen zurückzuführen ist und eine besonders verlockende Gelegenheit nur dann mildern wirke, wenn sie in einem besonderen Maße die Möglichkeit nahelege, dass ihr auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch unterliegen könnte. Ebenso wenig könne der Bw für sich den besonderen Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 6 StGB mit Erfolg ins Treffen führen. Wie vom Erstgericht zutreffend erwogen, habe der Bw die Übergabe einer erheblichen Menge von 6.278 Gramm Heroin in der tatsächlichen Ausgestaltung durch seine Aktivitäten erst ermöglicht. Letztlich sei es auch er gewesen, der durch entsprechende Involvierung in das Suchtmittelmilieu in Kenntnis der Erwerbs- und Absatzkanäle hinsichtlich vorliegend enormer Mengen an Heroin und sohin an einer von mehreren begangenen strafbaren Handlungen keineswegs nur in untergeordneter Weise beteiligt war.

 

Ausgehend vom dargestellten korrigierten Strafzumessungskatalog und mit Blick auf die allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung, bei der durch die (fallkonkret die 25-fache Grenzmenge um ein Vielfaches überschreitenden) Suchtmitteldelinquenz bedingten Gefährdung der Gesundheit zahlreichster Menschen sowie dem daraus erhellenden enormen Erfolgsunwert und erheblichen sozialen Störwert der in Rede stehende Taten erweise sich das vom Erstgericht bei dem nach § 28a Abs. 4 SMG gegebenen Strafrahmen (Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren) gefundene Strafmaß als tat- und schuldangemessen.

 

3.3.3. Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass der Bw – wie auch aus Punkt 2.3. implizit hervorgeht – nach zwei Jahren Strafhaft am 7. Dezember 2011 aus der JA X entlassen wurde. Laut eingeholtem Versicherungsdatenauszug ist der Bw seit 9. Dezember 2011 wieder berufstätig.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 60 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011, konnte gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.      die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.      anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen    zuwiderläuft.

 

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde für die Verhängung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes daher zu Recht die zitierte Bestimmung herangezogen.

 

Da – sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist – im Berufungsverfahren von der angerufenen Behörde die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt deren Entscheidung heranzuziehen ist, sind die durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, vorgenommenen Änderungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in diesem Verfahren zu berücksichtigen.

 

4.2. Gemäß § 63 Abs. 1 FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2011 kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.      die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.      anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen    zuwiderläuft.

 

Gemäß § 63 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.

 

Gemäß § 63 Abs. 3 FPG ist ein Aufenthaltsverbot gemäß Abs. 1 in den Fällen des
§ 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

4.3.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass der Bw über einen Aufenthaltstitel verfügt und sich derzeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Daher sind grundsätzlich die oben genannten Bestimmungen zur Prüfung des Aufenthaltsverbotes heranzuziehen.

 

Allerdings ist davor noch auf die besonderen Ausschließungsgründe des § 64 FPG einzugehen. Einschlägig ist hier § 64 Abs. 4 FPG, da der Bw weder von klein auf im Inland aufhältig ist noch die Voraussetzungen für die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft erfüllt(e).

 

Gemäß § 64 Abs. 4 FPG dürfen Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen waren und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder "Daueraufenthalt – Familienangehöriger" verfügen, nur mehr ausgewiesen werden, wenn ihr weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

 

Gemäß § 64 Abs. 5 FPG hat als schwere Gefahr im Sinn des Abs. 4 insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem inländischen Gericht

1.      wegen eines Verbrechens oder wegen Schlepperei, entgeltlicher Beihilfe zum unbefugten Aufenthalt, Eingehens oder Vermittlung von Aufenthaltsehen oder Aufenthaltspartnerschaften, wegen einer Aufenthaltsadoption oder der Vermittlung einer Aufenthaltsadoption, wegen eines mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Vergehens nach dem SMG oder nach einem Tatbestand des 16. oder 20. Abschnitts des besonderen Teils des StGB oder

2.      wegen einer Vorsatztat, die auf derselben schädlichen Neigung (§ 71 StGB) beruht, wie eine andere von ihnen begangene strafbare Handlung, deren Verurteilung noch nicht getilgt ist, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist. § 73 StGB gilt.

