Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523035/6/Sch/Eg

Linz, 02.04.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die auf die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung beschränkte Berufung des Herrn T. H., geb. x, vertreten durch x, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 12. Dezember 2011, Zl. FE-1461/2011, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, des Lenkverbotes für führerscheinfreie Kfz und des Verbotes, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, auf 15 Monate herabgesetzt wird.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat dem Berufungswerber mit Bescheid vom 12.12.2011, Zl. FE-1461/11, die von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 19.8.2005 unter Zl. VerkR20-353-2005/RO für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 20 Monaten, gerechnet ab 3.11.2011, entzogen.

Außerdem wurde ihm für dieselbe Dauer das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges ausdrücklich verboten.

Weiters wurde die Absolvierung einer Nachschulung des folgenden Kurstyps angeordnet:

Nachschulung für alkoholauffällige Lenker.

Es wurde auch angeordnet, die Nachschulung spätestens bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung bzw. bis zum Ablauf des Lenkverbotes zu absolvieren und verlangt, spätestens bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung bzw. bis zum Ablauf des Lenkverbotes die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG, sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme vorzulegen.

Weiters wurde für die Dauer der Entziehung das Recht, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt.

Der Berufungswerber wurde aufgefordert den Mopedausweis, ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 10.9.2002 unter der Nummer A 294411, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

Darüber hinaus wurde einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 7, 24, 25, 29, 30, 32 FSG und § 64 Abs. 2 AVG genannt.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

 

3. Dem im Hinblick auf die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung  - und damit implizit auch der Lenkverbote – angefochtene Bescheid geht auf folgenden Sachverhalt zurück:


Der Berufungswerber lenkte am 3. November 2011 gegen 19.00 Uhr seinen Pkw auf der A 7 von Linz kommend in Richtung Norden und in der Folge auf weiteren Verkehrsflächen bis Tragwein. Nach der Aktenlage wies er dabei einen Atemluftalkoholgehalt von – zumindest – 1,01 mg/l auf (die Alkomatuntersuchung erfolgte etwa 30 Minuten nach Beendigung der Fahrt).

 

Nach den Schilderungen zweier unfallbeteiligter Zeugen gegenüber den einschreitenden Beamten hat sich bei dieser Fahrt Folgendes zugetragen:

 

Vorerst zu den Angaben des Zeugen C. B., welcher in der polizeilichen Niederschrift vom 3. November 2011 Nachstehendes angegeben hat:

 

"Ich lenkte am 03.11.2011, 18:50 Uhr, den PKW, x, VW Golf, auf der A7, aus Linz kommend in Richtung Pregarten. Ich befand mich alleine im KFZ.

Im Bereich Ende A7 bzw. schon zuvor bemerkte ich einen seitlich hinter mir fahrenden PKW. Dieser fuhr mit Fernlicht und fast auf die vor ihm fahrenden KFZ auf. Dies tat er bei mehreren KFZ. Es handelte sich dabei um den Lenker des PKW, x.

 

Dieser KFZ-Lenker reihte sich Ende A7 unmittelbar hinter mir ein. Durch sein Fernlicht verstellte ich meinen Rückspiegel. Es ging zähflüssig dahin. Ich fuhr im 2. Gang.

 

Dieser PKW-Lenker fuhr dann auf mein KFZ, wie vorher beschrieben, auf. Er berührte den von mir gelenkten PKW vorerst nicht.

 

Ca. 200 Meter vor der Ampel in Radingdorf (Kreuzung A7/B125) fuhr er mir das erste Mal direkt auf mein KFZ auf. In der Folge tat er dies mehrmals.

Ich versuchte deshalb einen vor mir fahrenden Lenker zu überholen, da er mir permanent auf das Heck auffuhr.

Beide überholten wir diesen PKW und somit war dieser Lenker wieder auf meinem Heck.

Dies spielte sich alles noch auf der B310 ab. Dieses Überholmanöver war kurz vor der Kreuzung B310/B124.

 

Von dieser Kreuzung bis zum Kilometer 11 der B124 befand sich der Lenker des Pkw, x, immer unmittelbar hinter mir. Auf diesem Kilometerabschnitt fuhr dieser Lenker ca. 20 bis 30 Mal gegen mein KFZ-Heck. Immer wieder bremste er kurz ab und gab dann Gas bzw. fuhr gegen mein KFZ.

Teilweise pendelte dadurch mein KFZ bzw. fuhr ich durch die Wucht des Dränglers fast auf die vor mir fahrenden KFZ auf.

 

Anschließend hing er mit seinem KFZ auf meiner Anhängerkupplung (ca. 1km).

 

Wir konnten unsere KFZ dann lösen und es ging wieder von vorne los.

 

Ich wollte mein KFZ dann total abbremsen bzw. mein KFZ zum Stillstand bringen. Dies gelang aber nicht, da er ständig gegen mein KFZ fuhr.

 

In einer Rechtskurve touchierte er mit einer Leitschiene und fuhr teilweise auf dem linken Fahrstreifen."

 

Die weitere Zeugin, S. S., hat ebenfalls ihre Wahrnehmungen gegenüber den aufnehmenden Polizeibeamten geschildert. In der entsprechenden Niederschrift heißt es:

 

"Am heutigen Tage gegen 19.00 Uhr lenkte ich den PKW x, auf der Bundesstraße von Pregarten in Richtung Bad Zell. Ich war bei dieser Fahrt alleine im Fahrzeug und angegurtet.

 

Im Ortsgebiet von Tragwein fuhr ich eine Geschwindigkeit von ca. 50 km/h. Beim Fahrzeug hatte ich das Abblendlicht eingeschaltet.

 

Als ich etwa auf Höhe der Haltestelle im Ortsgebiet Tragwein, im Bereich der dortigen Schutzinsel fuhr, fuhr mir auf einmal ein PKW hinten auf mein Fahrzeug auf.

Der PKW war bereits seit einigen Kilometern hinter mir gefahren. Das erste Mal habe ich ihn im Bereich der 70 km/h Geschwindigkeitsbeschränkung in Mistlberg wahrgenommen. Dort fuhr er mir derart knapp auf, sodass ich dort schon glaubte, dass er gegen das Heck meines Fahrzeuges fährt.

 

Der PKW hinter mir wurde dann langsamer, im Ortsgebiet von Tragwein kam mir dann ein Polizeifahrzeug mit Blaulicht entgegen. Anschließend habe ich ihn kurzzeitig im Rückspiegel nicht gesehen. Ich hatte das Gefühl, dass der PKW hinter mir langsamer wurde, als er das Blaulicht gesehen hat.

 

Auf jeden Fall anschließend im Bereich der besagten Schutzinsel fuhr mir der PKW hinten auf. Insgesamt fuhr er mir im Zuge der Fahrt drei Mal hinten auf. Dies war unmittelbar hintereinander. Ich hielt dann vor der Kreuzung Richtung Erdleiten meinen PKW am Fahrbahnrand an. Ich schaltete die Warnblinkanlage ein und der PKW hinter mir, nun sah ich, dass es ein blaues Fahrzeug war, war wiederum an meinen stehenden PKW angefahren. Zu diesem Zeitpunkt touchierte meine hintere Stoßstange mit der vorderen Stoßstange seines PKW's. Ich ging zum Lenker und wollte ihm sagen, dass er gegen meinen PKW gefahren sei. Im PKW war die Musik extrem laut aufgedreht. Er gab mir mittels Handzeichen zu verstehen, dass er mich nicht hören würde, weil eben die Musik im PKW so laut war. Zu diesem Zeitpunkt hatte der das Seitenfenster vom PKW bereits geöffnet. Ich ging dann rund um meinen PKW, um mein Telefon vom Auto zu holen, um die Polizei zu verständigen. Ich stand dann gerade am Gehsteig neben meinem PKW und wollte gerade die rechte Seitentür öffnen. Der PKW hinter mir fuhr dann etwa ca. einen halben Meter zurück und fuhr wieder frontal gegen das Heck meines Fahrzeuges. Dies machte er insgesamt drei Mal. Nach dem dritten Mal fuhr er so weit zurück, dass er links an meinem stehenden PKW vorbei fahren konnte. Der PKW bog dann rechts in Richtung Marktplatz Tragwein ein und kurz nach der Kreuzung blieb er stehen."

 

Im Rahmen des Verfahrens zur Entziehung der Lenkberechtigung gab der Berufungswerber als Rechtfertigung für sein Verhalten laut Niederschrift der Bundespolizeidirektion Linz vom 12. Dezember 2011 an:

 

"Es ist richtig, dass ich am 3.11.2011 kurz vor 19.00 Uhr in Unterweitersdorf bzw. Tragwein das KFZ mit dem Kennzeichen x in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und mehrmals Verkehrsunfälle verursacht habe. Seit ca. sechs Monaten habe ich am 3.11.2011 erstmals wieder Alkohol konsumiert und kann mich an nähere Umstände nicht mehr erinnern. Ich weiß auch nicht, warum ich dort überhaupt gefahren bin. Ich hatte ein richtiges Blackout."