 

4.3.2. Aufgrund des dem Bw am 15. März 2009 erteilten Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt – EG" und keinen Anhaltspunkten, dass der Bw zu diesem Zeitpunkt bereits das von ihm am 7. Dezember 2009 verübte Verbrechen, welches zweifellos eine längere Anbahnungsphase durchlaufen haben muss, geplant hat, wird im Zweifel zugunsten des Bw davon ausgegangen, dass dieser dem Begünstigtenkreis des § 64 Abs. 4 FPG zuzurechnen ist.

 

Wenn auch diese Bestimmung lediglich vom Verbot der Ausweisung gegen den von ihr umfassten Adressatenkreis spricht, muss sie dennoch aufgrund eines Größenschlusses (argumentum a minori ad maius) auch für Aufenthaltsverbote gelten. Ein solches besteht nämlich aus zwei Komponenten: erstens aus der Anordnung, ein bestimmtes Gebiet zu verlassen (Ausweisung), und zweitens aus dem – befristeten oder unbefristeten – Verbot der Wiedereinreise in dieses Gebiet. Wenn also § 64 Abs. 4 FPG vor Ausweisungen schützt, muss dieser Schutz umso mehr auch für die schwerwiegendere Maßnahme des Aufenthaltsverbotes gelten.

 

Im vorliegenden Fall ist daher die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nur zulässig, wenn der weitere Aufenthalt des Bw im Inland eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde.

 

4.3.3. Im vorliegenden Fall ist § 64 Abs. 5 Z 1 FPG einschlägig, da nach dem Sachverhalt zweifelsfrei eine strafgerichtliche rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren nach dem SMG gegeben ist. Im Hinblick auf den Schutz der im Bundesgebiet lebenden Gesellschaft und hier vor allem der Jugendlichen, die den von Suchtgift ausgehenden Gefahren auf Grund ihrer mangelnden Reife vermehrt ausgesetzt sind, ist grundsätzlich von einer gegenwärtigen schweren Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch einen weiteren Verbleib des Bw im Inland auszugehen.

 

Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte ihrer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird. Daher ist – aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – vor Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu prüfen, ob das Verhalten des Bw aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, in Hinkunft die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu gefährden.

 

4.3.4. Zwar führt der Bw in seinem Rechtsmittel mehrfach sinngemäß aus, sich in Hinkunft rechtskonform verhalten zu wollen und daher keine gegenwärtige schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit mehr darzustellen.

 

Dieser Zukunftsprognose kann vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jedoch aufgrund folgender Überlegungen nicht beigetreten werden:

 