 

4. Dieser Sachverhalt stellt ohne Zweifel einen außergewöhnlichen und mit den Gesetzen eines vernünftigen Verhaltens im Straßenverkehr nicht in Einklang zu bringenden Vorgang dar. Dass sich der Berufungswerber damit als verkehrunzuverlässiger Besitzer einer Lenkberechtigung dargestellt hat, steht völlig außer Frage. Im Hinblick auf die Alkoholbeeinträchtigung des Berufungswerbers ist zu bemerken, dass gemäß § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG das Lenken eines Kraftfahrzeuges unter Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis Abs. 1b StVO 1960 eine bestimmte Tatsache darstellt, die zur Entziehung der Lenkberechtigung zu führen hat. Im gegebenen Fall wurde beim Berufungswerber ein Atemluftalkoholgehalt von 1,01 mg/l gemessen. Es liegt also eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 vor, für welche bei erstmaliger Begehung gemäß § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG eine Mindestentziehungsdauer im Hinblick auf die Lenkberechtigung von 6 Monaten vorgesehen ist. Für diese Mindestentziehungsdauer erübrigt sich nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jegliche Wertung, da sie bereits vom Gesetzgeber vorgenommen wurde.

 

Sehr wohl einer Wertung zu unterziehen ist eine allenfalls darüber hinausgehende Entziehungsdauer. Die relevanten Wertungskriterien finden sich in § 7 Abs. 4 FSG, wo es heißt:

Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Der Berufungswerber ist nach der Aktenlage ganz offenkundig vorsätzlich immer wieder an vor ihm fahrende Fahrzeuge angefahren. Es ging ihm also offenkundig gerade darum, an die Fahrzeuge anzustoßen. Dass ein solches Verhalten für die Verkehrssicherheit höchst abträglich ist, braucht hier wohl nicht erläutert zu werden. Die von ihm dabei verursachten Sachschäden ließen ihn völlig unbeeindruckt. Er setzte seine Fahrt nach jedem der Vorfälle, dazwischen streifte er auch noch eine Leitschiene, unbeirrt fort. Ob es noch zu einer Weiterfahrt durch den Berufungswerber gekommen wäre, wenn die herbeigerufenen Polizeibeamten nicht eingeschritten wären, kann dahingestellt bleiben. Der Berufungswerber hat also ein besonders verwerfliches Verhalten an den Tag gelegt, als er sich alkoholbeeinträchtigt ans Steuer setzte und die von den Zeugen geschilderten gefährlichen, auch wohl als aggressiv zu bezeichnenden Fahrmanöver setzte. Es gehört schon einiges dazu, wenn man andere Verkehrsteilnehmer derartig massiv bedrängt, dabei fremde Sachen beschädigt und sich dann um die Folgen nicht im geringsten kümmert, dies alles noch dazu in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Der Berufungswerber macht es sich auch sehr leicht, wenn er dieses Verhalten im Nachhinein einfach als "Blackout" abtut.

 

5. Allerdings berücksichtigt die von der Erstbehörde festgesetzte Entziehungsdauer von 20 Monaten nicht die nach der Aktenlage anzunehmende Tatsache, dass es sich bei dem Vorgang um das erstmalige grobe Fehlverhalten des Berufungswerbers im Straßenverkehr handelt. Der Berufungswerber weist keine führerscheinrelevante Vorgeschichte auf, sodass im Hinblick auf  die Prognose, für welche Zeit er als verkehrsunzuverlässig anzusehen ist, dieser Umstand nicht unberücksichtigt bleiben darf. Der Berufungswerber hat also bislang keinen Grund geliefert, an seiner Verkehrszuverlässigkeit, auch nur kurzfristig, zu zweifeln. Deshalb erscheint es der Berufungsbehörde vertretbar und geboten, die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung im verfügten Ausmaß herabzusetzen. Auch die vom Berufungswerber zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes lässt erkennen, dass die Überschreitung der gesetzlichen Mindestentziehungsdauer dann, wenn sie ein größeres Ausmaß erreicht, stets mit einem entsprechenden stichhältigen Begründungsaufwand verbunden ist. Gegenständlich erscheint es der Berufungsbehörde mit dieser Judikatur nicht in Einklang zu bringen, gegen den Berufungswerber als Ersttäter, wenngleich im Zusammenhang mit einem sehr massiven Vorfall, mit einer Entziehungsdauer von 20 Monaten vorzugehen.

 

Die übrigen von der Behörde verfügten begleitenden Maßnahmen wurden nicht in Berufung gezogen. Abgesehen davon sind sie ohnedies gesetzliche Folgen einer massiven Alkofahrt wie der gegenständlichen, sodass sie nicht zur behördlichen Disposition stehen.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG und der dazu ergangenen ständigen Judikatur des begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

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