Einleitend ist festzuhalten, dass im Allgemeinen die Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelikten besonders groß ist (siehe statt vieler VwGH 29.9.1994, 94/18/0370). Bei dem konkret vom Bw verübten Verbrechen handelt es sich unzweifelhaft nicht um einen Fall von "Kleinkriminalität", wie dies etwa beim Suchtmittelmissbrauch in Form von Eigenkonsum in kleinen Mengen der Fall wäre. Wie sich aus den beiden strafgerichtlichen Urteilen ergibt, hat der Bw auch nicht in untergeordneter Rolle sondern als Vermittler vielmehr federführend an der Organisation des aufgeflogenen Suchtgiftdeals, welcher ohne seine Mithilfe gar nicht zustande gekommen wäre, mitgewirkt. Um sich zu bereichern hat der Bw mit enormen Mengen Suchtgift Handel getrieben und damit beabsichtigt, anderen Personen Missbrauch zu ermöglichen bzw. diese durch die Verfügbarmachung der verbotenen Substanz in gewisser Weise auch hiezu animiert. Es zeugt fraglos von immenser krimineller Energie und längerfristigem, eine Unbesonnenheit völlig ausschließendem Engagement, entsprechende Kontakte in die Suchtgiftszene anzubahnen, eine derartiges wie das durchgeführte Verbrechen zu planen und dieses dann auch auszuführen. Dementsprechend ging das LG Salzburg in seinem Urteil auch davon aus, dass dem Bw und seinen Mittätern "[d]ie erhebliche Dimension des gegenständlichen Heroingeschäftes […] bekannt und bewusst" war. Es liegt bei einem so massiven Missachten der Rechtsordnung auf der Hand, dass der Bw auch gegenwärtig und in Hinkunft eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet darstellt und es eines längeren Zeitraumes bedarf, bis von einer Gefahr durch den Bw nicht mehr ausgegangen werden kann. Dies vor allem auch deshalb, weil der Bw das Verbrechen trotz einer (für den Außenstehenden) stabilen Lebenssituation – der Bw scheint im Zeitpunkt der Tatplanung und Tatbegehung ein intaktes Familienleben geführt und auch beruflich fest verankert gewesen zu sein – begangen hat. Im Gegensatz zu vielen anderen Straftätern ist es ihm zur Reduktion der Rückfallswahrscheinlichkeit daher auch nicht möglich, das Milieu zu wechseln, Stabilität gebende familiäre Bande zu knüpfen und/oder sich durch die Teilnahme am Erwerbsleben von seinen bisherigen Gewohnheiten abzukoppeln. Darüber hinaus kann natürlich auch der sehr kurze Zeitraum des Wohlverhaltens seit der Entlassung aus der Strafhaft nicht für den Bw ins Treffen geführt werden. Die seit dem Zeitpunkt der Tatbegehung (7. Dezember 2009) bzw. dem Zeitpunkt der Entlassung des Bw aus der Strafhaft (7. Dezember 2011) verstrichene Zeitspanne vermag daher nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich die vom Bw ausgehende gegenwärtige schwere Gefährdung und sohin Verletzung der öffentlichen Interessen nicht entscheidungsrelevant zu mindern (idS VwGH 11.12.2007, 2007/18/0699).

 

4.3.5. Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich kann angesichts der im vorigen Punkt angestellten Erwägungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht geschlossen werden, dass das oben beschriebene Gefährdungspotential vom Bw aktuell nicht mehr ausgeht und die unbestritten in hohem Maße vorhandene kriminelle Energie nicht mehr vorliegt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgt daher der Ansicht der belangten Behörde, dass sich aus dem Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine gegenwärtige und schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ergibt.

 

In diesem Sinn ist die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw fraglos gerechtfertigt. Allerdings ist bei der Beurteilung des Falls auch auf § 61 FPG bzw. Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen.

 

4.4.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.4.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige          Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.5.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist eingangs festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um Straftaten durch Fremde dauerhaft im Bundesgebiet zu unterbinden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung und Sicherheit eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen und zu erhalten. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind. Eine diesbezügliche Verhältnismäßigkeitsprüfung anhand der Kriterien des § 61 FPG führt dennoch nicht zum Ergebnis, dass der Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben des Bw unrechtmäßig wäre.

 

4.5.2.1. Wie sich aus der Asylwerberinformation ergibt, befindet sich der Bw seit dem 16. Dezember 2003 im Bundesgebiet und ist hier – einem Auszug des Zentralen Melderegisters zufolge – auch durchgehend gemeldet. Dass dieser Aufenthalt nicht rechtmäßig gewesen wäre, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

4.5.2.2. Es steht völlig außer Zweifel, dass der Bw durch seinen Aufenthalt in Österreich seit dem 16. Dezember 2003, die seit März 2005 (abgesehen vom Haftzeitraum) nahezu durchgehende Teilnahme am Erwerbsleben, dessen Kenntnisse der deutschen Sprache und durch seine familiären Bande ein erhebliches Maß an Integration erworben hat und ein Aufenthaltsverbot in das Recht des Bw auf Privat- und Familienleben eingreift. Der Bw ist der Adoptivsohn eines österreichischen Staatsbürgers. Er ist verheiratet, hat zwei leibliche Kinder mit seiner Gattin und versorgt neben den genannten zudem eine in die Ehe mitgebrachte Tochter der Gattin aus einer früheren Beziehung. Die Ehefrau sowie die leiblichen Kinder des Bw sind Fremde im Sinne des Fremdenpolizeigesetzes, die in die Ehe mitgebrachte Tochter ist österreichische Staatsbürgerin. Die Familie lebt im gemeinsamen Haushalt, die Kinder besuchen die Schule und sind über weite Strecken in Österreich sozialisiert worden.

 

4.5.2.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Fremden alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen.

 

Im diesem Sinne geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa zehn Jahren, fast durchgehender erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit sowie weiterer Integrationsschritte das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl. etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).

 

Prima vista scheint diese Rechtsprechung auf den Bw Anwendung zu finden. Er unterschreitet zwar die vom Verwaltungsgerichtshof als Richtmaß herangezogene Aufenthaltsdauer, dies allerdings nur knapp. Er war den Großteil seines Aufenthalts im Bundesgebiet berufstätig und ist dies auch derzeit. Weiters hat der Bw unzweifelhaft auch diverse weitere Integrationsschritte gesetzt. Es ist jedoch – mangels gegenteiliger Hinweise in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur – davon auszugehen, dass die dargestellte Rechtsauffassung nur dann zur Anwendung gelangt, wenn der oder die betroffene Fremde neben den genannten Kriterien unbescholten ist. Dies ist jedoch aufgrund der Verurteilung des Bw nach dem Suchtmittelgesetz nicht der Fall.

 

4.5.2.4. Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf Punkt 4.5.2.2. verwiesen. Zudem ist festzuhalten, dass der Bw nahezu durchgehend während seines Aufenthaltes im Inland gearbeitet hat und auch aktuell einer Beschäftigung nachgeht. Weiters hat er gute Kenntnisse der deutschen Sprache erworben.

 

Die erworbene Integration wird freilich durch das vom Bw begangene, besonders verwerfliche Verbrechen, bei dem dieser zu erkennen gegeben hat, die im Gastland geltende Rechtsordnung nicht zu akzeptieren, relativiert bzw. wesentlich erschüttert.

 

4.5.2.5. Hinsichtlich der Zumutbarkeit der Maßnahme in Verbindung mit einer Rückkehr in sein Heimatland ist festzuhalten, dass der 1976 geborene Bw den überwiegenden Teil seines Lebens – genauer: etwa 27 Jahre – im Kosovo verbracht hat, weshalb er mit der dortigen Kultur sozialisiert ist. Er hat in seinem Heimatland von 1983 bis 1991 die Grundschule in X und von 1991 bis 1994 die Berufsschule in X besucht. Es ist daher davon auszugehen, dass er die Landessprache in Wort und Schrift beherrscht. Aufgrund des langjährigen Aufenthalts des Bw im Kosovo ist weiters auch davon auszugehen, dass er dort auf ein soziales Netz zurückgreifen kann.

 

4.5.2.6. Um Wiederholungen zu vermeiden wird hinsichtlich der Verurteilung zu einer dreijährigen Haftstrafe nach dem Suchmittelgesetz nach oben verwiesen. Ansonsten scheinen im Strafregisterauszug des Bw keine Verurteilungen auf. Es ist im Verfahren auch nicht hervorgekommen, dass der Bw verwaltungsrechtliche Delikte begangen hätte.

 

4.5.2.7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

4.5.2.8. Das Privat- und Familienleben des Bw entstand zum Großteil nicht während unsicheren Aufenthalts.

 

4.5.3. Aufgrund der getroffenen Feststellungen gilt es nunmehr, in einer Verhältnismäßigkeitsprüfung das Interesse des Bw am Verbleib im Inland mit dem öffentlichen Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit abzuwägen.

 

Beim Bw handelt es sich – wie oben dargestellt – gerade nicht um eine Person, die Suchtgift in geringen Mengen zum Eigenbedarf missbraucht hat, sondern um eine solche, die durch den Verkauf enormer Mengen einen hohen Gewinn zu erlangen trachtete. Das öffentliche Interesse an der Unterbindung des Suchtgiftimportes und Suchtgifthandels ist in Relation zur Eigenbedarfskriminalität besonders hoch anzusiedeln, zumal, wie aus dem oben geschilderten Tatgeschehen erkenntlich ist, ein schwerer Fall der Suchtgiftkriminalität vorliegt. Nicht "bloß" der Eigenbedarf als Triebmittel und Auswirkung der Kriminalität, sondern vielmehr ein geplantes Vorgehen mit erheblicher krimineller Energie und dem Potential an weiter Verbreitung der Suchtmittel verletzen genanntes öffentliche Interesse in besonderem Maß.

 

Ein rigoroses Vorgehen bei derartigen Suchtgiftdelikten ist schon deshalb dringend geboten, da der immer weiter verbreitete Konsum von Suchtgiften zu verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft führt. Darüber hinaus nimmt die mit dem Genuss von Suchtgiften einhergehende Suchtgiftkriminalität Dimensionen an, die zu einer eklatanten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führen.

 

In die gleiche Kerbe schlägt auch der Oberste Gerichtshof wenn er ausführt, dass die Suchtgiftkriminalität bereits mit besorgniserregenden Wachstumsraten immer mehr zu einem gesellschaftlichen Destabilisierungsfaktor ausufert, dessen wirksame Bekämpfung gerade aus der Sicht seiner grenzüberschreitenden Intensivierung auf immer größere Schwierigkeiten stößt (vgl OGH 27.4.1995, 12 Os 31, 32/95-8). Das die notorischen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Belastungen und Risken, die mit Suchtgiftmissbrauch regelmäßig verbunden sind, hinreichend Anlass zu konsequenter Wahrnehmung der verfügbaren Abwehrmöglichkeiten bieten, bedürfe ebenso wenig einer weiterreichenden Erörterung wie die Abhängigkeit der präventiven Wirksamkeit strafrechtlicher Sanktionen vom Gewicht ihrer Täterbelastung und ihrem Bekanntheitsgrad in potenziellen Täterkreisen.

 

Wenn auch nicht verkannt wird, dass ein Aufenthaltsverbot aufgrund der hohen Integration des Bw in Österreich einen massiven Einschnitt in dessen Leben bedeutet, scheint seine Rückkehr in sein Heimatland (bzw. die Ausreise in ein anderes Land) bei einer Gesamtbetrachtung nicht unzumutbar. Der Bw hat eine berufliche Ausbildung genossen, ist fleißig und daher unzweifelhaft in der Lage, auch abseits von Österreich sein Fortkommen zu sichern. Den Kontakt zu den in Österreich lebenden Familienmitgliedern kann er – wenn auch eingeschränkt – für die Dauer des Aufenthaltsverbots durch die Inanspruchnahme von modernen Kommunikationsmitteln aufrecht erhalten. Es ist darüber hinaus der Familie, welche ebenfalls Fremde im Sinne des Fremdenpolizeigesetzes sind, nicht verwehrt, das Land mit dem Bw zu verlassen oder diesen zumindest regelmäßig im Ausland zu besuchen. Hinsichtlich der von der Gattin des Bw in die Ehe mitgebrachten Tochter, welche österreichische Staatsbürgerin ist, ist festzuhalten, dass diese, sollte sich die übrige Familie zum Verlassen des Landes entscheiden, bei ihrem Vater X, welcher die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und – wie aus des vorgelegten Unterlagen des Bw vom 26. März 2012 hervorgeht – auch greifbar ist, unterkommen könnte und somit nicht zum Verlassen des Landes gezwungen wäre. Ebenfalls steht der Wahlvater des Bw und damit der Großvater, X, welcher ebenfalls die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, zur Betreuung zur Verfügung.

 

Bei einer Gesamtabwägung ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie an der Verhinderung strafbarer Handlungen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss.

 

Der Bw kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

4.6. Bezüglich der noch nicht ausdrücklich oder implizit aufgegriffenen bzw. sich durch Zeitablauf erledigenden Vorbringen des Bw im Verfahren (etwa das nunmehr vorliegende Urteil des OLG Linz) wird festgehalten:

 

4.6.1. Wenn der Bw in der Berufungsschrift vorbringt, dass er nur ein einziges Mal delinquiert habe, so ist ihm entgegenzuhalten, dass es sich bei der von ihm verübten Tat um ein schweres Verbrechen und nicht um ein "bloß" kleinkriminelles Verhalten handelt, weshalb auch "nur" eine einzige Straftat zur Ergreifung fremdenpolizeilicher Maßnahme führen kann bzw. muss.

 

4.6.2. Dass der Bw ein "Sozialschmarotzer" sei, wurde im gesamten Verfahren nie behauptet und der Arbeitswille des Bw nie in Frage gestellt.

 

4.6.3. Wenn der Bw nunmehr vorbringt, im Kosovo ernsthaft der Gefahr der Verfolgung ausgesetzt zu sein, ist ihm zum einen zu entgegnen, dass dies nicht Gegenstand des fremdenpolizeilichen Verfahrens ist. Weiters ist auf seine Aussage im Asylverfahren hinzuweisen. Auf die Frage, warum der Bw sein Heimatland verlassen habe, antwortete dieser: "Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage. Man kann im Kosovo nicht leben. Es gibt keine Arbeit. Ohne Arbeit kann man nicht leben. Sonst nichts." Auf weitere Nachfragen des Vernehmenden, was den Bw im Falle seiner Rückkehr erwarte, sagte dieser: "Gefahr habe ich nicht, aber ich weiß nicht, wie ich ohne Arbeit leben sollte." Die anschließende Frage, ob der Bw wisse, dass es nunmehr keine Verfolgung durch die serbische Polizei oder jugoslawische Behörden [mehr] gebe, bejahte der Bw schließlich.

Vor diesem Hintergrund scheint die nunmehrige Angst des Bw vor Verfolgung unglaubwürdig bzw. eine Schutzbehauptung darzustellen. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass gegen ihn "lediglich" ein Aufenthaltsverbot verhängt wird und er somit die Möglichkeit hat, auch ein anderes Land als den Kosovo für seinen Aufenthalt zu wählen.

 

4.7. Hinsichtlich der Dauer des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes gibt der Gesetzgeber in § 63 Abs. 3 FPG eine Untergrenze von 18 Monaten vor. Da der Bw im Sinne des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG verurteilt wurde, besteht (im Gegensatz zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung, in welchem die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots möglich war) eine gesetzliche Obergrenze für die Befristung des Aufenthaltsverbotes von 10 Jahren.

 

Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität, insbesondere des Suchtgifthandels, ist nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung in der Regel die Ausschöpfung des vom Gesetzgeber vorgesehenen zeitlichen Rahmens auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden dringend geboten, weil das maßgebliche öffentliche Interesse in diesen Fällen unverhältnismäßig schwerer wiegt, als das gegenläufige private Interesse des Fremden (idS. VwGH 14.1.1993, 92/18/0475).

 

Aufgrund des langen Aufenthalts des Bw´s in Österreich, dessen beruflichem Engagement, seinen Sprachkenntnissen und vor allem aufgrund seiner familiären Situation geht der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jedoch davon aus, dass hier gerade noch mit einem auf 5 Jahre befristeten Aufenthaltsverbot das Auslangen gefunden werden kann.

 

4.8. Es war daher spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

5. Hinsichtlich der Beantragung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II.) sowie den diesbezüglichen Ausführungen in der Berufungsschrift, warum die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht möglich sei, ist festzuhalten, dass es sich dabei vermutlich um einen – hier verfehlt eingesetzten – Textbaustein handelt, da von der belangten Behörde die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt wurde. Der Antrag auf Zuerkennung derselben geht daher ins Leere und war spruchgemäß zurückzuweisen.

 

6. Von einer Übersetzung gemäß § 59 Abs. 1 FPG konnte aufgrund der sehr guten Deutschkenntnisse des Bw abgesehen werden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 53,30 Euro (14,30 Euro Eingabegebühr + 39,00 Euro Beilagen) angefallen.

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

 

Beschlagwortung:

Aufenthaltsverbot; Daueraufenthalt-EG, §§ 63, 64 Abs.4 FPG;

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 16.05.2012, Zl.: 2012/21/0093-4 

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